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Hochbauliches Workshopverfahren | 01/2022

Neubebauung Wählingsallee in Hamburg

Perspektive Wählingsallee

Perspektive Wählingsallee

1. Rang

Preisgeld: 44.000 EUR

eins:eins Architekten BDA

Architektur

TREIBHAUS Landschaftsarchitektur Berlin/Hamburg

Landschaftsarchitektur

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Visualisierung

Erläuterungstext

Städtebau
Der Entwurf entwickelt den städtebaulichen Leitgedanken einer urbanen Zwischenstadt in der hochbaulichen Ausgestaltung konsequent weiter.
Der öffentliche Raum, die privateren Freiflächen, und das Wegenetz werden ausdifferenziert, und bis ins Detail qualifiziert. Öffentliche Nutzungen greifen in den Straßenraum aus, und beleben das Ortszentrum. Das hohe Gebäude am Park wird als prägnante Landmarke herausgearbeitet.
Das Leitmotiv symmetrischer Gebäudeköpfe entlang der Straßenfronten gibt dem Ensemble ein prägnantes Gesicht. Jedes einzelne Haus wird im Rahmen dieser Typologie gestalterisch stark differenziert, und als eigenständige Adresse kenntlich gemacht. Die Architektursprache ist entschieden urban und selbstbewusst.
Ein durchgängiger Gestaltungskanon gibt der Vielfalt der Fassaden ein kompositorisches Regelwerk. Vielfalt und Gemeinsamkeit werden in ein ausgewogenes Verhältnis gebracht.

Gestaltungskanon
- Jedes Haus ist im Rahmen des Regelwerks anders. Auch Vorderhäuser und Hinterhäuser werden differenziert.
- Das Basis-Fassadenmaterial der Gebäudegruppe mit Supermarkt ist Backstein. Vier abgestimmte Backsteinfarben werden alternierend eingesetzt. Der Verband ist regelmäßig (kein wilder Verband).
- Das Basis-Fassadenmaterial der beiden freistehenden Langhäuser ist Holz. Vier abgestimmte Farbtöne differenzieren die Realteile.
- Alle Gebäudeköpfe erhalten symmetrische Fassaden mit Eckloggien. Die Vertikalität der Fronten wird so betont.
- Das Sockelgeschoss im Bereich des Supermarktes wird gebäudeübergreifend einheitlich abgesetzt, und zeigt die Nutzung an. Für die Sockelgeschosse der beiden Langhäuser ist ein keramischer Belag vorgesehen.
- Die unteren Obergeschosse (1.-3. OG) werden durchgehend mit Bänderungen und Gesimse akzentuiert. Diese werden alternierend entweder als durchlaufendes Gesimsband, oder als unterbrochenes Gesimsband unter den Fenstern, oder als horizontaler Streifen zwischen den Fenstern ausformuliert.
- Alle Fenster werden bodentief, ohne massive Brüstungen ausgebildet.
- Metallgeländer vor den bodentiefen Fenstern sind von Haus zu Haus verschieden.
- Die Farbe der Fensterprofile wird differenziert auf die jeweilige Fassadenfarbe abgestimmt.

Gebäudeerschließung / Rettungswege
Die erdgeschossigen Gewerbeflächen werden von der Wählingsallee erschlossen. Die Eingänge zu den Wohnungen an den Allmendeflächen werden durch Gebäudeunterschnitte markiert. Weitere Eingänge liegen sinnfällig auffindbar an den Straßenfronten.
Alle Wohnungen werden über Sicherheitstreppenhäuser (light) erschlossen. So wird eine Unterteilung in viele kleine Wohnungen zur lärmabgewandten Seite ermöglicht. Zudem können alle Freiräume von Feuerwehraufstellflächen freigehalten werden.

Wohnungen
Insgesamt werden 184 Wohnungen hergestellt. Diese werden effizient über neun Treppenhäuser erschlossen. Der geforderte Wohnungsmix und die Zuweisung der Finanzierungsarten werden annähernd eingehalten, bzw. können weiter angepasst werden. Die Wohnungsgrößen entsprechen den Förderkriterien. Schlafzimmer sind bis auf ganz wenige Ausnahmen zur schallabgewandten Seite angeordnet.

