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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2022

Neubau Haus für Film und Medien in Stuttgart

Eine neue Adresse an Stuttgarts Kulturmeile – lebendige Räume zur Stadt

Eine neue Adresse an Stuttgarts Kulturmeile – lebendige Räume zur Stadt

Anerkennung

RIEHLE KOETH

Architektur

Carmody Groarke Ltd.

Architektur

Buro Happold

TGA-Fachplanung, Tragwerksplanung

Charcoalblue

Akustikplanung, Szenographie

koeber Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Halfkann+Kirchner

Brandschutzplanung

ArtefactoryLab

Visualisierung

Béla Berec Architektur-Modellbau-Gestaltung

Modellbau

Erläuterungstext

Stä
dtebauliche und architektonische Position

Das Haus für Film und Medien besitzt das Potential und die Verantwortung, an städtebaulich sehr relevanter und prominenter Stelle das Gesicht Stuttgarts in Verlängerung der Kulturmeile und am Übergang von Altstadt zu Leonhardsvorstadt nachhaltig zu korrigieren und zu prägen. Der Kontext und die Aufgabenstellung für den Neubau des Hauses für Film und Medien stellt sich dabei sehr vielschichtig dar:

Stadtgeschichtlich liegt der Leonhardsplatz als Adresse für den HFM Neubau im Spannungsfeld und Kreuzungspunkt von vier Stadt-Plätzen (Norden: Charlottenplatz, Süden: Wilhelmsplatz, Osten: Marktplatz, Westen: Katharinenplatz), die historisch eine klare Definition und stadträumliche Verbindung untereinander aufwiesen, beides teilweise jedoch über die Entwicklungen der ‚autogerechten Stadt‘ und die stufenweise Verbreiterung der nord-südlich verlaufenden Bundestraße 14 seit den 60-er Jahren verloren haben. In Verbindung mit dem B14 Masterplan und der Entwicklung des Züblin-Areals kommt der Konversion des Breuninger-Parkhauses mit dem Film- und Medienhaus als Kopfgebäude am Leonhardsplatz die wichtige Aufgabe einer Stadtreparatur zu.


Städtebaulich muss der Neubau des Film- und Medienhauses sensibel zwischen den Maßstäben der großen Blockränder auf Altstadtseite und der kleinteiligen Wohnbebauung des Bohnenviertels vermitteln, gleichzeitig zusammen mit der Leonhardskirche ein markantes ‚Eingangstor‘ zur neuen ‚Leonhardsvorstadt‘ bilden.

Programmatisch stellt das HFM mit seinem vielschichtigen Angebot analoger und digitaler Medien als neuer Kulturbaustein die Erweiterung der Kulturmeile dar und muss sich über einen offenen Charakter als Ort des Austausches und der Kommunikation in der vielfältigen Stadtgesellschaft Stuttgarts verankern.


Vor dem Hintergrund der Komplexität des Ortes und der Aufgabenstellung setzt sich der Entwurf für das HFM bewusst das Ziel (ist der Entwurf für das HFM bestimmt von der Suche), die vielschichten kontextuellen und programmatischen Anforderungen in einer einfachen, jedoch einprägsamen Figur mit großer Klarheit und Lesbarkeit zu lösen:

Die einfache Grundform des Richtung Leonhardsplatz angeschrägten Baukörpers generiert ein Ensemble dreier eigenständiger städtebaulicher Figuren bestehend aus HFM, Leonhardskirche und Gustav-Siegle-Haus. Das HFM komplettiert dadurch zum einen die Komposition der inselartigen Masterplanung entlang der B14 und orientiert zum anderen einen eleganten und zeichenhaften Kopfbau mit kraftvoller Platzkante und öffentlichem Haupteingang zum neuen Leonhardsplatz. Das markante Giebelende bildet ein zeichenhaftes Pendant und steht im Dialog mit der Silhouette der Leonhardskirche. So wird ein neues ‚Stadttor‘ und selbstverständlicher Übergang zur Leonhardsvorstadt geschaffen.


