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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2021

Neubau Gärtnerischer Betriebshof Ohlsdorf

Blick auf das Hauptgebäude

Blick auf das Hauptgebäude

2. Preis

Preisgeld: 11.333

Schaltraum Dahle - Dirumdam - Heise Partnerschaft von Architekten mbB

Architektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAULICHES UND HOCHBAULICHES GESAMTKONZEPT Für den Ohlsdorfer Friedhof soll auf dem Plangebiet an der Sorbusallee ein neues Hauptgebäude mit Werkstätten und Garagen geplant werden. Vorgeschlagen wird ein Ensemble von drei Neubauten, welche zusammen mit der bestehenden Fahrzeughalle einen quadratischen Betriebshof umschliessen. Diese dorfartige Struktur verkürzt die Wege, schützt die Nachbarschaft vor Lärm und schafft gleichzeitig einen neuen Ort voller eigener Identität. Die Gebäude sind alle als hochflexible, eingeschossige Hallenbauten geplant, welche sich durch die geringe Höhe klar der Landschaft unterordnen. Die Stützenfreiheit ermöglicht es der Nutzerin, auf zukünftige Veränderungen der Bedarfe zu reagieren. Des Weiteren ist durch die eingeschossige Bauweise eine Barrierefreiheit in allen Teilen gegeben.


Das Hauptgebäude zitiert in seiner Form des Quadrates mit dem ruhigen, grünen Innenhof und den umlaufenden Arkadengängen bewusst klassische Architekturen und spielt mit den Assoziationen sakraler Bauten. Gleichzeitig sind diese Gestaltungsentscheidungen funktional und konstruktiv begründet. Die große Überdachung schafft ein ungerichtetes Gebäude, welches von überall betreten und verlassen werden kann. Es entstehen vielfältige und differenzierte Orte des Verweilens und der Kommunikation.


Die Fassade ist neben dem sichtbaren Holztragwerk mit Altholz belegt. Das Hauptgebäude setzt sich mit der vertikalen Ausrichtung der Holzbretter von den Hallenbauten mit horizontaler Verlegung ab. Fugenteilungen im Rhythmus und Abständen von einem Meter geben den Gebäuden zusätzliche Struktur und begrenzen die benötigten Längen der Bretter. Somit wird ein umfänglicher Zugriff auf gebrauchtes Holz ermöglicht.


Beim Hauptbaukörper wird ein intensiv begrüntes Dach vorgeschlagen, ebenso erhält das Werkstattgebäude ein Gründach. Fassadenteile der Hallen, welche zu großen Teilen geschlossen sind, werden als begrünte Wände konzipiert.


ERSCHLIESSUNG UND VERKEHR Die Verkehre auf dem Grundstück sind klar getrennt. Die Stellplätze auf Rasengitterstein für die privaten PKW befinden sich in der südwestlichen Ecke des Plangebietes. Durch einen Grünstreifen mit Bäumen getrennt, sind die Stellplätze der Fahrräder unter dem Vordach positioniert. Man betritt von hier aus das Gebäude auf kurzem Wege über die Zugänge im Norden und im Süden.


Die bestehende Zufahrt von der Eichenallee wird als Einbahnstraße nur für die betrieblichen Verkehre genutzt. Auch die Bereiche zwischen den Hallen stehen ausschließlich für betriebliche Abläufe zur Verfügung. Der schützende Wall der Sorbusallee wird an der südöstlichen Gebäudeecke des Hauptgebäudes in geringem Umfang durchbrochen. Hier zeigt sich das architektonische Bild des neuen Betriebshofes dem Besucher. Gleichzeitig befindet sich hier, südlich der Bestandhalle, die Anlieferung inkl. der Tankstelle. Im linear ergänzten Anbau an die Bestandshalle befinden sich das zentrale Verbrauchslager sowie auch der Müllstandort. Diese Bereiche, sowie auch die Tankstelle, können gänzlich unabhängig von den übrigen Betriebsabläufen ver- und entsorgt werden. Die bestehende Zufahrt an der Sorbusallee wird für die erwarteten Verkehre leicht verbreitert und ausschließlich als Ausfahrt für alle Verkehre des Betriebshofes konzipiert. Für die weiteren externen Lieferverkehre wird im Osten der Sorbusallee eine weitere Einfahrt vorgesehen. So können diese Verkehre hier separat einfahren und über die gemeinsame Ausfahrt wieder ausfahren. Kreuzungspunkte, Behinderungen und Gegenverkehre werden vermieden.


