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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2022

Weiterentwicklung IGS Süd in Frankfurt am Main

Lageplan

Lageplan

Anerkennung

Preisgeld: 9.333

Behnisch Architekten

Architektur

Glück Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Béla Berec Architektur-Modellbau-Gestaltung

Modellbau

Erläuterungstext

Architektur und Städtebau

Frankfurt am Main ist eine grüne, weltoffene Stadt, die aufgrund der zunehmenden Diversität in der Bevölkerung eine bemerkenswerte multikulturelle Vielfalt zu bieten hat. Dieses bereichernde Miteinander prägt das öffentliche Leben und erfordert pädagogische Einrichtungen, die Teilhabe ermöglichen und besondere Lernorte mit zukunftsoffenen, inklusiven Lernformen erschaffen. Entsprechend soll für die Integrierte Gesamtschule Süd ein Raumangebot umgesetzt werden, das auf eine Verknüpfung städtischen und schulischen Lebens setzt und damit die intelligente Vernetzung sozialer Infrastrukturen unterstützt. Eine moderne, fortschrittlich progressive Bildungseinrichtung wird eine entscheidende Rolle in der Integration und im sozialen Austausch übernehmen können. Ein gesellschaftliches Miteinander auch außerhalb der regulären Schulöffnungszeiten wirkt dabei förderlich. Das neue Schulhaus ist somit nicht ein reiner Ort der Wissensvermittlung, sondern vor allem ein aktiver, baulicher Bestandteil der lebendigen Gesellschaft, ein angenehmer Teil des öffentlichen Raums im Stadtquartier.


Ergänzend und aufbauend auf dem integrierten Schulentwicklungsplan der Stadt Frankfurt soll nun im Stadtteil Sachsenhausen Nord mit den Bestandsgebäuden der Textor-/Schwanthalerschule und der ehemaligen Holbeinschule ein zukunftsweisender Ort des Lernens und des Lehrens, des Zusammenkommens, Kennenlernens und Kommunizierens entstehen. Die vorhandene bauliche Substanz soll nach einer reiflichen Analyse der Bestandserhaltung zum großen Teil genutzt werden – verbunden mit der Hoffnung, dass diese Wertschätzung historischer Gebäude die junge Generation für nachhaltige Aspekte der Gesellschaft sensibilisiert und sie im positiven Sinne motiviert.


Grundvoraussetzung für eine Aktivierung des öffentlichen Raums, und somit einer harmonischen Vernetzung der beiden Schulgebäude, ist die Umgestaltung der Textorstraße. Eine weitgehende Verkehrsberuhigung im Straßenraum und Platzgestaltung wirkt verbindend. So kann sich hier, im südlichen Bereich der Textor-/Schwanthalerschule, gebäudeübergreifend eine neue „Gemeinsame Mitte“ entwickeln, als Bindeglied und Herzstück zwischen den Schulen und lebendiger Marktplatz, der die Schule in ihrem pädagogischen Selbstverständnis repräsentiert. Ein Haus entsteht, das sich zum Stadtteil öffnet und ganz selbstverständlich als neue Adresse charakterstark wahrgenommen werden kann.


Das Raumprogramm ist präzise und dennoch mit der Möglichkeit für individuelle Interpretationen beschrieben. Der inhaltliche Grundgedanke soll einen Bildungsort widerspiegeln, der ein differenziertes Angebot unterschiedlich offener und geschlossener sowie gemeinschaftlicher und klassenbezogener Bereiche beinhaltet. Ein kooperatives Miteinander soll, angeregt durch die Wechselwirkung zwischen Haus und Schulgemeinschaft, zukünftig einen angemessenen und baulich maßgeschneiderten Rahmen bilden. Tradierte Sichtweisen eines klassischen Frontalunterrichts im 45 Minutentakt werden folgerichtig in den formulierten Leitsätzen vermieden, vielmehr soll Neues erdacht und nachhaltig gefördert werden. Das ist eine komplexe und herausfordernde Aufgabe, die zunächst eine differenzierte Betrachtung aller einflussgebenden Aspekte bedingt, die in einem ersten Schritt ins richtige Verhältnis zueinander gesetzt werden wollen. Nur so kann ein nachvollziehbarer, gelungener Beitrag für die Umsetzung der gewünschten pädagogischen Ziele gelingen.


