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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2022

Neubau Neue Medizinische Klinik (NMK) in Tübingen

Neubau Neue Medizinische Klinik (NMK) in Tübingen

Neubau Neue Medizinische Klinik (NMK) in Tübingen

5. Preis

Preisgeld: 110.000

Brechensbauer Weinhart + Partner Architekten mbB

Architektur

Erläuterungstext

STÄDTEBAU UND ARCHITEKTUR

Das geplante Gebäude antwortet auf die vorhandenen topographischen Verhältnisse:

auf einem Sockel werden zurückversetzt und gestaffelt zwei- bis dreigeschossige Baukörper platziert. Die Höhenstaffelung der Süd- und Westfassade mit zurückversetzten Bettenhäusern lässt die Baukörper optisch zurücktreten. Die Fassaden des zweigeschossigen Sockelbereiches werden begrünt.

Der grüne Hang geht so in ein vertikales Grün über.

Aus städtebaulichen Gründen wird auf eine Ebene E07 verzichtet.

Auf den begrünten Dachflächen mit Ausblick ins Tal laden die Patientengärten zum Verweilen ein und unterstützen das „Healing Environment“.


ÄUSSERE ERSCHLIESSUNG

Die Erschließung erfolgt über eine 3-geschossige Eingangshalle mit direkter Anbindung an die neu zu schaffenden Magistralen in Crona E02 (Liegendkranke) und E03 (Haupteingangsebene Gehfähige).

Im 1.BA wird ein gesonderter Zugang für Liegendkranke in E02 zwischen Crona und Neubau NMK als Interimslösung realisiert, der dann 2050 vom Neubau Zentraleingang ersetzt wird.

Die Ver+ Entsorgung erfolgt in Ebene 01 über die bestehende Erschließungsstraße West zu dem neuen Wirtschaftshof und bis 2050 über die AWT-Trasse von dem neuen Versorgungszentrum.

Im Masterplan ist ein autofreier Campus mit grüner Mitte vorgesehen. Die PKW-Stellflächen sind in den Parkhäusern auf dem Gesamtgelände ausgewiesen.

Vor dem Gebäude sind in E02 zwischen Crona und Neubau NMK ausreichend Stellflächen für Fahrräder mit direktem Zugang situiert.


INNERE ERSCHLIESSUNG UND FUNKTION

Vom derzeitigen Haupteingang Crona E04 wird die Nord-Süd-Magistrale fortgeführt. Im Verbindungsbereich zwischen Crona und NMK entsteht eine 3-geschossige Halle. Von hier wird die Magistrale in E03 und E02 linear bis zur Südfassade fortgeführt. Sie öffnet sich zur Landschaft mit großartigem Blick über Tübingen.

In E03 liegen gut auffindbar an der Magistral alle Stützpunkte der Ambulanzen.

In E02 ist die Magistrale hauptsächlich Liegendkranken und Notfällen vorbehalten, die ebenengleich von der Notaufnahme die Radiologie, Herzkatheter und Intensivstation erreichen.

E04- E06: In jeder Pflegeebene ist an gleicher Stelle ein neutral erschlossener Logistikraumcluster vorgesehen. Hier sind gemeinsam genutzte Funktionen wie Bettenaufbereitung, Cook & Chill, Physiotherapie und Seminarzone an einer Loggia verortet.

Zwischen 2 Allgemeinpflegen sind jeweils die Komfortstationen geschaltet. Alle Zimmer und Aufenthaltsbereiche sind Richtung Süd-West orientiert.

Die einfachen und attraktiven Erschließungsstrukturen gewährleisten eine gute Auffindbarkeit der verschiedenen Funktionsstellen. Auf allen Ebenen ist eine neutrale Anbindung an Crona und Bettenbau West gewährleistet. Die Ver + Entsorgung erfolgt im Wesentlichen über eine AWT Anlage mit den Pflegen zugeordneten Aufzugsanlagen.


TRAGWERKSKONZEPT UND BAUKONSTRUKTION

Die Tragwerke bestehen überwiegend aus Stahlbetonkonstruktionen, die teilweise mit Fertigteilen hergestellt werden können. Decken werden in Flachdeckenbauweise errichtet, die in horizontaler Richtung hindernislos Installationen ermöglichen. Vertikale Installationen erfolgen in Schächten. Die Lasten werden über Stützen in einem Vielfachen des Rasters von 1,35m abgetragen. Die Gründung erfolgt auf Stahlbetonsohlplatten.


BRANDSCHUTZKONZEPT

Die Flächen im Gebäude werden entsprechend den Anforderungen nach LBO Baden-Württemberg beurteilt. Auf der West- und Südseite wird die bestehende Feuerwehrumfahrt verwendet. Aufstellflächen für die Feuerwehr sind wo nötig vorgesehen.