RAUMPROGRAMM UND FUNKTIONALE ZUSAMMENHÄNGE Das Hauptgebäude ist klar in die Bereiche Sozialräume, Büros, Kantine und Übungsraum sowie Technik gegliedert. Innerhalb dieser Zonierung gibt es vielfältige Differenzierungen, welche die gewünschte Kleinteiligkeit und Individualität herstellen.


Die Umkleidebereiche sind als einzelne Einheiten mit jeweils 14 Doppelspinden konzipiert. Die Belichtung über die Fassade erlaubt auch ein optionales Betreten oder Verlassen direkt von außen. Die Konzeption als kleine Einheiten ermöglichen es der Belegschaft, geschützte Orte mit sehr individuellem Charakter zu gestalten. Da die notwendigen Wasch- und Duschräume über einen Erschließungsflur erreicht werden, kann man auf zukünftige Veränderungen der Belegschaft einfach reagieren und die Einheiten entsprechend dem jeweiligen Geschlecht durch geringste Verlagerung von Türen zielgerichtet zuordnen.


Die Kantine orientiert sich nach Süden und erhält etwas eingerückt einen Terrassenbereich. Dieser ist durch den bestehenden Wall vor Einblicken geschützt. Durch Schiebewände kann der Bereich wahlweise vom Erschließungsgang abgetrennt werden. Innerhalb des Essensraums werden mit verschieblichen, begrünten Trennelementen und einer lebendigen Möblierung wohnliche Orte geschaffen.


Die Sanitärbereiche sind über den inneren Erschließungsgang direkt begehbar, ohne die Garderoben betreten zu müssen.


Die Büros der Gärtnereien sowie der Gruftkolonne und BL/ZWE liegen an der östlichen Fassade. Sie haben einen direkten Blick auf das Betriebsgelände, Zugänge von außen, sind leicht auffindbar und haben kurze Wege sowohl zum Betriebsgelände wie auch zum Verbrauchslager.


Die Großraumbüros und Besprechungsräume sind zum Innenhof orientiert. Auch hier kann mit den nicht tragenden Trennwänden sehr flexibel auf sich verändernde Abläufe reagiert werden. Die Mittelzone wird mit unterschiedlichen Nutzungen wie Lager, Kopie, Archiv oder Teeküche bespielt.


In der Bestandshalle befinden sich die Gitterboxen sowie Werkzeuglager in unmittelbarer Nähe zu den Fahrzeugen. Das nördliche Tor der Halle und die Einfahrt zur Werkzeughalle der Kleingeräte liegen sich direkt gegenüber. Der hier entstehende, großzügig überdachte Bereich kann zum Be- und Entladen genutzt werden. Auch das Ankoppeln der Anhänger und Anbaugeräte ist hier witterungsgeschützt möglich. Die Werkstätten sind aufgrund der sich hier befindenden Arbeitsplätze in einem eigenen Baustein verortet. Außerhalb des Gebäudes vor den Hebebühnen befindet sich der Werkstatthof für temporär abgestellte Fahrzeuge oder Arbeiten im Freien.


FREIRAUM Das grüne Herzstück der Anlage ist neben den vielen bestehenden Bäumen, Wällen und betrieblichen Funktionsflächen der grüne Innenhof. Als zentrale Fläche des Hauptgebäudes dient er zum Rückzug, zur Erholung und Kontemplation der Belegschaft. Der grüne Hof ist das Gegenstück zum betrieblichen Hof. Neben einem Grillplatz sind hier auch individuelle Kräuterbeete denkbar. ENERGETISCHES KONZEPT Die Nutzungen werden neben funktionalen auch nach klimatisch-energetischen Kriterien in Einheiten mit spezifischen Anforderungen organisiert, um diese u.a. hinsichtlich der Gebäudehülle und der Anlagentechnik zielgenau umzusetzen.


Hierbei wird das Verwaltungs- und Sozialgebäude mit den höchsten Anforderungen an Raumklima und Nutzerkomfort als KFW-40Standard in Gebäudehülle und Anlagentechnik geplant.


Die Werkstatthalle wird als KFW-55-Standard vorgesehen und über Deckenheizstrahlplatten beheizt.


