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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2022

Stadtplanerische Umgestaltung Max Becker-Areal in Köln

Anerkennung / 2. Phase

Preisgeld: 12.500

kister scheithauer gross architekten und stadtplaner GmbH

Stadtplanung / Städtebau

Rainer Schmidt Landschaftsarchitekten und Stadtplaner GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

In der Weiterbearbeitung haben drei wesentliche Aspekte das Konzept geschärft:

Ein erster Punkt:
Die attraktive Stadtansicht einerseits entlang der Bahntrasse und andererseits von der Widdersdorfer Straße aus gibt kein Hinten und kein Vorn, sondern es entsteht eine neue Silhouette. Beginnend mit dem Studentenwohnhochhaus, den Künstlerateliers, dem Sportpark und dem Kulturbaustein mit der Brücke. So wird der Weg „belebt“ und sicher. Es können Nutzungen angesiedelt werden, die dort wirtschaftlich sind und die Wohnnutzungen schützen. An der Widdersdorfer Straße bildet die Zaunanlage mit den Bestandsbäumen einen „Parkcharakter“, der den Blick auf das Uhrenwerk unverstellt lässt. Die Schule und die Sportanlagen signalisieren große attraktive Freiräume und lassen den historischen Bezug des Quartiers mit den beiden Villen wirken.

Ein zweiter Punkt:
Ungeachtet, dass in dem Wohnquartier ca. 10.000 m² an gewerblicher Nutzung wie Ladenlokale oder kleine selbständige wohnungsnahe Dienstleistungen vorgesehen sind, müssen für moderne Bürotypologien eigenständig und flexible Typologien geschaffen werden. Es wird ein Büroquartier „An der Gaskugel“ mit einer „effektiven“ Dichte vorgeschlagen., das vom Maarweg erschlossen wird. Hier können größere oder kleinere Büronutzer mit gemeinschaftlichen Co-Working-Möglichkeiten versorgt werden. Die kräftige Setzung eines neuen nachhaltigen Holzhybridbüroquartiers trägt ebenso zu dem Erfolg einer Entwicklung bei wie ein gemischt genutztes Wohnquartier mit vor allem erdgeschossigen nahversorgenden Dienstleistungen. Zwischen beiden liegt der Park und die Gaskugel bildet für beide eine Identifikation.
 
Ein dritter Punkt:
Das verkehrsberuhigte Quartier:
Ein autofreies Quartier neu zu gestalten, ist eine Chance, die grundsätzlich angegangen werden muss. Vorausgesetzt wird, dass das gesamte Grundstück abgegraben wird wegen der Bodenbelastungen. Deshalb ist eine Tiefgarage eingeschossig sowieso zur Gründung erforderlich. Es macht also Sinn, die Zufahrt zu jeder Blocktiefgarage analog zum Beispiel Rheinauhafen durch eine zentrale Straße auf minus 1 zu führen. Diese Straße gehört teilweise zu jedem Block und wird somit später gemeinschaftlich verwaltet. Hier werden die öffentlichen Stellplätze untergebracht, jeder 4. Stellplatz wird durch einen Baumkern abgelöst, die Unterflurmüllcontainer können integriert werden. Das Konzept erlaubt neue Straßenräume an der Oberfläche, die für Fußgänger, Fahrradfahrer und Kinder nutzbar sind. Die Straßen sind damit als Aufenthaltsbereiche der Öffentlichkeit weiterentwickelt.

Begrünte Dächer
Es soll weit über die Anforderung von begrünten Dächern mit einer extensiven Begrünung hinausgehen. Die Dachlandschaft soll extensiv mit kleinen Bäumen kräftig bepflanzt werden und Photovoltaikelemente als Sonnenschutz über dem intensiven Grün angeordnet werden. Klimasimulationen haben ergeben, dass die mittlere Wärme im Quartier deutlich sinkt.

