Nichtoffener Wettbewerb | 02/2022
Neubau Kindertageseinrichtung „In de Brinke“ in Warendorf
©hehnpohl architektur bda
2. Preis
Preisgeld: 7.000
Architektur
Erläuterungstext
Die KiTa - Das Dorf am Anger
Am östlichen Grundstücksbereich befindet sich der Platz des Ankommens in direktem Bezug zum angrenzenden Grünzug entlang des Eichenweges. Die Kinder können diesen einladenden Vorplatz am
Eingangsbereich ohne Kreuzung des motorisierten Verkehrs erreichen. Im Haus
reihen sich die einzelnen Funktionsbereiche, ähnlich wie an einer Dorfstraße, entlang des inneren
Erschließungsflurs, welcher sich im Haus, analog zu einer Dorfstruktur, zu
kleinen Plätzen aufweitet. Tagesbelichtete
Spielinseln und -nischen ermöglichen eine differenzierte Nutzung entlang der
Dorfstraße. Die unterschiedlichen Anforderungen an die Raumhöhen der
Funktionsbereiche schaffen eine differenzierte Dachlandschaft – die innere
Straße wird durch eine Verglasung im Versatz zwischen den jeweiligen
Dachflächen belichtet. Die einzelnen Gruppen haben von den Gruppen- und
Differenzierungsräumen aus, also über die Südfassade des Gebäudes, Zugang zum
großzügigen Außenbereich, dem Anger.
Das auskragende Dach schafft hier einen geschützten Übergangsbereich, der
gleichzeitig als Regen- und passiver Sonnenschutz dient. Die „öffentlichen
Bereiche“ wie Mehrzweck- und Gruppenräume sind als Cluster angeordnet – sie
können bei Bedarf zusammengeschaltet werden, um eine gruppenübergreifende und
eher themenbezogene Arbeit zu gewährleisten. Die Ausführung in Holzmassiv/Holztafel-Bauweise
reduziert den CO²-Footprint des Neubaus um mehr als zwei Drittel gegenüber
einer konventionellen Bauweise. Speziell ausgesuchte und natürliche Baustoffe
und Materialien garantieren eine schadstoffarme Umgebung - helle Räume mit
sichtbarer Holzkonstruktion schaffen eine angenehme Atmosphäre.
Funktionen
Ein überdachter Eingangsbereich ermöglicht ein angemessenes Ankommen im Haus.
Atrium, Mehrzweckraum und die Gruppenräume des Ü3-Bereiches lassen sich bei
Bedarf zusammenschalten. Die Küche ist mit Durchreichen mit dem Mehrzweckraum
und dem Atrium verbunden, die Außenanlieferung des Küchen- und
Hauswirtschaftsbereiches ist gegeben. Der Bereich für Mitarbeiter,
Besprechungen und Elternberatung entwickelt sich über einen Stichflur an der
separaten Wartezone vorbei vom Haupteingang aus. Für die jeweiligen
Altersgruppen werden Cluster gebildet, die jeweils die Gruppen-, Neben-,
Schlaf- und Waschräume enthalten. Den entsprechenden Clustern zugeordnet,
finden sich in den Aufweitungen des Erschließungsflurs Spiel- und
Garderobeninseln.
Barrierefreie äußere und innere Erschließung, Außenraumgestaltung
Eine durchgehend barrierefreie äußere und innere Erschließung ist in der gesamten
Anlage gewährleistet. Der Außenraum nimmt je nach Funktion unterschiedliche
Gestalt an. So ist der Platz des Ankommens als klinkergepflasterter Vorplatz
angedacht, auf dem schattenspendende Bäume und Sitzbänke eine attraktive
Vorzone schaffen. Die erforderlichen PKW-Stellplätze werden unmittelbar an die
Planstraße angebunden; Rasengittersteine, umgebende Bepflanzung und Bäume
schaffen hier ein angemessenes Erscheinungsbild. An der östlichen Seite des
Grundstückes grenzt eine Remise den Anger von der Straßenzone ab. Hier ist auf der
Ostseite die überdachte Abstellmöglichkeit für Fahrräder, Kinderwagen etc.
gegeben; auf der Westseite können Spiel- und Gartengeräte geschützt
untergestellt werden. Die nördliche und die westliche Gartenzone sind mit
Absenkungen und Hecken als Retentions- und Versickerungsbereich vorgesehen, den
die Kinder als Labyrinth bespielen können. Der Mehrzweckraum erhält hier einen
separaten Außenbereich.
