modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Einladungswettbewerb | 06/2022

Neubau Fuß- und Radwegebrücke in Mühltal

Blick von der B 426

Blick von der B 426

Anerkennung

Preisgeld: 2.000

Pahl + Weber-Pahl

Architektur

Bollinger+Grohmann

Bauingenieurwesen, Tragwerksplanung

gbm modellbau gmbh

Modellbau

Erläuterungstext

Zwischen der Peripherie Nieder-Ramstadts und dem Naturraum des Mühltals liegt ein Ort geprägt von einem eigenen Koordinatensystem.
Eine Abfolge unterschiedlicher Ströme, ein loses Bündel aus Ost-West gerichteten Linien strukturiert und segmentiert den Ort.
Die Modau fließt im Norden, die Bundesstraße B 426A, begleitet von einem bewachsenen Erdwall und (in geringerer Intensität) die Straße
„Am Alten Graben“ trennen weiter im Süden die beiden Seiten und bestimmen am Fußpunkt des in Richtung Süden ansteigenden
Geländes die Wahrnehmung des Ortes.

In Gegenrichtung von der Höhe des Naturraums kommend quert ein kleines, teils im Erdreich verschwindendes Gewässer, ein Flutgraben,
diese Ströme in Nord-Süd Richtung. Diese zaghafte Naht wollen wir weiterdenken und ergänzen.
Wir wollen die Chance einer Brücke an dieser Stelle nutzen um über die reine Anbindung Parkplatz - Werk hinauszuweisen und einen
Ausblick schaffen auf die mögliche zukünftige Ergänzung dieses Bauwerks als Nahtstelle zwischen Stadt und Naturraum. Dabei suchen
wir eine klare, selbstverständliche und unprätentiöse Geste, die gleichzeitig auf pragmatische wie sinnliche Weise verbindet.

Ein System aus Vollholzlamellen nimmt die wesentlichen Richtungen auf, leitet vom Parkplatz zu den Werksgebäuden auf der anderen
Seite der Bundesstraße und bildet mit präzis gefügten, filigranen Strahlenbündeln aus Lärchenholzlamellen Träger und Stützen. In ihrer
Untersicht löst sich die Brücke in schlanke Linien auf. Je nach Perspektive, nach Seiten- oder Gegenlicht erlebt man unsere Brücke
unterschiedlich. Ihre Filigranität wird durch die Staffelung der Glieder im Raum noch verstärkt. Darauf kommt eine 80 mm starke,
konventionelle Holzwerkstoffplatte zum Einsatz, die von einer Abdichtung sowie einer zweilagigen Gussasphaltschicht abgedeckt wird.
Granulat aus Recyclingglas lässt den Asphalt je nach Lichteinfall glitzern.

Ein subtiles, aber ausdrucksstarkes Gebilde aus Holz spannt und trägt die neuen Bewegungen des Überquerens. Während ein sehr
transparentes Geländer aus Edelstahlseilnetzen unterschiedlicher Maschenweiten oszillierend, wie ein leichter Schleier über dem Tragwerk
die ephemeren Bewegungen der Nutzer reflektiert. Die Treppenläufe schlagen wir als aufgesetzte Gitterroststufen vor, die auf den, durch
Bleche witterungsgeschützten Strahlenbündeln liegen. Auch sie im metallischen Glanz mehr Teil der Bewegung als des Tragens

Der Tragwerksentwurf beruht in seinen Grundzügen auf dem Gerber-System, welches in der Formfindung weiter abgewandelt wurde. Die
Stützen werden am Kopf auskragend ausgebildet. Die Brückenbereiche über der Straße werden als Einhängeträger ausgebildet. So wird
die zu überspannende Länge reduziert, welches in einer verringerten erforderlichen Höhe des Decks resultiert.
Der statisch erforderliche Querschnitt der Brückenträger wird in eine Bohlenschar aufgelöst. Gleiches gilt für die Stützen. Die Bohlenschar
der Stützen wird kraftschlüssig in Anlehnung an räumliche Gittersysteme miteinander verbunden.
Die Treppenanlagen werden als Durchlaufsystem mit Stützenauflagern in regelmäßigen Abständen ausgeführt und an die
Brückenkonstruktion gelenkig angeschlossen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die grundsätzliche Einfügung der Brücke in die Umgebung ist nachvollziehbar, direkt und wird positiv bewertet. Die Erscheinung der Brücke aus Sicht der Bundesstraße wirkt natürlich und leicht. Der Einsatz von Holz wird positiv bewertet und führt zu einem nachhaltigen Eindruck.