Das Anschrägen der Gebäudegrundform an beiden Längsseiten des Neubaus weitet den öffentlichen Raum und dessen Blickachsen beidseits auf, wodurch in der Esslinger Straße ein geschützter, besonnter Außenbereich mit freiem, pittoreskem Blick auf den Turm der Leonhardskirche entsteht und auf Seite der B14 der fliesende Übergang aus der Innenstadt in Richtung Leonhardsvorstadt gefördert wird.

Der selbstbewusste Solitär des HFM ist damit gleichermaßen sensibel in seiner volumetrischen, kontextuellen Einfügung wie auch markant in seiner figürlichen Ausprägung: Ein Neubau, der die bestehende Stadt respektiert und zugleich von einem öffentlichen Charakter und einer städtischen Präsenz geprägt ist.


In Verbindung mit der zukünftigen Verkleinerung der B14 unterstützt die Setzung und Haltung des HFM, die aktuell getrennten Bereiche von Innenstadt und Leonhardsvorstadt wieder besser zu verweben und die ‚Wunden‘ zu vernähen, die die Schneise der B14 über Zeit in der Stadt gerissen hat. Eine klare Sequenz öffentlicher Plätze von Marktplatz über Leonhardsplatz zum Katharinenplatz und Katharinenkirche, fußläufig gut untereinander verbunden soll die Ost-West-Verbindung an dieser Stelle der Stadt stärken, reparieren und wiederherstellen. Ebenfalls im Sinne einer Stadtreparatur wird bei der Konversion des Züblin-Areals angeregt, die kleinteilige Körnung seiner städtebaulichen Umgebung aufzugreifen, um Bohnenviertel und Leonhardsviertel ebenfalls wieder stärker zu vernetzen.

Das Haus für Film und Medien ist als offenes, einladendes, klar lesbares Kulturgebäude konzipiert, das die soziale Begegnung, den kreativen Austausch sowie die Vermittlung analoger und digitaler Medien fördert. Abgeleitet aus seiner klaren städtebaulichen Figur zeigt sich das Haus für Film und Medien als einfache, flexible, interaktive Struktur, in der Raumprogramm, Tragwerk, Fassade, Aktivitäten und Prozesse immanent miteinander verbunden und verwoben sind.

Die architektonische Idee ist bestimmt von vier Füßen/Infrastrukturkernen aus Beton in den Gebäudeecken, wodurch auf jeder Etage ein flexibel nutzbarer, großmaßstäblicher Raum im Zentrum des Plans sowie aktivierte Bereiche am Perimeter entstehen, die in Richtung Marktplatz, Leonhardsplatz und Bohnenviertel ‚Fenster zur Stadt‘ bilden und öffentliche Fassaden erzeugen.

Die Tragwerksidee eines Abfanggeschosses aus Stahlträgern über dem Erdgeschoss erlaubt einen stützenfreien Raum auf Stadtniveau, einen schwellenlosen Übergang von außen nach innen und damit eine Erweiterung des öffentlichen Raumes vom Leonhardsplatz in das neue ‚Leonhards-Wohnzimmer‘ – einem flexiblen Eventspace und Begegnungsraum.
In Verbindung mit den obersten Geschossen, in einer leichten Holz-Hybrid-Bauweise ausgeführt und mit einem Dachpatio als weiterem ‚Zimmer für die Stadt‘ gekrönt, wird die klare Komposition von Basis, Mittelteil und oberem Abschluss komplettiert.
Architektonisch vermittelt die Dreiteilung der Komposition bewusst zwischen dem Maßstab der Traufhöhen der Kirche sowie den großmaßstäblicheren, neuen Gebäuden des Masterplans entlang der B14.


