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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2022

Erweiterung Klinik für Psychische Gesundheit in Münster

Anerkennung

Preisgeld: 4.000 EUR

ingenhoven associates gmbh

Architektur

Dr. Scholz Gesamtplan GmbH

sonstige Fachplanung

Werner Sobek AG

Tragwerksplanung, Bauphysik

ASSMANN BERATEN + PLANEN GmbH

Energieplanung, TGA-Fachplanung

Görtzen Stolbrink & Partner mbB, Beratende Ingenieure für Brandschutz

Brandschutzplanung

Erläuterungstext

Das Grundstück des Wettbewerbsgebietes umfasst den Nord-Östlichen Teil des Geländes des Uniklinikum Münsters, angrenzend an die derzeitige Psychiatrie. Architektonisch befinden wir uns im Spannungsfeld von Bauten aus verschiedenen Zeiten in unterschiedlichen Materialien. Die bestehende Psychiatrie mir Ihrer Ziegelfassade im Neobarock Stil stellt hierbei einen besonderen Fokus dar, ein respektvoller Anschluss und die Schaffung eins ausgewogenen Gesamtbildes mit dem Bestand war eines des wichtigsten Entwurfskriterien.


Die Haupterschließung des Grundstücks erfolgt von Norden her über OPVN Anbindungen der Albert-Schweitzer-Straße sowie mit dem PKW vom Parkhaus gegenüber des Zentralklinikums. Aufgrund der Lage des Grundstücks in der Stadt Münster wird die Kleine Dormagkstraße als Haupterschließungsachse mit dem Fahrrad oder zu Fuß aus nördlicher Richtung gesehen. Hier bildet bereits der Bestandsbau der Psychiatrie wie auch der Entwurf seine Adresse.


Damit eine Psychiatrie erfolgreich abrieten kann, bedarf es den Bezug zur Natur, wie schon im Bestand gesehen in Form des geschützten Innenhofes. Der Entwurf schließt in einer Halbkreisform an den Bestand an. Anschlüsse an beide Gebäudeflügel des Bestandes erlauben größtmögliche Flexibilität und Kompaktheit. Die Möglichkeit der ununterbrochene Durchwegung des Gesamtensembles für die Pflegekräfte ergibt sich durch die Verzahnung mit dem Bestand an mehreren Punkten.

Die Großform als weiche Form rundet den Bestand ab und orientiert sich zugleich an den kreisrunden Bettentürmen als Landmarken auf dem Zentralklinikum.


Der Entwurf lebt von der Beziehung zum Außenraum; die Halbkreisform bietet durch ein radiales Raster Blickbezüge zum Innenhof an jeder Stelle des Entwurfs. Der Innenhof stellt das Zentrum dar. Mit seinen fließenden Formen und Zonen für Sport/Bewegung als auch Ruhe schafft er hohe Aufenthaltsqualitäten.


Schon im Eingangsbereich erkennt man deutlich den Bezug zur Natur. Ausschlaggebend hierfür ist die Verwendung von natürlichen und ressourcenschonenden Materialien und die direkte Blickachse durch das lichtdurchflutete Foyer hindurch in das Grün des Innenhofs.


Die Gliederung des Gebäudes ist bestimmt durch die Nutzungen im Inneren. Eine kompakte Form, kurze Wege und eine hohe Übersichtlichkeit für Patienten und Pflegekräfte sind entwurfsbestimmend. Das Erdgeschoss lässt sich grob in drei Nutzungseinheiten unterteilen: die Aufnahmestation mit Akut- und Intensivbereichen als geschlossener Teil und die Therapiebereiche mit der Sporthalle. Der Haupteingang drittelt dieses Nutzungsschema als Fuge zwischen den Funktionen und gibt die Möglichkeit über eine neutrale Zone die Therapie und den Bestand zu erschließen. Die potenzielle Nutzung der Sporthalle als getrennte Einheit ist somit gegeben.


Über eine Schleuse direkt neben dem Eingang lässt sich die Aufnahmestation erreichen, sie unterteilt sich in Akut- und Intensivstation. Zwischen beiden Stationen, wie der Haupteingang auf der Achse des Drittels. Hier ist an gut übersichtlicher Stelle der Stützpunkt verortet. Der Tresen des Stützpunktes ist leicht in den Flur hineingezogen; zusammen mit der Geometrie des Grundrisses und des graduell aufweitenden Flurs wird eine guter Gesamtüberblick auf alle Zimmer bei gleichzeitig kurzen Wegen für das Personal gewährleistet. Erreicht wird dies, indem die äußere Spange einen anderen Radius hat als die Innere. Beiden Spangen verlaufen jedoch parallel zur jeweiligen Fassade, was sie trotz radialen Rasters ökonomisch und effizient macht. Durch die beiden Radien ergibt sich der graduell aufweitende Flur, der die gute Übersichtlichkeit vom Stützpunkt ermöglicht. Zusammen mit den Räumen der Medikamentenvorbereitung/ Arbeitsraum Rein, dem Back[1]Office und dem Personal-Aufenthaltsraum bildet sich hier das Arbeitszentrum. Die halbrunde Bauform unterstützt die Effizienz maßgeblich. Nach gleichem Prinzip setzten sich das erste und zweite Obergeschoss fort.


