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Einladungswettbewerb | 03/2022

Neubebauung Wohnen und Gewerbe in der Mozartstraße in Erlangen

Visualisierung Mozartstrasse, Erlangen

Visualisierung Mozartstrasse, Erlangen

Anerkennung

Preisgeld: 7.000 EUR

Bermüller+Niemeyer Architekturwerkstatt

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

adlerolesch GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

MOZART-QUARTIER in Erlangen

 

 

Städtebau

 

Die Setzung der Baukörper ergibt sich aus der identitätsstiftenden Blockrandstruktur der unmittelbaren Nachbarbebauungen und aus Ost- West ausgerichteten Zeilenvolumen. Ziel ist eine wirtschaftliche Ausnutzung des Grundstückes, mit hohem Anspruch an Wohnqualität und einer eigenen, quartiersbezogenen Identität. Das städtebauliche Motiv ist die konzeptionelle Graduierung zweier Gebiete: Das nördlich gelegene Wohngebiet das hauptsächlich aus 2 bis 3-geschossigen Wohngebäuden besteht sowie das südlich gelegene Mischgebiet, geprägt von einem 60m hohen Verwaltungsbau. Ein sich aufspannendes „Zelt“ dient als Vermittler der beiden Gebiete und ist die Grundlage für die Höhenentwicklung auf dem Grundstück. Somit stufen sich die Volumen von Süden nach Norden ab. Durch das partielle Entfernen von Volumen innerhalb der Struktur, werden zwei Leitmotive für den Städtebau generiert:

Die Hofbildung verspricht eine optimale Belichtung und fungiert als „grüne Lunge“ für alle BewohnerInnen. Der Hof dient ebenfalls als Erschließung der Gebäudeingänge und stellt eine Querverbindung zwischen Mozartstraße und Theodor von Zahn Straße her. Außerdem wird der Zugang von Norden als Feuerwehreinfahrt genutzt.


Um städtebauliche Varianz zu generieren und die Gebäude ablesbarer zu gestalten, folgt im nächsten Schritt eine Staffelung der einzelnen Gebäudeabschnitte nach optimaler Belichtung und Fassadengliederung.

Die Realteilung ist klar umsetzbar: Der westlich gelegene Gebäudeteil mit dem 8-geschossigem Wohngebäude wird dem frei finanzierten Wohnen zugeordnet. Der östlich gelegene Baukörper wird Gewerbeteil, mit einer Café- Nutzung im Erdgeschoss. Die mittigen Gebäudeabschnitte sind für das geförderte Wohnen vorgesehen. Durch die klare Trennung kann die Erschließung der Nutzungen unabhängig voneinander stattfinden: So werden die Wohngebäude über den Innenhof erschlossen, während der Zugang zum Bürogebäude an der Westseite des Wettbewerbsgrundstückes gegenüber vom Umspannwerk liegt.


Eine hohe städtebauliche Dichte mit urbanem Charakter wird angestrebt wodurch eine Abstandsfläche leicht auf dem Nachbargrundstück Mozartstraße 33a liegt. Aufgrund des Rettungswegerecht für dieses Gebäude auf dem Wettbewerbsgrundstück wird die überstehende Abstandsfläche als hinnehmbar betrachtet und sollte im Zuge einer Abstandsflächenübernahme möglich sein.



Architektur / Konstruktion / Materialität

 

Das Gebäude wird als urbaner Holzgeschossbau geplant, bei dem die Tragstruktur in einer wirtschaftlichen Schottenbauweise umgesetzt werden kann. Die Tiefgarage sowie tragende Treppenhauskerne und Brandwände in den Obergeschossen werden massiv in Stahlbeton ausgeführt. Das vorgeschlagene Konstruktionsraster ermöglicht flexible Grundrissstrukturen und wirtschaftliche Decken sowie Wandquerschnitte.

Die Bauzeit kann gegenüber konventionellen Bauweisen reduziert werden, da modulartig im Werk vorgefertigt werden kann, wodurch sich ein zügiges Zusammensetzen vor Ort ermöglicht.


Die Wohnungsgrundrisse sind größtenteils modular konzipiert. Durch das Konstruktionsraster lassen sich Wohnungsgrößen leicht ändern und nach Bedarf anpassen.

Um auch im Erdgeschoss städtisches Wohnen anbieten zu können wird ein Hochparterre vorgeschlagen. Durch die Erhöhung im Erdgeschoss wird ein erhöhter Hof generiert der als halb-öffentliche Grünanlage hauptsächlich für die BewohnerInnen gedacht ist.

Die Fassadengliederung nimmt Bezug auf die Schotten-Konstruktion und folgt einem einheitlichen Raster. Innerhalb der konstruktiven Systematik sind große Öffnungen möglich. Durch unterschiedliche Setzung der Loggien, werden Vor- und Rücksprünge generiert, die zu einem belebten Fassadenspiel beitragen.