Konstruktiv spiegelt die kompositorische Dreiteilung die innere Logik des Hauses wider und unterstreicht durch den Einsatz des für seinen jeweiligen Zweck optimierten Materials (Unten: Betonfüße, Mitte: Stahlausgleichsträger, Oben: Holzgestell) die Intention, so leicht und ‚betonarm‘ wie möglich zu bauen und den CO2-Verbrauch in der Herstellung bestmöglich zu reduzieren. Die Präsenz und Rohheit dieser Materialien – innen wo immer möglich als sichtbare Oberflächen belassen und über ‚theatralische‘ Beleuchtung atmosphärisch inszeniert – verleihen dem Gebäude eine lager- oder werkhallenähnliche Ästhetik und die Natur eines Kunsthauses. Dies präsentiert/erzeugt/schafft den passenden Hintergrund/Rahmen für die Präsentation und Darstellung verschiedenster Medien und unterstreicht die unvoreingenommene und kreative Bestimmung des HFM.

Die vorgeschlagene Gebäude- und Raumstruktur ist geprägt von Flexibilität, Offenheit und Durchlässigkeit, um das vielfältige, komplexe Raumprogramm auf den jeweiligen Etagen einfach und sinnfällig abzubilden und mit einer öffentlichen, intuitiven Erschließung als Weg durch das Haus untereinander zu vernetzen.

Die organisatorische Idee für das HFM ist konsequent aus der architektonischen Struktur und Ordnung des Gebäudes entwickelt. Die dunklen, lichtfesten Komponenten des Raumprogramms werden im Zentrum eines jeweiligen Geschosses platziert, was für die entsprechenden Funktionen wie Kinos, Ausstellungsräume oder Studios die angemessene Umgebung in Sachen optischer und akustischer Separierung darstellt. Die Räume mit Tageslichtanforderung, die sozialen Begegnungsflächen und die öffentlichen Bewegungsflächen umhüllen wiederum diese großen technisch kontrollierten Bereiche im Zentrum des Plans, sind im Kontrast dazu hell, luftdurchströmt und voller Aktivität. Dadurch werden die Fassaden zur Stadt animiert und erzeugen ein städtisches Erscheinungsbild. Die öffentlichen Aktivitäten am Perimeter des Gebäudes werden durch eine thermisch und akustisch wirksame Doppelfassade aus transparentem und transluzentem Glas im Stadtraum zur Geltung gebracht, verstärken das optische Spektakel aus natürlichem und künstlichem Tageslicht sowie die Sichtbarkeit der Energie und Bewegtbilder innerhalb des HFM Gebäudes.

Landschaft, Freiraum und Unterführung

Die Hauptstätter Straße trennt im Vollausbau das Stadtzentrum. Ihr stufenweiser Rückbau erlaubt, die historischen Verbindungen über den trennenden Straßenkörper hinweg wieder miteinander zu verknüpfen. Aus diesen Verknüpfungssträngen ergibt sich entlang der Straße eine Rhythmik, die der neue ‚Smart Mobility-Hub‘ mit dem Haus für Film und Medien aufnimmt. Zudem akzentuieren die Baumpflanzungen entlang der Straße die Platzfolge. So trägt die Gestaltung um das Haus für Film und Medien auch zum Entstehen des ersehnten Stadtboulevards für Stuttgart entlang der B14 bei, der zukünftig zum Flanieren einlädt und die Stadt wieder stärker verwebt.

Der neue Leonhardsplatz, der das Gustav-Siegle-Haus, die Leonhardkirche und das Haus für Film und Medien einschließt, stellt die Kirche ins Zentrum des Platzes und weist auf der Nord- und Südseite der Kirche offene und großzügige Platzflächen auf. Somit können das Gustav-Siegle-Haus, die Kirche und das Haus für Film und Medien die ihnen zustehende Präsenz im Stadtraum zeigen.
Um einen Anschluss des HFM an die bestehende Unterführung zu gewährleisten, positioniert der Entwurf einen Seiteneingang mit dahinterliegendem Foyer und Zugang zum kleinen Kino-Saal auf Höhe der bestehenden Breuninger-Passage. Dies stärkt die Präsenz und Anbindung des HFM in Richtung neuem Mobility-Hub und zur U-Bahn-Station ‚Rathaus‘.