Die Setzung der Brücke führt zu kurzen Wegen. Die beiden Endpunkte sind ebenfalls nachvollziehbar und schlüssig.

Positiv bewertet wird die natürliche Erscheinung, die das Bauwerk zurückhaltend und zur Philosophie der Ausloberin passend in die Umgebung einfügt.

Die gestalterische Qualität wird kontrovers diskutiert. Einerseits wird die, in lamellenförmige Lärchenholz-Elemente aufgelöste Konstruktion als durchlässig, luftig und leicht bewertet, andererseits zeigen sich Mängel in den Übergangs- bzw. Eckbereichen. Die Anzahl der lamellenförmigen Träger ändert sich hier ebenso wie die Breite der Brücke bzw. der Treppe. Dies führt sowohl aus architektonischer als auch aus Sicht des Tragwerks zu nicht zufriedenstellenden Details.

Die vorgeschlagene Plattform, die einen Baum umrundet, wird erst mit Blick auf den Ideenteil nachvollziehbar. Sie soll das Rampenbauwerk mit der Brücke verbinden. Ohne den Ideenteil, wirkt die Plattform eher wie ein Fremdkörper und die Konstruktion dieser Plattform bleibt unklar. Es wird in Frage gestellt, inwiefern die Plattform tatsächlich eine Aufenthaltsqualität bietet und zum Verweilen einlädt.

Insgesamt bleibt der Eindruck, dass ein grundsätzlich innovatives und nachvollziehbares Tragwerk entwickelt und vorgeschlagen wurde, die Umsetzung in die vorgeschlagene Rampen- und Brückengeometrie letztendlich dann nicht perfekt gelingt. Sowohl architektonisch als auch konstruktiv.

Die Funktionalität der Brücke wird positiv bewertet. Die Materialen sind nachvollziehbar gewählt und die Auflösung der Stützen und Brückenträger in lamellenförmige Bauteile verspricht eine hohe Dauerhaftigkeit, sowie die Möglichkeit des Austauschs einzelner Elemente.

Die Neigung der Treppenrampe liegt im oberen Bereich, wird jedoch als machbar eingestuft. Der geforderte Treppenquerschnitt, sowie der Brückenquerschnitt wird eingehalten.

Die konstruktive Qualität des Tragprinzips, die Auflösung des Tragwerks in Lamellen, sowie die Ausformulierung des Querschnitts wird positiv und innovativ bewertet. Die oberen Träger sind durch den Überbau witterungsgeschützt, die Stützen werden teilweise vergrauen und durch Spritzwasser mit Tausalz beansprucht. Dennoch wird der Unterhalt bzw. die Möglichkeit einzelne Elemente zu tauschen als gut bewertet. 

Die grundsätzliche, gute und innovative konstruktive Qualität des Basisprinzips kann sich wie bereits beschrieben nicht durch den gesamten Brückenkörper fortsetzen. Die Übergänge der Treppen zum Brückenbauwerk wirken nicht gelöst und zeigen die Schwäche des Basisprinzips. 

Die Wirtschaftlichkeit der Brücke wird als gegeben angesehen. Der für den Holzbau typische, hohe Vorfertigungsgrad führt zu einer kurzen Bauzeit. Die Verwendung von Holz für die tragenden Bauteile, sowie der konsequente Einsatz von Holz auch für die Brückenplatte wird begrüßt, insbesondere auch, dass keine Verbundwerkstoffe für die Brückenplatte eingesetzt werden. 

Die vorgeschlagenen Treppen mit Gitterrost werden hinsichtlich der Dauerhaftigkeit und in Bezug auf den konstruktiven Holzschutz kritisch bewertet. 

Insgesamt wird die vorgeschlagene Lösung als nachhaltig bewertet. Der Rückbau der Brücke ist problemlos möglich. Die Langlebigkeit ist durch die Austauschmöglichkeit von einzelnen Holzelementen gegeben. 

Der Barrierefreie Ausbau wird durch den Bau einer zweiten Brücke mit sehr raumgreifend und geradlinig geführten Rampen gewährleistet. Dieser Vorschlag wird als weniger gelungen beurteilt.

Insbesondere durch die intelligente Verwendung des Baustoffs Holz für die Brückenkonstruktion im Realisierungsteil stellt die Arbeit einen innovativen Beitrag zur Aufgabenstellung dar.

Lageplan Realisierungsteil

Lageplan Realisierungsteil

Lageplan Ideenteil

Lageplan Ideenteil

Modell

Modell

Tragwerk Gesamtsystem

Tragwerk Gesamtsystem

Schnitt

Schnitt