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Studienauftrag | 05/2021

Büroquartier „Friedrich und Karl“ auf dem Druckzentrum-Areal in Köln-Niehl

Engere Wahl / Anerkennung

Auer Weber

Architektur

schlaich bergermann partner - sbp SE

Bauingenieurwesen

Homolka Modellbau GmbH

Modellbau

loomn architekturkommunikation

Visualisierung

Erläuterungstext

Leitgedanken 

Die städtebaulich-freiraumplanerische Gesamtkonzeption zur Neuorientierung des Standorts zu einem konsequent nachhaltigen und klimaneutralen Büroquartier führt zu einer erheblichen Aufwertung des gesamten städtischen Umfelds in Köln-Niehl. Durch die bevorstehende Verlagerung der Mitarbeiter-Stellplätze des Areals des Neven-DuMont-Hauses und des Druckzentrums Niehl werden entlang der Friedrich-Karl-Straße und der Boltensternstraße erhebliche Grundstücksflächen auf dem Areal für eine neue und attraktive Nutzung frei. Mit dem Ziel, das Gesamtvorhaben als mehrgeschossigen Holzbau umzusetzen, entsteht ein Projekt, das mit einem Umfang von nahezu 50.000 qm Bruttogrundfläche im ersten Bauabschnitt und einem eigenen Mobilitäts-Hub mit rund 16.000 qm Grundfläche regional und überregional neue Maßstäbe für nachhaltige Verwaltungsbauten setzen wird.

Dem Planungs- und Bauvorhaben kommt daher im Sinne eines Leitprojekts und eines ersten innovativen Bausteins des Strukturwandels für den gesamten gewerblichen Bereich entlang der Boltensternstraße zwischen Köln -Riehl und Niehl eine außerordentlich hohe Bedeutung zu.

 

Städtebau und äußere Erschließung 

Die Haupterschließung und die Adressbildung des neuen Büroquartiers erfolgt von Norden zwischen Mobility Hub und der Büroneubebauung über einen großzügigen Vorplatz an der Friedrich-Karl-Straße auf das Areal, sowie von Osten mit größtmöglichem Abstand zwischen Gebäude und Straßenraum über die Boltensternstraße. Die Bauvolumen des ersten Bauabschnitts verteilen sich auf zwei jeweils sechsgeschossige Hauptbaukörper, die mit jeweils ca. 20 m Grundrisstiefe die zur Verfügung stehende Grundstücksfläche optimal auszunutzen wissen und sich um zwei gemeinsame Innenhöfe als Blockrandbebauung gruppieren. Diese Innenhöfe sind für die Öffentlichkeit vom Mobilitäts-Hub im Nordwesten des Areals bis zum Abschluss des zweiten Bauabschnitts an der Pasteurstraße im Südosten frei zugänglich und bieten entlang der öffentlichen und halböffentlichen Nutzungen (Co-Working-Space / Bearbeitungs- und Besprechungszentrum / Kiosk / Sport- und Fitness / Kita / Umkleiden / Recreationspace / Fahrradwerkstatt) im Erdgeschoss eine wünschenswerte hohe interne Durchlässigkeit. Die Durchwegung der Innenhöfe ermöglicht eine deutliche Ausrichtung der zahlreichen Erschließungszonen zu den ruhigeren inneren Freibereichen. 

 

Funktionalität und innere Erschließung 

Angestrebt wird ein Gebäudekomplex, welcher sich zu einem für die Umsetzung unterschiedlichster Büroformen eignet und auch individuelle Ansprüche künftiger Mieter an Bürogrößen und Bürotypologien ohne größere Eingriffe in die Grundstrukturen zulässt. Der erste Bauabschnitt des Projekts verfügt über insgesamt sieben Eingangsbereiche mit angeschlossenen Treppenräumen und Aufzugsanlagen. Über die Treppenräume sind die Miet- / Nutzungseinheiten unterschiedlichster Zuschnitte erreichbar, die in ihrer Grundstruktur den brandschutztechnischen Vorgaben von ca. 400 qm Grundfläche entsprechen. Die besonderen funktionalen Anforderungen eines Ankermieters / Großmieters werden durch die zentrale Lage im Areal und Anordnung mit einem repräsentativen Empfangsbereichs mit angeschlossenem Besprechungs- und Schulungszentrums in vollem Umfang erfüllt.

Der das Quartier belebende großer Co-Working-Bereich liegt gegenüber des Schulungsbereichs ebenfalls an zentraler Position innerhalb der Anlage. Das Angebot der Kinderbetreuung wird, in einer ruhigeren Randlage im Erdgeschoss liegend, in das funktionale Gebäudekonzept integriert. 