Brand- und Rauchabschnitte: Die Grundrisse der Untersuchungs- und Behandlungsgeschosse E00 bis E03 werden in maximal 1600m² große Brandabschnitte angeordnet. Alle Ebenen im Gebäude werden über notwendige Treppenräume erschlossen. Das Gesamtobjekt wird flächendeckend mit automatischen Brandmeldern mit Aufschaltung auf die Brandmeldezentrale mit Durchschaltung zur Feuerwehr ausgestattet.


NACHHALTIGKEIT

Effizienzhaus 40 min / möglichst geringe Lebenszykluskosten

Fassade: Pfosten-Riegel-Konstruktion aus heimischem Holz mit Aludeckschale

Bauen im Kreislauf: Auswahl von sortenreinen, gut trennbaren Konstruktionen – Wiederverwendung

Dächer begrünt / PV-anlagen / Regenwassermanagement

Umlaufende Wartungsbalkone als konstruktiver Sonnenschutz mit vertikalen PV-Modulen (3 in 1)

Geländegebundene, wirksame Fassadenbegrünung in den Sockelgeschossen mit umlaufenden Wartungsbalkonen / Innenhöfe werden bepflanzt


FREIRAUMKONZEPT

Großräumig betrachtet gilt es die vorhandenen Grün-Strukturen zu stärken und miteinander zu vernetzen. Im Süden entsteht durch die Zurückstufung des Neubaus ein fließender Übergang in die artenreiche Hangbepflanzung mit großzügigem Freiflächenangebot, nutzbar als Garten für Patienten, Besucher, Studierende und Personal. Die Fassaden der Sockelgeschosse E02 und E03 erhalten eine bodengebundene Begrünung mit leitbarem Bewuchs aus Gerüstkletterpflanzen, z.B. Clematis und mit Bezug auf die ehemaligen Weingärten Parthenocissus inserta, die an einem Holzgerüst mit Wartungsbalkon hochwachsen und gepflegt werden können.

Die Dächer der Bettenhäuser werden in Kombination mit PV-Modulen extensiv begrünt. Auf dem gesamten "Süddach" über E03 wird eine zusammenhängende, intensiv nutzbare und gestaltete Dachterrasse angelegt.


ENERGIE- UND TGA-KONZEPT

Basis des Energiekonzeptes ist eine clevere und nachhaltige Kombination aus Erdwärme, Abwärme, Photovoltaik und optionalen Mikrogasturbinen zur Dampferzeugung, die mit den Speichersystemen korrespondieren.

Voraussetzung für einen schonenden Umgang mit den vorhandenen Ressourcen ist ein optimiertes, ökologisches Energiekonzept mit möglichst geringem Energieverbrauch, einer optimierten Gebäudehülle und einer nachhaltigen Energieversorgung.

Folgende Aspekte tragen der Zielsetzung niedriger CO2-Emissionen Rechnung:

Einsatz von Niedertemperaturnetzen durch Nutzung der Niedertemperatur aus dem Rücklauf der vorhandenen Energieversorgung des Bestandes

Einsatz hocheffizienter Wärmerückgewinnungssysteme

Konsequenter Einsatz der adiabaten Abluftkühlung in den Lüftungsanlagen zur Kälteverbrauchsreduzierung.

Dachbegrünung zur Reduzierung der Regenwassermengen

Grauwassernutzung

Einsatz natürlicher Kältemittel über die adiabate Abluftkühlung

Einsatz energieeffizienter Aufzugstechnik (z.B. mit Energierückgewinnung)

Einsatz von LED-Beleuchtung und Präsenzmeldern

Umsetzen eines Mess- und Monitoringkonzeptes zur Überwachung der Verbräuche

Erweitertes Lüftungskonzept (Reduzierung der Luftwechsel auf den Mindestaußenluftbedarf der Personen, bedarfsabhängige Lüftung - soweit möglich)

Einsatz hocheffizienter IT-Technik (= Green IT)

Die Wärmeversorgung erfolgt über reversibel arbeitende Kältemaschinen, welche als Wärmepumpen fungieren. Die Wärmepumpen nutzen ein Anergienetz als Quelle aus dem Bestand zum Heizen und als Senke für den Kältemaschinenbetrieb. Ein Bestandteil dieses Anergienetzes sind Erdsonden, die als dynamischer Energiespeicher funktionieren. Das Erdreich ist die Batterie für Wärme und Kälte. Statt die Abwärme der Geräte zur bildgebenden Diagnostik, der Druckluftkompressoren oder der Server verpuffen zu lassen, versorgen diese das Anergienetz.

