Ersatzneubau AVZ I für die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Der von außen betrachtet kompakte Baukörper wird durch ein mittiges, gut proportioniertes Atrium bestimmt. Im Erdgeschoss öffnet sich der Baukörper mit einer großzügigen Eingangsgeste Richtung Mittelweg und stellt so einerseits die gewünschte Ausrichtung zum zentralen Campusplatz her. Gleichzeitig bietet diese Geste einen qualitativ hochwertigen, weil ruhigen und großflächig durch den darüber gelegenen Baukörper überdachten Außenraum als Treffpunkt an. Das Erdgeschoss ist von allen Seiten durchwegbar und stellt so die Verbindungen auch zur Mensa, zu den Stellplätzen und dem Nachbargebäude her. Beim zuletzt genannten wird allerdings die Ausbildung einer funktionierenden Anlieferung vermisst (Lastenaufzug, Chemikalienanlieferung fehlen). Im hochfrequentierten Erdgeschoss finden sich großzügige informelle Zonen, mit schönem Luftraum, sinnfällig wird es mit Praktikumsplätzen und Hörsaal ergänzt. Zwei langgestreckte Erschließungskerne gliedern die Gebäudestruktur, sind selbstverständlich auffindbar, ebenfalls großzügig gestaltet als ein Element der Begegnung. Allerdings fehlt der Anschluss der Erschließungskerne an den Außenraum, die Fluchtwegsituation ist ungeklärt. In den Obergeschossen werden zwei unterschiedliche Baukörpertiefen angeboten, die sinnfällig entweder für die Nutzung Büro/Seminar oder Praktikumsplätze/Labore genutzt werden können. So darf von einer hohen Gebäude-Umnutzungsflexibilität ausgegangen werden. Die Obergeschosse bestechen durch die sehr gute Raumqualitäten: die hellen, am Atrium gelegenen Flure in Längsrichtung ermöglichen eine sehr gute Orientierung und schönen Ausblick. Im 2. und 3. OG werden die Nutzflächen durch hochqualitative, an Loggien gelegenen Aufenthaltsflächen ergänzt. Die geforderte Brückenanbindung an das Nachbargebäude ist im 1.OG gegeben. Grundsätzlich sind Potenziale zur Einsparung von Verkehrsflächen auszumachen und sicherlich zwingend erforderlich, um im Kostenrahmen zu bleiben. Nach Ansicht des Preisgerichts wäre dies auch ohne Einschränkung der Architekturqualität umsetzbar. Die Fassaden sind angenehm strukturiert und die Materialwahl Metall stellt eine gute Dauerhaftigkeit und Pflegefreundlichkeit in Aussicht. Die plastische Tiefe verspricht die Möglichkeit von Eigenverschattungen als passivem Wärmeschutz, dennoch werden innenliegender Blendschutz und Sonnenschutz angeboten. Die Planung ist als Holz-Stb.-Hybrid in Skelettbauweise modular angelegt. Dies verspricht gute Umnutzungsfähigkeit und der hohe Holzanteil zusammen mit der Metallhülle eine Konzeption als „Urbane Mine“ für die Zukunft. Dennoch empfiehlt das Preisgericht im Hinblick auf die Realisierung, die Aspekte der Nachhaltigkeit noch einmal zu fokussieren. Wie weit sind die Transportwege verschiedener Ausführungsvarianten? Konsequente Trennung von Roh- und Ausbau für spätere Funktionsänderungen! Wie hoch ist die Recyclingquote aller eingesetzten Materialien? Sind die Konstruktionen wieder lösbar und in ihre getrennt dem Kreislauf zurückführbare Komponenten geplant? Die Energieeffizienz ist wie gewünscht ambitioniert. Die auf dem Dach vorgeschlagenen Technikflächen verschatten teilweise die PV-Anlagen, sodass hier eine Lage im - durch die ungünstigen Baugrundgegebenheiten nahezu unumgänglichen - UG eventuell zielführender gewesen wäre. Die Medienschächte erscheinen zu knapp dimensioniert. Die Gebäudekennwerte sind überdurchschnittlich hoch, was u.a. auf die zu üppigen Verkehrsflächen zurückzuführen sein dürfte. Insgesamt verspricht der Entwurf gute, flexible Nutzungsqualität gepaart mit hoher Architekturqualität.