Einzelhandel / Gewerbe
Der Eingang des Supermarktes liegt an der Wählingsallee. Shop-in-Shop Angebote beleben die Straßenfront. Ein Café an der Ecke Wählingsallee/Jungborn ist sowohl aus dem Supermarkt, als auch von der Parkseite aus zugänglich. Die Außenbestuhlung ist zum Park orientiert.
Die Sparkasse liegt neben dem Supermarkt. Die erforderlichen Flächen werden im Erdgeschoss und in einem Galeriegeschoss nachgewiesen. Die Bücherhalle im ersten Langhaus flankiert die Allmendefläche. Im Erdgeschoss des zweiten Langhauses befindet sich die Gewerbefläche der Immobilienfirma.

Ruhender Verkehr / Tiefgaragen /Anlieferung
Die Zufahrt zur erdgeschossigen Ladezone des Supermarktes erfolgt vom Jungborn. Die Ausfahrt liegt an der Wählingsallee. Der Zufahrtsbereich ist gleichzeitig Teil der fußläufigen Wegeverbindung zwischen der Wohnbebauung und dem Park. Fußgänger haben hier Vorrang.
Die Tiefgarage wird über eine Zu-/Ausfahrt an der Wählingsallee erreicht. Am Jungborn wird eine zusätzlich Zufahrt vorgesehen. Es werden ca. 136 Stellplätze hergestellt.
Fahrradstellplätze werden im Keller in ausreichender Anzahl vorgehalten. Unter den Hochparterrewohnungen der rückwärtigen Gebäudeteile hinter der Bücherhalle und der Ladenmietung wird ein zusätzliches Keller-Zwischengeschoss für Fahrräder vorgesehen.

Konstruktion
Aufgrund der Größe und statischen Komplexität soll die Gebäudegruppe mit Supermarkt im Wesentlichen aus massiven Baustoffen (Mauerwerk, Beton, eventuell Holz-Geschossdecken) hergestellt werden. Für die beiden freistehenden Langhäuser bietet sich eine Holz-Hybridbauweise an. Die Untergeschosse und Treppenhauskerne werden aus Beton hergestellt, Außenwände und Geschossdecken aus Brettsperrholzelementen.

Nachhaltigkeitskonzept
Für die Reduktion des Verbrauchs grauer Energie bei der Gebäudeerstellung ist die Reduktion des Betonanteils maßgeblich. Daher wird ein einfacher Lastabtrag zwischen übereinander angeordneten Fenstern gewählt, der den Betonanteil in den massiven Außenwänden reduziert, und einen Holzbau begünstigt. Zudem können heute im Geschosswohnungsbau Decken in Holzbauweise ausgeführt werden. Diese Bauweise soll unter Berücksichtigung der Schall- und Brandschutzes sowohl im Massivbau, als auch im Holzbau verfolgt werden.
A/V-Verhältnis sowie moderate Fenstergrößen sind vorgegeben, und werden umgesetzt.
Backstein-Vorsatzschalen, und keramische Wandbeläge sind sehr langlebig, reinigungsfreundlich und recycelbar. Mit Bio-Alkohol vorbehandeltes Holz (Produkt Kebony o. glw.) ist ebenfalls extrem langlebig.
Begrünte Dächer unterstützen die Retention und die Artenvielfalt der Insekten.
Die seitlichen Fassaden in den Allmende- und Gartenhöfen werden mit Rankgerüsten an den Balkonen begrünt. Die flachgeneigten Dachflächen werden zusätzlich für Photovoltaikpaneele genutzt. Die Haustechnik soll so einfach wie möglich gehalten werden, und eine Fensterlüftung ermöglichen. Der Schwerpunkt liegt auf dem Einsatz erneuerbarer Energien.

Erweiterungsbauten
In dem optionalen ergänzenden Baukörper am Jungborn könnten eine Gewerbefläche im EG und 15 weitere geförderte Wohnungen in drei Obergeschossen entstehen.
Mit den beiden Gebäudeerweiterungen an der Wählingsallee könnte eine kleine Gewerbefläche, sowie weitere sechs freifinanzierte Wohnungen, und vier Eigentumswohnungen hergestellt werden.

Freiraum:
Das freiraumplanerische Grundgerüst beruht auf dem spannungsreichen Wechsel zwischen „harten“ Allmendehöfen, und „weichen“, grünen Höfen, die sich an den öffentlichen Straßenraum anlagern. Dieses Leitmotiv wird qualifiziert und weiterentwickelt. Der öffentliche Raum wird grün und lebendig gestaltet, bietet Aufenthaltsmöglichkeiten und nimmt die Fahrradinfrastruktur auf.