Werkzeug- und Maschinenhalle werden zur Vermeidung von Kondensatbildung gering gedämmt und über Lufterhitzer frostfrei gehalten.


Die Wärmeversorgung wird als CO2-neutrale Biomasseheizung (Hackschnitzelheizung) vorgesehen.


Eine dachinstallierte PV-Anlage gewährleistet die Bedarfsdeckung der Gebäude und stellt über einen Energiespeicher und ein integrales Lademanagement grünen, elektrischen Strom für die Aufladung/Betankung elektrischer Fahrzeuge und Geräte zur Verfügung.


Die Warmwasserbereitung erfolgt zentral im Sozial- und Verwaltungsgebäude und dezentral in den Hallen am Verbraucher, um möglichst wenig Rohrmaterial und Rohrdämmung einsetzen zu müssen.


Leitungswege können reduziert und auf Zirkulationsleitungen kann verzichtet werden. Bereitstellungsverluste werden vermieden. Eine Lüftungsanlage mit mechanischer Be- und Entlüftung und hocheffektiver Wärmerückgewinnung wird gezielt für Kantine, Besprechungsräume, Umkleidebereiche und innen liegende Räume im Verwaltungs- und Sozialgebäude sowie in der Werkstatthalle vorgesehen. Die Doppelspinde sind zur Trocknung der Kleidung belüftet.


Lüftungsflügel ermöglichen eine natürliche Fensterlüftung in allen Aufenthaltsräumen.


Eine Regenwasseraufbereitung zur Grauwassernutzung der WC-Spülung sowie zur Bewässerung wird vorgesehen.


NACHHALTIGKEIT Die Gebäudekonstruktion erfolgt aus einer Kombination von nachwachsenden, CO2-neutralen Rohstoffen sowie Recyclingmaterialien, die im Hinblick auf die vorhandene Bodenbeschaffenheit, die verkürzte Bauzeit und bauphysikalische wie baubiologische Vorteile eine nachhaltige Antwort bietet.


Der Materialeinsatz in Baukonstruktion und Anlagentechnik wird durch intelligente Konstruktionen und optimierte Leitungswege bestmöglich reduziert.


Die Ausführung in Holz erreicht bei der BNB-Zertifizierung eine sehr gute Bewertung. Die Bauteile können wieder in den Stoffkreislauf rückgeführt werden.


Der transparente Teil der Fassadenkonstruktion des Verwaltungs- und Sozialgebäudes erfolgt als Holz-/Aluminiumfenster mit einem Uw ≤ 0,80 W/m²K, was den Anforderungen eines Passivhauses entspricht.


Der opake Wandaufbau der Fassade besteht aus luft-/dampfdicht erstellten Brettsperrholzelementen, Holzwolle-Einblasdämmung zwischen Doppelstegträgern, Holzwollefaserplatten, Lattung und äußerer Bekleidung aus Altholzabschnitten mit 100% Recyclinganteil.


Als U-Wert wird 0,15 W/m²K erreicht.


Dächer werden grundsätzlich als Gründächer mit einem Substrataufbau von 150mm vorgesehen.


Anforderungen an schichtweisen Rückbau, sortenreine Trennung und Wiederverwertung nach Ende des Lebenszyklus werden bei sämtlichen Bauteilen erfüllt.


Die Wärmeversorgung erfolgt CO2-neutral und regenerativ über eine Biomasseheizung (Hackschnitzelheizung).


Der Bedarf des Gebäudes an elektrischem Strom wird über die dachinstallierte PV-Anlage selbst gedeckt.


WIRTSCHAFTLICHKEIT Die Planung steht unter den Prämissen von Flächen- und Kosteneffizienz, Flexibilität der Gebäudestruktur hinsichtlich variabler Raumzonierungen sowie flexibler Organisation von Nutzungseinheiten.


Alle Nutzungen sind ebenerdig, erdgeschossig organisiert. Flächen für Treppen, Fluchttreppen, Aufzüge, Schächte sind nicht notwendig.


Die Ebenen sind rational gegliedert und erlauben aufgrund des übergeordneten, flexiblen Erschließungs- und Entfluchtungskonzeptes die Umsetzung vielfältiger Nutzungskonzepte auch bei sich ändernden Nutzungsanforderungen.


Die Gebäudestruktur stellt eine einfache Tragkonstruktion aus Stützen und Dächern dar, um eine wirtschaftliche sowie flexible Grundkonstruktion für die Gebäude zu bilden.


