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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2022

Neubau Kommunikationszentrum FORUM Friedrich-Schiller-Universität Jena

2. Preis

Preisgeld: 17.500 EUR

Behnisch Architekten

Architektur

GTL Landschaftsarchitektur Triebswetter, Mauer, Bruns Partner mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ein Ort für Kommunikation und Kollaboration

Wissenschaft und Innovation leben von einem uneingeschränkten  Austausch – von Vorlesungen und Ausstellungen, von Begegnungen zwischen Studierenden und Lehrenden, sowie vom intensiven  Dialog mit der Industrie und der Gesellschaft. Mit dem Kommunikationszentrum Forum schafft die Friedrich-Schiller-Universität im Stadtzentrum von Jena ein Gebäude für einen zukunftsorientierten vielfältigen interkulturellen und interdisziplinären Austausch. An der Schnittstelle zwischen dem neuen Campus Inselplatz, dem Universitätshauptgebäude und der Innenstadt bietet dieser Neubau Raum für attraktive Begegnungs- und Arbeitsmöglichkeiten, Tagungen , Ausstellungen , gastronomische Einrichtungen und Übernachtungsmöglichkeiten.

In einer historisch entstandenen Baulücke zwischen denkmalgeschützten Universitätsgebäuden und einer gemischten  Nachbarbebauung soll das Kommunikationsforum Platz finden. Dieser heterogene Ort bietet  überraschende Möglichkeiten, das neue Gebäude auf unterschiedlichen Ebenen mit seiner Umgebung zu vernetzten. Durch seine Lage und Ausformulierung ordnet und akzentuiert der Neubau die städtebauliche Situation. Er fügt sich geradlinig in die Baulücke des ehemaligen Griesbachschen Hauses ein und stärkt somit die Präsenz der Universität am Löbdergraben durch einen eigenständigen, einladenden neuen Baustein. Im Süden schließt der Neubau an den denkmalgeschützten Griesbachschen Hörsaalanbau an und reintegriert somit auf städtebaulicher wie funktionaler Ebene ein bedeutendes Gebäude der Jenaer Universitätsgeschichte. Zum Löbdergraben weckt eine flexibel bespielbare Medienfassade das Interesse der Passanten und schafft einen „Link“ zum gegenüberliegenden Inselcampus. Im Norden, zwischen dem Kommunikationszentrum und dem Universitätshauptgebäude entsteht eine eindeutige, barrierefreie Verbindung vom Löbdergraben zur Innenstadt.

Auf Straßenniveau bietet der Neubau einen Eingangsplatz mit Bezug zur großzügigen Welcome Area im Erdgeschoss – ein sichtbares Zeichen der Willkommenskultur. Im Zusammenspiel mit dem gastronomischen Bereich und dem benachbarten Hörsaalanabau entsteht hier eine multifunktionale Veranstaltungsfläche im Innen- und Außenraum. Die denkmalgeschützten Stützmauern des ehemaligen Griesbachschen Hauses rahmen im Süden auf selbstverständliche Weise diese Welcome Area ein und stellen für die Besucher und Nutzer einen Bezug zur bedeutenden Geschichte dieses Ortes her.

Von diesem repräsentativen Eingangsbereich führt eine offene kaskadierende Treppe zu den weiteren Funktionen des Kommunikationszentrums. Sie bringt Licht und Grün in die Tiefe des Gebäudes und eröffnet Einblicke in die angrenzenden Lern- und Arbeitsflächen in den Obergeschossen. Diese sind als flexibel gestaltbare Flächen in Holzbauweise konzipiert. Das Highlight ist im  ersten Obergeschoss  die Science Lounge mit Blick über den Löbdergraben . Sie stellt das Bindeglied zwischen der Welcome Area, dem Konferenzbereich und den CoWorkingSpaces dar und bietet sowohl  für informelle Treffen als auch repräsentative Veranstaltungen Raum. Das bestehende Hörsaalgebäude am Löbdergraben, in dem bereits Friedrich Schiller seine Antrittsvorlesung hielt, wird als Konferenzbereich reaktiviert und barrierefrei an die Science Lounge angebunden. Weitere Konferenzräume orientieren sich nach Norden hin zum Universitätshauptgebäude.

