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Mehrfachbeauftragung | 03/2022

Wohnbebauung im Augrund in Ebersberg

Lageplan

Lageplan

2. Rang

su und z Architekten BDA

Architektur

toponauten GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

GENIUS LOCI
Einfamilien- und Doppelhäuser sowie hofartige Zeilenstrukturen reihen sich aneinander, der angrenzende Naturraum mit Alpenpanorama ist von atemberaubender Schönheit – Wir befinden uns am Ortsrand von Ebersberg, südwestlich der Altstadt. Das zu bespielende Grundstück, das um etwa drei Meter von Nordost nach Südwest abfällt, liegt etwa 20 Minuten fußläufig vom Zentrum entfernt. Heterogene Strukturen und kleinteilige Bebauung bestimmen das Bild. Hier, zwischen Wohngebiet und Naturraum, zwischen Stadt und Land, getrennt durch eine Bahntrasse, soll attraktive Architektur entstehen, die das nachbarschaftliche Miteinander fördert.
Aufgrund der durch Kleinteiligkeit und den Übergang Stadt – Land geprägten Umgebung bedarf es auf diesem Areal einer sensiblen Stadterweiterung, einer angemessenen Dichte, die das Bestehende respektiert und zugleich zeitgemäßen Wohnraum schafft.

ZIELSETZUNG
Ziel unseres Entwurfs ist es, durch eine raumschaffende Struktur qualitätsvollen Wohnraum mit Ausblick sowie Begegnungsflächen dazwischen zu schaffen. Alle Bewohner des neuen Quartiers sollen gleichermaßen am angrenzenden Naturraum partizipieren bzw. vom Alpenpanorama profitieren.

RAUMBILDENDE ZEILEN
Unser Entwurf setzt sich aus drei Zeilen zusammen, die durch ihre gestaffelte Anordnung am Hang, horizontal wie vertikal, spannende Raumabfolgen bilden. Als Inspiration diente die benachbarte Bebauung: die versetzten 60er Jahre Zeilen. Unser Entwurfsansatz ist als moderne Interpretation bzw. Übersetzung zu verstehen. Anstelle ungegliederter Körper entstehen klar ablesbare Häuser in Reihe geschaltet. Anstelle überdimensionierter Zwischenräume entstehen identitätsstiftende Höfe. Die drei- bis fünfgeschossigen Körper nehmen, durch ihre Position am Hang und angemessene Geschossigkeit, direkten Bezug auf die benachbarte Bebauung und fügen sich in die vorhandenen Strukturen ein. Durch die Staffelung der Volumen sowie die rhythmisch strukturierte Fassadengestaltung wirken die Zeilen angemessen gegliedert.

VERNETZUNG, VERWEBUNG, VERZAHNUNG
Die gedrehten Köpfe der Zeilen bilden den Auftakt. Die vier- und fünfgeschossigen Kopfbauten markieren den Eingang zum neuen Quartier und dienen der klaren Adressbildung. Während der Entwurf zur Straße „Im Augrund“ klare Kante zeigt, öffnet sich, weitet sich die Struktur – einer einladenden Geste gleich – zum Naturraum. Auf diese Weise werden die Zeilen an den Rändern von Natur umspült bzw. fließt die Landschaft innerhalb der Baufelder fingerartig weiter. Ein fließender Übergang zwischen Stadt und Land ist geschaffen.

HOFLANDSCHAFT
Die drei Zeilen gliedern den Raum dazwischen in sechs, verschränkte Höfe, die fließend ineinander übergehen. Zugleich schließt die östliche Zeile (Stadt Ebersberg) die angrenzende Hofbebauung, auch Gebäude mit sozialer Bindung, im Osten des Areals. Alle Freiflächen, Balkone sowie Loggien sind nach Südwesten zum Alpenpanorama hin orientiert. Die nach Süden ausgerichteten Innenhöfe laden zum Verweilen ein, sie fördern die Kommunikation unter den Bewohnern und bieten hohe Aufenthaltsqualität. Hier, zwischen den Zeilen, betreten die Bewohner ihre Wohnhäuser, begegnen sich, tauschen sich aus, gärtnern gemeinsam, Kinder spielen miteinander.

TREFFPUNKT
Im Kopfbau der westlichen Zeile, der direkt an den Naturraum mit Graben angrenzt, ist ein nachbarschaftsbildender, kleiner Treffpunkt mit Paketstation und Mobilitätshub verortet. Hier kommen die Bewohner des neuen Quartiers im Alltag bzw. für Festivitäten zusammen. Der Gemeinschaftsraum kann für verschiedene Veranstaltungen, auch quartiersübergreifend, genutzt werden.