Kulturbaustein
Der Kulturbaustein ist im Zentrum des Wohnungsquartiers und versammelt die Wohnblöcke um einen großen Quartiersplatz. Mit dem Rücken zur Bahn bildet der Kulturbaustein gleichzeitig eine neue Silhouette für die Vorbeifahrenden und schafft eine sichtbare Adresse. Hier soll auch die Brücke angebunden werden, die über die Gleise Stadträume verbindet. In dem zweigeschossigen Sockel sind der Bürgersaal, der sich zum Platz öffnet, der Jugendclub und die Kitaplätze des Quartiers mit großzügigen Spielplätzen nach Süden orientiert untergebracht. Ein Stadtbaustein, der in seiner Holzhybridbauweise für das Quartier identitätsstiftend ist und einen sensiblen Bereich bis in die Nacht belebt. Ergänzend zu dem Kulturbaustein schlagen die Verfasser vor, für die freie Künstlerszene kostengünstig Ateliers an dem grünen Bogen entlang der Bahn zu bauen. Hier kann geräuschintensiv in Ateliers gearbeitet werden. In einfacher Gewerbehallentypologie können günstige Arbeitsräume angeboten werden, die auch städtebaulich eine wichtige Adresse an der Bahn bilden können.
 
Zu guter Letzt:
Die Gaskugel muss bleiben! Die Verfasser sehen einen Biergarten oder Veranstaltungsort vor, der noch attraktiver werden kann durch eine leichte Verglasung. Hier kann dann durch den großartigen Raum im Park, vergleichbar mit dem Chinesischen Turm im Englischen Garten in München, genügend Geld erwirtschaftet werden, um die Kugel zu erhalten. Die Alternative des Verfassers, wenn die Kugel (aus Gründen, die der Verfasser noch nicht kennt) doch entfernt werden soll: In dem Stützring sollen Sonnensegel einen Spielplatz beschatten. Die Alternative ist ein toller Spielplatz!
 
Die folgenden Punkte zum Konzept wurden bereits in der ersten Phase definiert und haben weiterhin Bestand:

An einen Transformationsprozess werden unterschiedliche Anforderungen gestellt, die einerseits von dem zukünftigen Gebiet eine hohe Integrationskraft für die Umgebung abverlangen und andererseits eine Eigenständigkeit im Sinne einer Adressbildung „Max-Becker-Quartier“ erwarten. Um dem gerecht zu werden, verfolgt der Entwurf folgende Strategien:

  1. Die Einbindung der Bestandsbauten in das Grundgerüst des Städtebaus erzeugt eine unverwechselbare Identität. So ist das „Uhrenhaus“, zukünftig Markthalle, Ausgangspunkt einer „Diagonalen“, die zu einem zentralen inneren Platz führt und damit eine Verbindung aufspannt, die das Quartier strukturiert im Sinne eines stadträumlichen Rückrates.
  2. Eine Blickverbindung von der Markthalle zum Gasbehälter bedeutet für den großen Grünraum eine klare Identifikation mit dem ehemaligen Max-Becker-Industriegelände, das durch diese beiden Bauten wesentlich vermittelt werden kann. Eine Blickbeziehung stellt einen denkmalpflegerischen Zusammenhang her für ein historisches Verständnis der Situation. (Die Verfasser plädieren stark für den Erhalt des Gasbehälters, da er neben dem Denkmalwert auch einen unersetzbaren „Objektcharakter“ hat, der weit ins Stadtgebiet ausstrahlt.
  3. Aus dem Grundgerüst entwickeln sich die Konturen der Baufelder als differenzierte Baublöcke, die nicht durchgehend geschlossen gedacht sind, sondern sich öffnen und Durchwegungen ermöglichen und besondere Übergangsbereiche schaffen zwischen den Straßen und dem Blockinnenraum. Die polygonalen Strukturen der Baublöcke werden durch die Straßenräume geformt und erlangen auf diese Weise eine hohe Selbstverständlichkeit und auch Vernetzung untereinander, die ein organisches Bild einer harmonischen Quartierstruktur vermitteln. Die Baublöcke sollen mit einzelnen Häuser bebaut werden – auch unterschiedlicher Architekten – um eine hohe städtische Lebendigkeit zu erhalten („Ehrenfelder Mischung“).
  4. Um das Max-Becker-Areal als den Nukleus der weiteren Strukturen des Gesamtareals zu installieren, ist es wichtig, eine Vernetzung mit der Umgebung durch Fuß- und Radverbindungen zu erreichen. Dahingegen wird es zukünftig sinnvoll sein, die zum Teil schon bestehenden tiefen Hofstrukturen miteinander zu vernetzen als parallele Verbindungen (zur Widdersdorfer Straße) für Fußgänger und Fahrräder. Dies spannt ein städtisches Gitter aus Bewegungsmöglichkeiten auf, an dem eine weitere Differenzierung von Nutzungen, auch der drei Ideengebiete, „entlangranken“ kann. Das „Max-Becker-Areal“ mit seinem Park wird dabei Ausgangs- und Fluchtpunkt der Quartiersdurchwegungen sein können.

