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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2021

Erweiterung und Umfeld Entwicklung Hamburger Hauptbahnhof

ein 3. Preis

Preisgeld: 24.500 EUR

MOZIA Monari + Zitelli Architekten Partnerschaft mbB

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

fabulism

Landschaftsarchitektur

Systematica

Verkehrsplanung

knippershelbig GmbH

Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Entwurfsleitende Idee
Die Herausforderung der Wettbewerbsaufgabe für die städtebauliche Erweiterung des Hamburger Hauptbahnhofes stellt in erster Linie die zu analysierende, große Anzahl von ineinandergreifenden Rahmenbedingungen dar. Die verkehrsplanerisch, landschaftlich und architektonisch komplexen Eigenschaften des Areals zeigen, dass bei der Erweiterung des Verkehrsknotenpunktes eine differenzierte räumliche Lösung erforderlich ist. Dies beinhaltet die Betrachtung sämtlicher Aspekte, sowie deren Einordnung und schließlich dem Setzen von Prioritäten.
Mit dem historischen Hauptbahnhof und dessen geschichtlicher Entstehung ist der Ausgangspunkt ein Bauwerk, welches in herausragender Weise mit konstruktiver Raffinesse eine Verschmelzung von Ingenieurwerk und traditioneller Repräsentationskunst darstellt. Es wird nach einer Lösung gesucht, die diesem Bauwerk im Sinne des Denkmalschutzes gerecht wird und gleichzeitig das Areal gezielt aufwertet. Ziel des Entwurfes ist es, die Präsenz des Bahnhofes als städtebaulichen Solitär nicht zu schwächen. Das Konzept verzichtet mit Absicht darauf, das Bahnhofsgebäude in seiner jetzigen Form direkt zu verlängern bzw. zu erweitern. Stattdessen sollen die Erweiterungsvolumen mit Distanz zum historischen Bauwerk ein neues Gesicht schaffen, welches mit den Bestandsfassaden im Dialog steht. Die neu entstehenden Baukörper sollen sich in ihrer Höhenentwicklung zurücknehmen um die städtebaulich dominante Rolle des Hauptbahnhofes zu stärken.

Städtebauliches Konzept
städtebauliche Grundidee, Maßstäblichkeit der Bebauung, Einbindung in den stadträumlichen Kontext, Adressbildung, Unverwechselbarkeit, Sichtbeziehungen, Nutzungskonzept, Erreichen der Barrierefreiheit, Ökologie, Nachhaltigkeit, Klimaschutz
Der Großteil der geforderten Flächen teilt sich in drei Bauvolumen, die Module B, C und D, deren Baumasse sich in ausgewogener Form derart platziert, dass bestehende Sichtachsen nicht versperrt werden. Durch diese Anordnung bleiben die historischen Süd- und Ostfassaden aus dem umgebenden Stadtraum weiterhin erlebbar.
Die Blickbeziehung vom Steintorplatz in Richtung Bahnhof bekommt durch die Intervention eine neue Gewichtung. Vom Platz aus bleibt der Blick bis zur Mönckebergstraße frei und die historische Südfassade weiterhin erlebbar. Des Weiteren ermöglicht die städtebauliche Setzung eine starke Präsenz des östlichen Haupteingangs in den umliegenden Stadtraum.
Durch seine geschwungene räumliche Kante soll der Baukörper ‚Modul C‘ die Orientierung und den Raumeindruck des Hachmannplatzes stärken. Es soll eine hohe Aufenthaltsqualität sowie Einsehbarkeit entstehen, was ein gesondertes Sicherheitskonzept überflüssig macht. Die bahnaffinen Nutzungen verbinden als zweigeschossiger Sockel die Module B und C und bilden durch die Materialität und vereinende architektonische Formsprache den südlichen markanten baulichen Abschluss. Über separate Zugänge werden die Büroetagen der oberen Geschosse erschlossen. Der Entwurf bietet eine klare Adressbildung zum Hachmann- und Steintorplatz im Südosten. Durch eine Auskragung des Bürokörpers im ‚Modul C‘ entsteht eine zweigeschossige, überdachte Zone, die die bestehenden U- und S-Bahneingänge räumlich und witterungsbedingt schützt.

