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Offener Wettbewerb | 02/2022

Stadtbaustein VoltaNord - Baufeld 5 in Basel (CH)

3. Rang / 1. Ankauf

Preisgeld: 32.000 CHF

Haerle Hubacher Architekten BSA GmbH

Architektur

raderschallpartner ag landschaftsarchitekten bsla sia

Landschaftsarchitektur

Makiol Wiederkehr AG

Tragwerksplanung

BAKUS Bauphysik & Akustik GmbH

Akustikplanung, Bauphysik

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Projekt versteht sich als neuer Quartierbaustein, der sich zunächst aus seiner eigenen Logik heraus konstituiert. Unter einem Betontisch entwickelt sich ein zweigeschossiger Sockel, während auf dem Tisch die Regel-Wohnungen als Holzbau errichtet werden, die im Attikageschoss mit ClusterTypen ergänzt sind. Das Potenzial des Tisches wird zur stadträumlichen Einbindung aktiviert, indem nach Norden zur Schule unter dem Tisch als Dach ein Freiraum dargeboten wird – mit differenzierten öffentlichen Nutzungen bespielt – während im Süden zur Weinlagerstrasse ein Sockel mit Vorgärten den Wohnateliers die notwendige Privatheit vermittelt. Unter dem Tisch liegen die Eingänge zu den vier Treppenhäusern, welche ausnahmslos alle Wohnungen höchst effizient erschliessen. Zwischen den Treppenkörpern werden drei durchgehende Höfe ausgebildet, welche dank dem Verzicht auf Unterkellerungen glaubhaft als üppig begrünt dargestellt werden. Die Verfassenden weisen in ihrem Bericht auf die Freiheit bei der Bespielung des Freiraumes unter dem Tisch hin («könnte mit Zirkuswagen bespielt werden»), bieten aber überraschenderweise eine Interpretation des Raumes mit seriellen Interventionen an, die das inhärente Potenzial nicht voll auszuspielen vermag.


Die typologische Präzision in der Interpretation der Wohnungsgrundrisse ist von hoher Qualität. Zwar ist zunächst die systembedingte Spiegelung der Wohnungstypologien an der Längsachse mit der damit verbundenen Ausrichtung der Hälfte der Wohnräume und Terrassen nach Norden festzustellen. Aber gerade hier zeigen sich die typologischen Stärken, die sich beispielsweise mit den durchgehenden Terrassen zeigen und sich auch nach Süden öffnen und damit jeder grossen Wohnung mehrere Ausrichtungen offerieren. Die Effizienz der nur vier Erschliessungstreppen ist beeindruckend, aber auch die räumliche Qualität dieser grosszügigen, teilweise sechsspännigen Treppenhäuser überzeugt. Hier steht architektonische Qualität und nicht Grundrissakrobatik im Fokus. Die Wohnungen in den Regelgeschossen sind sehr ansprechend und erinnern an gut funktionierende Beispiele von genossenschaftlichem Wohnen in Basel. Das System erlaubt auf einfache Art einen differenzierten Wohnungsmix, allenfalls ist die nur einseitige Ausrichtung nach Ost oder West dieser Kleinwohnungen zu monieren. Bemerkenswert sind die gut proportionierten Räume, die trotz ihres knappen Zuschnitts eine hohe Benutzerfreundlichkeit erwarten lassen. Die Anordnung der Clusterwohnungen in den beiden Attikageschossen ist gut nachzuvollziehen, die gemeinschaftlichen Dachflächen mit Waschsalons und Aufenthaltsbereichen sind sinnstiftend und räumlich gut gelöst.


Der architektonische Ausdruck lebt von der Spannung zwischen dem massiven Betontisch, den darunter eingestellten leichten Baukörpern und dem auf dem Tisch aufgerichteten sieben-geschossigen Holzbau. Dieses konstruktive Narrativ ist grundsätzlich interessant, allerdings sind im dargestellten Schnitt die Herausforderungen dieser Konstruktion noch nicht durchgehend bewältigt. Die Querfassaden zeigen sich zum Quartierplatz und zur Elsässerstrasse richtigerweise unterschiedlich, allerdings kann der Fassadenausdruck zur Strasse mit den Gewerberäumen nicht überzeugen. Die Verkleidung der Holzkonstruktion zur Aussenseite mit Welleternit ist zwar pragmatisch, sie kann sich in diesem spezifisch industriellen Umfeld auch atmosphärisch herleiten. Die stehenden Holzverkleidungen in den Innenhöfen sind sehr gut nachvollziehbar, stimmig sind auch die reduzierten Fensterflächen mit vertikalen Formaten, welche bei der herausfordernden Enge der Innenhöfe eine adäquate Antwort auf die notwendige Intimität in den Innenräumen der Wohnungen darstellen.


Der Lärmschutz gegenüber der Elsässerstrasse wird im vorliegenden Projekt über die Gewerbeflächen grundsätzlich gut gelöst, allerdings mit dem bebauungsrechtlichen Konflikt, dass die zwar sinnvollen Gewerberäume in den Obergeschossen zur Elsässerstrasse mit dem Bebauungsplan – der nur Gewerbe im EG erlaubt – bedauerlicherweise nicht kompatibel sind. Dank der Terrassen, die auch als Loggien ausgebildet werden können, sind auch die Lärmsituationen in den Längsräumen zur Weinlagerstrasse und zur Primarschule lösbar, allerdings ist in den oberen Wohnhöfen der Lärmeintrag von den hochliegenden Lärmquellen auf den Dächern der gegenüberliegenden östlichen Gebäude deutlich über den Planungswerten und eine Lösung diesbezüglich wird von den Verfassenden nicht dargestellt.


Die ökonomischen Kennwerte des Projektes sind erwarteter Weise besser als der Durchschnitt der Projekte in der engeren Auswahl. Festzuhalten ist allerdings, dass die im Bebauungsplan festgesetzte Pflichtbaulinie an der Weinlagerstrasse nicht ganz eingehalten wird. Die ökologische Nachhaltigkeit wird nachvollziehbarerweise durch den Betontisch erheblich reduziert.


Das Projekt FUCHUR FLIEGT ist seinem Namen zum Trotz sehr geerdet, geht von einer klugen städtebaulichen Strategie mit einer klaren Grundfigur aus, die auch in weiten Teilen zu überzeugen vermag. Der konstruktive Ausbau kann in seiner Stringenz noch optimiert werden, auch der Fassade zur Elsässerstrasse fehlt die notwendige Überzeugungskraft. Das Projekt lebt von seiner einfachen Klarheit, seinem grossen räumlichen Reichtum und den sehr guten Wohnungen.