Das bestehende Schulhaus der Textor-/Schwanthalerschule ist für die Lernhäuser mit den jahrgangsübergreifenden Lerngruppen der Klassenstufen 5-7 und 8-10 vorgesehen. Eine Kernzone, die als vertikale und horizontale Verteilerstelle für Bewegungsströme dient, übernimmt als Bindeglied zwischen Alt- und Neubau eine wichtige gestaltprägende Funktion. Das Atrium, ausgestattet mit einem großzügigen Luftraum und einer Treppe, die alle Ebenen miteinander verbindet, ist zentrale Anlaufstelle im Haus und sorgt für gute Orientierung. Unmittelbar erreichbar sind von hieraus die jeweiligen Rückzugs- und Pausenräume der einzelnen Etagen und auch die obere Ebene der zweigeschossigen Sporthalle. Der nördliche Teil des Bestandbaus bleibt erhalten, sodass vom ersten bis zum dritten Obergeschoss die bauliche Struktur als historische Kulisse für die Lernhäuser der Klassenstufen 8-10 genutzt werden kann. Minimale bauliche Eingriffe lockern die gebaute Strenge des Mittelflurs und werten ihn zu Kommunikationszonen auf. An ausgewählten Stellen öffnet sich das Haus zum Schulhof. Die hier liegenden Räume verlassen den baulichen Rahmen des Bestands, sie treten mittels großzügiger Verglasung nach außen plastisch vor. Als „gläsernen Vitrinen“ schaffen sie eine lichtdurchflutete Atmosphäre im Innenraum und beleben gleichzeitig die Fassadenansicht im Hinterhof.


Der südliche Teil des Bestandsgebäudes wird behutsam zurückgebaut, sodass sich in einem filigranen Holzneubau die Lernhäuser der Klassenstufen 5-7 kompositorisch vielfältig, spannungsvoll und frei entwickeln können. Die einschränkende Enge und Schwere des Bestands wird zugunsten von Leichtigkeit und Lichtdurchlässigkeit aufgegeben. Die spielerisch angelegten Erlebnisräume mit den jeweils den Klassenräumen zugeordneten „Arenen“, fördern die Gemeinschaft und kommen der pädagogischen Arbeit zugute. Diese einzigartige Vielfalt an Raumkompositionen und die facettenreiche Anordnung der Differenzierungsräume sowie der Lern-, Koch-, Bastel- und NW-Nischen charakterisieren das neue Haus. Transparenz und Offenheit prägen den Innenraum, vorgelagerte Balkone und vielfältig nutzbare Terrassen ergänzen das Angebot auf attraktive Weise. 


Die Großzügigkeit des filigranen Holzneubaus ermöglicht im Erdgeschoss eine ganz eigenständige Ausgestaltung des Schulfoyers. Dieses ist gut auffindbar, angenehm dimensioniert und im Herz der „Gemeinsame Mitte“ gelegen. Die neue Platzgestaltung im Außenraum kann als Erweiterung, als ein fließender Übergang bis ins Foyer verstanden werden. Lediglich ein leichter, scheinbar unsichtbarer, gläserner Vorhang begrenzt als thermische Hülle den Innenraum. Die hier angesiedelte Mensa bietet auch Sitzbereiche im Freien. Die Musikräume können über mobile Trennwände als Foyer-Erweiterung für größere Veranstaltungen hinzugeschaltet werden. Mittels weniger Stufen und einer barrierefreien Rampe wird die Topographie des Geländes im Übergang zum Altbau elegant in die Gestaltung miteinbezogen. Von hier aus erreicht man die rückwertigen Bereiche der Verwaltung im Altbau und die Sporthalle im Erdgeschoss. Die beiden denkmalgeschützten Eingänge werden erhalten und bieten einen Zugang vom Schulhof. Der Eingang zur Sporthalle mit den zwei Geschossebenen erfolgt über die Wegeverbindung im Norden. In der obersten, zurückgestaffelten Ebene des Holzneubaus befinden sich die Räumlichkeiten der Jugendhilfe und die Bibliothek mit einer schönen Leseterrasse und einem belebenden Kräutergarten. Hier kann man sich vom vitalen, manchmal gar hektischen Leben der Straßen zurückziehen, ein wenig entspannen und bei einer guten Lektüre den Blick über die angrenzenden Dächer Sachsenhausens genießen.

