modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 03/2022

Neubau Mittelschule Nord-Ost in Ingolstadt

Ansicht Südostecke

Ansicht Südostecke

2. Preis

Preisgeld: 40.000 EUR

Thomas Fischer Architekt

Architektur

Atelier Loidl

Landschaftsarchitektur

Schnetzer Puskas Ingenieure AG

Bauingenieurwesen

Stefano Zeni

Visualisierung

Erläuterungstext

EINE SCHULE IM GRÜNEN

Im Wandel von einer landwirtschaftlichen zu einer öffentlichen Nutzung für Bildung und Erholung soll die Chance ergriffen werden, die hervorragenden klimaökologischen Qualitäten des von öffentlichen Parkanlagen geprägten 2. Grünrings am Standort der neuen Mittelschule zu verstärken. Unser Vorschlag will durch Positionierung und Ausbildung eines hochkompakten Schulbaus auf minimalem Fußabdruck viel biodiverse Grünflächen auf der Schulanlage zur Entfaltung bringen und sozial erlebbar machen. Als Ausdruck des Selbstverständnisses als Musterschule für ökologisches Bauen bietet die neue Schulanlage auch der Bevölkerung eine weitere Zugangsmöglichkeit zum weit verzweigten Grünflächenverbundsystem. Das bestehende Wegenetz im Norden und Westen der Schule wird fortgeschrieben. Öffentliche Schule, Sporteinrichtungen und vernetzte ökologische Parklandschaft werden zum Gewinn für Alle.


ALLES UNTER EIN DACH

Funktional gegliedert finden sämtliche Bereiche des Raumprogramms zusammen unter ein Dach. Synergien und vielfältige Potentiale spontaner Raumaneignung durch die Nutzenden bieten sich an. Die integrierten Sporthallen mit Pausenhalle als Zuschauergalerie geben dem Haus «naheliegenden» Bewegungs- und Aktionsraum auch an regenreichen Tagen. Ausgehendend von den ebenerdigen Pausenfoyers werden die Sportbereiche im UG erschlossen. Zentral gelegen, lassen sich Aula, Mehrzweckraum, Mensa und Kücheninfrastruktur funktional koppeln. Mittels Faltwänden und unter Einbezug von Erschließungsflächen können diverse Veranstaltungs- und Unterrichtsszenarien hergestellt werden. Außerhalb der Unterrichtszeiten steht der Zentralbereich niederschwellig der Öffentlichkeit und den Vereinen offen. Die Aufgänge zu Mezzanin und den Unterrichtswelten im OG sind abschließbar. Der Jugendtreff für offene Jugendarbeit hingegen erhält am räumlichen Übergang von Schulpflicht zu Freizeit eine eigenständige Charakteristik als Zugangsgebäude und informeller Treffpunkt.


PÄDAGOGISCHES KONZEPT

Die Unterrichtswelten sind auf 2 Etagen zu 8 Clustern gruppiert und paarweise über 2 Treppenhäuser erschlossen. Aufbauend auf dieser klaren Grunddisposition entwickeln sich die Foren innerhalb der Cluster in abwechslungsreiche und lichtdurchflutete Lernlandschaften. Gruppen- und Aufenthaltsräume sind in die Lernumgebung integriert und unterstützen projektbezogenes, interdisziplinäres Arbeiten. Die Multifunktionsräume sind zentral angeordnet und zu je 2 Foren zuschaltbar, sodaß die Nutzungsflexibilität clusterübergreifend erhöht wird. In räumlicher Erweiterung zu den Foren bieten die Ganztagsräume direkten Zugang zu den durchgrünten Wintergärten, die das Raumangebot zusätzlich erweitern. Glaswände zwischen den Raumschichten stellen visuelle Verbindungen her. Mittels textiler Vorhänge kann der Grad an Intimität und Offenheit gesteuert werden. Mittels robuster Materialisierung soll eine Atelierschule entstehen, die für klassenübergreifende Lernformen wie auch traditionellen Unterricht im Klassenzimmer geeignet ist. Die Bewohner der Schule können ihren Bedürfnissen angepasst unterschiedliche akustische und visuelle Sphären des Lernens entstehen lassen.


Thomas Fischer, Zürich im März 2022

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Schulbaukörper wird in den westlichen Bereich des Grundstücks gesetzt und nimmt sich somit stark zurück. Die Aufgliederung der Süd- und Dachfassaden trägt dazu bei, dass das eigentlich sehr kompakte, viergeschossige Gebäude weniger massiv wahrgenommen wird. Der Jugendtreff ist ein eigenständiger Baukörper, der im östlichen Bereich des Grundstücks liegt und sich an die städtebaulichen Konturen der nordöstlich gelegenen, benachbarten Bestandsbauten anpasst. Es entsteht ein Freibereich in Grundstücksmitte, der als Schulhof und Erschließung dient. Die Distanz zwischen Schulgebäude und Jugendtreff lässt allerdings kaum mehr eine Beziehung zueinander entstehen.

Durch die nahezu dreiecksförmige Grundrissform des Schulgebäudes werden die natürlichen Gegebenheiten des 2. Grünrings berücksichtigt und respektiert. Der Eingriff in die Natur kann für die vorliegenden Anforderungen eines Neubaus als sehr gering und positiv bewertet werden. Vor allem die Strömung der Kaltluft von Nord nach Süd über das Grundstück hinweg kann fast ungehindert fließen.