Im Interimsfall bis zur Umgestaltung der aktuellen B14 zu einem zukunftsgerechten ‚City-Boulevard‘ sieht der Entwurf unter Aktivierung des stillgelegten Seitenarmes der Passage den Aufgang am Leonhardsplatz unter dem Baumpaket neben der Leonhardskirche vor. Dieser Zugang spiegelt zur klaren und intuitiven Orientierung in der Stadt den bestehenden U-Bahn-Zugang auf Innenstadtseite und übernimmt langfristig primär die Funktion der kurzwegigen U-Bahn-Anbindung.

Nach dem Rückbau einiger Fahrspuren der B14 und dem entsprechenden Zugewinn an öffentlichem Raum wird unterhalb der Gebäudeauskragung eine (Treppen-)Verbindung vorgeschlagen, die - neben dem Seitenfoyer auf Passagen-Niveau – (in Verbindung mit einem Aufzug im Volumen des HFM) eine kurzwegige und leistungsstarke Anbindung der Unterführung an den Leonhardsplatz und das HFM erzeugt. Der städtebauliche Grundgedanke eines komplett offenen und porösen Erdgeschosses erlaubt dann das Betreten des HFM-Gebäudes von seinen drei öffentlichsten Seiten aus. Als Anregung im Wettbewerb wird optional vorgeschlagen, die linearen Wegeverbindungen im Untergrund zu Gunsten eines übersichtlichen Verteilergeschosses aufzulösen, welches an den Eckpunkten durch Breuninger, HFM und beide U-Bahnzugänge aufgespannt wird.

Organisation

Das Haus für Film und Medien ist ein Ort für die Präsentation und Vermittlung analoger und digitaler Medien und neuer Treffpunkt in der Stadt für Kommunikation, sozialen Austausch und vielfältige Veranstaltungen rund um das Thema Film und Medien. Die konstante Präsenz der Bewegungen von Bildern und Menschen innerhalb und außerhalb des Gebäudes erzeugen eine elektrisierende Stimmung und Energie, die das HFM spürbar und sichtbar als spezifischen Kulturbaustein in der Stadt verankert.
Über drei öffentliche, aus der gefasten Grundfigur abgeleitete Erdgeschossfassaden werden Besucher und Passanten aus allen Richtungen in das neue HFM eingeladen. Über den Haupteingang am Kopfende des Gebäudes verbindet sich der Leonhardsplatz schwellenlos mit einem großen, öffentlichen Stadtfoyer. Das Eingangsniveau beinhaltet einen Multifunktionsraum und ein öffentliches Café/Restaurant, welche bei Bedarf von den Hauptaktivitäten im Foyer separiert und auch autonom von außen genutzt werden können. Die stützenfreie, flexible Raumstruktur des Erdgeschosses bietet die Freiheit, bei Filmpremieren, Filmfestivals, Kongressen, Konferenzen den ‚Einraum‘ dem jeweiligen Anlass anzupassen und zu bespielen. Sichtbar und intuitiv leitet die öffentliche Erschließung als klare Raumskulptur die Besucher in die Vertikale des Gebäudes.

Mit dem großen Kino im ersten Obergeschoss und dem kleinen Kino im Untergeschoss befinden sich die Räume mit den größten Besucherströmen in kürzest möglicher Distanz zum Foyer, um sich zu den Kinovorstellungen schnell und angenehm bewegen zu können. Ein doppelhohes Foyer vor dem großen Kino im ersten Obergeschoss lässt sich auch im Falle der Nutzung des Kinos als Konferenz- und Vortragsraum mit einer flexiblen Bar bespielen und gibt Blicke über den Leonhardsplatz frei.