Das gegenüberliegende Grundstück der ehemaligen Holbeinschule wird über den verkehrsberuhigten Straßenraum und attraktiven Platz an die „Gemeinsame Mitte“ angebunden. Das Bestandsgebäude mit der Hausmeisterwohnung tritt als kleines „Pförtnerhäuschen“ in Erscheinung und aktiviert als gegenüberliegendes Pendant zur Mensa mit einem kleinen Kiosk den öffentlichen Raum zur Textorstraße. Ein schmaler, wunderbar inszenierter Durchgang führt zum geschützten Pausenhof und lebendig gestalteten Freibereich südlich der ehemaligen Holbeinschule. Das markante und Quartier prägende denkmalgeschützte Gebäude bleibt baulich nahezu unberührt. Das äußere Erscheinungsbild wird erhalten, lediglich kleinere Eingriffe im Inneren verändern das bestehende Raumgefühl marginal, um den Räumlichkeiten des Beratungs- und Förderzentrums Süd (BFZ) hier ihre neue Heimat geben zu können. Der dreigeschossige Anbau nach Westen zur Holbeinstraße respektiert zurückhaltend den Bestandsbau. Ein attraktiver und gut auffindbarer Zugang zum Stadtteil- und Werkhaus befindet sich an der Textorstraße. Im Erdgeschoss öffnet sich das Jugendcafé zum Straßenraum. Die großzügige Dachterrasse bietet einen schönen Platz für künstlerische Aktivitäten und das Arbeiten im Freien.


Die vorgeschlagenen Materialien folgen der Idee eines authentischen Einsatzes und unterstützen mit ihrer angemessenen Verwendung die kompositorische Vielfalt im Innenraum. Leichte Glastrennwände stehen in einem angenehm kontrastierenden Dialog zu den eher schweren Beton- und Mauerwerkswänden des Bestands. Holzeinbauten im Inneren vermitteln den Eindruck einer haptisch angenehmen Lernlandschaft. Teilweise exponierte Stahlbetondecken und -wände sowie Deckenkonstruktionen aus Holzwerkstoffen ergänzt durch Holzfaserlamellen leisten einen guten Beitrag zur Raumakustik. Auch tragen sie maßgeblich zur Aktivierung und Speicherfähigkeit der Deckenflächen bei. Feingliedrige Stahlgeländer setzen angenehme Akzente zu strapazierfähigem Linoleum und Teppichböden in Flurzonen oder Klassenräumen.


Für die Textor-/Schwanthalerschule wird als verbindendes Element ein filigranes Rankgerüst aus Lärchenholz vorgeschlagen. Leichte Geländer, Pflanztröge und Rankhilfen sowie textile Sonnen- und Blendschutzbehänge werden in diese vorgelagerte Schicht sinnvoll integriert. Der Gesamtbaukörper erhält durch das Zusammenspiel von vorgelagerter Struktur und weitgehend erhaltener Bestandsfassade sowie einer durch differenzierte Vor- und Rücksprünge geprägte Neubaufassade eine angemessene Maßstäblichkeit. Das vielschichtige und facettenreiche Zusammenwirken von Freiraum und Innenraum, Erhaltenswertem und neu Interpretierbarem, von maßvoll gestalteten Eingriffen und notwendigen Rückbaumaßnahmen ebenso wie von Kleinteiligem und Großformatigem zeichnen die Gesamtanlage aus. Das neue Schulhaus lässt Lebendigkeit bewusst zu, weckt Neugierde und fördert die Entfaltungsmöglichkeiten einer modernen pädagogischen Arbeit, sodass der Lernort Schüler*innen und Eltern auch nach der vollendeten Schulzeit noch lange positiv in Erinnerung bleiben wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Grundidee der Arbeit ist die Ausprägung einer prägnanten Mitte zwischen beiden Schulteilen und die Schaffung einer einladenden Eingangssituation für die Schule und den Stadtteil. Dazu werden der südliche Teil der Textor- und Schwanthalerschule sowie die Villa Textor abgerissen. An ihre Stelle tritt ein Anbau, der neben dem Eingangsbereich auch die Aula, die Mensa und die Musikräume aufnimmt und damit den prägenden Gemeinschaftsort der Schule darstellt. Dieser kann zugleich von der Öffentlichkeit genutzt werden.

Die Jury würdigt, dass damit der besondere Charakter der Schule architektonisch und sozialräumlich überzeugend zum Ausdruck gebracht wird. Nördlich der Eingangszone mit den Musikräumen und der Aula schließt eine vertikale und horizontale Verteilerstelle an, die Alt- und Neubau verbindet. Von hier aus erfolgt auch der barrierefreie Zugang zur Turnhalle. Die Rampenanlage zwischen Alt- und Neubau wird positiv bewertet. Vom ersten bis dritten OG des Altbaus wird die bauliche Struktur erhalten und nimmt die Lernlandschaften auf.

