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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2022

Neubau Feuerwehrdepot Pizol in Vilters-Wangs (CH)

3. Rang / Ankauf

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Architektur

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B3 | Engineering und Management am Bau

Bauingenieurwesen, Brandschutzplanung, Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Die Autoren legen ihren Baukörper in die Fliessrichtung der Rheinebene mitten in deren typische Feldertextur. Während der liegende Grundkörper mit seinem prägnanten, allseitig auskragenden Dach, in seiner ganzen Gravität noch wenig gerichtet ist, weist die annähernd mittig aufgesetzte, längsrechteckige Laterne talwärts in die sich öffnende Ebene. Die dörfliche Nachbarschaft südlich und die industrielle Nördliche veranlassen die Autoren, ihr Gebäude in Längsrichtung zu teilen. Sie tun dies ebenso geschickt wie konsequent. Eine Scheidewand trennt in eine reine Einstellhalle industriewärts und in einen zweigeschossigen Trakt dorfseitig mit seinen dienenden und handwerklichen Räumen und den Büronutzungen darüber. Dieser Vorschlag verzichtet auf ein Untergeschoss und ist bereit dafür einen Perimeterverstoss in Kauf zu nehmen. Beim hohen Grundwasserspiegel erleichtert dies die Bauarbeiten und reduziert die Grauenergiebelastung, es muss aber gelingen, vielerlei klassische «Kellernutzungen» im oberirdischen Volumen unterzubringen. Ein Ansatz, welche die Jury grundsätzlich zu würdigen weiss. 

Für das Erdgeschoss nutzen die Projetverfasser das Konzept der Schleuse eminent entwerferisch und erfinden also den «Zwiebünder», indem sie auf einen querenden Längskorridor verzichten und die Erschliessungsleistungen direkt als «Durchstösslingen organisieren: seien es die beiden Treppenhäuser, die Waschbox oder die Einsatzschleuse. So folgt auch die gesamte Organisation des Erdgeschosses einem «Hosenträgerprinzip», welches sich rigide nach der statischen Struktur der Einstellhalle ordnet und auch die Parkierung der Spitex und des Zivilschutzes leistet. In der Einstellhalle für die Feuerwehr kann ein Zwischenklima gehalten werden, da die Scheidewand die eigentliche Klimagrenze ist. 

Im Erdgeschoss und der Einstellhalle sind die Binder aus Brettschichtholz-Trägern quer zur Torfront angeordnet. Im Obergeschoss wechselt die Haupttragwerksrichtung in die Längsachse, entledigt sich so der Rigidität der Hallentragstruktur und kann als 

Zwei(einhalb)bünder effizient organisiert werden. Beim Dachtragwerk sind die Binder im engen Raster wiederum, ähnlich wie im Erdgeschoss, quer zur Längsfassade angeordnet. Durch den gewählten Skelettbau bleiben die Innenräume künftig flexibel in den Raumgrössen, was in einem Industriegebäude nicht unterschätzt werden darf. Die zweigeschossige Waschbox trennt die Spitex von der Feuerwehr/Zivilschutz, welche je ein eigenes Treppenhaus beanspruchen dürfen. Beide Einheiten sind sehr sinnfällig organisiert: Stauräume und Nasszellen sind im lichtarmen Inneren vorgesehen, Arbeitsräume werden fassadenseitig angeordnet. Über all dem die Laterne. Sie führt die beiden Nutzungen überbrückend wieder zusammen - hier oben im gemeinschaftlich genutzten Theoriesaal. Dieser ist, da unabhängig erreichbar und mit Toilettenanlagen versorgt, auch eine Einladung an die Bevölkerung. In der Laterne finden sich feuerwehrseitig die Stauräume des Zivilschutzes. Die Jury hadert indes mit dieser Nutzung in der Laterne, ist sie doch ein sehr besonderer Ort und verdient mehr Betriebsamkeit und Strahlkraft; dies dürfte aber unmittelbare Folge des Entscheides sein, auf ein Untergeschoss vollständig zu verzichten. Auch zur Erschliessung dient das Schleusenprinzip konsequent einem zirkelschlüssigen Verkehrsregime. Die Einsatzkräfte fahren über die Pizolparkstrasse an und parkieren. Über den Einsatzzugang kommen sie direkt in die Garderobe und von dort umgezogen, zu den Einsatzfahrzeugen, welche breitbandig über den Ausbildungsplatz auf die Bahnhofstrasse ausrücken. Nach erfolgtem Einsatz kehren die Fahrzeuge über die Pizolparkstrasse zurück. Es folgt die Säuberung auf dem Vorplatz und in der Waschbox, die Fahrzeuge werden in der Einstellhalle aufkolonniert und der Kreislauf schliesst sich unter einwandfreier Schwarz-Weiss­Trennung. 

Eine feingliedrige Rasterung rhythmisiert die Fassade allseitig und bettet das Sprungmass der Tragkonstruktion und die Öffnungen mit ein. Ein feines Relief wird aus verschiedenen Ebenen gefügt, welche ihrerseits mit Ornamenten, Änderungen der Laufrichtung oder Farbgebung nuancieren und damit zu feiner Plastizität und textilem Ausdruck finden. Die filigrane Noblesse spiegelt jedoch die handwerkliche Welt nicht in ihrer Alltagswirklichkeit und mag etwas gönnerhaft anmuten. Dem auskragenden Dach wiederum fehlt diese Leichtigkeit. Es wiegt zu schwer und wirkt seltsam fremd. Als gelungene Ausnahme wird die Einsatzzentrale als Haus im Haus in die Feuerwehrhalle geschoben, bündig zum äusseren Dachrand. Dieser 

«Einschieblingn entwickelt so zeichenhafte Kraft - nach innen und nach aussen. 

Hinsichtlich des Raumkonzeptes ist das Tragwerk überzeugend konzipiert. Die Fundationen, Bodenplatten, Betonriegel und Pfähle sind bei diesem schlechten Baugrund in üblicher Tragstruktur gelöst. Über der Bodenplatte sichern zwei Treppentürme in Stahlbeton zusammen mit den horizontalen Scheiben die Stabilität des Gebäudes. Abgesehen von der Gründung und den aussteifenden Treppenhäusern, welche auch vorteilhaft und preisgünstig die Fluchtwege sichern, ist das Gebäude konsequent und sorgfältig in Holz konstruiert. Die Überlegungen zur Haustechnik und Nachhaltigkeit sind weit gediehen, folgen der aktuellen Diskussion, bleiben aber ohne wesentliche Innovationen. 

Der Beitrag verzichtet beherzt auf ein Untergeschoss und ordnet die Funktionen mit grossem Gespür für zusammenhänge und Arbeitsabläufe in einem einzigen Baukörper an, der sich all­seitig einladend und erzählerisch zeigt. Dies aber auch um den Preis eines Perimeterverstosses. Mut gepaart mit entwerferischem Geschick und Spielfreude führen die Autoren zu einem überraschenden Vorschlag, der die Auseinandersetzung zu Aufgabe und Ort stark bereichert und von der Jury mit einem Ankauf gewürdigt wird.

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Obergeschoss

Obergeschoss