Begleitet von unterschiedlichsten Aufenthaltszonen führt die Treppe weiter ins 2. Obergeschoss in dem sich die Bürobereiche befinden. Auch hier orientieren sich die ruhigen Büroräume zur Passage im Norden und der gemeinschaftliche Besprechungs- und Aufenthaltsbereich zum Löbdergraben. Die Apartments im 3.Obergeschoss folgen diesem Prinzip. Sie profitieren ebenfalls von der beidseitigen Belichtung und Belüftung durch das Treppenatrium, sind jedoch aus Gründen der Privatsphäre nicht frei zugänglich.

So entsteht ein klares Erschließungsprinzip, welches seinen Endpunkt in einer grünen Dachterrasse im 4. Obergeschoss findet. Parallel erlaubt ein Aufzug die barrierefreie Nutzung  der verschiedenen Orte im Gebäude. In Kombination mit einer angrenzenden Treppe ermöglicht dieser  eine direkte Verbindung zwischen Gastronomie und Dachterrasse, sowie eine unabhängigen Zugang  zu den Apartments in den Abendzeiten. Von der Dachterrasse ergeben sich interessante Blicke in die Stadtlandschaft und die, durch Jenas interessante Kessellage geprägte, Umgebung.

So entsteht ein nach ökologischen Richtlinien geplantes Gebäude, das auf allen Ebenen mit seiner nahen und fernen Umgebung kommuniziert. Seine ausgesprochen flexible Struktur und die interaktive Fassade bietet zudem die Möglichkeit eine übergeordnete Kommunikation mit dem parallel entwickelten Kommunikationszentrum FOCUS.  

Konstruktion und Fassade

Das statische Konzept folgt dem Entwurfsgedanken ein hoch flexibles, veränderbares Gebäude zu schaffen. Mit einem Stützenraster von 5,6 Meter auf 5,6 Meter eignet sich das Gebäude hervorragend für einen wirtschaftlichen Holzbau. Zudem kann dadurch die Höhe der Unterzüge und die Deckenstärke reduziert werden, was zu Materialeinsparungen führt. Zwischen den Unterzügen spannen Brettsperrholz Rippenelemente mit einer Gewichtschüttung. Die Konstruktion ist so ausgelegt, dass diese später wieder getrennt und rezykliert werden kann. An der Untersicht werden Akustikprofile angebracht.

Die Grundkonstruktion der Fassade ist in Pfosten-/Riegel-Bauweise aus Stahl mit Öffnungsflügeln in jeder zweiten Ausbau-Achse geplant. Die Gebäudehülle besitzt durch optimierte Dämmstärken und 3-fach-Wärmeschutzverglasung einen sehr guten winterlichen Wärmeschutz. Um einer Überhitzung vorzubeugen wird eine Sonnenschutzbeschichtung der Verglasung mit vorgesehen. Damit wird bei effizienter Minimierung der solaren Wärmelast ein sehr guter Tag-eslichteintrag erreicht.

Die Fassade hat aber nicht alleinig die Funktion der schützenden Hülle, sondern soll zum Kommunikator mit dem Außenraum werden. Dafür werden in die Gläser ansteuerbare Leuchtdioden integriert. Die Medienfassade wird zum Informationsscreen für universitäre Veranstaltungen oder gibt Auskunft zu Forschungsprojekten und Erfolgen.

Ökologie

Ziel des Klima- und Energiekonzeptes ist es, für die unterschiedlichen Arbeits- Seminar, Büro- und Wohnbereiche eine optimale Tageslicht- und Frischluftversorgung zu gewährleisten, sowie einen hohen visuellen, ther¬mischen und akustischen Komfort bei minimiertem Energiebedarf zu bieten.

