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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2022

Erweiterung Klinik für Psychische Gesundheit in Münster

Visualisierung Außenansicht

Visualisierung Außenansicht

2. Preis

Preisgeld: 42.000 EUR

GSP Gerlach Schneider Partner Architekten mbB

Architektur

jes architekten

Architektur

Erläuterungstext

UKM | Erweiterung der Klinik für psychische Gesundheit


Städtebau

Das Baufeld für die Wettbewerbsaufgabe definiert sich aus der Grundstücksfläche zwischen der Kleinen Domagkstraße im Nordosten, dem Albert-Schweitzer-Campus in südlicher Lage und dem Gebäudeteil des Psychiatrie-Bestandsgebäudes, welches das Baufeld in nordwestlicher Richtung fasst und an dieses später auch mit dem Neubau angeschlossen wird. Es stellt eine kompakte fünfeckige Grundfläche mit nahezu gleichlangen Kanten dar.

Sowohl die Kleine Domagkstraße als Haupterschließungsachse aus nördlicher Richtung als auch der dem Gebäudebestand im Nordosten vorgelagerte historische Lindenpark haben für die künftige neue Adressbildung und Eingangssituation des Erweiterungsbaus eine zentrale Bedeutung. An diesen beiden wegweisenden verkehrs- und freiraumplanerischen Markierungen richtet sich der Entwurf maßgeblich aus.

Der Entwurf adaptiert die Form des Baufeldes in konsequenter Weise insofern, als dass die Hauptkanten des Grundstücks die Gebäudeform der Erweiterung vorgeben. Es entwickelt sich ein dreigeschossiges Gebäudevolumen als fünfeckiger Baukörper mit einem großen Patio im Schwerpunkt, welches im Norden über alle Ebenen mittels großzügig verglaster Verbindungsbrücken an den Gebäudebestand angedockt wird.

Gegenüber dem historischen Bestandsbau aus den 1930iger Jahren hält der Neubau einen angemessenen und der besonderen Nutzung und Bestimmung entsprechenden Abstand. Großzügige Freiräume – sowohl für den Alt- als auch den Neubau – erzeugen eine wohltuende Distanz und bieten zudem vielfältige Gestaltungsspielräume für die erforderlichen geschützten Außenbereiche.

Dadurch, dass der Gebäudeentwurf den Hauptkanten konsequent folgt, wird dem Kreuzungspunkt der beiden Erschließungsstraßen eine kraftvolle und beruhigende Geste gegenübergestellt, welche eine neue Raumkante erzeugt und den derzeitig eher unentschlossenen unruhigen Platz aus kleinteiliger Bebauung und diverser Bepflanzung neu interpretiert. Das Bestandsgebäude erhält ein neues Rückgrat, das neue Gebäudeensemble wird zukünftig in seiner Wahrnehmung deutlich an Präsenz und Kraft gewinnen.


Architektur - Funktionalität

Die bestehende Psychiatrie des UKM, an den der geplante Neubau baulich anschließt, wird über einen großzügigen Vorplatz erschlossen. Der Neubau und dessen Haupteingang profitiert von der bereits bekannten Adresse, weil er eben an diesem Vorplatz liegt und zudem dem Lindenpark und der Kleinen Domagkstraße direkt zugewandt ist. Der Neubau zeigt sich frühzeitig und selbstbewusst in seiner vollen Dreigeschossigkeit, da er an der südöstlichen Bestands-Gebäudekante vorbei den Verlauf der Straße in direkter Weise aufgreift. Die Adressbildung des Neubaus ist somit logisch und leicht nachvollziehbar.

Die Eingangshalle liegt in sog. „zentraler Randlage“, von hier werden alle Funktionen wie der zentrale Stützpunkt, das Aufnahmezimmer, die Aufnahmestation mit Akut- u. Intensivbereich sowie die Zugänge zu Therapieraum und Turnhalle sternförmig erschlossen. Auch der Altbau wird über den Haupteingang direkt angebunden, die Wegeführung ist intuitiv. Parallel zur Straßenkante der Kleinen Domagkstraße befinden sich Therapieraum und Turnhalle, dem Wunsch der Auslobung folgend, diese Bereiche auch auf kurzem Wege durch Externe Nutzer zu erreichen. Die Turnhalle kann sowohl von innen als auch von außen erschlossen werden. Im Schatten der Turnhalle in der Nähe zur Straßenkreuzung wurde die sichtgeschützte Liegendkrankenvorfahrt platziert, für den An- u. Abtransport von Patienten optimal gelegen und in direkter Verlängerung zum angrenzenden Notfall- und Erstversorgungsraum.

