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Offener Wettbewerb | 12/2021

Neubau Schulanlage Höckler in Zürich-Wollishofen (CH)

3. Rang / 2. Preis

Preisgeld: 45.000 CHF

Harder Spreyermann Architekten ETH/SIA/BSA AG

Architektur

QUERFELDEINS Landschaft | Städtebau | Architektur PartGmbB

Landschaftsarchitektur

BAKUS Bauphysik & Akustik GmbH

Akustikplanung

SJB Kempter Fitze

Bauingenieurwesen, Brandschutzplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Durchreisende nehmen das inselartige Stadtentwicklungsgebiet Manegg Greencity in der Regel aus dem Zugfenster der SZU oder aus dem Auto auf der Allmendstrasse wahr. Für nicht Ortskundige lassen dabei lediglich das Spinnereigebäude am gleichnamigen Spinnereiplatz und die charakteristischen gelben Industriehallen aus Backstein zwischen Strasse und Bahn auf die industrielle Vergangenheit des Ortes schliessen, der mittlerweile von grossmassstäblichen neuen Wohn- und Bürobauten dominiert wird.

Es sind diese wenigen noch vorhandenen historischen und atmosphärischen Spuren, auf die ARGO aufbauen will und deshalb konsequenterweise auf den kompletten Rückbau der bestehenden Industriehallen verzichtet; Das Projekt macht die bestehenden Bauten zum Ausgangspunkt für das neue Schulhaus. Zum Nukleus und Referenzpunkt der Anlage wird dabei die nördliche Halle D aus den 1950er-Jahren, die Richtung Süden mit einer typologisch verwandten, jedoch neukonzipierten Hallenstruktur erweitert wird.

Im Bereich des Locher-Oeri-Platzes löst sie sich zu einer porösen Raumstruktur auf und dockt direkt an den Haspelsteg an. Diese ungewöhnliche Konzeption des öffentlichen Platzes wurde von der Jury lebhaft diskutiert. Der vorgeschlagene hybride Aussenraum erinnert an die Räumlichkeiten der zurückgebauten Industriehalle und bietet für diesen lärmbelasteten Ort auf mehreren Ebenen ein durchaus interessantes Angebot an unterschiedlich erlebbaren und vielfältig nutzbaren Flächen. Allerdings wäre das richtige Mass an vertikaler Durchlässigkeit und Durchgrünung noch auszutarieren.

Durch die bauliche Extrusion der bestehenden Halle entsteht in der Folge ein differenziertes Sockelbauwerk, das durch die präzise Anordnung von Einschnitten, Rücksprüngen und Auslassungen die notwendigen Adressen auf der Stadtebene regelt. Gleichzeitig werden auf dem Sockeldach eine zweite, öffentlich zugängliche Ebene für Sportnutzungen sowie etwas knapp bemessene Pausen- und Aufenthaltsflächen geschaffen. Neben der Frage zur konstruktiv-statischen Anbindung an den Haspelsteg geben hier vor allem die gestalterischen Konsequenzen potenzieller Schutzmassnahmen Anlass zur Diskussion, insbesondere was die Pausenflächen betrifft, die sich auf den Plattformen über dem LocherOeri-Platz befinden.

Komplettiert wird die Anlage schliesslich mit einem angedockten Sporthallenturm als städtebaulichem Akzent am nördlichen Quartiereingang und einem mittig angeordneten, aufgesetzten viergeschossigen Klassentrakt. Die dicht bepflanzte Retentionslandschaft im nördlichen Bereich der Gasleitung wird über ein filigran ausgebildetes Rampenbauwerk spielerisch an die zweite Stadtebene angebunden und vervollständigt damit die Quartiervernetzungsfigur.

