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Offener Wettbewerb | 12/2021

Begegnungszentrum Reformierte Kirche Sarnen (CH)

© Bastien Turpin Architektur, Situationsmodell

© Bastien Turpin Architektur, Situationsmodell

4. Rang / 4. Preis

Preisgeld: 20.000 CHF

Bastien Turpin Architektur

Architektur

Architekturbüro Hirsig & Hirsig

Architektur

Neuland ArchitekturLandschaft GmbH

Landschaftsarchitektur

Holzbaubüro Reusser GmbH

Tragwerksplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Wie ein Fächer entfaltet sich das Gebäude in verschiedene Richtungen und stellt, losgelöst von den vorherrschenden Geometrien, ein einprägsames und eigenständiges Bauwerk dar. Mit etwas über 15 m an der höchsten Stelle überragt es die umliegenden Gebäude inkl. Glockenturm deutlich und wird damit seiner Bedeutung als kirchliches Zentrum gerecht. Dass sich auch noch Wohnungen im Gebäude befinden, kann von aussen kaum abgelesen werden, was einerseits positiv beurteilt werden kann, bleibt das Volumen doch in sich kongruent, ohne störende An- oder Aufbauten. Andererseits sind die Wohnnutzung und die Bedürfnisse der Bewohner der Form komplett untergeordnet worden. Die rhythmisch gefaltete Konstruktion zeichnet sich im Dach und in der Fassade ab, als Fassadenverkleidung werden regionale Holzschindeln vorgeschlagen.
Das Grundstück ist mit einem Vegetationssaum aus Wildstauden und einheimischen Gehölzen eingefasst, welcher sich formal an den Gebäudefluchten ausrichtet. Die fächerartige Gliederung des Gebäudes erfährt damit ihre Fortsetzung im Aussenraum. Durch die fliessende Abfolge der Plätze sowie den sie durchdringenden Gehölz- und Wildstaudenstreifen entstehen verschiedene schattige und sonnige Bereiche. Der Besuchende betritt einen Ort der Ruhe und Besinnung. Die Eingangssituation ist klar definiert und wirkt mit dem offenporig gepflästerten Platz sehr einladend, grosszügig und durchlässig. Die Unterteilung in unterschiedliche Bereiche ermöglicht verschiedene Nutzungsmöglichkeiten wie Spiel, Kontemplation, Begegnung, Rundweg. Rückzugsmöglichkeiten bestehen im intimer gestalteten und doch gut zugänglichen Bereich mit Gemüse- und Kräutergarten sowie Grillplatz.
Der gedeckte Zugang befindet sich in der Ecke, praktisch in der Mitte der Parzelle, wo sich das Gebäude auch am höchsten auftürmt. Ein Seiteneingang erschliesst nicht nur die beiden Wohnungen, ebenda sind auch der Jugendraum, das Atelier und die Sonntagsschule angegliedert. Der pragmatische Windfang überzeugt nicht, die fächerförmige Anordnung der wichtigen Räume hingegen sehr. Wie in einem Trichter fokussieren sie sich auf die Bühne. Überraschend gut lassen sich die Nutzungen in diesem strengen Konzept miteinander kombinieren; im Grundriss jedenfalls können die verschiedenen Räume sehr elegant mit grossen Drehtüren zugeschaltet oder abgetrennt werden. Schwierig vorstellbar ist es dagegen, wie sich die teilweise bis zu 10 m hohen Türen aus der logischerweise fächerartig ausgerichteten Deckenstruktur ausdrehen lassen und so eine akustisch wirksame Trennung darstellen. Ein Sturz könnte helfen, würde die Raumwirkung aber erheblich beeinträchtigen. Die Verfassenden versprechen verheissungsvoll von einem «plastischen Raumkontinuum», ohne Lösungen für die elementaren betrieblichen Aspekte aufzuzeigen. Belichtet wird der Kirchenraum über Oblichter zwischen den Abtreppungen der Decke und eine transluzente Bühnenrückwand. Die Dachstufen dürften jedoch zu wenig hoch sein, um oberhalb des Dachaufbaus genügend Fensterfläche zu generieren. Es wird nicht nachgewiesen, wie die Lasten des gewaltigen Bauvolumens im Untergeschoss abgetragen werden sollen, ebenso fehlt die Parkplatzeinteilung dazu. Generell ist die Funktionalität der Nutzungen nicht überall überprüfbar.
Beide Wohnungen sind vorteilhaft gegen Norden und Süden ausgerichtet, hingegen ist der Lichteinfall in die Loggias aufgrund der Dachstaffelung eingeschränkt und die Organisation der Wohnungsgrundrisse ganz allgemein nicht attraktiv.
Das Projekt löst kontroverse Diskussionen aus: zum einen wird der selbstbewussten Form und ihrer Signalwirkung sehr viel Wohlwollen entgegengebracht, ebenso kann die harmonische Verbindung des Gebäudes mit seinem Aussenraum überzeugen, zum andern machen die impressionistischen Skizzen Versprechungen zu gehaltvollen Innenräumen, die bei näherer Betrachtung dann doch nicht eingelöst werden können.