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Offener Wettbewerb | 04/2022

aspern Seestadt in Wien: Die öffentlichen Räume der Roten Saite Nord (AT)

Image - Nelson Mandela Platz

Image - Nelson Mandela Platz

2. Preis

YEWO LANDSCAPES

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Maximierung des Grünraums – Die Rote Saite mit grünem Charme

Im Sinne der Klimaanpassung sieht das Freiraumkonzept vor, den Grünraum entlang der Roten Saite, sowie auf den Plätzen zu maximieren, ohne dabei die urbane Atmosphäre zu vernachlässigen. Ein neues Verständnis von Urbanität: Grünraum und Stadtkanten treten in Symbiose. Entlang des Straßenraumes bildet sich eine Sequenzierung von linearen Freiräumen mit vielfältigen Atmosphären. An jenen Stellen, wo sich platzartige Aufweitungen ergeben (Trichter), befinden sich organisch geformte Freiräume, die die Linearität des Moduls (Möglichkeitsband) aufbrechen.

Freiflächen- und Stadtraumgestalt Rote Saite
Die Freiräume auf den Plätzen formen sich Inselartig aus. Die grünen Oasen erhalten einen Rahmen aus weißem Betonstein, welcher nicht nur die Inseln fasst, sondern auch als multifunktionales Element fungiert, das Sitzmöglichkeiten integriert. Durch die flexible Gestalt finden unterschiedliche Alters- und Interessensgruppen Möglichkeiten zum Verweilen. Dort, wo sich der Rahmen absenkt ergeben sich gezielt gesetzte Öffnungen, die die Freirauminseln zugänglich machen.
Es ergeben sich 3 unterschiedliche Insel-Typen, die sich über das Areal der Roten Saite erstrecken:
Typ 1: Klima-Insel, nicht begehbar, eingefasst und stellenweise abgezäunt. Intensive, biodiverse Begrünung mit Sickerkörper. Bepflanzung mit vier unterschiedlichen Baumtypen und Staudenbeeten auf Augenhöhe, Kante/Rahmen nutzbar
Nutzungsintensität: 1von 5
Typ 2: Innovations-Insel, begehbar und flexibel nutzbar mit Aneignungsfläche. Wassergebundene Decke, Beschattung durch zwei unterschiedliche Baumtypen sowie technische Beschattungselemente
Nutzungsintensität: 5 von 5
Typ 3: Urlaubs-Insel, begehbar und teilweise nutzungsgebunden durch Programm wie Holzdecks und fixes Mobiliar, begrünt durch Rasenfläche mit Schotterrasendurchwegung, Beschattung durch zwei unterschiedliche Baumtypen, Nutzungsintensität: 3-5 von 5 (Saisonabhängig)

Möglichkeitsband
Das Möglichkeitsband folgt einer Sequenzierung 3,0m x 6,0m. Unterschiedliche Funktionen kommen im Möglichkeitsband vor und werden in Abhängigkeit der angrenzenden Erdgeschossfunktionen definiert. Es soll fixierte Funktionen mit definiertem Stadtinventar (siehe Katalog) und variable Funktionen (Aneignungsflächen) innerhalb des Möglichkeitsbandes geben:
- Fahrradabstellplätze
- E-Bike Ladestationen
- Sitzmöglichkeiten in unterschiedlichen Größen, mit und ohne Orientierung, mit und ohne Armlehnen
- Bewegtes Wasser entlang der Straße als Kontrast zum stillen Wasser des Sees im Süden
- Variable Aneignungsflächen (Pop Up Stores, Flohmärkte, Kunst, Co-Kreation, Rekreation)
- Witterungsgeschützte, nicht-nichtkommerzielle Treffpunkte
- Rote Säulen als wiederholtes Freiraumelement, multifunktional und flexibel nutzbar