Hierfür wird ein innovatives Konzept verwirklicht, dass gerade durch den reduzierten technischen Ansatz seine Vorteile ausspielt. Das Gebäude wird weitgehend natürlich belüftet. Lediglich die Gastronomie, die Welcome Area und die Konferenzbereiche erhalten eine mechanische Lüftungsanlage mit integrierter Wärmerückgewinnung. Als ein zentrales Element dient das Atrium, das über seine räumlichen, architektonischen Qualitäten hinaus, als Tageslicht- und Frischluftverteiler für die innenliegenden Bereiche dient.

Begrünte Zwischenbereiche im Inneren sorgen für ein angenehmes Mikroklima. Nicht nur das Atrium, sondern auch die Bereiche mit mecha¬nischer Lüftung erhalten die Außenluft über einen Erdkanal, der im Winter die Frischluft vorerwärmt und im Sommer vorkühlt. Die weiteren Geschosse (Wohnungen, Büros) werden rein natürlich über öffenbare Fenster und „Winterlüftungselemente“ belüftet. Die Winterlüftungselemente sind so angeordnet, dass die kühle Außenluft über einen Heizkörper vorerwärmt wird, bevor sie in den Raum strömt. Dadurch werden Zugerscheinungen reduziert und es ist eine optimierte Luftqualität für die Nutzer ohne Stromenergiebedarf für Luftförderung gewährleistet. Im Sommer werden die normalen Fenster zur Lüftung genutzt. Die Frischluft in den Büros kann – je nach Anordnung der flexiblen Raumaufteilung –durch Überströmelemente in das Atrium abströmen. Durch diese Anbindung an das Atrium wird eine effektive Durchströmung erreicht, bevor die Abluft über eine Art Solarkamin mit integrierter Wärmerück¬gewinnung ins Freie gelangt. Das Gebäude wird an die Fernwärme angeschlossen.

Konzept des Außenraums

Das Grundstück und das neue Kommunikationszentrum liegen zwischen dem Inselplatz-Campus im Osten und dem historischen Stadtzentrum im Westen.

Der Freiraum wird jedoch nicht nur als Wegeverbindung gesehen, sondern als Kommunikations- und Aufenthaltsort interpretiert, der sich offen und einladend präsentiert. Diese stadträumliche Fuge und das FORUM empfangen Studierende, WissenschaftlerInnen und Interessierte und begleiten diese während ihres Aufenthaltes in Jena.

Die `Welcome Area ` im östliche EG-Bereich lässt sich zum Platz hin öffnen und erweitern, was die Flexibilität der Nutzung erhöht und Innen- und Außenraum verbindet. Auf der nördlichen Seite wird die Treppenanlage zu den tieferliegenden Notausgangsgängen verlegt und mit der Grünfläche und einer großzügigen Bank entsteht hier ein zusätzlicher Aufenthaltsbereich mit direktem Bezug zum Platz und zum FORUM. Das Café im westlichen EG-Bereich liegt leicht abgesenkt gegenüber der Wegfläche und dem Platz im Westen. Hier entsteht mit Sitzstufen und Lauftreppe ein Übergang, der ebenfalls zum Verweilen einlädt.

Der Platz im Westen wird vorerst noch zum Parken genutzt. Die geforderten 14 Stellplätze werden jedoch so angeordnet, dass die Belagsflächen und ein Teil der Baumpflanzungen bereits im ersten Schritt realisiert werden können. Im zweiten Schritt wird es dann weitere Baumpflanzungen und eine Ergänzung der Möblierung geben, so dass hier ein kleiner befestigter Stadtplatz entsteht.

