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Studienauftrag | 03/2022

Städtebauliche Entwicklung Baufelder B1 bis B3 am Seetalplatz in Emmen (CH)

Teilnahme

03 Arch. GmbH

Architektur

BoA atlaa GmbH

Architektur

Studio Vulkan Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Studie schlägt ein landschaftlich geprägtes Stück Stadt vor, das sich eher komplementär zum städtischen Muster des Bebauungsplans in den grösseren Zusammenhang der heterogenen Stadtlandschaft von Luzern Nord zwischen ehemaligen Industriearealen, Infrastruktur und den Flussräumen von Kleiner Emme und Reuss einschriebt.
Das Team setzt konsequent auf Innovation, Heterogenität und Überraschung: Jedes räumliche Moment, jeder Ort atmet den Geist der Andersartigkeit. Das ist ein erfrischendes Bekenntnis zu einer Auffassung von Städtebau, die sich von falscher «Prinzipienreiterei» verabschiedet hat – sie erinnert darin an neue Stadtgründungen aus Holland, Österreich oder Schweden. Ausgangspunkt für das dynamische Setting bildet die Erfindung einer übergeordneten Diagonalverbindung, die das Areal quert und als grüne Promenade eine grossräumige Verbindung für den Langsamverkehr schafft.
Durch wenige, kräftige Pinselstriche entstehen fünf Baufelder von vielkantigem Zuschnitt. Sie könnten unterschiedlicher nicht sein: Das Baufeld mit zirkulärer Innenerschliessung, der gezackelte Hof, die Hofplatte mit Aufsetzern. Die starken Identitäten der einzelnen Stadtschollen, deren liberale Autonomie und die sich daraus ableitende Vielfalt von Wohntypen prägen die besonderen Qualitäten und Potentiale des Vorschlags. Diesen stehen der vergleichsweise hohe Grad an Öffentlichkeit, der sich gerade für die Erdgeschossnutzungen daraus ergibt, anspruchsvolle Schnittstellen und Überlagerungen von Öffentlich und Privat sowie eine eher grosse Spannweite der Qualität in den einzelnen Wohnungstypen hinsichtlich Lage, Struktur und Ausrichtung entgegen. In diesem Zusammenhang weist er Beitrag auch hinsichtlich Lärmschutzes einige Schwachstellen und Unklarheiten auf. Gewisse Räume, die nicht bewilligungsfähig sind, wären im aktuellen Konzept nur schwierig zu korrigieren.
Auf der Bodenebene ist ein auenartiger Baumbewuchs vorgesehen, der einen physisch erlebbaren Bezug zur Emme schafft. Das Wassermanagement im stark versiegelten Raum erfolgt mittels offener Rinnen, die gleichzeitig eine Schwelle zwischen privaten und öffentlichen Räumen schaffen. Die unerwartete und facettenreiche Freiraumgestaltung springt auch in die dritte Dimension: Über der Sockelebene von Kellern und Nebenräumen entfaltet sich ein «mediterraner Dachgarten». Gefasst von Randelementen ermöglicht er eine wohnungsnahe, halbprivate Nutzung. Verbunden sind die Schollen durch Brückenschläge in luftiger Höhe.
Die architektonische Idee, die potentielle Vielfalt der einzelnen Stadtbausteine durch eine prägnante Farbgebung zusammenzubinden, ist als Strategie gut nachvollziehbar und entfaltet in den eindrücklichen Visualisierungen im Zusammenspiel mit dem differenziert gestalteten Grün eine identitätsstiftende Stimmung. Das «rote Quartier» erlaubt gleichzeitig eine flexible Materialisierung, die mit einem Sockelbauwerk aus Recyclingbeton und darüber einer präfabrizierten Holztafelbauweise nachhaltig konzipiert ist, in den lärmbelasteten Zonen allerdings besondere Anforderungen zu erfüllen hätte.
Insgesamt hat die berauschende Vision den Charakter eines «urbanen Erlebnisparks», dessen Szenografie den Alltag zum «galanten Fest» macht, aber auch Künstlichkeit und starke Kontraste zu den Besonderheiten des Ortes aufbaut. So konsequent die Idee einer grünen Stadtlandschaft mit dem Modell einer vertikal geschichteten Stadt überlagert wird, bleibt die Frage, ob das Mass an Komplexität und Besonderheit langfristig tatsächlich genügend Raum für gelassene Normalität und individuelle Aneignung zulässt.