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Offener Wettbewerb | 10/2021

Neubau Schwerpunktfeuerwache Alt-Friedrichsfelde 60 in Berlin-Lichtenberg

Außenperspektive

Außenperspektive

Anerkennung

Preisgeld: 3.833 EUR

léonwohlhage

Architektur

Hager Partner AG

Landschaftsarchitektur

ahw Ingenieure GmbH

Tragwerksplanung

ZWP Ingenieur-AG

TGA-Fachplanung, Energieplanung

Philipp Obkircher

Visualisierung

Uniola AG

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Einbindung und Freiraumgestaltung


Als Erstes fällt die neue Feuerwehrhauptwache als scheinbar schwebender, lang gestreckter Körper ins Auge, der an einem Ende zu einem Turm abknickt. Dieser Turm evoziert das bekannte Bild eines Feuerwehrhauses, wenn auch die Funktion sich grundsätzlich geändert hat: Hier werden keine Schläuche mehr getrocknet, sondern der Turm dient allein dem Training der Feuerwehrleute. Er bildet den Abschluss der neuen städtebaulichen Arrondierung und ist ein weithin sichtbares Erkennungszeichen der Hauptwache. Die Zeichenhaftigkeit des Baukörpers bedeutet eine hohe identitätsstiftende Wirkung für das heterogene Areal.


Die Freiflächen nehmen die erforderlichen Funktionen auf und umrahmen in klarer Grundform den Neubau mit einem einheitlichen Belag. Überdies bilden die Freiflächen auch durch die topografische Heraushebung einen blockartigen Sockel für das Feuerwehrgeschehen. Eine Linien- und Intarsienstruktur in differenzierter Dichte gibt der Außenanlage ihr eigenes Gesicht und ermöglicht zugleich die Zuordnung einzelner Bereiche. Die Strukturverdichtung wird dabei zur funktionalen Vereinzelung (bspw. beim Parkplatz) oder zur Betonung von Zu- oder Ausfahrten benutzt. Motivierende Bodentexte lockern den herausfordernden Berufsalltag auf und vertikale Heckenintarsien erzeugen abwechslungsreiche Erholungs- und Rückzugsorte.



Innere Organisation und Konstruktion 


Der Zugang zur Feuerwehr erfolgt über eine doppelgeschossige Eingangshalle, an der die Wache, sowohl den Zugang überblicken kann als auch Einblick in die Fahrzeughalle gewährt wird. Die umlaufend nahezu offene, stützenfreie Halle für den Wagenpark ermöglicht eine schnelle Fahrzeugbeschickung im kritischen Notfall. Die Halle ist an beiden Seiten mit verglasten Falttoren zu schließen, aber immer einsehbar. Die Fahrzeughalle mit den geforderten Durchfahrten ist gut zugänglich, die Erschließungskerne blockieren die Bewegungsfreiheit nicht. Das inspirierte uns zur besonderen Ausgestaltung der Konstruktion auf den Schmalseiten des Gebäudes mit Vförmigen Wandpfeilern, die zur schwebenden Wirkung beitragen. Gleichzeitig ermöglichen die Kerne eine schnelle Verbindung vom Obergeschoss in die Fahrzeughalle.


Das Kopfgebäude am zentralen Zugang ist zwar in den unteren Ebenen verglast, aber so, dass Einblicke nur gezielt möglich sind, denn hier befinden sich die Umkleiden, mit all den notwendigen Nebenräumen im Erdgeschoss und im Mezzaningeschoss. Von hier sind sowohl die Fahrzeughalle vor und nach dem Einsatz mit all ihren internen Abläufen als auch die Aufenthalts- und Ruheräume schnell und übersichtlich erreichbar. Das breiter angelegte Kopfgebäude beherbergt im Obergeschoss die zentralen Aufenthalts- und Sporträume für die Feuerwehrleute. Diesen Räumen vorgelagert dehnt sich eine Terrasse aus, sodass auch für eine Außenraumqualität gesorgt wurde. Einseitig am langen Flur reihen sich die einzelnen Ruheräume auf. Auch diese haben einen kleinen Ausstritt ins Freie. Ihnen gegenüber liegen alle weiteren gemeinschaftlichen Bereiche. Der Flur kann über Oberlichter auch natürliches Licht erhalten und rhythmisiert den langen Flur. Diese klare Anordnung im Innern entspricht dem rationalen und logischen Ablauf im Einsatz. 


Damit dient das Obergeschoss vor allem dem Aufenthalt und der Ruhe für die der Feuerwehrleute vor und nach einem Einsatz, deswegen erscheint uns auch der private und gemeinschaftliche Außenbereich mit den Austritten und Terrassen besonders wichtig. Hier schützen leicht überhöhte Brüstungen von einer Einsehbarkeit von außen, wodurch der Freibereich weitestgehend geschützt ist. 


Im Gegensatz zum äußeren Beton bestimmen warme, dennoch prägnante Farben und die vorwiegend hölzerne Materialität die Aufenthalts- und Ruheräume der Feuerwehrleute. Diese warm-wirkenden Inlays im Innern stehen auch für den Kontrast der Arbeitssituation von Entspannung und konzentrierter Einsatzbereitschaft.



