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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2022

Quartier Klosterstraße in Woldegk

Visualisierung

Visualisierung

Anerkennung

Preisgeld: 5.000 EUR

WESTPHAL ARCHITEKTEN BDA

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Entwurfsleitende Idee

Im Spannungsfeld zwischen mittelalterlicher Kleinstadt einerseits und sozialistischem Stadtideal andererseits sucht unser Entwurf ein vermittelndes Leitbild für dieses Wohnquartier in der mecklenburgischen Windmühlenstadt.

Das Grundstück markiert den Standort der historischen Zufahrt am Stadttor nach Neubrandenburg und bedarf einer angemessenen, städtebaulichen Signifikanz, welche aus der typologischen Eigenständigkeit der Historie abgeleitet wird. 

Darüber hinaus bedingt die Aufgabenstellung eine Wohnform, welche intelligente Grundrisse, nachbarschaftliche Räume und freiraumplanerische Qualitäten aufweist.

 

Städtebauliches Konzept

Das neue Quartier Klosterstraße gliedert sich in 2 Nachbarschaften, die sich um jeweils einen Wohnhof gruppieren. Die Erschließung des neuen Quartiers erfolgt über zwei mit dem PKW befahrbare Wohnwege von der Ernst-Thälmannstraße und der Klosterstraße. Die neuen Höfe sind nur fußläufig erschossen und somit völlig verkehrsberuhigt mit hoher Aufenthaltsqualität. Hier entstehen geschützte Spielräume für Kinder und es können nachbarschaftliche Begegnungen stattfinden. Die Höhe der Bebauung variiert: an der Ernst-Thälmann-Straße, Klosterstraße und zum Ziegengang ist sie 3-geschossig, zu den niedrigen Nachbarn im westlichen Bereich der Klosterstraße reduziert sich die Höhe auf eine 2-geschossige Reihenhausbebauung und passt sich somit in die vorhandene Typologie ein. An städtebaulich bedeutsamen Punkten, wie der Kreuzung Ernst-Thälmannstraße-Klosterstraße wie auch an der nordöstlichen Ecke Richtung Stadttor entsteht durch eine leichte Überhöhung eine städtebauliche Akzentuierung. Entlang der Straßenkreuzung sind auch die publikumswirksamen Nutzungen, wie Arztpraxis und Gemeinschaftsbereich untergebracht um die bedeutsame Ernst-Thälmannstraße an dieser Stelle entsprechend zu beleben. Die Adressierung der Gebäude erfolgt, wo möglich, von außen, entlang der bestehenden Straßen und über die neuen Wohnwege im Inneren. Die interne Erschließung aller Gebäude ist im Norden angeordnet, so dass ausnahmslos alle Balkone und Freisitze sich nach Süden oder Westen orientieren. Der ruhende Verkehr ist entlang der neuen Wohnwege in kleinen Gruppen, durchsetzt mit Bäumen, angeordnet - teilweise im Baufeld A auch in den Stirnseiten der Neubauten. 

Die Feuerwehraufstellflächen können im Bereich der Straßen Ernst-Thälmann-Straße, Klosterstraße und Ziegenweg nachgewiesen werden. Damit kann der notwendige Radius von 50 m eingehalten werden. Auf Grund der niedrigen Geschossigkeit können alle Häuser mit Steckleitern angeleitert werden, so dass der 2. Rettungsweg über die Fenster / Balkone gewährleistet ist.


Hochbauliches Konzept 

Das Ankergebäude gliedert sich in 2 Baukörper, die sich aus einem gemeinsamen Sockel entwickeln und sich somit zu einem Ensemble vereinen.

Die beiden Gebäude reagieren mit ihren Dachausbildungen auf die Umgebung: das Eckgebäude präsentiert sich an der Ernst-Thälmannstraße giebelständig und formuliert somit eine deutliche Präsenz an der Straße. Zur Klosterstraße zeigt es sich traufständig. Der Baukörper A2 ist zur Klosterstraße wieder die giebelständig. Das Ensemble greift somit die vorhandene Körung auf, schafft eine abwechslungsreiche Kubatur und angenehme Massenverteilung und bildet gleichzeitig eine identitätsstiftende Adresse aus. 