Die Wegeflächen werden mit zwei unterschiedlichen Materialien gestaltet. Vorhandener Naturgroßstein und neue, großformatige Plattenbeläge symbolisieren die Verbindung aus Geschichte und Zukunft. In dem Plattenband, dass diese Bereiche trennt, werden Bänke und die Stufen vor dem Café angeordnet. Der Wechsel der Belagsflächen ist so angeordnet, dass der Freiraum und das FORUM barrierefrei zugänglich sind.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen einen eigenständigen, schmalen Baukörper vor, der sich linear aus der Baulücke des ehemaligen Griesbachschen Hauses entwickelt. Zwischen dem Neubau und dem historischen Universitätsgebäude entsteht dadurch ein gut proportionierter Raum, der zu einer öffentlichen Nutzung einlädt. Der Niveauunterschied zu dem dahinter liegenden Gelände wird durch eine Treppe/ Rampe am Ende des Gebäudes ausgeglichen. Die städtebauliche Lösung wird als sehr gut bewertet.

Der Haupteingang liegt in vorderen Drittel des Gebäudes und ist gut auffindbar. Das Café erhält einen eigenen Eingang im Verlauf der Passage und kann somit eigenständig erschlossen werden. Der Haupteingang erschließt eine großzügige Wellcome Area, die ein direkte Verbindung zum Restaurant und zu den Co-Working Spaces hat. So entsteht ein überzeugend offenes Erdgeschoss. Die vorhandenen „Mauern“ des ehemaligen Griesbachschen Hauses werden in den Entwurf integriert und bieten einen überzeugenden Kontrast zu der offenen Glasfassade. 

Die Funktion eines Kommunikationszentrums ist durch die gläserne, transparente Fassade sehr gut ablesbar. Zusätzlich soll die Fassade als Medienfassade genutzt werden. Anklänge an die „Lichtstadt Jena“ ergeben sich automatisch. Hier kommuniziert die Universität nach innen und außen. Ob eine reine Glasfassade, angesichts der aktuellen Diskussion zur Energieeinsparung noch
zeitgemäß ist, sollte allerdings hinterfragt werden. Aus Sicht der Jury stellt die Medienfassade hohe gestalterische Herausforderungen an die Verfasser und die „Redaktion“ des Betreibers. Zudem ergeben sich hohe Anforderungen an die Genehmigungsfähigkeit wegen der Wohnbebauung im Umfeld.

Die zentrale, vertikale Erschließung erfolgt über eine lineare Treppe, die sich von der Welcome Area startend, entlang der Brandwand, durch das gesamte Gebäude zieht und alle Ebenen miteinander verbindet. An dieser Treppe liegt im 1. OG die Science Lounge und in den folgenden Geschossen weitere Flächen der informellen Kommunikation. Die Treppe erhält großzügige Oberlichter, so dass hier im Kern des Gebäudes helle Räume mit einer hohen Qualität entstehen. Die Nutzungen schichten sich über die einzelnen Etagen. Alle Räume sind gut erschlossen und die Zuordnung entspricht den Anforderungen der Ausloberin.

Es ist allerdings fraglich, ob die von den Verfassern vorgeschlagenen Kompensation der Öffnung in den Geschoßdecken, durch eine Brandmeldeanlage ausreichend ist. Faktisch verfügt das Gebäude nur über einen baulichen Rettungsweg.

Für den Griesbachschen Hörsaal wird als Nutzung im EG der Co-Working-Space und für das 1. OG. Besprechungs- und Seminarräume (Mehrzweck) vorgeschlagen. Aus Sicht der Ausloberin wäre eine Wiedererkennung der ehemaligen Nutzung als Hörsaal wünschenswert. Die geringe Geschosshöhe im Erdgeschoß erscheint zudem für eine Nutzung als Co-Working-Space nicht ausreichend.

Bei den Höhen muss den Verfassern ein Fehler unterlaufen sein. Da das Erdgeschoß des „Alten Hörsaals“ nur eine geringe Höhe aufweist und des EG des  Neubaus höher dargestellt ist, muss es im 1. Obergeschoß einen Höhensprung geben. Dieser ist nicht dargestellt.

Der Entwurf verfügt insgesamt über eine hohe funktionale und architektonische Qualität. 





Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss

Erdgeschoss

Längsschnitt

Längsschnitt