ERSCHLIEßUNG
Die Erschließung der drei Zeilen erfolgt einheitlich von Osten, über die Höfe, die gleich einer Pufferzone zwischen öffentlichen und privaten Räumen vermitteln. Während die Zeilen von Osten erschlossen werden, leben die Bewohner nach Westen zum Alpenpanorama hin. Hier befinden sich vorgelagerte, verglaste Loggien und ebenerdige Freiflächen. Erdgeschossige Wohnungen sind durch die Ausbildung eines Sockels sowie vorgelagerte Privatgärten vor Einblicken geschützt.

WOHNEN MIT AUSBLICK
Die Wohnriegel sind als Zwei- bis Vierspänner wirtschaftlich organisiert. Die Wohnungen sind über an der östlichen Außenhaut liegende Treppenhäuser zu erreichen. Durch die Staffelung der Volumen kann jede Wohnung, mit Ausnahme einiger Ein-Zimmer-Wohnungen, über mehrere Seiten – hauptsächlich Ost-West-Ausrichtung – belichtet und belüftet werden.
Alle Wohnungen verfügen über individuelle Freiflächen; die Balkone und Loggien sind alle nach Südwesten zum Alpenpanorama hin orientiert.

LEBENDIGE DACHLANDSCHAFT
Auch in der Höhe wird die Gemeinschaft großgeschrieben: Die intensiv begrünten Dachflächen der dreigeschossigen Gebäude, je Zeile ein Volumen, fungieren als gemeinschaftlich genutzte Dachterrassen und Gärten. Die Terrassen erweitern das private Freiraumangebot und bieten einen uneingeschränkten Ausblick auf das Alpenpanorama.
Die Dächer der vier- und fünfgeschossigen Baukörper sind als extensiv genutzte Flächen, die mit Photovoltaikanlagen versehen sind, ausformuliert. Die Gründächer reduzieren die Temperatur, halten das gefallene Regenwasser zurück und schützen zudem die Dachabdichtung. Die Flächen dienen damit als Retentionsflächen sowie als Energiequelle.

SCHALLSCHUTZ
Der Abschluss der Zeilen folgt in etwa 30 Metern Entfernung halbrund dem Verlauf der Trasse, um das Gebiet bestmöglich vor starker Lärmimmissionen zu schützen. Die vorgelagerten, verglasten Loggien, die sich öffnen lassen, fungieren als Schallschutzvorbauten und bieten den dahinterliegenden Wohnräumen den erforderlichen Immissionsschutz.

FREIANLAGEN
Zwischen den Kopfgebäuden im Norden der Zeilen schaffen kleine Platzflächen ein angemessenes Entrée. Sie führen jeweils zu den baumüberstandenen Erschließungsangern. Spielflächen schaffen gut einsehbar von den angrenzenden Gebäuden ein Spielangebot für Kleinkinder. In die Anger sind nach Südwesten orientierte Privatgärten integriert. Ein grünes Band am Rand des Quartiers hält Spiel- und Sportflächen für Jung und Alt bereit. Ein Spazierweg führt um das Quartier und verknüpft das bestehende Fußwegenetz im Norden mit dem Bahnübergang im Südwesten.

DER WEG DES WASSERS
Regenwasser wird auf den Dachflächen in vollflächigen Retentionsdachaufbauten zurückgehalten und gedrosselt an die Freianlagen abgegeben. Das Niederschlagswasser wird dort als sichtbares Gestaltungselement oberirdisch abgeleitet. Steinerne Rinnen sammeln das Regenwasser der Dächer und Wege und führen es entlang der Erschließungswege in begrünte Retentionsbecken und Rasenmulden des umgebenden grünen Bands. Dort wird das Wasser zurückgehalten, bevor es in den bestehenden Graben eingeleitet wird.

MOBILITÄT
Die zwei Tiefgaragen-Zufahrten, am Eingang des Quartiers verortet, erschließen die ein- bzw. zweigeschossigen, dem Geländeverlauf folgenden Parkgaragen. Die Wohnanlage verfügt außerdem über ebenerdige Fahrrad- und Müllräume, die neben den TG-Zufahrten in den Kopfbauten angeordnet sind. Ein Mobilitäts-Hub befindet sich im Kopfbau der westlichen Zeile. Hier stehen den Bewohnern verschiedene Verkehrsmittel wie Lastenräder und Sharing-Angebote an zentraler Stelle gebündelt zur Verfügung.

