modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 04/2022

Umbau Bahnhofsgebäude zu einem „Dritten Ort“ in Löhne

Lageplan

Lageplan

Anerkennung

Preisgeld: 4.500

Seitz Architektur.

Architektur

Erläuterungstext

Leitidee

Im Fokus des Entwurfs steht es, den Bahnhof in seiner Qualität als Denkmal zu würdigen und sämtliche Bereiche gleichberechtigt aufzuwerten um allen Nutzern bei gleichzeitiger Nutzung ein ansprechendes Umfeld zu schaffen.

Die vorgefundenen Räume, insbesondere die Eingangshalle sowie die beiden Wartehallen sind in Ihrer Kubatur und Gestalt wohl proportioniert und sollen in ihrer ursprünglichen Form weitestgehend erhalten und nur sehr behutsam mit Einbauten versehen werden.

Die funktional zusätzlich benötigte Fläche wird durch eine Aufstockung in Richtung der Gleise geschaffen. Sie dient der Erweiterung der Bibliothek und wirkt identitätsstiftend als Landmark für den „Dritten Ort“. Der neue Baukörper schafft eine spannende Verbindung zwischen dem tieferliegenden Bahnhofsgebäude und den Gleisen. Besucher werden attraktiv empfangen und mit einer einladenden Geste in die Stadt geführt.


Konzeption „Dritter Ort“

Der neue „Dritte Ort“ versteht sich als Ort der Begegnung, des Austauschs und der Wissensvermittlung. Die sich überlagernden unterschiedlichen Nutzungen werden soweit getrennt, dass eine Vielzahl zeitgleich stattfindender Veranstaltungen möglich werden.

Ziel ist es, trotz der Nutzungsvielfalt einen klaren und ruhigen Raum zu schaffen, in dem sich die verschiedenen Besuchergruppen gut zurechtfinden und zugleich die Geschichte des Ortes wahrnehmen.

 

Architektonisches Konzept

Die vorhandene Architektur soll weitestgehend erhalten, sensibel fortgeschrieben und an die neuen Anforderungen behutsam angepasst werden. Gezielte Eingriffe und Durchbrüche schaffen neue, spannende Blickbezüge und Raumverbindungen. Die Bahnhofshalle als zentrale Verteilerzone ermöglicht einen großzügigen Bereich des Ankommens und der Orientierung.

Die neue Aufstockung dient der Erweiterung und als räumliche Verbindung zwischen den Hauptnutzflächen der Bibliothek in den ehemaligen Wartesälen mit den öffentlichen Arbeitsbereichen. Das eingestellte, begehbare Raumelement bietet Raum für Bücherregale und Platz für die Bibliotheksbesucher hier in Ruhe zu schmökern und gleichzeitig den ortstypischen Bahnverkehr beobachten zu können.

Einbauten und Möbel werden in Material und Form einheitlich gestaltet und sind in vielen Bereichen flexibel einsetzbar. So können die Bücherregale im Wartesaal der 1. Klasse bei Bedarf zur Seite geschoben werden, um einen großen Veranstaltungsraum abzubilden.

Die vorhandene Erschließung des Bahnhofs über den zentralen Eingang und die Bahnhofshalle bleibt erhalten. Von hier erfolgt auch der Zugang zu den weiteren Nutzungen des dritten Orts.

Die Barrierefreie Erschließung der Bibliothek und der großen Säle erfolgt über einen zentral im Wartesaal 2. Klasse eingestellten Aufzug. Er dient als Erschließung für die Besucher und ermöglicht den Materialtransport von den im Keller liegenden Lagerräumen zu den Veranstaltungsflächen. Eine ebenfalls hier neu platzierte Spindeltreppe stellt die fußläufige Verbindung zu allen Etagen der Bibliothek her. Der neue Anbau dient als zentrale Verbindung aller Bibliotheksflächen untereinander.


Der separate Zugang zum Verwaltungsbereich erfolgt über den zwischen Bahnhofsgebäude und Gleisen liegenden, rückwärtigen Hof. Hier werden die Freiflächen entlang der Gleismauer zum Teil abgesenkt, so dass eine barrierefreie Erreichbarkeit möglich ist. Der Platz wird neugestaltet und so zum attraktiven Aufenthaltsort für Mitarbeiter mit der Möglichkeit von kleineren Veranstaltungen im Freien.