Pendelspeicher ergänzen die Kälteversorgung durch die Wärmepumpen und stellen dabei die Bereitstellung an die Verbraucher sicher.

Photovoltaik-Module auf dem Dach und an der Fassade erzeugen Strom. Dieser kann als Eigenstrom direkt im Gebäude verbraucht werden (z.B. Betrieb der Wärmepumpen).

Beurteilung durch das Preisgericht

Der städtebauliche Entwurfsansatz berücksichtigt gleichermaßen die topographischen Gegebenheiten des Orts und seiner Fernwirkung, wie auch die Notwendigkeit einer Arrondierung der bereits vorhandenen Gebäude in einen schlüssigen Zusammenhang. Er nimmt sowohl Rücksicht auf die Erfordernisse der Anbindung an das „CRONA“- Gebäude und schafft gleichzeitig auch die Integration des Bettenhaus-West ohne ihm die Luft zu nehmen. Die Verfasser nutzen die Höhenstaffelung und das Zurückversetzen der Pflegegeschosse gegenüber dem Basisbauwerk, um die Gebäudemassen zu brechen und maßvolle, in ihrer Dimension gut proportionierte Kubaturen anzulegen. In der Fernwirkung verwebt sich der Sockel mit der ihn umgebenden Vegetation.

 

Die baulich betriebliche Grundkonzeption bildet typologisch einen durch die Nord SüdMagistrale getrennten Sockelbaukörper mit zwei Atrien, welche die Funktionsebenen aufnehmen. Richtung 2.BA wird diese Struktur entlang einer Submagistrale fortgesetzt. Damit ist die Orientierung im Gesamtkomplex durch dieses Kontinuum unkompliziert gegeben, unterstützt durch die Qualität des immer wieder angebotenen Außenraumbezugs und auch der vertikalen Verzahnung über nicht notwendige Treppenanlagen. Es entsteht eine maßvolle aber dennoch räumliche Großzügigkeit, die sich bis in den Gartenbereich fortsetzt. Die jederzeit mögliche Adressbildung für die einzelnen Klinken und Funktionsstellen entlang der Magistrale, schafft eine gute Orientierung. Die Grundrisslayouts sind konzeptionell wirtschaftlich und funktional angelegt, und können an zukünftige Erfordernisse leicht adaptiert werden. Die fast modulhaft angelegte Grundrissfigur ermöglicht eine unkomplizierte Ergänzung durch den 2. Bauabschnitt. Allerdings müssen in der weiteren Betrachtung die konstruktiven Konsequenzen bei der Realisierung des 2. Bauabschnitts detailliert betrachtet werden. Die Pflegestationen sitzen als hybride Kombination, im ein- und zweihüftigen Flurprinzip organisiert, auf dem Sockel auf. Mit dieser Systematik sind sie funktional gut zu organisieren. Ver- und Entsorgungseinheiten, wie auch Haustechnische Bedarfe scheinen gut verortet. Die Pflege- und Organisationsstützpunkte sind am Anfang der Stationen mit entsprechender Rauminfrastruktur angelegt, sodass hier auch qualifizierte Mehrfachnutzungen möglich sind. Die im Übergang situierten Komfortstation zwischen den Pflegeeinheiten ermöglichen sowohl den Kurzschluss als auch den Überlauf. Tageslichteintrag über die Gebäudeecken durch die Aufenthaltsbereiche für Patienten und Besucher schaffen eine angenehme Wirkung auf den Fluren.

 

Kritisch wird angemerkt, dass in der Detailsituierung von Räumen in Kombination mit Abweichungen der Funktionsstellenanordnung gemäß Auslobung, die Funktionalität noch nicht vollständig eingelöst wird. Die Situierung von Schächten, Treppenhäusern und Lichthöfen ermöglichen in Segmenten zwar zusammenhängende Flächen allerdings mit der Tendenz von eingeschränktem Potential zur funktionalen Grundrissgestaltung. Der Gebäudeaufbau entspricht nur teilweise dem Anforderungsprofil der Auslobung. Mit folgenden Abweichungen sind sie im Kontext der Planung der Rochaden des UKT zu bewerten und anzupassen:

-       Situierung Sonographie auf E02;

-       Pflege Med VIII auf E04 (nachrichtlich da keine 7. Etage);

-       Situierung PKMS/IMC E05 statt E06;

-       Geriatrie auf E06 statt E05;

-       Skills Lab Pflege auf E04 statt E06;

-       Transfusionsmedizin auf E02;