Die Erschließung erfolgt für Gebäude A 1 über die Ernst-Thälmannstraße und die Klosterstraße, für das Gebäude A2 über den neuen Wohnweg. 

Die Praxis und der Gemeinschaftsbereich sind publikumswirksam entlang der Ernst -Thälmannstraße angeordnet, in den Obergeschossen befinden sich die Wohnungen. Der Geländeversprung von gut 1 m wird genutzt, um im Gemeinschaftsbereich die gewünschte lichte Höhe zu erzielen. 

Alle Nutzungen sind über alle Geschosse hinweg barrierefrei erschlossen. Die Grundrisse sind klar strukturiert und entsprechen in ihren Abmessungen der DIN 18040. Alle Wohnungen erhalten großzügige Freisitze nach Süden.

Die Fassade gliedert sich in den durchlaufenden Sockelbereich, der sich, gemäß den historischen Vorbildern, durch ein horizontales Sichtbetongesims von den 2 Obergeschossen  absetzt und ist als Lochfassade ausgebildet. Durch die angeschrägten Leibungen wirken die Fenster optisch größer und es entsteht durch die Neuinterpretation der historischen Fassadenbilder eine differenzierte eigenständige, Architektursprache.


Wirtschaftlichkeit:

Durch die kompakte Gebäudekubatur stellen sich alle Gebäude auf Grund ihrer geringen Grundflächen und dem günstigen Verhältnis von Außenhülle zu Volumen schon in ihrem Entwurfsansatz als besonders wirtschaftlich dar.

Sowohl bei den frei finanzierten Häusern, wie auch im sozial geförderten Wohnungsbau liegen die tragenden Wände wie auch die Sanitärzellen übereinander, aufwändige Abfangungen oder Verzug von H/L/S werden somit nicht notwendig. 

Die geplante Ziegelfassade macht einen aufwändigen Unterhalt und Pflege der Fassade nicht notwendig.                                                                                                   

Die Stellplätze wurden im Freiraum oder in Teilbereichen des EG untergebracht, so dass auf eine kostenintensive Tiefgarage verzichtet werden kann.


Energetisches Konzept

Auch die umschließende Wärmehülle im Geschoßwohnungsbau verläuft geradlinig, die Balkone sind mit Isokörben vorgehängt und stellen somit keine Wärmebrücken dar.

Der Fensteranteil der Gebäude ist so geplant (geringe Fensterflächen nach Norden, große Fensterflächen nach Süden), dass die Anforderungen an den Wärmeschutz erfüllt werden. Alle der Sonne zugewandten Fenster erhalten einen in die Fassade integriertern Sonnenschutz und können Isolierfenster mit 3-fach-Verglasung. Zusätzlich dienen die auskragenden Balkone als baulicher Sonnenschutz. Die Nachtauskühlung funktioniert über Kippflügel bzw. Lüftungsklappen mit geeignetem Einbruch- und Insektenschutz.

Komfortable Lüftungssysteme holen den überwiegenden Wärmeanteil aus der verbrauchten Luft zurück und verteilen zugfrei frische Luft in die Wohnräume, der Nutzer kann dennoch eigenständig bei Bedarf das Fenster öffnen. Die Sonnenstrahlung wird intelligent eingefangen und geleitet, die Abwärme von Geräten wird zurück gewonnen.

Die Flachdächer der Nebengebäude ermöglichen eine extensive Dachbegrünung und erhöhen somit die ökologischen und funktionalen Werte.

Die Dächer bieten die Voraussetzung für Photovoltaikelemente, so dass durch die Kombination der genannten Maßnahmen die Einhaltung des geforderten Energiestandards erreichbar  ist.