Als Fassadenmaterial wird eine geschlämmter Klinker vorgeschlagen. Er sorgt für eine hohe Speichermasse und schützt das Gebäude in der Sommermonaten vor übermäßigen Aufheizen. Die Schlämme kann mit Pigmenten versetzt unterschiedliche Farbschattierungen aufnehmen und gibt jedem Gebäude eine eigene Identität. Der gebrannte Ziegelklinker ist ein nachhaltiger und regionaler Baustoff, der sehr langlebig und dabei hochwertig und robust bleibt. 


Alle Öffnungen werden mit außenliegenden Raffstoren ausgestattet, um vor allem in den immer heißer werdenden Sommermonaten starkes Aufheizen zu verhindern. Zudem wurden bewusst tiefe Laibungen geplant, um zusätzlich vor direkter Sonneneinstrahlung zu schützen.



Ideenteil

 

Im Ideenteil wird eine universitätsnahe Nutzung als „Creative Hub“ vorgeschlagen. Das Gebäudevolumen positioniert sich als Solitär im Stadtraum und bildet in Richtung Gebbertstraße und zum Spielplatz auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen Quartiersplatz. Die Erdgeschosszone ist als öffentlicher Bereich geplant der u.a. ein Gründercafé, ein kleines Auditorium für Vorträge und Events, sowie Seminarräume der Universität beinhaltet. Hauptthema des Baukörpers ist ein Dachgewächshaus das als Co-Working Space für Seminare und Workshops genutzt werden kann. Über eine großzüge Treppe werden die beiden Ebenen miteinander verbunden. In den Zwischengeschossen sind Büros, Ateliers und Mikroappartments untergebracht.


Freianlagen

 

extensiv/intensiv begrünte Dächer sorgen für eine gute Regenrückhaltung und werden zusätzlich in den hohen Gebäudeteilen mit PV Modulen ausgestattet. Auf den Dächern des 3-geschossigen Blockrandes, werden unterschiedliche Dachthemen für BewohnerInnen angeboten, wie z.B.: Barbecue spots, urbanes Rooftop gardening sowie ein Kräutergarten. Das Umspannwerk wird ebenfalls begrünt und trägt zum Stadtklima sowie einer Reduzierung störender Geräusche bei. Der „Green Cube“ sorgt dafür, dass auch im Stadtraum mehr Augenmerk auf Biodiversität gelegt wird und stellt eine Art Pufferzone zwischen Realisierungs- und Ideenteil dar. 

Der Innenhof wird als halbprivate/halböffentliche Freifläche gesehen. Durch die Haupterschließung der Wohnungen wird ein reger Austausch im Quartier erwartet. Schattenspendende Bäume und strauchartige Stauden sorgen für eine grüne Oase in der BewohnerInnen die Möglichkeit der Begegnung und der Entspannung haben.

Müll wird in der Tiefgarage untergebracht. Um strenge Geruchsbildungen zu vermeiden wird der Raum mit einer mechanische Be- und Entlüftung ausgestattet.



Mobilitätskonzept

Aufgrund der städtischen Lage und der dichten Baumasse können nicht alle PKW Stellplätze nachgewiesen werden. Durch die Nähe zum Hauptbahnhof und eine hervorragende Anbindung an ÖPNV sowie dem gut ausgebauten Fahrradwegenetz der Stadt Erlangen kann ein schlüssiges Mobilitätskonzept zu einem Ausgleich der nicht vorhandenen Stellplätze darstellen.

Die drei Säulen des Mobilitätskonzeptes sind: E-Ladestationen, Car- sharing und ausreichend Fahrradstellplätze für Lastenräder. Zudem kann angedacht werden, BewohnerInnen ein vergünstigtes Jahresticket für den ÖPNV anzubieten.


Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit stellt in ihren 3-geschossigen Winkeln als Sockel und darauf aufbauen einzelnen 2- bis 5- geschossigen Würfel eine abgestaffelte und gut proportionierte städtebauliche Komposition dar, die aber in ihrem Gesamtvolumen zu kräftig für den Ort erscheint. Die Einschnitte in den Volumen werden als begehbare Freiflächen dargestellt, die leider schwer zu erreichen sind.


Im Ideenteil ist der Vorplatz zur Gebbertstraße richtig gesetzt. Der interessante Baukörper ist in seinem geschnittenen Volumen aber zu hoch für den Ort. Die Nutzung als „Kreativ-Hup“ mit Gewächshaus als „Coworkingspace“ erscheint überambitioniert.


Die Erschließung der Wohnungen sind leider über den Innenhof organisiert, was eine Adressbildung erschwert. Die Zufahrt zur TG erfolgt über die Theodor-von-Zahn-Straße. Diese ist zwar eingehaust aber die Zu- und Abfahrtsverkehre bringen eine unangenehme Frequenz und Lärmentwicklung in den bisher ruhigen Straßenraum mit sich.