ENERGIE & NACHHALTIGKEIT
Der Entwurf sieht eine gesunde Mischung aus gebauten Volumen und Freiflächen vor. Es entsteht ein durchlässiges Areal, das einen hohen Grünflächenanteil besitzt. Uns war es ein großes Anliegen so wenig Fläche wie möglich zu versiegeln: So wird die erforderliche Wohnfläche in kompakten Baukörpern mit einem günstigen Verhältnis von Hülle zu Volumen untergebracht. Auch im Außenraum wird weitgehend auf versiegelte Fläche verzichtet. Bei der Konzeption der Fassade wurde auf eine optimale Belichtung der Innenräume sowie auf einen angemessenen Fensteranteil geachtet. Empfohlen wird eine hoch wärmegedämmte Ausführung aller Bauteile der Gebäudehülle. Der sommerliche Wärmeschutz wird somit durch die Speichermasse der Massivkonstruktion gewährleistet. Zudem verschattet die vorgelagerte Loggiazone die dahinter liegenden Wohnräume optimal. Die Raumlüftung erfolgt mit freier Fensterlüftung. Die meisten Wohnungen lassen sich quer lüften. PV-Anlagen auf den Dächern der vier- und fünfgeschossigen Baukörper dienen als regenerative Energiequelle.
Um einen Bezug zum ländlichen Raum herzustellen, empfehlen wir hier, an der Schnittstelle zwischen Stadt und Land, die Verwendung natürlicher, hochwertiger und somit nachhaltiger Materialien. Wir schlagen deshalb eine vorgehängte, hinterlüftete Holzfassade vor.

RETTUNGSKONZEPT
Um den Landschaftsraum so frei wie möglich zu halten, beschränken sich die Feuerwehr-Aufstellflächen auf ein Minimum. So können die Bewohner der Kopfbauten über die Auftakthöfe gerettet werden. Die Bewohner der vier- bis fünfgeschossigen Zeilenbauten im Süden des Areals können, aufgrund der größtenteils durchgesteckten Wohnungen, über die Aufstellflächen in den Wohnhöfen gerettet werden. Der Naturraum im Osten des Grundstücks bleibt unangetastet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf 1001 setzt ganz klar auf die Verzahnung der Wohnanlage mit der im Süden gelegenen Landschaft und der nördlichen Bebauung. Der Blick nach Süden bleibt für die derzeitigen Anwohner soweit möglich erhalten. Der Entwurf packt die Bebauung in hoher Dichte in den nördlichen Grundstücksteil zu Gunsten einer grossen, gemeinsamen Freifläche im Süden an der Bahn. Daraus resultiert eine sehr urbane, bis zu fünf Geschossen gestaffelte, dichte Bebauung, die kritisch gesehen werden kann. Den Ortsrand definiert er klar in der Fortführung der östlichen Nachbearbeitung und schafft so eine klare Kante zur Landschaft und zur Bahn.

Die einhüftigen Wohnungen sind in Zeilen untergebracht, die in je drei unterschiedlich hohe Gebäudeteile unterteilt werden. Zueinander verschoben entstehen so interessante, abwechslungsreiche Binnenräume, in denen sich Zugänge zu den Gebäuden und Privatgärten begegnen. Zum Garagenhof der nördlichen Bebauung schaffen die gedrehten Kopfbauten der Zeilen eine klare Abgrenzung und geben den Stirnseiten der Zeilen markante Adressen. Die Höhenstaffelung der Zeilen bricht die Länge der Gebäude und ermöglicht eine differenzierte Gestaltung. Sehr gut funktioniert die Wegeführung zur potentiellen S-Bahn.

Problematisch gesehen wird die oberirdische Parkierung entlang der Strasse zur östlichen Bebauung, ebenso die in Teilen zweigeschossige Tiefgarage. Dies kann ggf. gelöst werden durch eine Reduzierung der derzeit 97 Wohnungen. Darüber hinaus entstehen einzelne, verschattete Wohnungen. Von der Wirtschaftlichkeit wird die Anlage her positiv gesehen, wobei das zweite Geschoss der Tiefgarage sehr kritisch bewertet wird. Daher müsste die Anzahl der Wohnungen entsprechend reduziert werden.
Der Pavillon sollte sich zur Freifläche hin orientieren.

Die kompakte Organisation der Gebäude schafft Raum für einen großzügigen Freiraum im Süden. Dieser wirkt als Verbindungselement zwischen der – noch – freien Landschaft im Westen und einer grünen Wegeverbindung in die Stadt. Darüber hinaus bietet er in vorbildlicher Weise Platz für eine frei und unkompliziert gestaltbare Regenwasserretention. Zwischen den Gebäuden zeichnet sich
eine kleinteilige Abfolge an Wohnungsgärten und platzartigen Bereichen ab, die als Vorgelege der Gebäude sehr gut funktionieren. Es wird jedoch eine größere gemeinsame Freifläche im Sinne eines Quartiersplatzes vermisst. Inwiefern der Park im Süden diese Funktion übernehmen kann, wird kontrovers diskutiert.

Insgesamt wird die Gliederung in ein kompaktes Wohnquartier und eine daran anschließende parkartige Freianlage als sehr urban für die Lage empfunden.
Schwarzplan

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Modell

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