Der Nelson Mandela Platz – mehr als ein Mobilitätshub
Der nördliche Anker der roten Saite soll nicht nur ein Verkehrsknotenpunkt sein, sondern auch als Entrée in die Seestadt zelebriert werden. Die natürlichen Menschenströme von und zum Stationseingang wurden als Basis für die Straßenbahn- und Bushaltestellengestaltung, sowie die Zonierung der Freiflächen im Westen des Platzes herangezogen. Im Sinne der Mobilitätswende wir den zu Fußgehenden Priorität gegeben. Die Hauptquerungen werden niveaufrei ausgeführt wodurch ein barrierefreies Queren der Busspur, sowie der Straßenbahngleise ermöglicht wird. Die Straßenbahn erhält eine begrünte Trasse in Form eines Rasenbettes. Dieses sorgt nicht nur für eine optische Aufwertung des Stadtbildes, sondern auch für eine kühlende Wirkung. Die begrünte Trasse wir an den Stellen der Hauptquerungen der zu Fußgehenden unterbrochen, um eine maximale Durchlässigkeit im Stationsbereich zu gewährleisten. Ein identitätsstiftendes Dachelement sorgt für eine Adressbildung am Nelson Mandela Platz und fasst den Ein-und Ausstiegsbereich der Bus- und Straßenbahnstationen. Das Dach sorgt für beschattete Wartebereiche, die besonders in den ersten Jahren nach der Fertigstellung benötigt werden. Während der Ostteil des Platzes von kürzerer Aufenthaltsdauer und mehr Bewegung geprägt ist, soll der westliche Teil das grüne, entschleunigte Pendant dazu bilden. Großzügig gestaltete, grüne Aufenthaltsbereiche, die in Kommunikation mit dem Kultur Hotspot, sowie dem Gastro-Hotspot treten und sich zu diesen hin öffnen, sollen zum Verweilen einladen und ein Milieu hoher Aufenthaltsqualität schaffen. Sie bieten Platz für Austausch und Kommunikation im Freien. Sekundäre Durchwegungen durch diese Inseln laden zum schlendern und flanieren ein. Die großzügigen Flächen im Westen des Platzes bleiben Großteils nutzungsoffen und flexibel, um ausreichend Aneignungs- und Bespielungsmöglichkeiten durch die Nutzungen im angrenzenden Erdgeschoß zu gewährleisten. Dichte Baumpflanzungen in diesen Bereichen sorgen für den benötigten Schatten und ein angenehmes Mikroklima, ohne in Konkurrenz mit dem vorherrschenden Nutzungsdruck zu treten.

Die Zwillingsplätze – ein Ort der Innovation und des Austausches
Die beiden Zwillingsplätze erhalten einen nutzungsoffenen Charakter und bieten Freiräume, die auf die angrenzenden co-kreativen Hubs reagieren. Die aktiven Erdgeschosse dieser können sich nach außen hin öffnen und den Freiraum bespielen. Die Platzierung von Sonnensegeln ermöglicht beschattete Bereiche. Während der Innenbereich der Freiflächen co-kreativ genutzt werden kann, fungiert die Umrahmung mit Sitzelementen als Verweilmöglichkeit.

Der Zaha Hadid Platz – Urlaub am See
Die ‚Desire Lines‘ der Menschen geben die gezielte Platzierung und Formensprache der Freiraum-Inseln vor. Der Bodenbelag am Zaha Hadid Platz wird als Passéverband ausgeführt und zieht sich auch in den Bereich unterhalb der Arkaden fort. Da der Platz eine hohe Heterogenität an Freiraumtypen und Qualitäten aufweist, soll der Passéverband als ruhiger, homogener Teppich fungieren. Die Rahmen der Freiraum-Inseln sind Richtung Norden und zu den Arkaden hin erhöht und senken sich Richtung Süden hin ab. Somit kann auch im Liegen der Blick zum See garantiert werden. Die großzügigen, organischen Freiflächen rahmen den nutzungsoffenen, südlichen Platz und bieten Optionen zum Relaxen und Austausch mit Blick zum See. Der befestigte Bereich am südlichen Platzteil soll Möglichkeiten bieten, diesen zu unterschiedlichen Jahreszeiten mit diversem Programm zu bespielen. Technische Beschattung ergänzt die Baumbepflanzung und sorgt für witterungsgeschützte, konsumfreie Aufenthaltsbereiche. Die Ausformulierung des Freiraums erlaubt eine Balance aus konsumgebundenen und konsumfreien Bereichen für unterschiedliche NutzerInnen- und Interessensgruppen. Spielmöglichkeiten für Kinder unterschiedlicher Altersgruppen und Treffpunkte der Ort Co-Kreation finden in den Freiraum-Inseln sowie am befestigten Bereich Platz. Wasser wird als bewegtes und erlebbares Element in Form von Fontänen und Sprühnebeldüsen eingesetzt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Beitrag besticht mit seinen klaren Aussagen und gut ablesbaren Haltungen zu den vielfältigen Entwurfsaufgaben. Diese Stringenz ist zugleich die Qualität und der problematische Aspekt dieses Entwurfs.