Das Gewerbe liegt „zentral“ im Osten des Grundstücks und ist von der Durchwegung sinnvoll angebunden. Die im Eckbereich befindliche halböffentliche Nutzung ist richtig situiert und kann den Raum prägen. Die angebotene Wohnungsnutzung im EG im Südriegel erscheint deplatziert und ist ohne Vorzone konfliktreich. Dies kann auch durch das angebotene Hochparterre nicht kompensiert werden. Die nördlichen Wohnungen als 4-Spänner produzieren mehrere, reine Nordwohnungen, die die Belichtung erschweren. Das angebotene Wohnungsgemenge von Mikroappartments mit 9 Wohneinheiten pro Geschoss entspricht der Auslobung. Die großen Wohnungen im Westriegel mit bis zu 7 WE an einem innenliegenden Treppenhaus ohne Belichtung, lässt eine einladenden Zugangssituation vermissen. Die Grundrisse selbst müssten für die geforderten Größen nachgearbeitet werden. Dies betrifft teilweise Durchgangszimmer, zusätzliche WCs oder schlecht geschnitten Balkonanlagen. Auch die teilweise dargestellte Eckbelichtung der Wohnungen im Westriegel ist kritisch. Das Gewerbe ist zwar in Einheiten teilbar, aber mit 417 m2 werden die Brandschutzabschnitte überschritten. Die Grundrisse im EG mit innenliegendem Treppenhaus und Sanitäranlagen sind nicht flexibel teilbar. Die Anordnung in einem Gebäude entspricht den Anforderungen. Die skulpturalen Massen werden durch geschosshohe rasterförmige Fassadenstruktur unterstützt und erzeugen mit zurückgesetzten Loggien eine positive Tiefenwirkung. Die Fassadenmaterialität mit der farbig differenzierten geschlemmten Klinkerfassade ist subtil und angenehm städtisch. Die Holz-Hybrid-Bauweise gilt als nachhaltig und stellt eine übliche Baukonstruktion dar. Das angebotene statische System lässt eine einfache und wirtschaftliche Bauweise vermuten. Die TG müsste im nördlichen Bereich im Stützensystem den darüber liegenden Wohnungen angepasst werden.


Der sehr städtisch gedachte Ansatz spiegelt sich in der Ausformung der Außenräume wider. Nach außen hin verbleiben infolgedessen keine qualitativen Freiräume. Besonders negativ wirkt sich das fehlende Grün im Zusammenspiel mit der hier sehr nah an den Straßenraum herangeführten Bebauung im Vorfeld zur Theodor-von-Zahn-Straße aus. Auch der durch die Höhe der südlichen Bebauung stark verschattete Innenhof wird zusätzlich unter Berücksichtigung der nicht dargestellten Feuerwehrangriffswege wenig Qualität für den Aufenthalt der Bewohner bieten können. Positiv gesehen wird das Angebot der höheren Überdeckung der Tiefgarage für größere Bepflanzungsmöglichkeit. Die Parkierungs- und Radabstellflächen sind jedoch unterdimensioniert und teilweise an den falschen Stellen angeordnet. Die Hofeingänge sind mit einer angebotener Rampe, offen aber nicht differenziert für Wohnen und Gewerbe dargestellt. Positiv hingegen wird für den Ideenteil der Umgang mit dem Umspannwerk in Form des begrünten „Green cube“ bewertet. Ebenso kann der dem „Creative hub“ vorgelagerte Platz zu einer wesentlichen Aufwertung des städtischen Raums an dieser Stelle führen.


Zur Nachhaltigkeit und zum energetischen Konzept sind leider keine Aussagen getroffen. Es wurden PV-Anlage zur Stromerzeugung und Gründächer als Retentionsflächen, auch teilweise begehbar angeboten.


Die einfache Konstruktion lässt eine Realisierbarkeit über der geplanten TG vermuten, eine Teilbarkeit ist grundsätzlich in allen Wohnungsangeboten (EOG/FF/Mikroappartements) gegeben. Die Gewerbeeinheit kann im Ganzen abgetrennt werden, eine innere Teilbarkeit ist nur begrenzt möglich. Die Arbeit spiegelt eine sehr hohe Geschossfläche wider, was eine Wirtschaftlichkeit widerspiegelt könnte, aber zu einer zu hohen Dichte führt.


Insgesamt zeigt die Arbeit eine schöne städtebaulich gestaffelte Komposition dar, die aber in ihrer Gesamtheit an diesem Ort ein „Zu Viel“ für die Umgebung produziert. 

Ansicht Theodor-Von-Zahn-Strasse, Erlangen

Ansicht Theodor-Von-Zahn-Strasse, Erlangen

Ansicht Mozartstrasse, Erlangen

Ansicht Mozartstrasse, Erlangen

Lageplan Mozart Quartier

Lageplan Mozart Quartier

Diagramme

Diagramme

Grundriss EG Mozart-Quartier

Grundriss EG Mozart-Quartier