Über ein Seitenfoyer in Richtung Marktplatz orientiert beginnt der Ausstellungsrundgang und führt die Besucher über eine großzügige einläufige Treppenanlage in das zweite Obergeschoss, welches im Zentrum den großen, dunklen Ausstellungsraum und zur Esslinger Straße den abdunkelbaren kleinen Ausstellungsraum verortet. Ein doppelhoher Raum am Kopfende ermöglicht eine Pause im Ausstellungsrundgang und gibt Blicke auf die Kirchturmspitze der Leonhardskirche frei. Drei Studio-/Aufnahmeräume - von der Ausstellung unabhängig erschlossen - bilden den Übergang zum Ausbildungsbereich auf dem dritten Geschoss. Dunkelräume wie auch tagesbelichte Räume für Jung und Alt, Professionelle wie Einsteiger, analoge und digitale Medien können innerhalb der flexiblen Grundstruktur abgebildet und auch über Zeit angepasst werden. Der dichte Raumcluster unterschiedlichster Nutzungsangebote soll den Austausch und Wissenstransfer erleichtern und spielerisch fördern.

Das oberste Geschoss bildet eine aktivierte ‚Stadtkrone‘, in dem sich die Dachgastronomie und der große Multifunktionsraum um einen eingeschnittenen Dachpatio gruppieren. Das Gastronomieangebot einer Lounge, eines Restaurants und einer Bar orientiert sich an den drei öffentlichen Gebäudekanten nach außen, erlaubt mit großen Stadtfenstern Bezüge zum Marktplatz, Leonhardsplatz und Bohnenviertel und animiert den oberen Gebäudeabschluss von innen. Vom Außenlärm geschützt bildet der eingeschnittene Dachgarten im Herzen der Figur bei gutem Wetter die Möglichkeit, Open-Air-Kino-Veranstaltungen ohne Beeinträchtigung des naheliegenden Bohnenviertels stattfinden zu lassen. Der Multifunktionsraum kann mit dem Gartenhof visuell und physisch verbunden werden, wodurch sich das Obergeschoss mit Blicken über den Mobility-Hub in Richtung Kulturmeile und über den Leonhardsplatz in Richtung Kirche und Gustav-Siegle-Haus ‚front-to-back‘ mit der Stadt übergeordnet verbindet.

Die kompakte und dadurch energiegeladene Organisation des in Richtung Leonhardsplatz ausgerichteten Gebäudes schafft gleichzeitig eine unabhängige rückwärtige Versorgung und interne Erschließung des Gebäudes. Die Andienung erfolgt auf Erdgeschossniveau von der Wagnerstraße aus mit Anbindung an einen Lastenlift, der alle Etagen verbindet. Aufgrund der gewünschten Offenheit und Nutzungsflexibilität des Erdgeschosses wird der Küchenbereich im Untergeschoss vorgeschlagen. Ein Luftraum schafft eine Verbindung nach außen und versorgt den Bereich mit Tageslicht. Ein Essensaufzug dient die Gastrobereiche im Foyer und auf der obersten Etage an.


Der Nebenzugang für die Verwaltung erfolgt ebenfalls über den rückwärtigen Bereich der Wagnerstraße. Die interne Erschließung dient unabhängig von der Haupterschließung zwei auf Höhe des großen Kinos gestapelte Büroetagen an. Die Bürobereiche sind so zur ruhigen Esslinger Straße orientiert, mit Licht und Luft versorgt und auf Höhe des Kinofoyers von der öffentlichen Seite des Hauses aus mit den gewünschten Besprechungsmöglichkeiten verlinkt.

Konstruktion und Fassade/Materialität

Eine hybride Bauweise aus Stahl-, Holz- und Beton setzt die Materialien mit ihrer jeweiligen Stärke optimal ein. In den Obergeschossen wird durch die Holz-Beton-Verbundbauweise der CO² -Fußabdruck um ca. 50% reduziert und spart durch halbiertes Eigengewicht weiter in lastabtragenden Bauteilen bis hin zur Gründung. Somit wurde für jede Gebäudeschicht der optimale Materialmix für die jeweilige Aufgabe gewählt.

