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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2022

Neubau Neue Medizinische Klinik (NMK) in Tübingen

4. Preis

Preisgeld: 150.000

C.F. Møller Architects

Architektur

HENN

Architektur

Klett Ingenieur GmbH

TGA-Fachplanung

Bartenbach GmbH - Bereich Lighting Design

Lichtplanung

Erläuterungstext

Städtebau- | Freiraumplanerisches Konzept

Das Plangebiet ist aufgrund seiner Lage am südlichen Rand von besonderer städtebaulicher und gestalterischer Prägnanz. Die hohe Nachverdichtung des Areals wird in den nächsten Jahrzehnten zu einem enormen Anstieg der Baumasse führen, die sich insbesondere an den Rändern zeigen wird. Um die Baumasse nicht massiv und trutzig erscheinen zu lassen reagiert der Entwurf für den Neubau der Neuen Medizinischen Klinik des Klinikums der Universität Tübingen darauf durch eine U-förmige Ausbildung des Baukörpers, der sich nach Süden zum Tal nur mit schlanken `Köpfen’ präsentiert. Durch die moderaten Höhen und die Höhenstaffelungen vermeidet der Entwurf jegliche blockhafte Wirkung für die Außenansicht und verzahnt sich mit der Landschaft. Gleichzeitig eröffnen sich aus allen Bereichen des Neubaus großzügige Blicke auf die Landschaft. Es entsteht ein vielfältiger Dialog zwischen der Klinikwelt und dem landschaftlichen Außenraum nach Süden. Zum Campusinneren, nach Norden, Osten und Westen zeigt sich das Ensemble dagegen mit klaren Raumkanten und fügt sich so auf selbstverständliche Art in das Layout des übergeordneten Masterplans ein. Leitmotiv des hochbaulichen Konzepts ist die Schaffung einer Umgebung, die bei optimaler Abbildung der medizinischen, funktionalen und logistischen Prozesse die Genesung des Menschen unterstützt, eine positive Aufenthaltsqualität ausstrahlt und ein kommunikatives, inspirierendes und fächerübergreifendes Arbeitsumfeld bietet.

 

Funktionalität und Raumprogramm

Unser Lösungsvorschlag zeigt ein Projekt, bei dem Effizienz, heilende Architektur und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen. Die gesamte bauliche Konstruktion basiert auf effizienten, logistischen Verbindungen bei der die Trennung der Besucher-, Patienten- und Warenströme durchgängig berücksichtigt wurden. Gleichzeitig sind grosszügige, räumliche Eindrücke vorgesehen, die durch ein Höchstmaß an Tageslichtausstattung und interessanten Aussichten akzentuiert werden.

Erschlossen wird der Neubau über den `Interims´-Haupteingang, der zwischen dem CRONA B und dem Neubau der NMK in der Ebene 3 positioniert ist. Erreichbar ist er über eine ebenenvermittelnde Stegkonstruktion, die nördlich des Bettenhauses West liegt und dessen Niveau auf dem Eingangsniveau der NMK im Westen und der `Äusseren Hauptmagistrale´ im Osten liegt.

Der Eingang mündet im Innenraum in einem grosszügig tagesbelichteten Zwischenbauwerk. Über diesen Punkt verläuft in den folgenden Ausbaustufen die anzulegende `Innere Magistrale´ über die – in Nord-Süd-Richtung verlaufend - die Verbindung zwischen dem Bestand und der NMK abgebildet wird. Für den Neubau verläuft diese Funktionsmagistrale bereits an der zukünftig gewünschten Position und verbindet alle wesentlichen klinischen Bereiche mit einfacher Orientierung miteinander. Auf der Eingangsebene wird die Präsenz des verwendeten Holzes durch die sichtbaren Konstruktionen und Oberflächen sehr deutlich wahrgenommen. Dieses trägt dazu bei, eine einladende und warme Atmosphäre bei der ersten Begegnung des Patienten mit dem Krankenhaus zu erzeugen. Angebunden an den Verlauf der Magistrale sind sämtliche Vertikalknoten, über die alle Funktionsbereiche der Klinik erschlossen werden. Die Magistrale wird so zum urbanen Erlebnisraum entlang sich immer wieder neu öffnender Grün- und Außenräume. Von hier aus werden die Eingänge der einzelnen klinischen Nutzungen für Besuchende und gehfähige Patienten intuitiv erschlossen. Zentraler Entwurfsansatz ist es eine `heilende´ Gebäudestruktur zu etablieren, die einen starken Fokus auf die Ausstattung mit Tageslicht, Zugängen zu Erholungs- und Grünflächen hat, eine klare und sichere Wegeführung und eine Innenraumgestaltung mit taktilen Oberflächen und klar definierte räumliche Strukturen vorgibt und damit schlussendlich eine hohe Wiedererkennbarkeit und Sicherheit begründet. Basierend auf dem Masterplan und der Machbarkeitsstudie schlagen die Entwurfsverfasser eine flexible Struktur vor, die das Raumprogramm in einer effizienten und logistisch optimierten Grundrissdisposition abbildet.

