modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Einladungswettbewerb | 02/2020

Nachverdichtung Schillerstraße 20, NUWOG Neu-Ulm

Perspektive

Perspektive

Teilnahme

o5 Architekten BDA - Raab Hafke Lang

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau | Erschließung

 

Im Neu-Ulmer Stadtteil Offenhausen soll durch Nachverdichtung des Grundstücks „Schillerstraße 20“ bezahlbarer Wohnraum als freifinanzierter Mietwohnungsbau neu geschaffen werden. Der 8-geschossige Baukörper soll sich durch seine Körnung, Dimension, Proportion, Lage und Ausrichtung in das bestehende Erweiterungsgebiet aus den 1970er Jahren einfügen. Baukörperlänge und Gebäuderiegeltiefe werden aus der bestehenden Nachbarbebauung abgeleitet sowie Geschossigkeit und Gesamtgebäudehöhe aufgenommen. Das neue Wohngebäude fügt sich so in das orthogonale System der zueinander versetzt und um 90 Grad verdrehten Bestandsgebäude ein. Das um einen Meter angehobene Erdgeschoss (wie Nachbargebäude) bietet die Möglichkeit eine halb eingegrabene, natürlich belüftete Tiefgarage auszubilden.

Parallel zur Augsburger Straße ausgerichtet, orientiert sich der Baukörper klar in Richtung des Wohngebiets und bildet hierfür zugleich einen Puffer für den durch die übergeordnete Stadtstraße emittierten Schall. Zur optimalen Erreichbarkeit des Wohngebäudes werden vielfältige Zugangsmöglichkeiten geschaffen. Fußläufig kann das Gebäude sowohl von Süden aus dem Wohngebiet, als auch von Norden von der Augsburger Straße kommend erschlossen werden. Hier befindet sich zudem der barrierefreie Zugang über einen Aufzug, der als Durchlader alle Ebenen direkt anfahren kann. Westlich des Gebäudes erreicht man über eine 6%-Rampe den Fahrradpark auf der Tiefgarage. Die Einfahrt zur Tiefgarage erfolgt über eine einspurige Kurvenrampe (Ampelschaltung) an der Ostseite des Wohngebäudes, um kreuzungsfreie Verkehre ohne Störung der Bewohner zu erreichen. Aus der Tiefgarage können alle Ebenen direkt über das Treppenhaus sowie den Aufzug erschlossen werden.

 

 

Typologie | Nutzung | Erscheinungsbild

 

Die Grundrisstypologie basiert auf einer Laubengangerschließung, wobei die hoch installierten Bereiche (Bäder, natürlich belichtete und belüftete Küchen) Richtung Norden und die Wohn- und Individualbereiche nach Süden orientiert werden. Ein Durchwohnen mit beidseitiger Belichtung wird räumlich in den Wohn-, Ess- und Kochbereichen vorgesehen. Die Konzeption der Grundrisse erfolgt vor dem Hintergrund einer Minimierung der Erschließungsflächen, die Wohnungen weisen einen geringen Fluranteil auf und sind durchgehend barrierefrei.

Dem Wunsch nach einem breiten Wohnungsmix wird durch eine variable Schottenkonstruktionsweise entsprochen, die innerhalb der Grundstruktur des Gebäudes eine große Vielfalt an Typen mit freier Verteilung ermöglicht. Ebenso besteht die Möglichkeit der Zuschaltbarkeit von Wohnflächen, um auf sich ändernde Bedarfe flexibel zu reagieren. Der gewünschte Wohnungsmix mit entsprechender Funktionsverteilung und Größe der Einheiten wird erreicht und kann leicht angepasst werden.

Die über alle Geschosse im Grundriss gleich verlaufende thermische Hülle lässt eine wirtschaftliche Realisierung erwarten. Vorgehängte, seriell vorgefertigte, thermisch entkoppelte Balkone erweitern den Wohnraum. Die locker über die gesamte Südfassade versetzten Balkone kontrastieren mit der strengen Fassadengeometrie und führen zu einer besseren natürlichen Belichtung der darunter liegenden Geschosse. Aufgrund der stärkeren Lärmbelastung der Stirnseiten (West- und Ostfassade) werden hier die Freibereiche als Loggien ausgebildet, die zusätzlich optional mit Faltschiebe-Glaselementen ausgestattet werden können, um eine noch höhere Aufenthaltsqualität im Außenbereich zu erreichen.

Das schlanke horizontale Brüstungsband, aus dem die Balkone zu wachsen scheinen, gibt dem Gebäude einerseits einen eigenständigen Charakter, andererseits wird der Bezug zu den 70er-Jahre-Fassaden der Nachbargebäude hergestellt. Durch die Verwandtschaft im Erscheinungsbild fügt sich der neue Baustein in die bestehende Wohnsiedlung ein und lässt durch die Verjetztzeitlichung eine Identifikation der Bewohner mit dem neuen Wohnhaus erwarten.

 

 

Konstruktion I Tragwerk I Wirtschaftlichkeit

 

Die geplanten Wohnungsgrundrisse ermöglichen ein wirtschaftliches Tragsystem aus Stahlbetondecken, Aussteifungskernen und Wohnungstrennwände aus Stahlbeton und eine energetisch optimierte Fassade in den Gebäudelängsrichtungen.

