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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2021

Neubau Kindergarten Conradstraße der Stadt Schriesheim

2. Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

.atelier coa | Bader . Berardi . Genctuerk | freie Architekten BDA

Architektur

Patrick Sandner Architektur | Urbanistik | Nachhaltigkeit

Architektur

Pfrommer + Roeder Freie Landschaftsarchitekten BDLA IFLA

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAU
Das zur Verfügung gestellte Grundstück bildet den südlichen Abschluss einer Achse,
an der perlenkettenartig sowohl Bildungs- als auch Betreuungseinrichtungen aneinandergereiht sind. Sporthalle, Mensa und die teilweise Ausrichtung der Schule bilden einen Bildungsboulevard, der mit vorliegendem Entwurf zusätzlich gestärkt und künftig als ordnendes Element fungieren soll. Die Nord-Süd-Achse zwischen dem Neubau an der Conradstraße und dem Kindergarten „Kinderschachtel“ an der Hirschberger Straße wird künftig viel mehr als Aufenthaltsort und Adresse für Kinder und Eltern verstanden.
Folgerichtig orientiert sich der Neubau ebenfalls in Richtung Bildungsboulevard und spannt als winkelförmiger Baukörper - als Gegenüber des gewachsenen Grüns und dem Wall, eine geschützte Außenspielfläche für die Kinder auf. Durch die klare Positionierung auf dem Grundstück und dem neuen Auftakt von der Conradstraße kommend, werden Synergien zwischen Bestand und Neubau geschaffen. Durch den städtebaulichen Abschluss wird die Zugangssituation des benachbarten Container-Kindergartens im Norden und das Potenzial des vorgefundenen, öffentlichen Spielplatzes gestärkt. Durch das Zusammenspiel zwischen beiden Betreuungseinrichtungen, der Schulmensa und dem Spielplatz gewinnt die städtebauliche Situation an Bedeutung. Behutsam wird das Raumprogramm auf dem Grundstück verortet, sodass nahezu der gesamte Baumbestand erhalten werden und der Wall als natürliche Einfriedung dienen kann. 

Zur Conradstraße wird der Baukörper, analog zum Kurpfalz-Gymnasium gestaffelt und bildet hier den maßstabsgerechten, 1-geschossiogen Übergang zur durchgängigen Vegetation im Süden. Ein Dachgarten führt die nach Süden ausgerichtete Außenspielfläche fort und bildet einen geschützten Abschluss unter Bäumen. Fuß- und Radwege werden getrennt vom motorisierten Verkehr, sodass keine Überlagerungen stattfinden. Stellplätzte werden direkt an der Conradstraße, unter Bäumen angeboten und mit der Anlieferung verknüpft. 


ARCHITEKTUR
Eine klare Eingangsgeste bildet die Adresse als Antwort auf den beschriebenen Städtebau. Die Gemeinschaftsfunktionen, zusammen mit der zentralen Garderobe sind der Auftakt im Gebäude. Dieser wird als Ankunftsort für die Kinder verstanden und als zentrales Gelenk im Schwerpunkt des Baukörpers ausgebildet. Der Bewegungs-, bzw. Mehrzweck- und der Speiseraum gliedern sich kompakt und zum Garten orientiert an die Garderobe an. Die räumliche Kombination bilden bei Bedarf eine Einheit, die flexibel zusammengeschaltet werden kann. Es entsteht ein halböffentlicher Raum, der sowohl eine ideale Zugangskontrolle als auch eine autarke Nutzung (z.B. in den Abendstunden) ermöglicht.
Im 2-geschossigen Teil des Gebäudes, wird der Kindergarten mit seinen Gruppen- und Sonderräumen organisiert. Sämtliche Aufenthaltsräume sind in Richtung Süden ausgerichtet und erhalten einen direkten Zugang zur Außenspielfläche. Gruppen- und Themenräume können parallel oder zusammengeschaltet als große Veranstaltungseinheit genutzt werden. Der sich mäandrierende Spielflur, der spielerisch durch seine Aufweitungen, spannende Blickbezüge schafft, gliedert sich direkt an die Gruppenräume. Dienende Räume bilden den nördlichen Abschluss im Grundriss.
Durch die ideale Positionierung der vertikalen Erschließung im Gelenk, werden Anforderungen an kurze Wege, der klaren Orientierung und eindeutigen Funktionstrennung großer Wert beigemessen. Zusätzlich dient dieser als 2. Rettungsweg, der 1. Rettungsweg erfolgt direkt ins Freie - sowohl in den Garten, als auch über den Spielbalkon und Dachgarten im Obergeschoss. 