In dieser an sich klaren und ausdifferenzierten Grunddisposition lässt sich das Programm nun einfach und selbstverständlich platzieren:
Die neue, stimmungsvoll ausgebildete Schwimmhalle liegt sinnvollerweise direkt am Locher-Oeri-Platz. Mensa, Bibliothek, Betreuung und Mehrzwecksaal sind in der bestehenden Industriehalle untergebracht. Sie profitieren von der teilweise aussergewöhnlichen Geometrie und räumlich-strukturellen Atmosphäre des Bestandsbaus sowie von der Ausrichtung auf den ruhigeren Gleisraum, benötigen aber viel mehr Fensterfläche, als im Bestand vorhanden. Die Sporthalle erhält mit dem aus der Bestandsgeometrie resultierenden dreieckigen Einschnitt einen prägnanten Vorraum, der mittels einer zeichenhaften Spindeltreppe wiederum Anschluss auf die obere Ebene mit den beiden Aussensportplätzen findet. Im ersten Obergeschoss des Sockels sind der Lehrpersonenbereich sowie die übergeordneten Spezialräume und der Spezialcluster untergebracht. Die Haupträume orientieren sich mehrheitlich Richtung Bahn und müssen die doch recht beträchtliche Bestandstiefe mit einer üppigen, unbelichteten Mittelzone bewältigen.

Ein grosszügiges Treppenhaus, das zweiseitig vom Strassen- und Gleisraum zwischen Schwimm- und Betreuungstrakt erschlossen werden kann, verbindet die gemeinsamen Sockelnutzungen mit dem darüber liegenden Klassentrakt. An der Schnittstelle zur oberen Stadtebene findet sich ein zweiter gedeckter Eingangsund Pausenbereich mit separatem Zugang zu den MKZ-Räumen. Der Klassentrakt mit den geforderten Zimmerclustern ist gut und attraktiv gelöst und verspricht mit den geschossweise angeordneten, begrünten Pausenbalkonen gegen Westen ein transparentes und offenes Raumgefühl inklusive natürlich belichtetem Treppenhaus. Es ist allerdings davon auszugehen, dass diese Pausenbalkone aufgrund der Störfallverordnung einer Personenzahlbeschränkung unterliegen werden. Es gibt auch Zweifel, ob die Lärmgrenzwerte aller Klassenzimmer so eingehalten werden können.

Der konstruktive Aufbau und damit auch der architektonische Ausdruck der Schulanlage ist kohärent auf das städtebauliche Konzept aufgebaut und umgesetzt.
Während die erweiterte zweigeschossige Hallenstruktur analog zur bestehenden Halle als Stützen-Plattenbau in Beton weitergeführt wird, soll im aufgesattelten Klassentrakt und den gestapelten Turnhallen vor allem Holz eingesetzt werden, obwohl die vorgeschlagenen Abmessungen des Klassentrakts eine Stahlbetonkonstruktion bedingen. Die vorgeschlagene Nutzung der bestehenden Baugrube und die Wiederverwendung von Teilen der Backsteinfassade der rückgebauten Halle werden ausdrücklich begrüsst, es stellt sich jedoch die leise Frage, ob nicht doch mehr Originalsubstanz hätte erhalten werden können. In einem bildhaften Entwurfsverfahren entsteht aus dem expliziten Rückgriff auf die Materialisierung und architektonische Sprache der erhaltenen Halle D (Betonrahmen und Backsteinfüllungen) in der Summe jedoch eine einprägsame, räumlich abwechslungsreiche und atmosphärisch dichte Schulanlage.

ARGO zeigt, dass mit einem der letzten Bausteine im Quartier Manegg an zentraler Stelle ein identitätsstiftender Bau entstehen könnte, der auf verschiedenen Ebenen Brücken schlägt: Räumlich als städtebauliche Vernetzungsfigur sowie vielfach nutzbare öffentliche Infrastruktur, und atmosphärisch als Bindeglied zur fast verschwundenen Geschichte dieses Ortes. Dennoch überzeugen der zu stark an die bestehenden Bauten angelehnte Ausdruck und die daraus folgenden Widersprüche in der Konstruktion das Preisgericht im Hinblick auf die Schulnutzung nicht.
Lageplan 500

Lageplan 500

Lageplan

Lageplan

Grundriss EG 200

Grundriss EG 200

Grundriss EG

Grundriss EG

Ansicht West

Ansicht West