So bietet das Projekt eine einfache und effiziente Struktur für die Pflegestationen, deren jeweilige Erschliessung unabhängig von benachbarten Stationen sichergestellt ist.


 





Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser wählen für den Gelenkbau eine Struktur, die sich in Körnung, Höhe und Positionierung der Baukörper dem umliegenden Bestand anpasst und sensibel auf die hervorgehobene topografische Lage reagiert.

 

Auch die Fernwirkung des Entwurfs aus Blickrichtung der Innenstadt scheint dem Preisgericht durch die Auflösung in Einzelbaukörper verträglich und dem Ort angemessen.

 

Auf einem 2-geschossigen Sockel bildet die Verteilerebene 3 eine räumliche „Fuge“ zu den aufgehenden 3 fingerförmig angeordneten Pflegegeschossen. In Ebene 03 befinden sich lichtdurchflutete Aufenthaltsbereiche, von denen Terrassen und Treppenanlagen direkt in den Landschaftsraum führen. Diese können Konflikte hinsichtlich Sicherheit und Zugänglichkeit schaffen, Patient:innen und Besucher:innen werden sich hier aber an spektakulären Aussichten erfreuen können. Auch gelingt es den Verfassern, durch geschickte Grundrissanordnungen die hochwertigen Außenräume zu bespielen, ohne dass die angrenzenden Nutzungen hiervon beeinträchtigt werden.

 

Die Positionierung des Bauabschnitts zwei vor dem Bettenhaus West erfordert eine präzise Ausführung des Bauwerks und Beschäftigung mit dem verbleibenden Außenraum, um die Qualität der Patientenzimmer nicht zu sehr zu schmälern.

 

Auf dem Sockelgeschoss Ebene 2 finden sich vor den östlich gelegenen Baukörpern „Lichtbänder“, die zwar eine gute Tageslichtversorgung sicherstellen, die geschosstiefe, burggrabenartige Abgrabung überzeugt gestalterisch jedoch nicht.

 

Der Entwurf schließt mit einem Verbindungsbauwerk mit anschließender Magistrale an die CRONA-Kliniken an. Hier kann auch der Interimseingang sinnvoll verortet werden. Die baulich-technische Umsetzbarkeit während des Abrisses und Baus des neuen Haupteingangsgebäudes ist zu überprüfen. Das Eingangsbauwerk gewährleistet eine gute Anbindung des Bettenbaus West über alle Geschosse, jedoch wird die Flurbreite von 2,60 m kritisch gesehen. Die Verortung sowie das Durchladeprinzip bei den Aufzugsgruppen hat Potential zu Wegetrennung.

 

In den Pflegegeschossen reduziert sich die Magistrale zu einem T-förmigen Erschließungsgang, der durch eine Verschwenkung zu den CRONA-Kliniken leider an Klarheit einbüßt.

 

Der Wettbewerbsbeitrag zeigt einen kompakten Sockel auf E 02, der die Funktionsbereiche aufnimmt. Die Situierung von dort ausgehenden Erschließungs-/ Technikkerne ist wenig kompakt und zergliedert in Kombination mit den Lichthöfen die Fläche im Sockel. Dies bringt Einschränkungen in der funktionalen Grundrissgestaltung mit sich. Die Anlieferung in Ebene 01 erscheint zu knapp bemessen und ist zu überprüfen.

 

Die Funktionsstellen sind weitgehend gemäß der Auslobung angeordnet, bis auf Pflege Med III auf E07 statt E06 und Pflege Med VIII auf E06 statt E07. Diese Abweichungen sind im Kontext der Rochadenplanung des UKT zu bewerten und ggf. im Rahmen einer vertieften Planung anzupassen. Die funktionalen Ansätze, Flächen und Zuordnungen in der Radiologie, der Endoskopie und im Herzkatheterbereich müssen überprüft und optimiert werden. Das derzeit noch wenig funktionale, zergliederte Ambulanzkonzept mit Großraumkonzepten für die ärztlichen Bürobereiche (inkl. Chef- und Oberärzte) ist zu überdenken.

 

In den Obergeschossen sind die am Verteilerflur angeordneten Pflegebereiche sinnvoll strukturiert. Die Pflegestützpunkte sind jeweils konsequent an den Innenhöfen angeordnet und somit gut auffindbar und bieten den Mitarbeitenden einen Tageslichtbezug. An mehreren Stellen finden sich offen zugängliche Aufenthaltsbereiche und kleine Loggien für Mitarbeitende oder Patient:innen und Besucher:innen, was die Jury sehr positiv wertet. Die gewählte Zweiflurorganisation ist eine funktionale Grundfigur, deren Potential in der Situierung der Räume noch weiter ausgeschöpft werden könnte.