Sämtliche Gebäudelasten werden ausschließlich über die vier aussteifenden Erschließungskerne abgetragen. Das Erdgeschoss bleibt somit komplett Stützenfrei. Das erste und zweite Obergeschoss wird zum Lasttransfer zwischen den Obergeschossen und dem stützenfreien Erdgeschoss genutzt. Große Fachwerke erstrecken sich über beide Geschosse entlang der Außenfassade sowie um den großen Kinosaal herum. Verbunddecken aus Stahlträgern mit tragendem Aufbeton minimieren die notwendigen Deckenstärken und garantieren hohe Spannweiten. Die Decke über dem großen Kinosaal wird als Transferdecke für die oberen Geschosse ausgebildet. Die Decken der oberen Geschosse sind als Holz-Beton-Verbundecken geplant, die mit ca. 300kg/m² Eigengewicht rund 50% weniger Lasten auf die Transferebene leiten. Deckengleiche Stahlträger auf schlanken Stützen erzeugen eine angenehme Raumhöhe unter gleichzeitig minimalem Materialeinsatz und Gewicht.

Um die spezifische Gebäudefigur wird eine universelle Hülle mit zweischichtigem Aufbau gelegt. Während die äußere Schicht die visuellen Eigenschaften des neuen Gebäudes kontrolliert, übernimmt die innere Schicht die thermische Regulierung und Durchlüftung des Gebäudes. Die äußere Hülle besteht anteilig aus transluzentem bzw. transparentem Glas. Während die transparenten Bereiche gerahmte Blicke über die Stadt freigeben, registrieren die transluzenten Bereiche die Aktivitäten, Bewegungen und Energie dahinter, um das HFM als öffentliches und energiegeladenes Gebäude in der Stadt zu präsentieren. Auch sorgt die äußere Hülle für entsprechenden Schallschutz, sodass natürliche Belüftung möglich wird. Die innere Hülle ist als Pfosten-Riegel-Fassade konzipiert, die vor der Gebäudestruktur liegt, opake und transparente Bereiche je nach Nutzung der Räume ausweist und über Öffnungsflügel das Gebäude natürlich belüftet. Die architektonische Dreiteilung der Fassadengliederung gibt dem Neubau Ordnung und Maßstäblichkeit, in dem die Schichten von Sockel, über Mittelteil zu oberem Abschluss graduell offener und leichter werden. Die Erdgeschosszone ist dabei geprägt von den freigestellten Infrastrukturkernen aus Sichtbeton. Sie geben dem Neubau einen rohen und robusten Charakter, unterstreichen die Natur des HFM als ‚Kunst-Haus‘. Im Mittelband bilden eine Serie von metallischen Finnen mit LED-Lichtern einen ‚digitalen Fries‘, der zur Ankündigung verschiedener Events entsprechend programmiert werden kann. Die oberen drei Geschosse formen eine ‚Stadtkrone‘, die sich offen und durchlässig zeigt und die Aktivitäten und Energie von Bildern und Menschen nach außen in die Stadt transportiert.

Technik und Nachhaltigkeit

Primäres Ziel des ganzheitlichen und zukunftsorientierten Gebäudekonzeptes ist die Zufriedenheit der Nutzer im Hinblick auf die thermische und akustische Behaglichkeit, den Einsatz regenerativer Energien (Schonung der Umwelt und der natürlichen Ressourcen), eine optimierte Energieeffizienz sowie minimierte Lebenszykluskosten (hohe Wirtschaftlichkeit und Funktionalität, niedriger Energiebedarf und niedrige Folgekosten / Betriebskosten). Um dies zu erreichen, werden zunächst passive, bauliche Maßnahmen entwickelt, um den Bedarf an aktiver Wärme- und Kälteenergie sowie den Strombedarf zu minimieren. Zur Deckung des verbleibenden Energiebedarfs wird der Einsatz von regenerativen Energien vorgesehen. So kann ein schlankes Versorgungskonzept mit reduzierten Investitionskosten, wartungsarmer Technik und niedrigen Betriebskosten entwickelt werden.

