modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 12/2021

Neubau Kindertageseinrichtung St. Johannes in Augsburg

1. Preis

Preisgeld: 6.500 EUR

TRUTZ VON STUCKRAD PENNER ARCHITEKTEN

Architektur

Erläuterungstext

STADTRÄUMLICHE GESTALTUNG
Die kurze Maschenbauerstraße in Augsburg–Oberhausen wird durch zwei ganz gegensätzliche Akteure geprägt. Da ist zum einen der straßenbegleitende Baubestand aus trauf– und giebelständig angeordneten niedrigen privaten Satteldachhäusern.
Und da gibt es die im achsialem Bezug zum Straßenraum stehende Giebelfront der mächtigen öffentlichen Löweneckschule. Wie reagiert man hier angemessen?
Der Vorschlag für die Neubesetzung des Baugrundstückes auf der Straßensüdseite besteht in der Ausformulierung eines selbstbewussten traufständigen Baukörpers mit mittigem Eingang. Das Gebäude ist ja hauptsächlich perspektivisch verkürzt in Längsrichtung wahrnehmbar. Durch die gewählte Lage der Nebenräume kann die Traufe maßstäblich angemessen niedrig gehalten werden. Die Giebelseiten erzählen von der Grundrissdisposition und der Charakteristik seiner ganz unterschiedlichen Seiten und verankern das Gebäude visuell in die von Steildächern geprägte Umgebung.
Adressbildend sind der vorgelagerte verbreiterten Gehweg und der eingezogene Eingang, der paritätisch in der Gebäudemitte liegt. Die PKW–und Fahrradstellpätze befinden sich seitlich neben dem Gebäude.
Der Garten liegt geschützt auf der Gebäudesüdseite und wird von einem topographischen und vegetativen Saum entlang der Grundstücksgrenze gefasst.

INNENRÄUMLICHE ORGANISATION
Der Neubau wird konsequent in Raumschichten organisiert, die aus der spezifischen stadträumlichen Lage abgeleitet sind. Straßenseitig liegen die dienenden Räume einschließlich Verwaltung, Garderoben und Sanitärräumen. Ein zentraler Gang verbindet barrierefrei auf kurzem Wege die Einheiten und wird sowohl durch räumliche Aufweitungen sowie Sichtbezüge in die Räume, in den Außenraum ober zenital über Oberlichter abwechslungsreich gegliedert. Im Obergeschoss mündet der Gang auf kleinen Spielterrassen, über welchen die Kitakinder direkt in den Garten gelangen können. In einer dritten Schicht entlang des Gartens liegen die zentralen Aufenthaltsräume der Kinder einschließlich des Mehrzweckraumes und Küche. Die vierte Schicht ist für eine der Südfassade vorgelagerte durchlaufende Veranda vorgesehen. Sie erweitert die Aufenthaltsräume und ergänzt den knappen Außenraum des zur Verfügung stehenden Grundstücks.
Der Hauptzugang erfolgt über Vorbereich und Windfang direkt in das Treppenfoyer.
Eine zweiläufige Haupttreppe ist kommunikative Sitzlandschaft und wendet sich zum Mehrzweckbereich.
Die Raumgruppen der Kita im Obergeschoss bilden einfache, robuste und eigenständige Einheiten, die ganz individuell ausgestattet werden können und optional schaltbar sind. Die Sanitärräume werden ebenso wie die an den Ausgängen als Flurerweiterungen befindlichen Garderoben paarweise zusammengeführt.
Auf knappen Grundriss entsteht ein räumlich und atmosphärisch abwechsungsreicher Organismus.

