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Award / Auszeichnung | 11/2021

BDA PREIS BERLIN 2021

Neues Wohnen an der Briesestraße

DE-12053 Berlin, Briesestraße 19 / Kienitzer Straße 26

Auszeichnung

EM2N

Architektur

STADT UND LAND Wohnbauten-Gesellschaft mbH

Bauherren

MAN MADE LAND

Landschaftsarchitektur

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Wohnungsbau

  • Projektgröße:

    13.343m² (geschätzt)

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Baubeginn: 06/2017
    Fertigstellung: 03/2020

Projektbeschreibung

Die aus mehreren Teilen zusammengesetzte Gebäudefigur vermittelt an der Nahtstelle zwischen der heterogenen Blockrandstruktur mit ihren charakteristischen Brandwänden und den mäandrierenden Großstrukturen der Spätmoderne aus den sechziger und siebziger Jahren. Der Neubau verdichtet das Grundstück und vereint die unterschiedlichen Maßstäbe und Typologien seines Umfeldes, Scheibe und Hof. Die vorgeschlagene Volumetrie schmiegt sich den Brandwänden der bestehenden Nachbargebäude an und schafft mit dem zentralen Innenhof einen qualitätvollen Außenraum. Indem ein Gebäudeflügel sich stärker in die Höhe entwickelt als die Bauten in der unmittelbaren Nachbarschaft, wird ein eigenständiges Zeichen im Quartier gesetzt.

Die erdgeschossig vorgesehenen Nutzungen wie das Café mit Außensitzplatz an der
Kienitzer Straße sowie Ateliers mit flexibler Größe entlang der Briesestraße aktivieren den Stadtraum. Jeder der vier Gebäudeteile reagiert mit seiner einfachen Grundstruktur und Typologie auf seine spezifische Lage im Gefüge. Es sind 1- bis 4-Zimmer-Wohnungen, Atelierwohnungen und Großwohnungen mit zusätzlichen Gemeinschaftsflächen entstanden. Innerhalb des flexiblen ‘Regals’ konnten mit wenig Aufwand Anpassungen beim Wohnungsmix vorgenommen werden. Der großzügige Innenhof wird zum sozialen Zentrum der Wohnanlage. Die zum Hof hin ausgerichteten Laubengänge bieten als Erschließungs- und Balkonstruktur das Potenzial für eine Aneignung durch die Hausgemeinschaft. Zwei Durchgänge im Erdgeschoss führen in den gemeinschaftlichen Innenhof, der mit seiner teils begrünten, teils chaussierten Terrassierung urban wirkt.
Das Erscheinungsbild dieses städtebaulichen Passstücks im heterogenen Gefüge des
Rollbergquartiers zeichnet sich durch die Verwendung von industriellen Materialien aus,
welche jedoch im Detail in ihrer Fügung und durch ihren Materialklang hohe Qualität ausstrahlen. Auf einem robusten Sichtbetonsockel ruht die Fassade mit französischen Fenstern und Verkleidungen aus großflächigen Aluminiumpaneelen. Für die Aneignung des Gebäudes durch die Bewohner bildet diese Materialisierung den unprätentiösen Hintergrund.

Beurteilung durch das Preisgericht

Während die Blockbebauung in der Neuköllner Briesestraße zunächst als eine Weiterentwicklung industrieller Serienfertigung erscheint, wartet sie bei näherer Betrachtung mit inhaltlicher Stärke auf. Die in unterschiedlichen Formaten errichteten Häuser fügen sich bei hoher Verdichtung gelungen in das Umfeld ein. Trotz umfassender Ausnutzung der Grundstücksgrenzen führen zaunfreie öffentliche Wege zwischen Erdgeschossterrassen und öffentlichem Raum. Eine anerkennenswerte Geste an die Nachbarschaft, die einlädt und nicht abgrenzt. Über die eigentlich als preistreibend identifizierte Laubengangerschließung vereinen sich gemeinschaftlicher und privater Raum zu einer ausgesprochen gelungenen Symbiose. Innerhalb kürzester Zeit ist hier eine bunte, individuelle Möblierung der Erschließungsflächen entstanden, die zum Verweilen und somit auch zum Beleben des Innenhofes beiträgt. Der urbane Raum ist frei von ruhendem Verkehr und wird am Blockrand in eine Tiefgarage geführt. Kritisch anzumerken ist die überwiegend kalt anmutende Materialität der Innenhofgestaltung, welche die dominierende Brandwand nicht zu entschärfen versteht. Gelobt wird der Wohnungsmix, welcher ein breites Angebot für eine Vielfalt von Nutzergruppen ermöglicht.

Anerkennung verdient, dass die kommunale Wohnungsbaugesellschaft die Nutzerinnen und Nutzer vor Einzug über die agile Wohnform und die gewollte Offenheit mit halb-öffentlichen Wegen und der Anordnung von privaten Terrassen im halb-öffentlichen Raum informiert hat, um eine hohe Akzeptanz zu entwickeln. Durch zielführend angelegte Flächen- und Wegebeziehungen entstehen niedrigschwellige Kommunikationsformate und nachbarschaftliche Interaktionen wie Kochen oder regelmäßige Diskussionsformate zu interessenübergreifenden Fragen. Die nach kurzer Zeit entstandene agile Nachbarschaft zeigt, dass dieser Entwurf einen hohen Beitrag für ein ausgewogenes gemeinschaftliches Wohnprojekt mit hoher Wohnzufriedenheit und sozialer Sicherheit nachweisen kann.

Thomas Bestgen, Geschäftsführer der UTB Projektmanagement, Berlin