Neben dem hocheffizienten und materialgerechten Tragwerk profitiert der Baukörper durch seine kompakte Kubatur von einem optimalen Verhältnis von Fläche zu Volumen und verhindert so unnötige Transmissionsverluste. Das Energiekonzept des Gebäudes ist so weit wie möglich elektrifiziert um eine zukünftige kohlenstoffarme Netzintegration zu nutzen. Die Gebäudehülle ist als Hochleistungsfassade ausgeführt und steuert die Umweltenergieströme wie Wind und Sonneneinstrahlung um Heizung, Kühlung und Lüftung mit passiven Gestaltungsmöglichkeiten zu optimieren. Der Schallschutz, auch während der Öffnung der Fenster zur natürlichen Belüftung ist durch die Zweischichtige Fassade gegeben. Eine mechanische Lüftung im Mischbetrieb kann eine hohe Raumluftqualität erzielen, wenn die klimatischen Bedingungen für passive Maßnahmen nicht geeignet sind. In den Kinoräumen sorgt ein energieeffizientes Lüftungssystem mit hohem Energierückgewinnungsgrad für hohen thermischen Komfort und gute Raumluftqualität. Durch die Nutzung des bestehenden Fernwärmeanschlusses, der im Falle Stuttgarts einen niedrigen Primärenergiefaktor aufweist, wird eine ökologische Heizenergiequelle genutzt. Die Kühlung erfolgt über eine Wärmepumpe , die in Verbindung mit Strahlungskühlpaneelen die Effizienz der Energieeinsparung erhöht. Die Wärmepumpe arbeitet mit Strom, was bedeutet, dass ein Teil des Bedarfs durch Photovoltaik gedeckt werden kann. Durch den Einsatz von gebäudeintegrierter Photovoltaik wird ein Teil des Energiebedarfs ausgeglichen, was zu einem Niedrigenergiegebäude führt. Das Energiekonzept des Gebäudes ist so weit wie möglich elektrifiziert, um die Vorteile von "Öko-Strom" und einer zukünftigen kohlenstoffarmen Netzintegration zu nutzen.

Die opaken Fassadenflächen in Richtung des Mobility Hubs werden großflächig begrünt. Die Pflanzen binden Feinstaub, nehmen CO² auf und produzieren Sauerstoff. Ebenso wird die gesamte Dachfläche begrünt.

Brandschutz

Die Beurteilung des Gebäudes erfolgt zunächst in der Einstufung als Sonderbau im Sinne der Baden-Württembergischen Bauordnung. Kennzeichnend für das Gebäude ist die oberste Aufenthaltsraumebene mit einer Höhenkote kleiner 22 m, sowie die in Teilen Einstufung als Versammlungsstätte einzelner Bereiche des Hauses.

Das Gebäude wir durch seine kompakte Kubatur als ein Brandabschnitt behandelt, es ist lediglich eine Brandschutzabtrennung mit Schlupftüren am Perimeter zwischen der öffentlichen Erschließung und dem Rest der Geschossplatte vorzusehen. Dadurch kann in Verbindung mit einer automatischen Brandmeldeanlage auf Sprinklerung verzichtet werden. Wesentlich für die Erschließung sowie die Sicherstellung der Flucht- und Rettungswege im Gebäude zeichnen die beiden Treppenkerne verantwortlich, um welche sich die restlichen Geschossflächen anordnen. Die beiden notwendigen Treppenräume sind entsprechend der LBO Baden-Württemberg und der gültigen Versammlungsstättenverordnung ausgelegt. Die beiden Treppenräume erhalten im Erdgeschoss eine gesicherte Anbindung an das Freie und werden im Übrigen von der Erschließung des Untergeschosses entkoppelt.