Die minimierten Tragstrukturen aus Stützen und Bindern in Holz stellen eine einfache, industrielle und standardisierte Konstruktion dar und ermöglichen stützen- und konstruktionsfreie Grundrisse.


Der nutzungsspezifische Ausbau erfolgt somit unabhängig von der Konstruktion und ermöglicht ein Maximum an räumlicher Flexibilität und Flächenwirtschaftlichkeit.


Durch den Einsatz von hohen energetischen Standards in der Gebäudehülle bzw. dem technischen Ausbau sowie der Verwendung von standardisierten Systemen in der Fassade kann eine hohe Langlebigkeit und Nutzungsdauer des Gebäudes gewährleistet werden.


Die Fassadenkonstruktion erfolgt mit standardisierten Lochfenstern, welche vorgefertigt im Werk eine hohe Wirtschaftlichkeit garantieren. Der außenliegende Sonnenschutz erfolgt baulich über den tiefen Dachüberstand. Außenliegende, motorische Systeme sind nicht notwendig. Die opaken Fassaden sind als einfache hinterlüftete Fassaden gemäß DIN 18516-1 geplant. Durch diese beiden einfachen Systeme, welche durch verschiedene Systemanbieter geliefert werden können, ist eine wirtschaftliche Lösung gegeben. Gleichzeitig bieten die genannten Systeme im sommerlichen/winterlichen Wärmeschutz einen sehr hohen energetischen Standard.


Wartungsarme/-freie Bauteile und der hohe energetische Standard gewährleisten geringe Betriebs- und Nutzungskosten.


Eine optimierte Lebenszyklusbetrachtung bereits in der Planung gewährleistet geringe Rückbaukosten und die weitestgehende Rückführung aller Bauteile in den Stoffkreislauf.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf verfolgt einen klaren konzeptionellen Ansatz und bringt die verschiedenen Funktionen in unterschiedlichen Dimensionen auf einer Ebene unter. Das Ensemble bezieht sich damit auf den menschlichen Maßstab. Die unterschiedlichen Typologien sind sehr ruhig und flach gehalten und klar den Funktionen zugeordnet. Die vier Bausteine gruppieren sich um einen großzügigen Werkhof, der das alltägliche Rangieren der Fahrzeuge und Gerätschaften möglich macht. Eine interne Gasse im Gebäude der Kleingeräte, der wettergeschützte Umlauf am Sozialgebäude und die freie Platzfläche vor dem Werkstattgebäude zeigen, dass sich die Verfasser intensiv mit den Anforderungen des Betriebshofs auseinander gesetzt und angemessene Lösungen erarbeitet haben. Diese Sorgfalt setzt sich in der internen Organisation fort; die Einsatzleitung hat einen klaren Blick auf den Betriebshof und der gemeinschaftlich genutzte Innenhof des Sozialgebäudes ist nur den Mitarbeitenden vorbehalten. Die Zurückhaltung und lichte Gestaltung der Architektur fügt sich zudem sehr stimmig in das Denkmalensemble ein.

Ein deutlicher Kritikpunkt des Preisgerichts ist allerdings die fehlende Adressbildung und fehlende Zugänglichkeit des Sozialgebäudes von Westen sowie die sehr engen Eingänge und Flure. In den wichtigen Personalbereichen und der Kantine erscheint der Entwurf eng bemessen. Ebenso fehlt eine Zonierung der Hoffläche um die betrieblichen Abläufe zu Arbeitsbeginn zu strukturieren. Zusammenfassend handelt es sich bei dem Entwurf um ein sehr klar strukturiertes Konzept, welches den nötigen Abstraktionsgrad für die weitere Entwicklung besitzt.


Empfehlung der Jury

Mit Blick auf das Verhandlungsverfahren werden folgende Überarbeitungsempfehlungen ausgesprochen:

• Adressbildung und Zugänglichkeit auf der Westseite verbessern

• Eingänge und Ausgänge vergrößern und damit die Fußgängerverkehre entzerren

• Hofbereiche stärker zonieren und zuordnen

• Materialitäten der Einzelgebäude weiter ausformulieren.

Lageplan

Lageplan

Piktogramm

Piktogramm

Piktogramm

Piktogramm

Ansicht

Ansicht

Blick in den Innenhof

Blick in den Innenhof

Schnitt

Schnitt

Grundriss

Grundriss