Freiraumplanerisches Konzept
freiraumplanerische Grundidee, Maßstäblichkeit der Freiräume, Zonierung der öffentlichen Freiräume, Aufenthaltsqualitäten, Barrierefreiheit,
Freiraumverbindungen/Anschlüsse an den angrenzenden öffentlichen Raum, Verflechtung von Städtebau und Freiraum; Sicherheit und gefühlte Sicherheit, Vermeidung von Angsträumen, Herstellung von Begegnungsräumen, Definition von Treffpunkten, Sichtbarkeit und Erreichbarkeit von sozialen Einrichtungen/Stützpunkten, Beachtung dieser Aspekte im Innen- und Außenraum; Ökologie, Nachhaltigkeit, Klimaschutz
Das Gesamtkonzept wird ausgehend von den landschaftlichen Rahmenbedingungen der Stadt Hamburg entwickelt: dem Wallring und dem ökologischen Korridor Horner Geest. Der Bahnhof steht auf der alten Grenze des Wallrings, einer Grenze, die immer noch ihre Bedeutung als Grüngürtel für die Stadt behält.
Der Bahnhof stellt eine Unterbrechung dieses Grüngürtels dar. Aus diesem Grund wurde ein Konzept entwickelt, das versucht, die Essenz dieses Ortes wiederzugewinnen, ihn zu rekonstruieren und wieder mit der bestehenden städtischen Natur zu verbinden und die Identitäten der beiden Seiten des Bahnhofs zu stärken.
Die eine ist offener zur Stadterweiterung und soll als öffentlicher Raum und grüne Verbindung zwischen dem Grüngürtel und der ökologischen Achse der Horner Geest dienen, während die Westseite urbaner ist und dem historischen Zentrum der Stadt zugewandt ist. Auch auf der Westseite wird der urbane Streifen durch ein dichtes Netz von öffentlichen und kulturellen Gebäuden verstärkt. Die potenzielle Verbindung wird verstärkt und aufgewertet, wodurch diese Synergien systematisiert werden und ein fließender und erkennbarer öffentlicher Raum entsteht, der der städtischen Promenade, die diese Polaritäten zusammenhält, Identität verleiht.
Der gesamte Platz auf der Ostseite ist als fließender Raum konzipiert: eine Abfolge von Räumen zum Gehen und Verweilen, die die beiden bestehenden Plätze Heidi-Kabel-Platz und Hachmannplatz zu einem neuen Bahnhof Park. Die grünen Inseln orientieren die Hauptfußgängerströme, ohne sie zu behindern, und lassen die Verbindungen zwischen den umliegenden Straßen, U-Bahn-Zugängen, Bushaltestellen und Bahnhofseingängen sichtbar. Gleichzeitig gliedern die Grünflächen den Raum und schaffen kleine Bereiche zum Ausruhen und Treffen sowie zum Entspannen im Schatten der Bäume, wo lange, geschwungene Bänke die Vegetation einfassen.
Der fließende Stadtraum verschmilzt die leeren Stellen über der Bahnlinie zu einer zusammenhängenden Landschaft. Im Norden wird der logistische Raum optimiert, um einen größeren Eingangsplatz in starker Verbindung mit dem neuen Kunstplatz zu schaffen. Im Süden wird die Museumsterrasse durch die Verkleinerung und Abrundung des Lochs und die Lage der zweiten Fahrradstation unter dem grünen Hügel mit Panoramablick definiert.
Die Vegetationstypologien orientieren sich an der lokalen naturräumlichen Gliederung Geest und Marsch. Die grünen Inseln spiegeln die unterschiedlichen topografischen Bedingungen wider: einige liegen höher und beherbergen eine typische Geest-Vegetation (wie Quercus ilex, Prunus aviuma, Robinia pseudoacacia und Crataegus laevigata) in Kombination mit unterschiedlichen Funktionen und Programmen. Die abgesenkten Topographien, die mit den typischen Arten der Marschlandschaft (Betula pendula, Fraxinus excelsior und Alnus glutinosa) bepflanzt sind, sind als städtisches Feuchtgebiet für die Rückhaltung und das Regenwassermanagement des Parks konzipiert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser der Arbeit platzieren südlich des historischen Bahnhofbaus einen Baukörper, der die Breite des bestehenden Baus aufnimmt und dessen Südfassade durch zwei Hochpunkte gerahmt wird. Ein Teil der historischen Fassade bleibt so sichtbar. Allerdings entsteht durch den neuen Baukörper eine räumliche Nähe zum Museum für Kunst und Gewerbe, die kritisch gesehen wird. Östlich des Bahnhofsgebäudes wird gegenüber den Gebäuden der Kirchenallee ein weiterer Hochpunkt platziert, der auf einem sich weiter Richtung Norden erstreckenden, zweigeschossigen Sockelbau steht. So ergibt sich die gewünschte kapazitätserweiternde Verbindung für die Kunden, die durch die hier angelegte Markthalle auch Lebendigkeit und Aufenthaltsqualität bietet. Allerdings wird dieser Bauteil städtebaulich und in seiner Wirkung auf das Klockmannhaus und die gesamte Kirchenallee sehr kritisch gesehen. Sowohl zwischen dem südlichen Baukörper und der Bahnhofshalle als auch nördlich vom östlichen Baukörper werden Überdachungen in Form von voluminösen Flachdächern vorgesehen, die den Passagieren einen witterungsgeschützten Übergang ermöglichen, jedoch im Hinblick auf ihre Anmutung und ihre Wirkung auf das Denkmal von der Jury kritisch gesehen werden.

Für die Fassadengestaltung wählen die Verfasser eine Formensprache, die sich an den Trägern der Bahnhofshalle zu orientieren scheint. So werden expressive Bögen unterschiedlicher Ausprägung vorgeschlagen, die im Bezug zu den dahinterliegenden Gebäuden aber eher als kulissenhaft und im Verhältnis zum historischen Gebäude von einem großen Teil der Jury als überzogen und zu dominant beurteilt werden.

Die Intention der Verfasser, die Präsenz des Bahnhofs als städtebaulichen Solitär durch die Setzung der neuen Baukörper zu stärken, sieht die Jury so nicht eingelöst. Die neuen Gebäude scheinen dem historischen Baukörper gegenüber formal noch etwas unausgereift und in ihrer Anmutung teilweise beliebig. Die Idee der begrünten und organisch geformten Bauten die das Fahrradparken beinhalten, wird ebenso wie die Freiraumgestaltung an der Kirchenallee besonders an diesem Ort sowohl formal als auch funktional kritisch beurteilt.

Insgesamt beurteilt die Jury diesen Entwurf für die Belange der Bahn im Großen und Ganzen als funktional. Städtebaulich und formal überzeugt der Vorschlag die Jury für diesen besonderen Ort jedoch sowohl im Ganzen als auch im Detail noch nicht.