Über ein neues Treppenhaus mit Aufzug werden die Verwaltungsräume barrierefrei erschlossen. Dieser Aufzug schafft auch eine barrierefreie Verbindung zwischen den unterschiedlichen Ebenen der Verwaltungs- und den Bibliotheksräume. Ein dritter, optional nutzbarer Gebäudezugang erfolgt ebenfalls über den hinter dem Gebäude liegenden Hof. Er dient der Erreichbarkeit der Gleise im Falle einer Nutzung der Bahnhofshalle für private Veranstaltungen.

 

Material und Konstruktion

Der Bestand wird als Massivbau in Konstruktion und Materialität erhalten und sensibel ergänzt. Die Dachflächen und die Fenster werden denkmalgerecht saniert und energetisch ertüchtigt. Dabei bleibt die historische Gestalt der Dachfläche unverändert. Die Fenster erhalten ihre historische Sprossengliederung zurück. Die bestehenden Oberflächen sollen soweit möglich, aufgearbeitet und wiederhergestellt werden. Die historischen Außenwände bleiben in Ihrer Erscheinung erhalten. Soweit erforderlich, erfolgen Dämmmaßnahmen nur in geringem Umfang auf der Innenseite der Außenwände.

Die Aufstockung wird als tragende Holzkonstruktion aus Holzrahmen mit aufliegenden Brettstapeldecken errichtet. Die leichte Konstruktion hält die statische Belastung der vorhandenen Bausubstanz gering und sorgt für eine günstige Ökobilanz. Die Fassade wird verglast und mit einem feststehenden, außenliegenden Sonnenschutz aus Aluminiumlamellen ausgestattet. Dieser wird so eingerichtet, dass eine homogene, blendfreie Tageslichtausleuchtung zu allen Tages- und Jahreszeiten gegeben ist. Insgesamt wird eine helle, lichtdurchflutete Arbeitsatmosphäre erzeugt. Die innenliegend angeordneten Bücherregale schützen die Medien vor einer hohen UV-Belastung. Die Dachfläche wird extensiv begrünt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit zeigt zunächst wenige Eingriffe in die vorhandene Altsubstanz des Bahnhofs Löhne.


Die Verfasser/innen lassen die konstruktiven Bauteile des Bahnhofs nahezu unverändert, alle geforderten Funktionen zu den drei Szenarien werden im Gebäude nachgewiesen, im Wesentlichen ohne Einbauten wie Galerien oder dergleichen.


Der Hauptzugang zum Dritten Ort, auch zu den Bahnanlagen, erfolgt einerseits von Osten über die Bahnhofshalle, andererseits von Westen weiterhin über die Parkplatzanlage.


Nur für besondere Anforderungen an den Dritten Ort bei interner Nutzung wird die Bahnhofshalle für die Bahnkunden gesperrt, dann bleibt wegen eines fehlenden Bypasses von Osten ausschließlich der 24/7-Zugang von Westen.


Im Erdgeschossbereich der Bücherei (Wartesaal) kann Raum für kulturelle Sonderveranstaltungen durch Einsatz verfahrbarer, archiv-ähnlicher Regalsysteme geschaffen werden, sicher eine schnelle Möglichkeit der temporären Nutzungsänderung.


Insgesamt bringen die Verfasser/innen die wesentlichen Raumanforderungen vom Bistro über die Mobilitätsstation bis hin zu den notwendigen Toilettenanlagen auf die beschriebene „ruhige und klare“ Art zum Ausdruck, dabei soll auch die „Geschichte des Ortes“ wahrnehmbar und ablesbar sein.


Die Verfasser/innen verschaffen sich die gewünschte Klarheit des Entwurfs im Altgebäude durch eine südliche zweigeschossige Aufstockung auf dem Auswanderersaal. Diese Aufstockung soll als Erweiterung der Büchereiflächen und als notwendige Verbindung der Büchereiarbeitsflächen dienen. Als zu schwache Geste in Bezug auf die selbstbewusste Aufstockung wird dabei die Erschließung dieses Baukörpers über eine Aufzugsanlage und eine Spindeltreppe (vom Kellergeschoss bis zum 1. Obergeschoss) angesehen. Hier müsste nach Ansicht des Preisgerichts mehr gestalterische Kraft zum Ausdruck kommen. Es fehlt die weitere Verbindung zwischen Ost- und Westteil der Bücherei in den Obergeschossen. Hierdurch wird im Ergebnis ein weiterer Aufzug für den Westteil erforderlich.


