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Projektwettbewerb im selektiven Verfahren | 10/2021

"Brücke über den Graben" Passerelle St. Gallen (CH)

3. Preis

AFRY Deutschland GmbH

Bauingenieurwesen

officina del paesaggio

Landschaftsarchitektur

Phil Weisz | Architect STUDIO WE

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Verkehrsführung, Städtebau und Denkmalpflege
Das Projekt ‘Linguine’ verbindet die Müller-Friedberg-Strasse über das 3. Obergeschoss des Parkhauses auf direktem Weg mit der Vorstadt am St. Mangen Pärkli. Die erforderliche Weglänge hinunter zur Stadtebene wird dabei mit einer ausladenden Schlaufe gegen Nordosten in Richtung Platztor bereitgestellt. Die Verfassenden zielen damit auf zweierlei: Zum einen soll der Parkraum nicht zerschnitten und in seiner Gesamtheit erhalten werden. Zum anderen soll auf dem Kirchhügel ein Ankunftsort geschaffen werden, welcher mehrere und damit vielfältigere Wegbeziehungen anbietet. Diese Konzeption überzeugt wegen der durchgehenden und elegant ausformulierten Wegführung. Zudem werden spannungsvolle räumliche Überlegungen formuliert, die sowohl das Parkhaus, den Unteren Graben wie auch das Pärkli in das Gesamtkonzept mit einbeziehen. Als problematisch jedoch wird der Ankunftsort erachtet. Auch mit den vorgeschlagenen landschafts-
räumlichen Massnahmen kann kein zufriedenstellender räumlicher Bezug zwischen dem Kirchplatz und dem Fuss der Passarelle hergestellt werden. Da-
mit kann der primäre Zweck der Brücke nicht erfüllt werden. Auch die zusätzlich vorgeschlagene Verbindung um den Chor der Kirche herum entschärft die
Problematik nicht, da diese Wege nur halböffentlichen Charakter aufweisen
und primär der Kirchgemeinde zugeordnet sind.
Tragwerk
Der Fußgängersteg ist als durchlaufender, integraler Balken mit mehreren Auflagern konzipiert. Insgesamt wird der Überbau von sechs Auflagern getragen, nämlich von vier Pfeilern und von zwei Widerlagern. Die Länge der Brücke beträgt 90 m mit einer maximalen Spannweite von 27 m. Beim Querschnitt handelt es sich um einen L-förmigen, torsionssteifen Kasten. Der Kasten ist
mit innenliegenden Rippen versteift. Die jeweiligen Enden der Brücke sind mit Ausnahme der Rotation in zwei Richtungen gelagert. Sämtliche Stützen sind eingespannt. Es handelt sich um eine integrale Brücke.
Die Annahmen und Nachweise der statischen Berechnungen sind vollständig, nachvollziehbar und richtig geführt. Es wurden soweit alle Aspekte einer Vorbemessung berücksichtigt. Die angegebenen Kosten sind nachvollziehbar, wobei der Stahlpreis als eher knapp beurteilt wird. Im Kostenvergleich liegt das Projekt knapp unter dem Mittelwert.
Konstruktion und Gestalt
Die Konstruktion der Brücke basiert auf der starken stadträumlichen Idee und wagt eine asymmetrische Konstruktion mit je einer geschlossenen und einer offenen Brüstung. Wegen der sorgfältigen und inspirierten Detaillierung wird eine hohe Plausibilität erreicht. Die Kombination von CortenStahl mit dem Hartbetonbelag überzeugt wegen der Robustheit und konstruktiven Direktheit. Die Lichtführung und der Handlauf ergänzen die Konstruktion mit einer Feinheit, die dem urbanen und denkmalpflegerisch geprägten Umfeld sehr gut entspricht. Freiraum
Das vorgeschlagene räumliche Dispositiv des Brückenschlags schont den Park und den wertvollen Bestand der Bäume. Das ist grundsätzlich positiv. Der grosse Nachteil besteht darin, dass die Brücke stadträumlich am falschen Ort landet und ins Abseits führt. Ausdrücklich gewürdigt wird die skulpturale Wirkung der Intervention: die mehrfache «Torsion im Raum» ist eindrücklich und eröffnet je nach Standpunkt immer wieder andere Ansichten.
Gesamteindruck
Das Projekt ‘Linguine’ überzeugt wegen seiner ausgewogenen und gesamt-
heitlich gedachten Konzeption. Das Projekt strahlt eine vielversprechende Eleganz und Angemessenheit aus. Leider kann der Ankunftsort auf dem Kirchhügel funktional nicht überzeugen.