Akut- und Intensivbereiche wurden in den straßenabgewandten Gebäudeseiten - im rückwärtigen Baufeldbereich – angeordnet und tragen der besonderen Nutzung im Hinblick auf die Einhaltung von Abstand und Distanz zu benachbarten Gebäudeteilen bzw. öffentlichen Räumen Rechnung. Als zentrales Gestaltungs- und Entwurfselement dient der große Patio als Spender natürlicher Belichtung und Transparenz. Gleichzeitig dient der Innenhof als geschützter Außenbereich für Patientenaufenthalte der Aufnahmestation. Die Zugänglichkeit erfolgt über die Patienten-Aufenthaltsräume und ist über die Personalzone einsehbar. Die Flure des Akut- bzw. Intensivbereiches führen großflächig verglast seiner Kontur, dem gegenüber liegen die Arbeits- und sonstigen Räume, sodass von dort auch die Einsehbarkeit in die Flure optimal gegeben ist.

Notwendige Treppenkerne und Aufzugsanlagen wurden folgerichtig in die Eckpunkte des Grundrisses platziert.v Sowohl die erforderliche Entfluchtung als auch die tägliche Ver- u. Entsorgung mittels Aufzugsanlagen ist gleichermaßen gewährleistet.

Die Obergeschosse folgen demselben Prinzip aus Verteilung der Funktionsräume, Patientenzimmer und Erschließungskerne. Im 1. Obergeschoss wurde wunschgemäß die Anbindung an das Lehrgebäude realisiert. Mittels einer Brückenanbindung ist der wettergeschützte Übergang zum Bettentransport möglich. Die vertikale Verteilung im Neubau erfolgt durch einen eigenen Aufzug in Verlängerung der Brücke innerhalb des Neubaus. Die Patientenzimmer der beiden Stationen liegen konsequent auf der dem Allgemeinbereich abgewandten Seite mit Ausrichtung in den Garten. Gegenüber angeordnete Patientenzimmer gibt es nicht. Den Bereichen sind jeweils die erforderlichen Arztdienste sowie Therapieräume gleichermaßen zugeordnet. Das Zentrum bildet der Pflegestützpunkt sowie der Patientenaufenthalt mit angrenzendem Tagesraum.

Im 2. Obergeschoss wird die Komfortstation mit entsprechenden PKV-Attributen räumlich verortet, für die Patienten besteht hier die Möglichkeit, einen separierten Außenbereich als Dachterrasse oberhalb der Sporthalle zu nutzen.

Im Untergeschoss – als Teilunterkellerung geplant – wurden Personalumkleiden, diverse Lager- und Abstellflächen sowie Räume für die Gebäudetechnik geplant. Auch kann hier die optional geplante Anbindung an das automatische Warentransportsystem (AWT) realisiert werden. Zudem funktioniert die Weiterführung an den Altbau des Psychiatriegebäudes in der jeweiligen Untergeschossebene problemlos.

Aufgrund der konsequenten Stapelung der jeweiligen Nutzungsbereiche kann von einer wirtschaftlichen Bauweise und technisch einfachen Installation ausgegangen werden. Die übereinanderliegenden Sanitärkerne sowie raumbegrenzende und tragende Wandbauteile sorgen für statisch einfach berechenbare Systeme. Die verhältnismäßig geringen Gebäudetiefen (Riegel) lassen ein Höchstmaß an natürlicher Belichtung zu und minimieren deutlich die erforderlichen zusätzlichen elektrischen Lichtquellen.


Architektur – Gestaltung

In gestalterischer Hinsicht folgt der Entwurf des Neubaus dem Wunsch des Auslobers, ein Gebäude zu entwickeln, welches sich rücksichtsvoll dem aus den 1930iger Jahren stammenden denkmalgeschützten Altbau verhält. Andererseits soll die Erweiterung aber eine eigene Identität und Aussage zu sich selbst als auch seiner unmittelbaren Nachbarschaft erzeugen. Beide Aspekte finden im vorliegenden Entwurf Berücksichtigung.

Die äußere Gestalt des Neubaus charakterisiert sich durch die klassische Materialität der Ziegelarchitektur, welche auch dem Bestandsgebäude seinen zeitlosen Charme verliehen hat. Die wesentlichen Anteile der Fassadengestaltung des Neubaus basieren auf den Grundsätzen der traditionellen Mauerwerksbaukunst aus gebrannten Vormauerziegeln. Diese werden in handwerklich feiner Technik zu hochwertig gestalteten Mauerwerksverbänden gefügt, ohne aufgesetzte oder gar übertriebene Muster bzw. Dekore. Die dezente Auswahl unterschiedlicher Farbspiele der Verblendsteine setzen Akzente, lassen den Blick auf das Detail fokussieren.