Die vielfältigen Freiräume des Neubaus sowohl in den Erdgeschosszonen als auch auf den Dachterrassen und -gärten sollen in ihrer Gesamtheit einen innovativen, lebendigen und hochwertigen „Grünen Stadtbaustein“ bilden. Die „Klimagärten Friedrich und Karl“ können somit im intensiven Wechselspiel mit dem Gebäude eine dynamische Symbiose aus attraktiven Innen- und Außenräumen schaffen. Das gesamte neue Quartier ist grundsätzlich barrierefrei erschlossen.


Trag- und Baukonstruktion, Materialien und Bauökologie 

Bei Konzeption und Errichtung neuer Gebäude müssen nicht nur die Belange von Ästhetik, Funktionalität und Wirtschaftlichkeit in Einklang gebracht werden, es sollen auch die Aspekte Nachhaltigkeit und Energieeffizienz über den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes betrachtet werden. Das vorgeschlagene Tragwerkskonzept stützt sich deshalb konsequent auf eine moderne Holzbauweise. Diese Bauweise erlaubt einen hohen Grad an serieller Vorfertigung und ermöglicht kurze Baustellenzeiten. Das Bauwerk weist insgesamt sechs Stockwerke auf, dabei sind die beiden Sockelgeschosse zu den Regelgeschossen eingerückt. Im Untergeschoss erfolgt eine Teilunterkellerung für die Haustechnik sowie Nebenräume. Die einzelnen Gebäuderiegel sind im Grundriss schiefwinkelig verschnitten – wobei das Gebäuderaster über alle Geschosse identisch fortgeführt werden. Sieben innenliegende Kerne erschließen die Riegel vertikal.

Grundsätzlich werden schadstoffarme Materialien eingesetzt, die negative Wirkungen auf die Umwelt und den Menschen weitestgehend vermeiden. Neben diesen Eigenschaften wird innerhalb der bauökologischen Konzeption die Verringerung der Emissionen bei der Herstellung durch geeignete Wahl von Materialien, z.B. aus nachwachsenden Rohstoffen angestrebt. Um einen geringen Erneuerungsaufwand zu erreichen, werden langlebige Materialien und Konstruktionen eingesetzt, zum Beispiel durch Verwenden RAL-zertifizierter Produkte. Die Aufwendungen für Wartung und Instandhaltungsmaßnahmen sollen für alle Bauteile auf ein technisch notwendiges Minimum planerisch reduziert werden. Zwischen den Holzunterzügen und auf den Holzmassivdecken ist in Kanälen die Verteilung der Haustechnik vorgesehen. Somit entsteht ein sehr flexibel nutzbares System, das effizient und nachhaltig einen positiven Beitrag zum klimaneutralen Bauen verspricht.


Fassaden und Energiekonzept

Ziel des Energiekonzeptes ist die Erreichung des Passivhausstandards für die gesamte Baumaßnahme. Grundlage dafür ist auch eine energieeffiziente Fassadenkonstruktion mit einem, bezogen auf die Bauaufgabe, angemessenen Anteil an opaken und transparenten Hüllflächen. Eine rundum leistungsfähige und wärmegedämmte Außenhülle, die sich durch hohe Dämmwerte, eine hohe Luftdichtigkeit und die Vermeidung von Wärmebrücken auszeichnet, trägt zusammen mit einer Lüftungsanlage inklusive Wärmerückgewinnung (Nutzung von Geothermie) und adiabater Kühlung dazu bei, Wärmeverluste zu vermeiden und den Heizenergiebedarf deutlich zu senken.  

Die zentralen RLT – Anlagen im 1. und 2. Bauabschnitt bedienen die Mieteinheiten bedarfsgerecht mit konditionierter Luft. Die Leitungsverteilung erfolgt weitgehend in den abgehängten Decken der Flure. Zudem können die Nutzungseinheiten auch über öffenbare Fenster mit Frischluft versorgt werden. Die mechanische Lüftungsanlage wird auch zur Nachluftspülung verwendet. 

Über den intensiv begrünten Flachdächern der Gebäudeteile werden in einer filigranen aufgeständerten Pergolastruktur großflächig Photovoltaikelemente zur Eigenstromversorgung und Warmwasserkollektoren zur Warmwasserversorgung (Sanitär-/ Umkleidebereiche) abgehängt. Die Dachlandschaften können somit als erweiterter Frei- und Erlebnisraum den Nutzern zur Verfügung gestellt werden.