Während der Interimsnutzung werden die Patientenzimmer und Teile der öffentlichen Nutzungen wie die Sporthalle als somatische Patientenzimmer umgenutzt. Alle Patientenzimmer haben die gleiche Größe und werden modular gefertigt. Die Nasszelle bei allen Zimmern wird als Vorgefertigtes, barrierefreies Element eingesetzt. Dies erklärt die Überschreitung der gesamten Nutzfläche der Zimmer, eine hohe Repetition und modulares und effizientes Design stehen im Vordergrund. Die Zimmer können so flexibel genutzt werden.


Der Entwurf ist ein Holzbau. Primär- und Sekundärtragwerk bestehen aus Leimbindern, bzw. Vollholz. Eine OSB Platte auf einer Zischendeckendämmung sorgt für genügend Schallschutz und Steifigkeit. Die Kerne, sowie Unterteilungen entlang des radialen Rasters als Brandwände werden in Stahlbeton ausgeführt. Dies sorgt dafür, dass die Bereiche dazwischen als F60 ausgeführt werden kann, trotz der Nutzung als Krankenhaus und in einer Vollholzkonstruktion. Auch die Fluchttreppenhäuser brauchen keinen Vorraum. Durch den gleichbleibenden Radius können die Holzträger vorgefertigt werden und als Gerüst vor Ort montiert. Die Fassade wird als elementiert vorgehangen und Trennwände können in diesem Traggerüst flexibel gesetzt werden. Terrassen ergeben sich im östlichen Teil des Entwurfs im ersten und zweiten Obergeschoss. Hierzu werden lediglich Geschossplatten gekürzt, das Tragewerk bliebt davon unberührt. Dies bietet höchste Flexibilität, falls diese Freiräume einmal umgenutzt werden sollen und potenziell Fläche im Innenraum gebraucht wird.


Das Gebäude setzt auf die Omnipräsenz von natürlichen Materialien, Licht weichen Formen. Dies findet sich auch im Patientenzimmer wieder. Die Holzbalkendecke verzichtet auf eine Abhangdecke und nutzt Heiz- Kühlsegel zur schnellen Justierung der Raumtemperatur falls nötig. Mechanische Abluft in der Nasszelle sowie im Flur werden mit Fassadenschlitzen für natürliche Belüftung kombiniert. Die Fassade verfügt über öffenbare Elemente, die von den Patienten bedient werden können. Der Öffnungsflügel befindet sich hierbei hinter dem Verschattungselement der Fassade, welches neben Sonnenschutz und Schaffung von Privatsphäre auch ein Hinausklettern durch das Fenster verhindert.


In einem Standard-Zweibettzimmer sind die Betten versetzt angeordnet, was jedem Patienten die Möglichkeit gibt über einen privaten Bereich zu verfügen.


Der Entwurf nutzt die gesamte Dachfläche für PV Module. Auf 1600m² können hier 70% des Energiebedarfs gedeckt werden, unter Einsatz eines Batteriespeichers für den generierten Strom. In Kombination mit Geothermie Soden mittig unter dem Gebäude werden insgesamt über 90% des Energiebedarfs vor Ort aus erneuerbaren Energien erzeugt. Falls die Verschattungselemente mit einer Fläche von jeweils 2.5m² mit PV[1]Paneelen belegt werden, können so weitere 10% des Energiebedarfs erzeugt werden, was das Gebäude zu einem Plus-Energiehaus machen würde.


Insgesamt versucht der Entwurf, sich durch eine neue Formsprache respektvoll dem Bestand zu nähern, jedoch auch gleichzeitig eine neue Ära der Krankenhausarchitektur einzuläuten, lichtdurchflutete Innenräume, natürliche Materialien zum anfassen und weiche Formen fördern eine leichte Orientierung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die bauliche Figur des Halbkreises ist gut gewählt und löst geschickt den Umgang mit der vorgefundenen städtebaulichen Situation. 


Die vorgeschlagene Holzkonstruktion ist zwar zeitgemäß und innovativ, erscheint jedoch im Detail sehr aufwändig und komplex.


Funktional kann die innere Organisation nicht vollends überzeugen. Der Baukörper hat große Raumtiefen und die Erschließung durch einen größtenteils unbelichteten Mittelflur erscheint für die psychiatrische Nutzung nicht praktikabel. Zudem überschneiden sich die Funktionen und Laufwege durch die gewählte Struktur ungünstig. 

Innenhof

Innenhof

Lageplan

Lageplan