AUSSENANLAGEN
Der Neubau des Kindergartens wird im erweiterten Sinne als Teil des „Bildungscampus Kurpfalz“ verstanden. Die Adresse wird zur zentralen Erschließungsachse in Verlängerung der Kurpfalzstraße orientiert, um das Potential der alles verbindenden Campus-Mitte zu nutzen und über einen attraktiven Eingangsbereich zu stärken. Die freiräumlichen Qualitäten der Nord-Süd-Durchwegung werden, unter Berücksichtigung der einzelnen Erschließungsanforderungen, durch die Ausbildung „grüner Inseln“ gestärkt. Hierdurch wird der Baumbestand gesichert, neue Wegebeziehungen hergestellt und die Aufenthaltsqualität verbessert. 
Die Andienung (Catering, Pflegezufahrt) und Parkierung des Kindergartens, wird kompakt und senkrecht zur Conradstraße organsiert. Die barrierefreien Stellplätze sind auf kurzem Weg mit dem Eingang verbunden. Die 25 Fahrradstellplätze sind unter einem auskragenden Dach im Norden angeordnet - hier sichert eine Zaun-Toranlage das Gelände nach Norden ab, im Süden und Westen wird die Einzäunung in die Vegetation integriert. Eine 3.50 breite Pflegezufahrt liegt an der Südwestecke des Gebäudes. 
Durch die L-förmige Struktur des Gebäudes und den gegenüberliegenden mit Bäumen bestandenen Wall, wird der Spielbereich hofartig in die Gebäudenutzungen einbezogen. Eine topografische Überformung („Berg+Tal“) aus dem Abtrag des nördlichen Geländes, schafft Raum zum Klettern, Rutschen und Balancieren.  
Sand- und Wasser-Matschbereiche sind direkt an die Belagsflächen angegliedert. Ein Versammlungsplatz erweitert den Speiseraum als Sonnenterrasse nach außen. Sonnensegel bieten Schutz außerhalb des Baumschattens. Im Norden - im Übergang zum Kindergarten „Wolkenschloss“ - wird der Gebäudeschatten für einen Werkhof genutzt. Informelle Raumelemente zonieren und bieten die Möglichkeit zum kreativen werkeln. Es entstehen differenzierte Außenräume mit unterschiedlicher Aufenthalts- und Nutzungsqualität, Bereiche mit zunehmender Intimität, spannungsvolle Durch- und Einblicke in die Landschaft. 
Im 1. OG wird der sonnige Standort als Experimentiergarten genutzt. Hochbeete, durchgrünte Beläge und Rankstrukturen schaffen Lebensräume für Pflanzen und Insekten. Sitzmöbel und ein Sonnensegel bieten zusätzlich Aufenthaltsqualität.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebaulich reagiert der winkelförmige Baukörper sehr gut auf die gegebene Situation. Der ebenfalls winkelförmige Grünraum mit altem Baumbestand, der erhalten bleibt, fasst den im Süden gelegenen zusammenhängenden Freibereich des Kindergartens, der durch eine große Terrasse erschlossen wird. Dieser Grünraum findet in der Baumreihe des Containerkindergartens seine Fortsetzung. Gleichzeitig verknüpft dieser Bereich gekonnt das Foyer bzw. den Speisesaal mit den Freianlagen. Bemerkenswert ist die vorgeschlagene Platzierung des Eingangs zum Kindergarten von Osten, der im Zusammenspiel mit dem östlich gelegenen Spielplatz einen attraktiven und gefahrlosen Zugang und auch Ausgang bietet. Die Adressbildung mit dem Eingangsbereich auf der Ostseite überzeugt. Der Baukörper gliedert sich in einen zweigeschossigen Riegel im Norden, er korrespondiert mit der raumbildenden Kante des benachbarten Schulzentrums, der eingeschossige Bauteil im Süden ersetzt geschickt mit seiner begrünten Dachterrasse den verlorengegangenen Außenraum. Die Bestandsbäume werden größtenteils in das Konzept integriert. Die Anordnung der baurechtlich notwendigen Stellplätze direkt an der Conradstraße im Schutz der Verwaltungsräume ist schlüssig und klug aus dem Sichtbereich des Kindergartens ausgeblendet. Die Jury erkennt die gute räumliche Abfolge vom Vorplatz über den Eingangsbereich ins Foyer mit guten Blickverbindungen über Mehrzweckraum und Kinderrestaurant in den angeschlossenen Freibereich. Ebenfalls Garderobe, Matschschleuse und Treppe zum Obergeschoss sind übersichtlich an zentraler Stelle angeordnet. Positiv wird die Verteilung der Gruppenräume von 2 Gruppenräumen im EG und 3 Gruppenräumen im OG anerkannt, was eine gleichmäßige Nutzungsintensität im gesamten Haus verspricht. Die Flure zu den Gruppenräumen bieten neben einer guten Orientierung eine spannende Wege-Raumabfolge mit angenehmer Lichtführung und interessanten Ausblicken. Damit wird eine Durchlässigkeit von Nord nach Süd des Gebäuderiegels erzeugt. Kritisch diskutiert wird, dass der, zwar mit einem Oberlicht ausgestattetet Mehrzweckraum keinen direkten Anschluss an den Außenraum hat. Die Möglichkeit eines stärkeren Abschlusses – Reduzierung des Teils der beweglichen Wände zugunsten fester Wände – wird erörtert. Positiv wird die einfache, dabei wirtschaftliche Lösung beurteilt, dass sich die gewünschte lichte Höhe des Mehrzweckraums sich ausschließlich auf diesen Raum begrenzt. Die gewählte Raumstruktur entspricht der gewählten Holzkonstruktion sehr gut, ohne auf hohe differenzierte Raumqualität zu verzichten. Diese systematische Anwendung in Verbindung mit üblichen Spannweiten und den baulichen Kennwerten lassen eine wirtschaftliche Bauweise erwarten. Wie auch die Bauform, sowie das gewählte Fassadenmaterial eine hohe Nachhaltigkeit versprechen. Eine Arbeit, die sowohl in ihrer städtebaulichen Setzung, als auch in der architektonischen Ausformung auf die sehr schwierige Grundstückskonstellation ein gelungenes Ergebnis darstellt; insbesondere soll hier noch mal der Erhalt der Bäume erwähnt werden.