Die zentralen Erschließungskerne sowie die Geschossdecken sollen in feuerbeständiger Stahlbetonbauweise errichtet werden. Die restliche Tragkonstruktion kann bedarfsgerecht aus Stahl mit F90 Anstrich, Stahlbeton sowie als Holzhybridbau ausgeführt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Nachvollziehbar am städtebaulichen Entwurfsansatz ist, dass sich die trapezförmig auf die Leonhardskirche zulaufende Gebäudeform als Vermittler zwischen den Maßstäben der großen Blockränder auf Altstadtseite und der kleinteiligen Wohnbebauung des angrenzenden Bohnenviertels verstehen möchte. Gleichzeitig soll die Geometrie des Gebäudekörpers als Eingangstor zur Leonhardsvorstadt verstanden werden. Die bugförmige Kubatur verliert allerdings in der Fortsetzung des Mobility Hubs an gewünschter Markanz und wirkt eher als Kopfbau eines Gebäudekontinuums. Mutlos wirkt das zurückhaltend geformte Volumen, versäumt es doch an diesem sehr Stadtbildprägenden Ort eine charakterlich eigenständige Gebäudekubatur zu repräsentieren.

Anerkannt wird die ruhige Wirkung der architektonischen Gesamterscheinung, die ein geordnetes Fassadenbild, dass das Ablesen der dahinterliegenden Nutzungen selbstverständlich zulässt, bietet. Als Herausforderung wird allerdings die überstarke Markierung des Eingangsgeschosses durch die den Haupteingang flankierenden Betonelemente im Zusammenspiel mit den horizontal darüber liegenden Fassadenbändern empfunden, wirken sie doch sehr massiv und geben dem Haupteingang einen schluchtartigen Charakter. Die sich anschließende Eingangshalle, deren Deckenmodulation durch das darüber liegende große Kino bestimmt wird, erweckt durch seine innenarchitektonische Anmutung einen nicht zeitgemäßen Eindruck.

Die Grundrisse sind achsensymmetrisch organisiert und übersichtlich geordnet. Das kleine Kino in das Untergeschoss zu verlegen, ist ein attraktiver Gedanke. Alle weiteren dort angesiedelten Raumbereiche erfahren dadurch eine wesentliche Aufwertung. Dadurch, dass die großen Versammlungsräume jeweils im Zentrum liegen, stehen die flankierenden Raumbereiche für frei bespielbare Nutzungen zur Verfügung. Die Orientierung im Gebäude ist insgesamt gut, dennoch wird die notwendige räumliche Großzügigkeit in vertikalen Geschossverbindungen vermisst.

Das Projekt wird insgesamt als wirtschaftlich beurteilt. Aspekte der Nachhaltigkeit sind berücksichtig.
Ein Blick über den Leonhardsplatz – Haus für Film und Medien als raumschaffendes Bauwerk

Ein Blick über den Leonhardsplatz – Haus für Film und Medien als raumschaffendes Bauwerk

Ein vielfältiges und offenes Foyer zur Stadt – Erweiterung des Leonhardsplatz

Ein vielfältiges und offenes Foyer zur Stadt – Erweiterung des Leonhardsplatz

Lageplan

Lageplan

Verweben des öffentlichen Raums – eine Wiedervereinigung von Innenstadt und Leonhardsvorstadt

Verweben des öffentlichen Raums – eine Wiedervereinigung von Innenstadt und Leonhardsvorstadt

Modell

Modell

Modell

Modell

Modell

Modell

Grundriss EG

Grundriss EG

Grundriss 1. und 2. OG

Grundriss 1. und 2. OG

Grundriss 3. und 4. OG

Grundriss 3. und 4. OG

Grundriss 1. und 2. UG

Grundriss 1. und 2. UG

Schnitt

Schnitt

Schnitt

Schnitt

Drei starke Solitäre – vereint am Platz

Drei starke Solitäre – vereint am Platz

Wohnzimmer und Werkstatt für Stuttgart

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Fassadengestaltung – die universelle Hülle

Fassadengestaltung – die universelle Hülle

Tragwerkstruktur

Tragwerkstruktur

Tragwerk - Erschliessung und Brandschutz - Nutzung

Tragwerk - Erschliessung und Brandschutz - Nutzung

Detail Fassade Ansicht und Schnitt

Detail Fassade Ansicht und Schnitt