 

Das Raumprogramm wird um knapp 10 % überschritten, was vor allem auf eine maßgebliche Überschreitung der Verwaltungsflächen zurück geht. Die Flächenansätze im Positiven aber auch im Negativen (Anlieferung!) müssten überprüft und angepasst werden. Insgesamt liegen jedoch die Wirtschaftlichkeitswerte im Durchschnitt der Arbeiten und zeigen keine Auffälligkeiten.

 

Die Gestaltung der Fassaden, insbesondere das Zusammenspiel der Fassaden der Haupterschließungsebene 03 mit denen der aufstehenden Baukörper erscheint wenig überzeugend und müsste nachgearbeitet werden.

 

Die vorgeschlagene Stahlbeton-Massivbaukonstruktion ist konsequent auf einem 7.80 x 9.20 m Raster aufgebaut. Der Auslober begrüßt die als "Option" dargestellte Ausbildung der Obergeschosse (Bettenhäuser) in Holz-Hybridbauweise mit Holz-Beton-VerbundRippendecken. Mit der erkennbaren konsequenten Anpassung der Tragstruktur (holzbaugerechter Rasterung) ist die Umsetzung der Obergeschosse in einer HolzHybridkonstruktion unter Einhaltung der für diesen Gebäudetyp geltenden baurechtlichen Regelungen realistisch.

 

Die Betontragstruktur in den Sockelgeschossen erlaubt trotz der notwenigen Fixpunkte eine maximale Flexibilität für künftige Anpassungen. Die darauf aufsetzende, optionale Holz-Hybrid-Konstruktion lässt ebenso wie die elementierte Bauweise mit vorfabrizierten Holzfassadenkassetten eine wirtschaftliche Umsetzung erwarten. Die Verfasser schlagen in den Untergeschossen eine Fassade aus vorgefertigten RC-Beton und in den Pflegegeschossen eine recycelte Aluminiumfassade mit Holzfaserdämmung vor, entsprechend niedrig sind die „grauen CO2- Emissionen“. Zur Versorgung wird ein dezentrales Wärmeversorgungs-Konzept mit erdgekoppelten Wärmepumpen in Verbindung mit der vorhandenen Hochtemperatur Fernwärme zur Spitzenlast-Deckung vorgeschlagen. Insgesamt haben die Verfasser umfangreiche Überlegungen zu einer ressourcensparenden Bauweise und zu einem nachhaltigen energetischen Konzept angestellt, die von der Jury gewürdigt werden.

 

Tragwerk

Die vorgeschlagene STB.-Massivbaukonstruktion ist konsequent auf einem 7.80 x 9.20 m Raster aufgebaut. Der Auslober begrüßt die als "Option" dargestellte Ausbildung der Obergeschosse (Bettenhäuser) in Holz-Hybridbauweise mit Holz-Beton-Verbund-Rippendecken. Mit der erkennbaren konsequenten Anpassung der Tragstruktur (holzbaugerechter Rasterung) ist die Umsetzung der Obergeschosse in einer Holz-Hybridkonstruktion unter Einhaltung der für diesen Gebäudetyp geltenden baurechtlichen Regelungen realistisch. Die in der Fassade umlaufenden Holzdiagonalen in Ebene 1 werden als Gestaltungselement wahrgenommen.


((Modulare Pfosten-Riegel-Fassade im 3.90 m Raster. STB.-Massivbaukonstruktion mit Flachdecken))


Energie- und Technikkonzept

Vorgeschlagen wird ein plausibles hybrides Wärmeversorgungs-Konzept mit dezentralen erdgekoppelten Wärmepumpen in Verbindung mit der Hochtemperatur-Fernwärme zur Spitzenlast-Deckung. Die Vorschläge zum nachhaltigen Bauen sind umfassend und in Teilbereichen (Raumkomfort, CO2-Bilanzen) detailliert erläutert. Die schmalen und mehrgeschossigen Innenhöfe tragen nur begrenzt zur Tageslicht-Versorgung bei. Für die Fassaden des gesamten Ensembles und für die Bettenhäuser werden HolzbauKonstruktionen vorgeschlagen, entsprechend niedrig sind die „Grauen CO2- Emissionen“.


Landschaftsarchitektur / Grünplanung:

Durch die fingerförmige Bebauung entstehen zwei Große nach Süden orientierte attraktive Außenbereiche. Die Anbindung dieser Dachgärten über breite Treppenanlagen zur öffentlichen Landschaftsterrasse wird kritisch gesehen, da sie im Betrieb Konflikte hinsichtlich Sicherheit und Zugänglichkeit schafft. Die Innenhöfe sind ausreichend gross dimensioniert. Das umlaufende „Lichtband“ an der Südseite, eine geschosstiefe, burggrabenartige Abgrabung überzeugt gestalterisch nicht und konterkariert die formulierte Idee der „green connection“.


Insgesamt würdigt die Jury den Entwurf als eine städtebaulich angemessene Lösung in einem herausfordernden Umfeld und als funktionalen und tragfähigen Ansatz für einen wesentlichen Baustein für die zukunftsweisende Entwicklung der Kliniken auf dem Schnarrenberg.