Ein funktional schlüssiges Erschließungskonzept ist überwiegend umgesetzt. Das sekundäre Wegesystem verliert etwas an Regelmäßigkeit auf E03. Auf E02 in der Endoskopie sind die Flurbreiten an der Südfassade unbedingt auf eine Bettengängigkeit anzupassen. Die Aufzüge sind bisher ausschließlich auf die Magistrale ausgerichtet. Auch hier wird bei einer detaillierteren Durcharbeitung eine Situierung empfohlen, die vermeidet, dass Kreuzungen zur Magistrale vermieden werden. An der Funktionalität innerhalb der Funktionsstellen wird bemängelt, dass die Ambulanzräume auf E03 kompakter anzuordnen und enger mit Leitstelle und Wartebereichen zu verzahnen sind. Die Interferenz mit der Logistik durch eine alternative Verortung des AWT-Knoten ist zu lösen. Der MRT Cluster wird als nicht funktional bewertet, dies gilt auch für die Raumgeometrien der Endoskopie-Räume. Auch für den Herzkatheter-Bereich sind noch räumliche Defizite zu kompensieren.

 

 Konzeptionell arbeiten die Verfasser die beiden Funktionsgeschosse aus dem Sockel heraus, indem sie das Forschungsgeschoss als leicht zurück versetzte Basis nutzen. Die darüber zurückversetzten gestaffelten Bettenhauskuben integrieren die notwendige Gebäudemasse strukturiert in die Umgebung. Architekturqualität entsteht durch die sensible Wirkung der differenzierten Fassadenkonstruktion, die über einen vorgehängten Wartungsbalkon sowohl in der Innenwirkung aus den Räumen heraus eine angenehme Zwischenwelt schaffen, gleichermaßen erzeugen sie in der Fernwirkung eine filigrane Außenwirkung. Das Ablesen der dahinterliegenden Nutzungen wird durch unterschiedlich konstruktive Antworten auf die notwendige Funktionalität der Fassade ermöglicht.

 

Landschaftsplanerisch ist anzumerken, dass der Entwurf im 2. Bauabschnitt hinter die Baulinie der Masterplanung zurückweicht und so im Übergang zur äußeren Magistrale und zur Landschaftsterrasse eine angenehme Aufweitung erwirkt. Die neuen Innenhöfe sind in den Pflegegeschossen ausreichend gut belichtet, werden aber in den Untergeschossen zu eng. Der langgestreckte Innenhof vor dem Bettenbau-West wirkt durch die hohen einfassenden Gebäude beengt. Der Vorschlag der Verfasser, den Massivbau mit einer vorgehängten Holz-Alu-Pfostenriegelfassade, die im Sinne des angelegten architektonischen Charakters begrünt werden kann, wird gewürdigt.

 

Das Energie- und Technikkonzept basiert auf einer dezentralen Wärme- und Kältebereitstellung mittels erdgekoppelten Wärmepumpen und leistet in Verbindung mit den maximal solarisierten Dachflächen einen hohen Beitrag zur angestrebten Klimaneutralität. Die Integration von PV in drehbare Verschattungs-Elemente in der Fassade ist wirtschaftlich fraglich. Die hohen Betonmassen des Entwurfs resultieren in überdurchschnittlich hohe „Grauen CO2-Emissioen“.

 

Die vorgeschlagene Stahlbeton-Massivbaukonstruktion, unter Verwendung von punktgestützen Stb-Flachdecken, ist eine bewährte und wirtschaftliche Standardbauweise mit hoher Flexibilität in der Raumaufteilung und Nutzung. Das Gebäude ist über die gesamte Grundfläche sehr gut in einem regelmäßigen Raster über alle Geschosse aufgebaut. Die zurückgesetzten Obergeschosse des Bettenbaus sind, bedingt durch das sehr strukturierte Raster, gut geeignet, unter Einhaltung der baurechtlichen Rahmenbedingungen, alternativ in einer Holz-Hybrid-Bauweise umzusetzen. Die vorgesetzten Wartungsbalkone mit integrierten Verschattungselemente (Photovoltaik oder Bewuchs) in Holzbauweise, verlangen für eine erhöhte Dauerhaftigkeit konsequenten baulichen Holzschutz.

 

Das Projekt liegt mit seinen Kenndaten insgesamt im wirtschaftlich Bereich.

 

Abschließend beleibt allerdings zu konstatieren, dass die in der Nahbetrachtung durchaus sensible und vielversprechende Architekturanmutung, in der Durcharbeitung und Realisierung bezogen auf die städtebaulich unbedingt eingeforderte Fernwirkung, eine Herausforderung sein wird.

Lageplan

Lageplan

Modell ( Modellbau Neubauer, München)

Modell ( Modellbau Neubauer, München)

Grundriss E01

Grundriss E01

Grundriss E03

Grundriss E03

Grundsriss E06

Grundsriss E06

Ansicht West

Ansicht West

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Schnitt B

Schnitt B

Schnitt A

Schnitt A

Energiekonzept

Energiekonzept