Zusammenfassung

Unser Entwurf für das Quartier an der Klosterstraße von Woldegk respektiert die Spuren der wechselvollen Geschichte und liefert einen Beitrag für die städtebauliche Weiterentwicklung der Mühlenstadt und dessen nachbarschaftsgeprägte Wohnqualität.

Der respektvolle Umgang mit Maßstab, Körnung, städtebaulicher Signifikanz sowie Materialität prägt den Entwurf ebenso wie das nachbarschaftsorientierte Konzept der gegliederten Wohnhöfe mit einem Höchstmass an Wohnqualität.

Wir sehen unseren Entwurf als Beitrag zur Belebnung der Stadt Woldegk sowie zur Attraktivierung des Wohnstandortes innerhalb der historischen Stadtmauer

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit weist vergleichsweise die höchste BGF aus und schlägt eine sehr kompakte Bebauung vor; in den Bereichen A und B1 in 3-geschossiger Zeilenbebauung und im Bereich B in 2-geschossiger Reihenhausbebauung. Insbesondere die senkrecht zur Klosterstraße platzierten Zeilen knüpfen mit ihren Öffnungsformaten an die Wiederaufbaumuster der 1960er bis 1970er Jahre an. Dies wird jedoch für die Integration in den heutigen Stadtraum als kritisch erachtet. Die hohe Dichte hat kleinteilige Hofbereiche zur Folge und schafft in Kombination mit der Gebäudehöhe eine für Woldegk als unpassend erachtete, da unnötig verdichtete, Wohnsituation.


Auch die Stellplätze werden kompakt entlang eines neuen Wohnwegs zwischen Klosterstraße und Ziegengang organisiert. Das Wettbewerbsgebiet wird durch den mittig platzierten Wohnweg erschlossen und in zwei kleinere Nachbarschaften geteilt. Zusätzlich werden die Nachbarschaften durch den Ziegengang und eine weitere, mittig gelegene Ost-West-Verbindung erschlossen. So entsteht ein sehr enges Netz öffentlicher Wege, das dem vorhandenen Raster in der Altstadt nicht entspricht und sich zu Lasten der Privatheit in den Hofbereichen auswirkt.


Positiv gesehen wird die Orientierung der Zugänge des Medizinischen Versorgungszentrums und des Gemeinschaftsraums zur Ernst-Thälmann-Straße bzw. zum Kreuzungsbereich Ernst-Thälmannstraße/Klosterstraße.


Für die Wohnetagen werden 2- und 3-Spänner vorgeschlagen, die jeweils barrierefrei über Aufzüge erschlossen werden. In der Funktionalität des Grundrisses im Erdgeschoss werden bedingt gute Ansätze gesehen.


In wirtschaftlicher Hinsicht steht der hohe Investitionsbedarf (Überschreitung der Ziel-BGF für das Gesamtgebiet um rd. 20 %) nicht im Einklang mit den Möglichkeiten vor Ort.


Es werden Photovoltaikanlagen vorgeschlagen. Die Ausnutzung des Innenstadtgrundstücks ist allgemein gesehen ein positiver Aspekt der Nachhaltigkeit jedoch ist der Entwurfsansatz unangemessen für diesen Standort. Hier wäre weniger Baumasse richtig gewesen.


Insgesamt zeigt die Arbeit durch die starke Konzentration von Baumasse einen interessanten städtebaulichen Ansatz auf. Eine solch hohe bauliche Ausnutzung des Plangebiets übersteigt jedoch den Bedarf und entspricht weniger der Maßstäblichkeit der Woldegker Altstadt. 

Ansicht Ernst-Thälmann-Strasse

Ansicht Ernst-Thälmann-Strasse

Ansicht Klosterstrasse

Ansicht Klosterstrasse

Ansicht Neue Wohnstrasse

Ansicht Neue Wohnstrasse

Lageplan

Lageplan

Axonometrie

Axonometrie

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Regelgeschoss

Grundriss Regelgeschoss

Schnitt

Schnitt