Eine Platzsituation verbindet beide Schulteile mit einem Belagsteppich aus beigen Betonplatten über die Textorstraße hinweg. Grüne Inseln bieten Ankommensbereiche für die Schülerinnen und Schüler und erhalten trotzdem die geforderte Funktion der Textorstraße als Fuß- und Radweg. Die Lage der grünen Inseln könnte zugunsten eines guten Verkehrsflusses allerdings noch optimiert werden. Die Holbeinschule wird erhalten und durch einen Anbau im Westen ergänzt. Dieser ist gut proportioniert und beherbergt einen Jugendtreff, eine Lehrküche und einen Mehrzweckraum. Beide Bauteile fassen den dahinter liegenden Hof ein, der sehr gute Aufenthaltsqualitäten bietet. Das gestalterische Motiv hierbei sind grüne Inseln, die von langen hellen Bänken eingefasst sind. Dieses Motiv wird auch auf dem zentralen Schulhof wiederholt. Dessen Baumbestand wird erhalten und bietet ausreichend Schatten in den Sommermonaten.

Der Rasen unter den Bäumen wird allerdings kritisch gesehen. Durch die langen Bänke wird gekonnt eine Bühnen-Tribünen- Situation ausgeprägt: Die Aktivitäten auf den beiden Sportfeldern können von den Bänken aus gut beobachtet werden. Der Schulgarten ist neben den Sportfeldern nicht optimal positioniert. Auch die filigrane Gebäudebegrünung wird für einen Schulbau infrage gestellt. Die größte Stärke des Entwurfs – die Aufprägung einer starken, gemeinschaftsfördernden Mitte und Eingangssituation – ist zugleich auch seine größte Schwäche. Den rabiaten Umgang mit dem Altbau sieht die Jury sehr kritisch. Neben dieser Grundhaltung wurden auch die Übergänge zwischen Alt- und Neubau nicht überzeugend gelöst und die Lernzonen erhalten sehr unterschiedliche Charaktere. Die große Raumtiefe des Anbaus verhindert zudem, dass Teile dieser Räumlichkeiten natürlich belichtet und belüftet werden. Die Breite des Anbaus führt zudem zu einer Engstelle in der Hauptbewegungszone zum Schulhof. Die Schaffung der äußeren Zugänglichkeit des Lernhauses durch Rampen ist positiv zu sehen. Der Erhalt der denkmalgeschützten Sachteile wird gewährleistet, allerdings stellt die Umgestaltung des Altbaus im Rahmen des Umgebungsschutzes eine erhebliche und dauerhafte Beeinträchtigung der Sachteile dar.

Der vollflächige Anschluss des Neubaus an die Westfassade führt zu einer erheblichen und dauerhaften, substanziellen und optischen Beeinträchtigung des Kulturdenkmals Holbeinschule. Zusätzliche Baumpflanzungen im öffentlichen Straßenraum stehen unter dem Vorbehalt der Prüfung der Trassensituation (Lage von Ver- und Entsorgungsleitungen) und der Einhaltung notwendiger Schutzabstände in der weiterführenden Bearbeitung. Standortverschiebungen oder der Verzicht auf neue Baumstandorte können die Folge sein. Die Ausdehnung von Oberflächenbelägen über das Schulgelände hinaus in den „Übergangsbereich“ der Textorstraße steht unter dem Vorbehalt der Genehmigungsfähigkeit durch das Amt für Straßenbau und Erschließung (ASE) als Baulastträger und verkehrssicherungspflichtiger Stelle. Übergänge ohne bauliche Einfassung des öffentlichen Straßenraums zum Schulgelände hin bedürfen im Sinne der Barrierefreiheit ersatzweise taktiler Leitstrukturen in der Form von Bodenindikatoren entsprechend dem städtischen Arbeitsplan „Barrierefreiheit für Frankfurt“.

Begrüßt wird der vergleichsweise konkrete Vorschlag zur Gestaltung des Übergangsbereichs in der Textorstraße. Die Lage der Grünbeete und Holzdecks sollte in der weiteren Durcharbeitung hinsichtlich der Freihaltung von Lauflinien verbessert werden.

Vorgeschlagen wird, einzelne Elemente entweder vollständig dem Straßenraum oder dem angrenzenden Schulgelände zuzuordnen. Die Belange des Brandschutzes wurden grundsätzlich berücksichtigt und beschrieben, sind aber unvollständig.

Grundriss Gesamtcampus

Grundriss Gesamtcampus

Konzept Piktogramme

Konzept Piktogramme

1.Obergeschoss Textorschule

1.Obergeschoss Textorschule

Schnitt Textorschule

Schnitt Textorschule

Südwestansicht Textorschule

Südwestansicht Textorschule

1.Obergeschoss Holbeinschule

1.Obergeschoss Holbeinschule

Nordwestansicht Holbeinschule

Nordwestansicht Holbeinschule

Axonometrie

Axonometrie