Der südliche
Anger ist in verschiedene Bereiche zoniert. Parallel zur Südfassade ist eine
klinkergepflasterte überdachte Vorzone als wettergeschützter Übergangsbereich zwischen
formaler Architektur und Landschaftsraum vorgesehen. Hier befinden sich die
Sandspielflächen der U3-Gruppen. Der Anger bietet außerdem differenzierte
Spielmöglichkeiten wie die große Fest- und Spielwiese, den Mulchpfad und den
Steg aus Bruchsteinen, der die südlichen und westlichen baumbestandenen
Spielbereiche mit Spielhäusern und Kletter-Rutsch-Schaukel-Kombinationen sowie
einer Matschecke, erschließt. Sonnensegel, Sitzbänke und subtil angeordnete
Bepflanzungen mit Hecken, Büschen und Bäumen lassen einen differenzierten
Außenraum entstehen. Das gesamte Gelände ist durch eine großzügige Heckenbepflanzung
geschützt. Die Gestaltung der Außenanlagen folgt dem Prinzip der Nachhaltigkeit
und Klimaverträglichkeit, sämtliche Grünflächen und die Dachbegrünung sind
pflegeextensiv und biodiversitätsfördernd angelegt.
Tragwerkskonzept, Brandschutz, Schall- und Wärmeschutz, Akustik, Technik
Der Neubau der KiTa ist in seiner Tragstruktur als Element-Holzbau mit tragenden
Fassaden- und Innenstützen, mit Tafelbauwänden sowie mit Brettsperrholzdecken konzipiert.
Die vorgefertigten Deckenelemente spannen als Einfeldträger und können
standardmäßig transportiert werden. Alle Stütz-, Balken- und Deckenelemente werden
über Steckverbindungen befestigt.
Die Gebäudeaussteifung erfolgt über die Deckenscheibenwirkung in Verbindung mit den
massiven Tafelbauwänden. Der konstruktive Brandschutz der Holzbaukonstruktion
wird nach Eurocode 5 über die ingenieurtechnische Bemessung im Brandfall und
den zugehörigen Abbrand gewährleistet. Durch den hohen Grad der Vorfertigung gleicher
Elemente (Stütze, Wand, Decke) werden eine kurze Bauzeit ermöglicht und die
Kosten reduziert. Die Deckenelemente erhalten bereits ab Werk Akustikprofile.
Vorgefertigte Fassadenelemente werden zwischen den Fassadenstützen eingestellt. Die
Außenverkleidung mit nachhaltig behandelter Holzbrettschalung ist in
Teilbereichen mit Lamellen geöffnet, wodurch die raumweise unter den Decken
installierten Lüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung ihre Zu- und Abluft. Die
Fenster sind als Holzfenster mit metallischer Deckschale angedacht. Zur
Wärmeerzeugung wird die regenerative Energie einer Erdwärmepumpe genutzt. Die
Dachflächen werden begrünt und mit einer PV-Anlage ausgestattet.
Beurteilung durch das Preisgericht
Der Baukörper der Kita wird nah an die nördliche Grundstücksgrenze in Ost-West-Richtung ausgerichtet. Dadurch entsteht eine großzügige und gut bespielbare Freifläche im südlichen Bereich des Grundstückes. Die eingeschossige Bauweise ermöglicht allen Gruppen eine ebenerdige Anbindung an den sogenannte „Anger“. Erschlossen wir das Gebäude über einen überdachten Eingangsbereich am östlichen Grundstücksrand. Fußgänger und motorisierter Verkehr sind gut voneinander getrennt, allerdings sind die Fahrradabstellplätze vom Eingang relativ weit entfernt. Die Abfolge Vorplatz - Foyer - Mehrzweckraum ist gut angeordnet. Die daran anschließende Spielstraße gegliedert sich spannend mit Aufweitungen vor den Gruppenzugängen, die über Oberlichter zusätzlich natürlich belichtet werden. Ein zweiter Eingang am nördlichen Ende der „Dorfstraße“ wird als positiv und gut nutzbar bewertet.
Alle Gruppenräume sind zur südlichen Gartenfläche orientiert. Im Zuschnitt erscheinen sie allerdings recht schmal und etwas zu tief. Auch wirken die Waschräume zu eng um einen Wickelbereich zu ergänzen. Die Abfolge der Gruppen- und Nebenräume lassen sich gruppenübergreifend zuschalten und bieten so große Flexibilität und Offenheit in der Gundrisslandschaft. Gegenüber dem Mehrzweckraum sind geschickt zwei Gruppenräume angeordnet, die gemeinsam eine multifunktional nutzbare Fläche - z.B. für Feste - entstehen lassen.
Der vorgeschlagene Holzrahmenbau ist in seiner Tektonik sauber ausgearbeitet. Auch die Fassaden sind spannend und materialgerecht ausgeformt. Das begrünte Flachdach wird mit Oberlichtern und erhöhtem Mehrzweckraum in der dritten Dimension gegliedert, es hätte allerdings mehr Höhendifferenzierung vertragen können. Insgesamt bietet der Beitrag eine sehr hohe architektonische Qualität.
©hehnpohl architektur bda
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