Als einheitliche gestalterische Elemente zur Umsetzung werden drei verschiedene ‚Inseln‘ vorgeschlagen: Klima-, Innovations- und Urlaubs-Inseln. Diese Inseln sind in der vorgeschlagenen Ausgestaltung und in der vielfältigen Nutzbarkeit sehr überzeugend. 

Das Projekt stellt den Versuch dar, die co-kreative Meile vom Ausgang des Bahnhofs im Norden bis zum See möglichst gleichmäßig mittels der zweireihigen Alleebäume zu begleiten. Lediglich im Kreuzungsbereich mit der Sonnenallee und bei den beiden Zwillingsplätzen gibt es größere Unterbrechungen. Genau diese beiden Grundhaltungen werden jedoch auch zur größten Schwäche des Projekts: die co-kreative Meile wird durch dieses maximale Strecken gefühlt sehr lange, die Gestaltung ist teilweise zu ‚einfach‘ gedacht, die Raumbeziehung zu den Platzbegrenzungen westlich (Vinothek) und östlich des Nelson-Mandela-Platzes sind nicht gegeben, dafür reißt die Atmosphäre der co-kreativen Meile insbesondere an der Sonnenallee sehr stark ab. Die Gestaltung der Zwillingsplätze wird auf inspirierende Weise neu interpretiert, deren Offenheit und der vorgeschlagene Einsatz der Wasserflächen können überzeugen. 


Die Gestaltung des ÖV-Bereichs mit der identitätsstiftenden Überdachung verspricht zahlreiche Qualitäten wie hohen Witterungsschutz, Kiosk als Nahversorger, guten Komfort. Die Zeichenhaftigkeit des Dachs stellt ein wertvolles Landmark dar. Bei genauerer Betrachtung sind diese Überdachungen jedoch zum einen widersprüchlich in der Darstellung und zum anderen nur wenig funktionell. Begrünte Gleise im Haltestellenbereich und unter der Überdachung sind nicht umsetzbar, die Gehrelationen sind teilweise ungünstig. 


Die zahlreichen Radabstellanlagen werden begrüßt, deren Situierung mitten am Platz mit großem Abstand zum Eingang des Bahnhofs jedoch kritisch diskutiert, hier fehlt eine gestalterische Aussage zu diesem relevanten Thema. 

Der Eingangsbereich zur co-kreativen Meile wirkt in seiner Kanalwirkung wenig einladend, die Erdgeschoßzone des angrenzenden Hauses wird völlig abgetrennt.


Eine einzigartige Gestaltung weist der Zaha-Hadid-Platz auf. Die Gliederung dieses Platzes durch die großen Grünbereiche schafft einen freien Platz mit adäquater Dimension. Die Idee hier einen ‚Kurzurlaub am See‘ verbringen zu können wird glaubhaft dargestellt. Die Proportionen und die Ausgestaltung, wie z.B. die Situierung der Wasserfläche, sind sehr gekonnt und lassen Verständnis für den Ort erkennen. 


In der Jury wird die starke Trennung des Stadtraums vom See sehr widersprüchlich diskutiert. Die klare Haltung und Raumdefinition auf der einen Seite, die mangelnde Offenheit des Stadtraums auf der anderen Seite warfen generelle Fragen zur Entwurfshaltung auf. Einheitlich kritisch wurden hingegen die wenig einladenden, teils schmalen Wege durch das Grün zum See beurteilt.

Image - Zaha Hadid Platz

Image - Zaha Hadid Platz

Grundriss

Grundriss

Grundriss Zaha Hadid Platz

Grundriss Zaha Hadid Platz

Grundriss Nelson Mandela Platz

Grundriss Nelson Mandela Platz