Das eigentlich starke Konzept der Auflösung des Dachs in aneinandergereihte Sattel- und Walmdächer wird nicht konsequent durchgezogen. Dies wird durch die Transparenz der Außenwände, die ringsherum komplett verglast sind, geschwächt, denn zu schwer wirkt das mit Schindeln belegte, massive Dach, wenn auch aufgelöst durch verglaste Bereiche, die als Wintergärten bezeichnet werden und durchaus hohe Raumqualitäten aufweisen. Zu überprüfen ist hier auch die Kompatibilität zum vorliegenden B-Plan.

Die Stellplätze liegen am östlichen Eingang des Grundstücks, somit an der am weitest entferntesten Lage zum Schulgebäude. Fußläufig kann die Schule dann erreicht werden. Die Haupterschließung der Schule über einen großzügig überdachten Freibereich führt allerdings in ein wenig qualitätsvolles Foyer wird über einen zu langen Flur entlang der Sporthalle fortgesetzt. Alle Geschosse im Gebäude werden über zwei zentral gelegene Treppen, die an Lichthöfen liegen, erreicht. Zu bemängeln ist die einzige Lage des Aufzugs am Haupteingang im Osten, weil die Wegeführung in den Obergeschossen durch die einzelnen Clusterbereiche führt.

Die sechs geforderten Cluster werden auf die beiden oberen Geschosse aufgeteilt, allerdings alle in unterschiedlicher Größe und Anordnung. Diese Arbeit zeigt eine sehr offene, experimentelle und flexibel veränderbare Struktur, was als zukunftsweisend bewertet wird. Einer realistischen Umsetzung für den Schulalltag stehen hier noch funktionale Mängel gegenüber. Zum Beispiel können einige Klassenräume nicht akustisch wirksam von Mehrzweckräumen abgetrennt werden. Oder die vielfältig dargestellten Nutzungsmöglichkeiten sind zunächst große Erschließungsflächen, bei denen eine kreative Nutzung noch skeptisch betrachtet wird. Die Fachräume werden über alle Geschosse und Bereiche verteilt, trotz der Anforderung einer zentralen Lage. Die Mensa und Aula liegen zwar an geeigneter Stelle beieinander, lassen sich aber bei Öffnung der mobilen Trennwände nicht gemeinsam bespielen.

Der obergeschossige Holzbau wird vollflächig verglast. Ein Fluchtbalkon besteht aus auskragenden Stahlbetonplatten, deren Plausibilität nicht in nachgewiesen werden kann, sondern vielmehr zum Teil als schwebend dargestellt wird. Es gilt zu hinterfragen, ob die baukonstruktiven Details umsetzbar sind oder zu einer Veränderung der Gebäudegestalt führen würden. Die Tiefen der Auskragungen reichen nicht, um eine ausreichende Verschattung der Verglasungen zu ermöglichen. Die Räume können überhitzen und sind nicht nutzbar. Die angedachte Begrünung scheint hier nicht ausreichend kompensieren zu können.

Auf den Richtung Westen geneigten Dachflächen wird Photovoltaik angeordnet. Ob diese ausreichend für das gesamte Schulgebäude sind, gilt es zu hinterfragen, da die Dachflächen durch die nebenliegenden Dachflächen verschattet werden.

Insgesamt liegt mit dieser Arbeit ein spannendes Konzept vor, das sensibel auf den Naturbestand eingeht, eine hohe Flexibilität im Grundriss ermöglicht und eine Architektursprache zeigt, die durch aufgelöste Fassadenstrukturen durchaus Berechtigung zeigt. Die Ausarbeitung der notwendigen Details allerdings lassen noch zu viele Aspekte offen.


Freiraum

Auf Grund der Kompaktheit des Baukörpers gibt es viel Platz für die Zufahrt und den Parkplatz im Osten sowie einen attraktiv gestalteten Mittelbereich. Dort entsteht ein überdeckter Vorplatz, dessen Aufenthaltsqualität kritisch gesehen wird, hingegen wirkt die Mensaterrasse im Westen gut gesetzt. Da gibt es einen neuen Zugang für Fußgänger und Radfahrer, wie auch im Norden eine Brücke über den Augraben. In diesem Projekt wird durch die Setzung von Wintergärten der Freiraum in das kompakte Volumen der Schule gezogen, ein interessanter Beitrag.


Nachhaltigkeit

Das kompakte Gebäude zeichnet sich durch die geringe Verblockung des Kaltluftstroms von Norden aus. Die Dachgeometrie lässt Begrünungen der Dachflächen nicht zu. Die vorgeschlagenen PVElemente im Satteldachbereich werden erheblich verschattet, sodass kein großer Ertrag erwartet werden kann.

Die Umnutzungsfähigkeit ist mit dem dargestellten Tragwerk möglich. Der Zentralbereich ist eingeschränkt als Veranstaltungsbereich nutzbar. Die Baukonstruktion erhält einen hohen Anteil recyclebarer Stoffe und trägt mit Holz, Stahl und Recyclingbeton zu einem geringen CO2-Fußabdruck bei. Das Gebäude ist voll verglast, ein beweglicher Sonnenschutz ist nicht vorgesehen, sodass trotz auskragender Metallgitter-Balkone der sommerliche Wärmeschutz nicht gewährleistet werden kann. Die freie Lüftung kann an besonders heißen Tagen und im Winter nicht für gute Luftqualität bei gewünschter Zugfreiheit sorgen. Der Schallemissionsschutz zur Bahn ist nicht gewährleistet.

Ansicht Veranstaltungsbereich Aula

Ansicht Veranstaltungsbereich Aula

Situation mit Umgebung

Situation mit Umgebung