Gestaltung der Fassade und Materialität  


Die Fassaden werden von der mineralischen Schwere des Obergeschosses einerseits und dem gläsernen offenen Erdgeschoss andererseits bestimmt. Dieser Dualismus von Schwere und Leichtigkeit, von Horizontalität und der Vertikalen spiegelt symbolisch die besonderen, teilweise extremen Aufgaben einer Feuerwehr wieder. Materialität und Farbigkeit stechen mit der roten Färbung eines durchgefärbten Betons ins Auge, sodass die plastische Figur auch durch die Farbigkeit gestützt wird. Jeder, der in der Umgebung wohnt oder bei der Feuerwehr vorbeikommt, wird sich erinnern.  



Tragwerk  


Als maßgeblich für die Tragwerksplanung maßgeblich stellt sich die Fahrzeughalle dar. Für größtmögliche Flexibilität und ein absolut störungsfreies Arbeiten wird die Halle praktisch stützenfrei konstruiert.


Lediglich die Erschließungskerne dienen im Hallenbereich als vertikale Tragglieder. Diese werden, neben dem Übungsturm in Massivbauweise mit hohem Fertigteil- bzw. Halbfertigteileinsatz geplant. Den oberen Hallenabschluss bilden StB-Pi-Platten (Halbfertigteile), die quer zur Halle über ca. 17m spannen. Die Pi-Platten wiederum legen sich auf die schürzenartig angeordneten StB-Balken, die von Erschließungskern zu Erschließungskern spannen.


Auf dem Fahrzeughallenabschluss angeordnete Räumlichkeiten für die Einsatzkräfte werden in Holzbauweise konzipiert. Das geringe Eigengewicht der Holzkonstruktion trägt zur Wirtschaftlichkeit des Konstruktionsansatzes bei. Hohe Vorfertigungsgrade für die Sozial- und Bereitschaftsräume sorgen zudem für einen beschleunigten Bauablauf.



Energie- und Nachhaltigkeitskonzept 


Die Feuer- und Rettungswache hat eine Verpflichtung gegenüber sich, den Bürgern und der Stadt Berlin ein nachhaltiges Rettungszentrum zu werden. Um den Neubau auch nachhaltig vertreten zu können, muss eine Qualität geschaffen werden, die zweifelsohne die nächsten Generationen überdauern kann. Dabei werden Innovation und Leben das Gebäude stets beeinflussen und verändern. Die Mitarbeiter sollen sich wohlfühlen und dabei auch ihre Interaktion mit der Umwelt erleben können – ein gesundes und aktives Gebäude soll entstehen.


Unser Ziel ist, eine flexible, rationelle und nachhaltige Rettungswache zu entwickeln, die den Bedürfnissen der Nutzer Rechnung trägt, ohne Boden, Luft oder Wasser zu schädigen. Sie minimiert den Energie- und Wasserverbrauch durch die „Lean-Mean-Green“-Strategie, durch den Einsatz innovativer und moderner Technologien und durch die Nutzung regenerativer Energiequellen. Sie berücksichtigt bereits in der Wettbewerbsphase Nachhaltigkeitskriterien, durch die viele Vorteile gegenüber konventionellen Bauten erzeugt werden können und sogar den Weg zu einer Gebäudezertifizierung ebnen. Dabei sind reduzierte Effekte auf die Umwelt, eine höhere Nutzerzufriedenheit, geringere Lebenszykluskosten, ein höherer Immobilienwert und eine gesteigerte Produktivität nur einige Komponenten einer ganzheitlichen Betrachtung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf stellt eine zeitgemäße, ansprechende und in seinem architektonischen Ausdruck angemessene Arbeit dar; er wird typologisch einer Feuerwehr gerecht. 

Städtebaulich ist dabei allerdings seine starke Orientierung gen Norden zu kritisieren. Sein Schwerpunkt im Nordosten (statt zum südwestlichen Quartiersplatz hin) wird in Frage gestellt und eine deutliche Orientierung des Haupteingangs zum Quartiersplatz hin vermisst.

Der Turm, der dem Baukörper seinen figurativen Charakter gibt, ist in seiner Zeichenhaftigkeit verständlich, wird allerdings funktional als nicht notwendig erachtet.

Der großzügige Anteil an verglasten Flächen, beispielsweise nach Süd-Westen zum Quartiersplatz, wird wegen des hohen Energiebedarfs, aber auch wegen der Einsehbarkeit - etwa bei dahinter stattfindendem Umkleiden - sowie der Vandalismusgefahr hinterfragt. 

Funktionalität und innere Wegeführung sind zumeist gut gelöst, abgesehen von geringen Mängeln, wie die sich kreuzenden Erschließungs- und s/w-Wege. Die Dachterrassen ermöglichen eine gute Aufenthaltsqualität, ebenso wird das ‚Schaufenster‘ für historische Fahrzeuge positiv betrachtet.

Hinsichtlich der Freianlagen ist bedauerlich, dass die Bestandsbäume nicht erhalten werden können und die Fahrradstellplätze teilweise außerhalb des Wettbewerbsgebietes liegen. Der Versiegelungsgrad ist unnötig hoch. Die Einfriedung sowie auch die Rampe, der Steigungsgrad und die Wegeführung der Fahrzeuge sind sehr marginal dargestellt. 

Die Arbeit ist in ihrem architektonischen Charakter und in ihrer gestalterischen Ausformulierung prägnant, in ihrer städtebaulichen Reaktion leider weniger überzeugend.


Innenperspektive

Innenperspektive

Lageplan

Lageplan

Grundriss 2.OG

Grundriss 2.OG

Schnitt A-A

Schnitt A-A

Schnitt B-B

Schnitt B-B

Ansichten

Ansichten

Detail

Detail