MATERIAL UND FARBIGKEIT
Die Materialwahl ist einfach und beständig. Helle Wandflächen in den Aufenthaltsräumen, farbig gefasste Nebenraumzonen im Gang und in den Garderoben.
Die Fassade ist in einer einfachen Holzverschalung gehalten, die ohne konstruktiven Mehraufwand durch eine Variation von Schalungsbild und Farbigkeit abwechslungsreich gegliedert ist. Die Plastizität des Baukörpers mit seinen Rücksprüngen und den sich seitlich fortsetzenden überdachten Spielbereichen im Obergeschoss brechen die lineare Geometrie und den Maßstab. In Verbindung mit dem Garten bekommen die Räume einen wohnlichen Charakter.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser entwickeln einen lang gestreckten traufseitigen Baukörper entlang der Maschenbauerstraße. Versetzte Pultdächer erzeugen eine wohltuende Maßstäblichkeit. Der gewünschte schützende und bergende Charakter der Einrichtung drückt sich in der architektonischen Gesamthaltung des zurückhaltend gestalteten Gebäudes aus. Es ist davon auszugehen, dass das niedrig angelegte Gebäude mit flach geneigtem Dach in der Umgebung hohe Akzeptanz hervorruft.
Die Anordnung von Pkw- und Fahrradstellplätzen ist äußerst funktional.
Der Hauptzugang von der Maschenbauerstraße wirkt angemessen, wenngleich die Fassadengestaltung des abgesetzten Eingangsbereichs gestalterisch nicht überzeugt. Möglichkeit für einen eigenen (ruhigeren) Eingang zur Krippe wird als positives Angebot gewertet.
Die in zwei Gartenzugangsterrassen und eine raumerweiternde lange Terrasse getrennten Freibereiche im OG werden positiv bewertet. Dadurch hat man „dreckige“ Bereiche und einen langgezogenen Lern-Spiel-Raum im Freien. Der angebotene erdgeschossige Freibereich erscheint gut nutzbar.
Das architektonische Erscheinungsbild erscheint für die Kita-Nutzung angemessen. Die ruhige und offene Gartenfassade im Süden entspricht der Aufgabenstellung. Die Straßenfassade erscheint zu differenziert ausgearbeitet und bedarf noch einer die Gestalt beruhigenden Überarbeitung.
Die Kompaktheit der inneren Erschließung führt zu einem schmalen Gebäude und somit zu einer relativ tiefen und großen Gartenfläche. Der Eingang bietet bei geöffnetem Mehrzweckraum eine Blickverbindung in den Garten. Das Foyer erreicht erst in Kombination mit dem offenen Mehrzweckraum eine gut nutzbare Dimension. Nachdem dieser im alltäglichen Gebrauch meist geschlossen sein wird, ist der Foyerbereich noch zu vergrößern.
Der Speisebereich ist nach Süden orientiert und von äußeren Einblicken geschützt. Die Platzierung der Küche mit eigener Zugangsmöglichkeit ist ebenfalls gut. Der Elternwartebereich vergrößert den Flur der Krippe optisch und ist gut platziert. Der geschlossene, für sich genommene Krippenbereich wird als positiv erachtet.
Der OG-Grundriss ist überzeugend und gut organisiert. 2 Gruppenräume teilen sich einen Sanitärbereich und eine Garderobe. Die Garderobenlösung ist sehr gut für den inneren Ablauf. Schmutzschleusen werden berücksichtigt.
Die grundsätzliche Anordnung der Räume berücksichtigt die Belange des Kita-Alltag weitestgehend. Der Kita-Ablauf ist gut überlegt und der Inklusionsgedanke sehr präsent.
Es handelt sich hier um eine sehr wirtschaftliche Arbeit mit unterdurchschnittlich guter BGF und BRI sowie höchster Flächeneffizienz.
Anmerkungen zur Weiterbearbeitung:
Die Fassade an der Maschenbauerstraße ist zu unruhig und wirkt aus der Zeit gefallen. Sie muss in einer zeitgemäßeren und ruhigen Architektursprache überarbeitet werden.
Die erdgeschossige Eingangssituation ist zu eng. Es wäre möglich, sich im mittleren Bereich mehr Luft zu verschaffen um dem Eingang mehr Bedeutung zu verleihen und gleichzeitig im OG mehr Platz für einen Spielflur zu ermöglichen. Eine Erweiterung des oberen Flurs ist notwendig, da dieser knapp dimensioniert ist für 100 Kinder. Die Verfasser sollten sich dazu vom Zwang zur Symmetrie befreien. Der Speiseraum muss als Raum
abschließbar konzipiert werden.