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Einladungswettbewerb | 01/2022

Areal Bürgerhospital - Neubau von zwei Wohnbauten sowie Stadtteilhaus mit Bürgersaal und Kindertagesstätte

Perspektive Bürgergärten

Perspektive Bürgergärten

3. Preis / Realisierungsteil/ Ideenteil Kopfbau Bau 1

Preisgeld: 25.500 EUR

Kubus360

Architektur

GREENBOX Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das Bürgerhospital gehört zum Klinikum Stuttgart und wurde als Krankenhaus im Eigenbetrieb der Stadt Stuttgart geführt. Nach der Errichtung des Altbaus 1892 fiel das Gebäude 1944 dem 2. Weltkrieg zum Opfer. In den Jahren 1954- 1959 erhielt das Bürgerhospital zahlreiche Neubauten nach den Plänen von Hans und Jörg Herkommer. Dabei entstanden das markante, 15-stöckige Hochhaus für Krankenhausmitarbeiter*innen, sowie der Park an der Tunzhofer Straße als attraktiver Erholungsort für Patient*innen.


Städtebau 

Basierend auf dem städtebaulichen Wettbewerb 2017, führt der vorliegende Beitrag Leitlinien aus dem daraus resultierendem Masterplan von dem Büro Pesch Partner Architekten fort und schafft dabei eigene Qualitäten für ein lebendiges Quartier im Herzen von Stuttgart. Im Rahmen des Realisierungswettbewerbes verlangt die Auseinandersetzung mit dem Ort auch Antworten auf die so oft gestellte Frage nach der Stadt der Zukunft. Aspekte, wie Klimawandel, die Digitalisierung und der demografische Wandel spielen dabei eine entscheidende und prägende Rolle.

Als Leitbild für die Stadt der Zukunft und insbesondere für das neue Areal Bürgerhospital werden urbane Dichte und landschaftliche Elemente als Gegenpole zueinander in Verbindung gesetzt. Gemischte Wohnquartiere schaffen die soziale Diversität, während mit der Bereitstellung von grünen Aufenthaltsqualitäten sowohl ein Mikroklima entsteht, aber auch die Artenvielfalt im Quartier gefördert werden.


Das Gesamtensemble soll unter dem Aspekt des einfachen Bauens errichtet werden. Hochwertige Architektur mit robuster Baukonstruktion und reduzierter Gebäudetechnik erhöhen den Lebenszeitraum der Neubauten und senken dabei die Lebenszykluskosten. Für die Minimierung des ökologischen Fußabdruckes sind die Baukörper kompakt gehalten, ohne dabei an innenräumlicher Qualität zu verlieren. Durch die Verwendung von nachhaltigen Rohstoffen und einfacher Gebäudetechnik wird eine gute Ökobilanz angestrebt. Mit der städtebaulichen Setzung der Gebäude als Hofstruktur orientieren sich die umliegenden Gebäude an der innenliegenden Freifläche. Als Gegenpol zur dichten Umgebungsbebauung bildet der Aktivhof das Herzstück im ersten Bauabschnitt. Die Einbindung des historischen Bestandsbautes ist dabei Impulsgeberin und Identitätsstifterin für das Gesamte Quartier. Mit den Neubauten als Mix unterschiedlicher Typologien wird somit ein attraktiver Ort für die Bewohner geschaffen.


Gemeinsame Architektursprache als Identität 

Für das Quartier wurde eine gemeinsame Architektursprache entwickelt, um die Identität des neuen Areals zu stärken. Durch die gemeinsame Formensprache wird der Kontext aus der Umgebung aufgenommen und bei den Neubauten in veränderter Form zum Ausdruck gebracht. Diese stellt zum einen Bezüge untereinander her, charakterisiert die unterschiedlichen Gebäudetypologien aber auf ihre jeweilige Weise. Die Materialisierung der Fassade ist dabei von entscheidender Bedeutung. Alle Neubauten weisen eine Zonierung der Fassade auf, die die Baukörper strukturiert und stimmige Proportionen schafft. Während die Wohnbauten im erdberührenden Bereich mit einem glatten Putz und darüber hinaus mit einem farbigen Strukturputz angedacht sind, gliedert sich das Stadteilhaus in einen massiven Sockel und mit der darüber liegenden Außenfläche der Kita. Diese Teilung lässt sich ebenfalls im Kopfbau wiederfinden. Die kohärenten Farbakzente der einzelnen Neubauten sind auf Grundlage der umgebenden Bestandbebauung entwickelt. Der hochwertige, architektonische  Ausdruck stärkt damit ganz selbstverständlich die Identität des neuen Quartieres.


Freiraum 

Der Aktivhof zwischen Stadteilhaus und Bestandbau soll nicht unterbaut und als konsequent durchgegrünte Fläche angelegt werden, die die Versiegelung minimiert. Bewegungsflächen,  Bürgergärten und unterschiedliche Angebote an Außenspielgeräten innerhalb des Aktivhofes fördern die generationsübergreifende Quartiersgemeinschaft. Zentral angeordnet, im Bereich der Bürgergärten, prägen große Laubbäume die Freifläche. Kohärent zum Patientengarten sollen hier Buche, Linde und Magnolien gepflanzt werden. Im vorderen Bereich der neuen Wohnbebauung schafft eine leichter Absatz den nötigen Abstand zwischen Öffentlicher- und Halböffentlicher Fläche. Der Höhenunterschied zur Gäubahnstraße wird durch Stäffelchen zwischen der Wohnbebauung überwunden. Im Bereich des Quartiersplatzes schafft eine in die Landschaft integrierte Rampe den barrierefreien Übergang beider Ebenen. Insgesamt erzeugen die Freiflächen den nötigen Außenraum zur umliegenden Bebauung und tragen zur Vernetzung der Nachbarschaften bei.


Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit hat sich intensiv mit dem Freiraum auseinandergesetzt und zeigt vielfältige Lösungen für die differenzierten Ansprüche der Nutzer auf. Die Architektur öffnet sich sehr offensichtlich dem Freiraum zu und orientiert sich zum zentralen Aktivhof, der als Bürgergarten verstanden wird.


Der Bürgergarten spannt sich verbindend zwischen Bürgerhaus und historischen Gebäude barrierefrei auf und bietet unterschiedliche Aufenthalts – und Sportangebote an. Die Baumsetzungen mit variierenden Arten haben eine spielerische Leichtigkeit und lassen zukünftig einen Quartiersplatz mit lichten und beschatteten Bereich erkennen. Die flächige Unterpflanzung reduziert den Anteil an befestigten Flächen und fördert das Mikroklima. Fraglich ist, ob der zu erwartende Nutzerdruck eine solch gartenhafte sensible Gestaltung zulässt.


Der Aktivhof ist in weiten Teilen nicht unterbaut und kann damit die vorgesehene Aufgabe der Regenrückhaltung im verdichteten innerstädtischen Raum plausibel übernehmen. Allerdings geht dies zu Lasten von weiteren Stellplätze.


Der Kamin als Relikt ist im Sinne einer Landmark zu verstehen und bildet mit dem historischen Gebäude eine Einheit, die es lohnt, erhalten zu werden. Inwieweit ein solches Relikt ohne Funktion dauerhaft tragbar ist, muss außerhalb der Wettbewerbsentscheidung getroffen werden.


Die Außenfläche für die KITA ist ausreichend dimensioniert und kann zu einen qualitätsvollen Raum in der weiteren Planung entwickelt werden. Ob eine Trafostandort im Außenbereich einer Kita richtig platziert ist, muss aus technischer Sicht geprüft werden.


(Die Schleppstufenanlage mit der Rampenanlage an der Südseite verbinden ganz selbstverständlich den Aktivhof mit der Wolframstraße.)


Die den Wohnungen vorgelagerten Gartenbereiche sind multifunktional zoniert besetzt, mit privaten Gartenbereichen, Gemeinschaftsgärten und Spielbereichen. Durch Treppenanlage werden die höher gelegenen Gartenflächen mit dem Bürgergarten verbunden.


Das Stadtteilhaus bildet die neue öffentliche Adresse für das Areal und gleichzeitig das adäquate Gegenüber zum historischen Gebäude am Aktivhof.


Das kompakte über drei Geschosse organisierte Gebäude öffnet sich im Erdgeschoss mit dem Cafe zum Quartiersplatz und mit dem Saal zum inneren Freiraum.


Die über zwei Geschosse organisierte Kita verfügt über einen gut nutzbaren Außenraum auf der Dachebene. Mit angemessener Fassadengestaltung aus Klinkermauerwerk wird in der Materialität der Bezug zum Altbau hergestellt.


Die Gebäudeanlage des Wohnungsbaues schreibt die Vorgaben des städtebaulichen Entwurfs weiter mit winkelförmig angeordneten und abgestaffelten Baukörpern.


In der inneren Struktur wird für die relativ tiefen Baukörper eine Typologie mit innenliegenden Kernen und allseitig nach außen orientierten Aufenthaltsräumen entwickelt. Durch die geschickte Platzierung der Erschließungselemente kann eine gute Varianz an durchgesteckten und zur Südseite orientierten Wohneinheiten angeboten werden. Leider sind in der Entwicklung oft innenliegende Küchen entstanden. Die nach außen geschobenen Balkone bieten wenig Schutz der Privatheit, besonders in den Innenecken ist dies problematisch. 


In der Fassadengestaltung führt die eher gleichförmige Aneinanderreihung der Öffnungen zu wenig Spannung und die Differenzierung der Materialität in der Höhe wirkt aufgesetzt.


Das historische Gebäude wurde in seiner Grundstruktur belassen und erschließt mit dem nordwestlichen Eingang beide Nutzungen, im EG die Kita und im OG die Angebote an die Quartiersgemeinschaft.


Leider ist die Trennung im Eingangsbereich nicht eindeutig ausgebildet.


Im Ideenteil setzt der Kopfbau einen markanten Abschluß der Bebauungszeile und bildet mit seiner sensiblen Fassadengliederung einen eigenen Charakter aus, der durch den oberen Grün-Bereich besondere Betonung findet.


Die Sinnfälligkeit des zweiten Grüngeschosses wird jedoch hinterfragt.


In den Aussagen zum Energiekonzept werden viele Aspekte genannt und die Themen zur Nachhaltigkeit erläutert.


Die städtebaulichen Vorgaben wurden gut erfüllt und die Anforderungen aus dem Raumprogramm eingehalten.


Zusammenfassend eine sehr sorgfältige Arbeit, die sich durch eine intensive Beschäftigung mit dem Ort und dem Freiraum auszeichnet.

Perspektive Bau 1

Perspektive Bau 1

Lageplan

Lageplan

Ansicht Stadtteilhaus, Bau 9

Ansicht Stadtteilhaus, Bau 9