Die „harten“ Allmendehöfe dienen der Erschließung, und bieten zum anderen verschiedene Nutzungs-und Aneignungsmöglichkeiten. Ein farblich akzentuierter Pflasterstreifen wird als „Aurazone“ vor den Gebäuden verstanden. Diese kann flexibel bespielt werden, und akzentuiert die Gebäudeeingänge. Die Bücherhalle wird eng mit dem Außenraum verzahnt und durch einen Ort zum Treffen und Aufenthalt im Freiraum ergänzt.

Der grüne Hof dient als gemeinschaftliche Aufenthaltsfläche mit naturnahen Spielmöglichkeiten. Um die privaten Wohnbereiche nicht zu beeinträchtigen, wird hier ein grüner Puffer aus extensiven Wiesenflächen zusammen mit Strauchpflanzungen vorgeschlagen. Die TG-Ein-Ausfahrt wird durch eine berankte Pergola behutsam in den Bereich integriert.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwurfsverfassenden schlagen für die Neubebauung an der Wählingsallee eine robuste stadträumliche Setzung vor, die die Vorgaben aus dem städtebaulichen Wettbewerb mit großer Eindeutigkeit umsetzt und dabei eine differenzierte und vielseitige hochbauliche Grundstruktur anbietet. In der baukörperlichen Ausgestaltung, die das städtebauliche Motiv der „Gebäudeköpfe“ zum inneren Hofbereich wie auch zur Straße um ein Geschoss verspringende, schmale seitliche Staffeln besonders reizvoll aufgreift und mit einer abwechslungsreichen Geschossigkeit verknüpft, die auch den Hochpunkt an der Frohmestraße gut inszeniert, zeigt der Entwurf eine dem Ort in besonderer Weise angemessene Körnung und Urbanität. Die unterschiedliche Materialität und Farbigkeit der Baukörper – bei gleichzeitiger angenehmer Ruhe der Erdgeschossbereiche, die die verschiedenen Baukörper sinnfällig zusammenziehen – wirkt abwechslungsreich und verspricht eine gute Integration in die umliegenden heterogenen Strukturen.


Die freiräumliche Ausgestaltung weist eine gelungene Differenzierung auf und betont den unterschiedlichen Charakter der verschiedenen Innenhof- und Durchgangssituationen; es entsteht eine gute Verflechtung öffentlicher und halböffentlicher Flächen auch mit einer wünschenswert hohen Durchgrünung. Die Möglichkeit des Zugangs zum um ein Geschoss höher gelegenen Gartenhof über eine Freitreppe wird positiv beurteilt, ebenso die kleinräumliche, grüne Ausgestaltung der Durchwegung an der südlichen Grundstückskante.


Die Freiraumplanung bietet ein gut nachvollziehbares Kontrastthema zwischen den beiden üppig grünen Wohnhöfen und den eher urban und steinern gestalteten Räumen der Allmende und der westlichen Gebäudeerschließung an. Ein hoher Durcharbeitungsgrad der Außenanlagen ermöglicht es, die unterschiedlichen Angebote und Situationen gut zu erkennen und lässt vermuten, dass hier attraktive und gut nutzbare Anlagen entstehen können.


Kritisch wird angemerkt, dass die Verbindung zwischen den öffentlichen Bereichen Wählingsallee und Jungborn stark untergeordnet ausgebildet ist und der Funktion des Grundstücks als wichtigem öffentlichen Gelenk wenig gerecht wird. Anzustreben ist hier eine öffentlichere Geste, die dem Charakter einer Allmende entspricht, wobei dies auch im Gesamtkontext analog zum städtebaulichen Gewinnerentwurfes zu bewerten ist. Insgesamt überzeugt das Freiraumkonzept jedoch mit einer konsequenten Haltung zu den vorgeschlagenen Charakteren der einzelnen Teilräume des Quartiers.

Perspektive Park

Perspektive Park

Lageplan

Lageplan

Perspektive Park

Perspektive Park

Perspektive Hinterhof

Perspektive Hinterhof

Ansichten

Ansichten

Fassadenschnitte und Ansichten

Fassadenschnitte und Ansichten