Beurteilung durch das Preisgericht

Der Städtebau orientiert sich stark an den gegebenen Baulinien und entwickelt keine Eigenständigkeit in der Form. Es entsteht ein großmaßstäblicher, wenig gegliederter Baukörper. Die zweigeschossige Sockelzone mit einer expressiven außenliegenden Holzkonstruktion unterstützt diese Haltung konsequent.


Zur Platanenallee an der Boltensternstraße wird durch die sehr geschlossene Bebauung eine durchgehende Wand ausgebildet, die sehr hart wirkt. Dieser städtebauliche Auftritt wird kritisch hinterfragt. Die aufgesetzte PV-Pergola ist hinsichtlich ihrer Höhe nicht durch den Einfügenachweis gedeckt und in der vorgeschlagenen Form nicht genehmigungsfähig. Sie erscheint architektonisch zudem noch nicht ausreichend integriert. Die Parallelführung einer inneren Durchwegung im Kontrast zur großzügigen Promenade an der Boltensternstraße kann nicht überzeugen.


Die Gebäudekonfiguration mehr oder weniger zusammengewachsener Blockrandfiguren schafft grundsätzlich gut proportionierte Freiräume und Innenhöfe, deren Aufenthaltsqualitäten jedoch mit zunehmender Entfernung vom Mobilitäts-Hub abnehmen. Nur im Hof am Haupteingang unmittelbar am Mobilitäts-Hub gelingt es, den Freiraum durch adäquate Erdgeschossnutzungen zu beleben. Auf den Dachflächen kann in der vertiefenden Planung eine gute Aufenthaltsqualität entstehen. Die grünen Loggien werden im Grundsatz positiv gesehen, eine Zugänglichkeit und Nutzbarkeit erscheint jedoch sinnvoll.


In architektonischer Hinsicht ist die vorgeschlagene dreiteilige Fassadengliederung grundsätzlich gut denkbar, wirkt in der gezeigten expressiven Form aber etwas monumental. Aus konstruktiver Sicht des Holzbaus ist das Projekt nicht schlüssig und architektonisch nicht ausreichend bearbeitet. Die Materialisierung im Inneren ist konventionell. Gleiches gilt für die Fassaden.


Die Anordnung des Besprechungszentrums und des Co-Working Bereichs im Bereich des Eingangsplatztes am Mobilitäts-Hub ist stimmig. Die repetitiven Bürogrundrisse können sinnvoll in die gewünschten Einheiten aufgeteilt werden. Vermisst werden jedoch eine gewisse räumliche Vielfalt und spezifische Atmosphären im Sinne einer guten Identifikation vieler unterschiedlicher Teilnutzer. In brandschutztechnischer Hinsicht erfordert die Arbeit erhebliche Nachbesserungen. Die im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss freiliegende (im Außenbereich) Tragstruktur aus Holz ist durch anlagentechnischen Brandschutz nicht zu kompensieren, hier ist über die Abbrandrate ein statischkonstruktiver Nachweis zu führen. Bei der hofseitigen Bebauung liegt teils nur ein baulicher Rettungsweg vor, hier ist wegen der dann notwendigen Begrenzung der Personenzahl in einer Einheit (kleiner gleich 30) die Nutzbarkeit unter Umständen eingeschränkt. Die Umsetzung der Erschließungskerne in Massivholz wirft grundlegende bauaufsichtliche Fragen auf. Als Gebäude der Gebäudeklasse 5 nach BauO NRW in Holzbauweise ist der Einbau eines Sprinklerschutzes unumgänglich.


Das Thema Nachhaltigkeit wirkt nicht nur im Dachbereich appliziert. Der architektonische Ausdruck der zentralen Fragestellungen der Klimaneutralität bleibt dadurch oberflächlich. Im Ergebnis nutzt das Projekt das Potential eines Holzbaus weder konstruktiv noch atmosphärisch. Das Bauvolumen reizt die zulässige Dichte maximal aus. Gleichzeitig handelt es sich auch in Unterhalt und Betrieb um ein vergleichsweise kostenintensives Projekt. Beide Aspekte stehen dem Ziel der Suffizienz entgegen.


Insgesamt handelt es sich um eine solide Arbeit, die aber zu wenig integrativ an die gestellte Aufgabe nach einem zukunftsweisenden Bau herangeht und dabei insgesamt sehr konventionell bleibt.

Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Piktogramm

Piktogramm

Zellen- und Gruppenbürobereiche

Zellen- und Gruppenbürobereiche