modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 03/2022

Neugestaltung Ettinghausenplatz in Frankfurt am Main-Höchst

Anerkennung

Preisgeld: 2.000

KATZKAISER Architektur und Ausstellungsgestaltung

Architektur

studio grüngrau Landschaftsarchitektur GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die derzeitige städtebauliche Situation des Ettinghausenplatzes als Apendix des Höchster Markts wirkt nicht zufriedenstellend. Vor allem die dreiseitige Einfassung in Verkehrsflächen erscheint der künftigen Nutzung nicht angemessen. Um die Wirkung eines großzügigen zusammenhängenden städtischen Raumes zu erzeugen, wird die bereinigte Platzfläche nach Süden und insbesondere Norden über den Straßenraum bis an die Gebäudekanten erweitert und wenige Meter in die angrenzenden Straßen hineingezogen. 

Die Platzfläche ist als Natursteinpflaster ausgebildet, das von Grün durchzogen ist, dessen Intensität zu den Rändern abnimmt. Vereinzelte Auslassungen im Pflaster sind mit mittelhohen Gewächsen bepflanzt. Die Spur der alten Stadtmauer zeigt sich in der Pflasterfläche.

In der Fläche markiert sich durch ein um wenige Zentimeter abgesenktes Höhenniveau der Abdruck der ehemaligen Synagoge in Form einer Leerstelle. Die gepflasterte und mit grün durchzogene Platzfläche endet hier unvermittelt und weicht einer neutralen Oberfläche. Die lineare Struktur der Bänke des nicht mehr vorhandenen Synagogenraums aufgreifend, wird die Leerstelle Inhaltlich belegt. Einfache Elemente aus Beton – ein flaches, zwei mittelhohe und zwei hohe – ermöglichen ein angemessenes Erinnern und die Nutzung als lebendigen Platz gleichermaßen. 


Erinnerungskultur im städtischen Kontext ist stets von der Gleichzeitigkeit mehrerer Nutzungen geprägt: einerseits wird der Platz als erweitereter Bereich des lebendigen Höchster Markts genutzt, andererseits soll er eine würdevolle Erinnerung an die Synagoge, ihre Geschichte und ihre Zerstörung ermöglichen. Diese Gleichzeitigkeit ist begrüßenswert, zumal die alltägliche Aneignung eines Gedenk- oder Erinnerungsortes durch die Höchster Bürger*Innen diesem eine Selbstverständlichkeit und Präsenz verleiht, die den erinnerungskulturellen Diskurs belebt.


Die sechs auf dem Platz abgestellten Betonelemente beziehen sich auf die Bänke der Synagoge und damit auf einen Raum, der der Gemeinde diente – und der Gemeinschaft. Diesem Gedanken folgt die Neugestaltung des Ettinghausenplatzes. Während ein flaches Element die Betrachtenden empfängt, sind zwei der sitzhohen Elemente einander gegenüber angeordnet und fordern zum Austausch auf, ein weiteres dient der inneren Einkehr. Zwei hohe Elemente eignen sich zum Niederlegen von Steinen oder Blumen. Für Gedenktage und -Veranstaltungen bietet der Ort einen angemessenen Rahmen.


Drei Zitate erzählen die Geschichte des Ortes: eines zur Person Max Ettinghausens, eines zum Bau der Synagoge und eines zu ihrer Zerstörung. Anders als didaktische Erläuterungen regen sie zur aktiven Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ettinghausenplatzes an und nutzen die Mittel der originären Bestimmung eines Platzes: (stadt-) räumlichen Ausdruck.


Weiterführende Informationen erhalten die Besucher*Innen durch eine Einbindung in die Frankfurter Gedenklandschaft auf digitaler Ebene. Dies könnte durch eine QR-Code-Verlinkung zur Seite frankfurt1933-1945.de, durch eine Audiospur mit weiteren Erinnerungen und Aussagen oder durch eine (möglicherweise abgewandelte) Weiternutzung der Installation zur Visualisierung der Synagoge geschehen. 



Beurteilung durch das Preisgericht

Der ehemalige Ort der Synagoge wird in diesem Entwurf als Leerstelle in der Platzfläche kenntlich gemacht. Hierfür wird zunächst eine großzügige Naturstein-Pflasterfläche geschaffen, die sich zwischen den Fassaden der umliegenden Gebäude aufspannt.

Der Abdruck der Synagoge wird als helle, ungebundene Decke ca. 3 cm unter dem Niveau des Pflasters angelegt. Die Pflasterfugen weiten sich im Bereich um den Standort der Synagoge zunehmend auf, wodurch sich ein feines grünes Netz um die Leerstelle des Gotteshauses zieht.

Die Spur der Stadtmauer wird auf ebenfalls sehr subtile Weise durch einen Wechsel im Verband der Pflasterfläche markiert. Kubische Betonelemente verweisen auf abstrakte Weise auf den ehemaligen Ort der Gemeinde und der Gemeinschaft.

Die klare Markierung des Synagogenstandorts als Leerstelle wird aus Sicht der Jury dem Ziel, eine Erinnerungsstätte zu schaffen, auf angemessene Weise gerecht. Die Überlagerung oder Verschneidung von Synagogenstandort und Hochbunker wird nachvollziehbar und erlebbar gemacht. Allerdings wird die städtebauliche Dominanz des Bunkers so eher noch betont. Kritisch gesehen wird auch, dass fast ausschließlich die Zeitschicht des Synagogenbaus von 1905 thematisiert und die historische Komplexität des Ortes so nur begrenzt wahrnehmbar wird.

Kritisiert wird auch, dass insgesamt nur wenig Aufenthaltsqualität entsteht. Insgesamt wird der Entwurf als schlüssiger, ästhetisch überzeugender Beitrag zum Wettbewerb gelobt, der an diesem besonderen Ort jedoch nicht vollständig überzeugen kann.