Im Kontrast dazu stehen die großformatigen, flächigen Verglasungen, die vor allem im Bereich des zentralen Patios, des großen Therapieraumes und den Patientenzimmern zum Einsatz kommen. Die Kraft des Tageslichts als natürliches Heilmittel soll gezielt dort zum Einsatz kommen, wo es sinnvoll und angemessen ist. Neben den intensiven Verglasungen der allgemeinen Flure kommen auch große Fenster in den Patientenzimmern zum Einsatz. Die Idee von Sitznischen, die innerhalb der Verglasungen der Patientenzimmern Verweilmöglichkeiten sowohl für den Bewohner als auch für Besucher bieten, schaffen Platz zum kommunizieren und dem Austausch untereinander. Hierin erfüllt sich auch ein weiterer Wunsch des Auslobers, der Bezug zum Außenraum. Die Barriere zwischen innen und außen so gering als möglich zu halten, wird durch den Einsatz großer Fensteröffnungen maßgeblich unterstützt.

Die Innenarchitektur polarisiert durch die Verwendung von ganz bewusst unterschiedlich in Haptik und Olfaktorik wahrnehmbaren Materialien. Warme, bekannte und „erlebbare“ Materialien stehen im gewollten Kontrast zu den Teilen eines Gebäudes, die es sicher, unverwundbar und dauerhaft machen. Dieser Gegensatz soll dem Patienten und Bewohner, dem Mitarbeiter und Pflegenden ein Gefühl des Wohlfühlens geben. Hier will der Entwurfsverfasser naturbelassene Materialien wie Holzarten, Textilfasern oder die Verwendung von natürlichen Farben bzw. Lasuren zum Einsatz bringen.


Architektur – Nachhaltigkeit

Neben der bereits beschriebenen Verblendfassade aus Vormauerziegeln werden zur Stützung des Gedankens an Nachhaltigkeit und klimafreundliches Bauen Photovoltaik-Elemente auf den Dachflächen sowie begrünte Dachflächen vorgesehen. Die Raumlufttechnik mit ihren erforderlichen Komponenten wurden im Untergeschoss geplant, sodass störende Einflüsse aus visuellen Beeinträchtigungen und Lärmemissionen ausgeschlossen werden können. Der erforderliche Fernwärmeanschluss, eine kompakte Haustechnik sowie die Medieneinführungen (entlang der Kleinen Domagkstraße) wurden ebenfalls im UG geplant.


Außenanlagen

Die geforderten 340 + 100 Fahrradstellplätze werden dezentral an verschiedenen Stellen um den Neubau herum gruppiert. Aufgrund des hierfür notwendigen nicht unerheblichen Flächenbedarfs erscheint die Anordnung an verschiedenen Stellen sinnvoll, auch können diese von den Nutzern aus unterschiedlichen Richtungen angefahren werden.

Der vorhandene Baumbestand konnte aufgrund der gewählten Gebäudekonturen in Teilen erhalten werden.



Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen einen annähernd fünfeckigen Baukörper vor, der sich an den Achsen der Bestandsbebauung orientiert. Die Ausformung des Baukörpers fasst den Freiraum des Lindenparks nach Süden und gliedert den Übergang zum linearen Straßenraum der Kleinen Domagkstraße. 


Der Eingang im Nordosten des Gebäudes liegt folgerichtig im Anbindungsbereich des Neubaus zum Bestand platziert, ist in der formalen Ausgestaltung jedoch zu sehr überhöht. Es entsteht ein wohltuend proportionierter Vorplatz.


Ein großzügiger Innenhof ergänzt als Außenraum den Akutbereich. Der Freiraum zwischen Neubau und Bestand steht für weitere Patientengruppen zur Verfügung.


Die Sporthalle ist gut für externe Nutzende vom Hauptzugang erreichbar. 


Die gewünschte Zonierung um eine Leitstelle im Akut- und Intensivbereich ist nicht gegeben. Eine neutrale Anbindung der Liegendkrankenzufahrt zu den weiteren Stationen führt entlang der Nebenräume der Akutstation.


Die optionale Erschließung für die Anbindung an den Autoamtischen Warentransport später zu realisieren ist denkbar. Die Funktionalität des Anbindungselements sollte überprüft werden.


Die ringförmige Erschließung der Pflegebereiche erscheint insbesondere für die Psychiatrienutzung – mit Ausblicken in den Innenhof- angemessen.


Die Patientenzimmer verheißen durch ihre geringe Tiefe und gegenüberliegenden Bettenstellung hohe Qualität.  


Die vorgeschlagene Interimslösung erfüllt nicht die gewünschten Zweibettzimmer mit Naßzelle. 


Die vorgeschlagene Ziegellochfassade mit ihren großformatigen Öffnungen, erscheint angemessen. 


Die partiellen Defizite sind im Rahmen einer Überarbeitung korrigierbar. 


Insgesamt stellt die Arbeit eine überzeugende und angemessene Lösung für die Aufgabe dar.

Visualisierung Empfang / Infotresen

Visualisierung Empfang / Infotresen

Lageplan

Lageplan