Die vorgeschlagene Aufstockung scheint aus denkmalpflegerischer Sicht diskussionsfähig, die Ausbildung von Fugen und Überständen zum Altbau sieht das Preisgericht zunächst als gelöst an. Die Fassade scheint in Aufteilung und Gesamtanmutung optimierbar, in diesem Zusammenhang wird allerdings nochmals auf die erhebliche dauerhafte Lichteinwirkung auf das Büchereiinventar hingewiesen. In jedem Fall schaffen die Verfasser/innen eine deutliche Adressbildung nach Süden – einerseits für vorbeifahrende Eisenbahnpassagiere, andererseits aber auch für die sich von Süden Richtung Bahnhof orientierenden Löhner Bürger/innen, die anschließend den Bahnhofstunnel als Passage nach Norden benutzen. Die Möglichkeit, diese Fassade – wenn auch nur in Teilen – dann konsequent auch als großen digitalen Screen für den Dritten Ort zu nutzen, wird den Verfasser/innen empfohlen.


Die Wirtschaftlichkeit betrachtend ist zu vermuten, dass die vorgeschlagenen relativ geringen konstruktiven Eingriffe in das Bestandsgebäude die bauliche Umsetzung der südlichen neuen Aufstockung entsprechend kompensieren könnten. Die Ausloberin weist allerdings auf die Folgekosten der Pflege einer solch großen gleiszugewandten Anlage hin.


Die zusätzlich vorgeschlagene Glasausbildung des Firstes des Osttraktes wird vom Preisgericht kritisch gesehen, sie würde vermutlich auch denkmalpflegerisch nicht begründbar sein.


Insgesamt eine vorgeschlagene Arbeit, die durch die starke Geste der modernen Aufstockung zwar den notwendigen Raumbedarf deckt, dabei aber in der Umsetzung des gewünschten Dritten Ortes Schwächen aufzeigt. Auf der einen Seite wird das technische Denkmal „Bahnhof Löhne“ weitgehend in seiner Struktur erhalten und ablesbar gemacht. Auf der anderen Seite werden viele Aspekte des gewünschten Dritten Ortes zwar angedeutet, die Ausformulierung scheinbar dann aber an die Ausloberin zurückverwiesen, die aber gerade konkretere Vorschläge durch die Arbeit erwartet hätte.


Beispielhaft sei die Funktion des Bistros genannt, dass bei einer 24/7-Nutzung des Bahnhofszugangs in den Nachtstunden einen sicheren Verschluss benötigt, dann aber eigentlich die renovierte bekannte Bahnhofshalle zurücklässt. Die in der Perspektive Bahnhofshalle vorgeschlagenen Sitzgelegenheiten sprechen allerdings wegen Ihrer Größe gegen ein schnelles Verschließen des Mobiliars, was dann aber Fragen hinsichtlich möglichem Vandalismus auslöst.


Insgesamt aber eine solide grundständige Arbeit, die aber die Ausloberin bei ihren Bemühungen um den Dritten Ort nach Ansicht des Preisgerichts deutlich mehr unterstützen könnte.


Zu den umgebenden Außenanlagen machen die Verfasser/innen wenig Aussagen, hier ist lediglich eine Andeutung zur Sommernutzung des Bistros festzustellen. 


Einschätzung Regionale 2022

Der Entwurf interpretiert den Dritten Ort eher in Addition der verschiedenen Nutzungen und bietet keinen ausgeprägt innovativen Ansatz zu einem neuartigen Raumprogramm. Die Fahrradstation ist gut platziert und bietet Entwicklungsspielraum.

perspektivische Darstellung – Bahnhofshalle

perspektivische Darstellung – Bahnhofshalle

perspektivische Darstellung – Bücherei

perspektivische Darstellung – Bücherei

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Ansichten, Schnitte

Ansichten, Schnitte

Fassadenschnitt

Fassadenschnitt