Die für einen Wohnungsbau aus Schallschutzgründen notwendige Deckenstärke einer Stahlbetondecke von 22 cm kann in der Tragwerksplanung wirtschaftlich für ein einachsig spannendes Durchlaufsystem genutzt werden. Mit diesem System werden die Wohnungstrennwände als Auflager genutzt, die Außenwände entlang der Längsseiten werden nicht planmäßig belastet. Damit ist es möglich diese Außenwände mit einem energetisch effizienten Stein mit geringer Tragfähigkeit auszubilden.

Die ungeschwächten Wohnungstrennwände aus Stahlbeton werden zur Aussteifung des Gebäudes in Querrichtung genutzt. Dass diese Wände die Hauptlast aus den Decken tragen, wirkt sich günstig aus, da Zuglasten aus der Aussteifung überdrückt werden. Somit sind keine übermäßig starken Zugtragglieder aus Bewehrungsstahl erforderlich. Diese Wandschotten sind als Stahlbetonhalbfertigteile (Hohlwände) herstellbar, dies erspart die Wandschalung und ist in der Bauausführung schneller. In einem nächsten Detaillierungsschritt kann man diese Wände auch zum Teil als Halbfertigteil und zum Teil als Vollfertigteil ausbilden. Die Wandschotten erfüllen die Schall- und Brandschutzanforderungen und gewährleisten neben ausgezeichneten bauphysikalischen Eigenschaften ein ausgeglichenes Raumklima (Speichermasse).

Die Außenwände an den Gebäudeenden werden zur Gewährleistung einer hohen Dämmwirkung in einer höheren Wandstärke aus einem tragenden Mauerwerksstein ausgeführt. In Längsrichtung wird das Gebäude durch die Aufzugskerne ausgesteift. Da die Aufzugskerne bis auf die Zugangstür keine nennenswerten Öffnungen besitzen, können diese effektiv als Stahlbetonröhre verbunden werden, was sich ebenfalls günstig auf das Tragverhalten auswirkt.

Das klar strukturierte Tragwerk mit den robusten Stahlbetontrennwänden als vertikale Tragelemente ermöglicht einen einfachen Übergang in die Tiefgarage, da die Stahlbetonschotten oberhalb der Tiefgarage ungeschwächt durchlaufen und im Bereich der Tiefgarage große Öffnungen einfach möglich sind. Durch die gewählten Tragsysteme verteilen sich die Lasten in Gründungsebene gleichmäßig was eine wirtschaftliche Gründung des Gebäudes über eine elastisch gebettete Bodenplatte ermöglicht.

Das gewählte Tragwerk mit wirtschaftlichen Spannweiten der Decken, welches die Lasten hauptsächlich über ungeschwächte Wandscheiben bis zur Gründung trägt und dort über den gesamten Grundriss gleichmäßig verteilt mit der Möglichkeit Halbfertigteile für Decken und Wände einzusetzen, gewährleistet eine robuste, wirtschaftliche und optimierte Bauweise.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit hebt sich von den anderen mit einem kompakten, 8-geschossigen Baukörper ab. Die Baumasse orientiert sich an der umliegenden Bestandsbebauung in der Struktur und Körnung. Es handelt sich um eine additive Ergänzung der bestehenden Bebauungsstruktur ohne besondere zeitgemäße Ausprägung. Der Baukörper weist mit seiner Kompaktheit die größte Anzahl an Wohneinheiten auf. Die Stellplätze sind teilweise in einer Tiefgarage untergebracht, teilweise auf einem ebenerdigen, westlich des Baukörpers angehängten Parkplatzes, vorgesehen. Die äußere Erschließung erfolgt vorrangig über das Grundstück. Die innere Erschließung des Gebäudes ist über ein zentrales Treppenhaus geplant. Die städtebauliche Orientierung am Bestand ist nicht zeitgemäß und angemessen. Die Arbeit greift die bestehende Bebauung und die Nutzungstrennung des Städtebaus der 70er Jahr zu sehr auf. Die bestehende Gestaltung und Struktur der Siedlung wird dadurch verfestigt. Durch die geplante Situierung des Baukörpers entstehen keine interessanten Räume zwischen den Gebäuden, vielmehr findet eine unzureichende Fortschreibung des Bestandes statt. Die Tiefgaragenzufahrt entlang der Südseite des Baukörpers ist nicht gut gelöst. Die Arbeit fügt sich durch den geplanten Baukörper zwar in das bestehende Quartier ein, schreibt jedoch den Städtebau der 70er Jahre einfach fort. Durch die kompakte Bauweise und dadurch, dass die Arbeit keine direkte bauliche Verbindung zur Bestandsbebauung vorsieht, ist eine hohe Wirtschaftlichkeit gegeben. 

Pikto Ausrichtung+Erschließung

Pikto Ausrichtung+Erschließung

Pikto Tragwerk+Wohnungsmix

Pikto Tragwerk+Wohnungsmix

Regelgeschoss

Regelgeschoss

3.+7. Obergeschoss

3.+7. Obergeschoss