Nutzungsverteilung
Im nord-östlichen Teil um den Park herum orientiert sich die Wohnnutzung und wird zum Maarweg von Büronutzungen abgeschirmt. Auf diese Weise entstehen für beide Nutzungen sinnvolle Adressen als auch Funktionszusammenhänge, die den jeweiligen Klustern auch eine Bedeutung und Adressen verleihen. Die Schulnutzung liegt in der Nähe der Widdersdorfer Straße mit ihren Bushaltestellen und macht sich den bestehenden Baumbestand für einen Schulhof zunutze, der im Sommer auch schattige Bereiche spendet.
 
Kitas
Es werden drei Standorte für Kitas (in unterschiedlichen Gruppengrößen) vorgeschlagen, die das ganze Quartier zur schnellen Erreichbarkeit abdecken.

Geförderter Wohnungsbau
Der Gesamtbedarf an gefördertem Wohnungsbau wird auf jedes Baufeld „heruntergebrochen“, um eine gleichmäßige und durchmischte Verteilung zu erreichen. Somit sind in jedem Baufeld einzelne Häuser mit geförderten Wohnungsgrundrissen entwickelt. (Andere Verteilungen „innerhalb“ eines Baufeldes, wie z. B. horizontal geschichtet, sind auch erwünscht.)

Freiraum
Die städtebauliche Struktur wird durch ein grünes Grundgerüst gestärkt. Baumreihen strukturieren die Straßen- und Freiräume und bilden klare Raumkanten. Auch die Bahnlinie im Norden des Gebiets wird durch einen Grünstreifen abgetrennt.
Der zentrale Park in Form einer grünen Fuge bringt eine reiche Typologie urbaner Freiräume, Aktivitätsflächen und Biodiversität in das das neue Quartier. Konzentriert auf die Westseite des Parks werden diverse inklusive Sportflächen eingebunden, deren Nutzer-Schwerpunkt vor allem auf Kindern und Jugendlichen liegt.

Für die adressbildende Gaskugel werden zwei Konzepte vorgeschlagen:

  1. Vollständige Sanierung der Gaskugel als Grünes Gebäude – Öffnung als Begegnungs-, Kunst- und Kommunikationsraum
  2. Die umgebenden Freiflächen werden zu einem einzigartigen Freizeitort und Spielplatz umgebaut, während das bestehende Grundgerüst der Gaskugel und die ringförmige Mauer erhalten werden und in das neue Konzept eingebunden werden.

Die Innenhöfe der Wohnblöcke bieten den Anwohnern großzügige halböffentliche Grün- und Aktivitätsflächen. Zusätzlich zu privaten Garten- und Spielplätzen wird Urban Gardening angeboten, auch die Dachflächen werden begrünt.

Quartiersplätze wie der Kulturplatz vor dem Bürgerzentrum oder der Marktplatz öffnen das Areal als Begegnungsstätte für Anwohner und Besucher. Im Künstlerviertel im Westen des Areals wird sich die vorhandene Topografie zu Nutzen gemacht und eine große Freitreppe installiert, welche die Kommunikation zum südliche Luisenquartier aufnimmt.

Ökologie
Städtebau und Freiräume sind als Kreislaufsysteme organisiert, die über einzelne Quartiere hinaus zur Klimaregulierung, zum Regenwassermanagement, zur Nahrungsmittelproduktion und zur Verbesserung der Biodiversität beitragen.

Alle Dächer und Höfe nehmen Niederschläge auf und leiten sie als Retentionsdächer verzögert ab. Zur Kühlung trägt auch die Verdunstung der standortgerecht gestalteten Vegetationsflächen auf den Dächern und in den nicht unterbauten Innenhöfen bei. Die begrünten Flachdächer verbinden extensives Grün mit Photovoltaik und leisten damit einen doppelt wirksamen Beitrag. In Verbindung mit den Dachgärten sind sie in ein quartiersbezogenen Niederschlagsmanagement eingebunden.

Retentionsmulden in den öffentlichen Grünflächen und Plätzen erfüllen eine Doppelfunktion. In trockenen Zeiten dienen diese Flächen dem Sport und Spiel der Anwohner, in niederschlagsreichen Zeiten versickert hier das Wasser durch eine belebte Bodenschicht. Für die Bewässerung der Grünflächen während der Hitzeperioden wird eine temporäre Wasserspeicherung vorgesehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf setzt auf die städtebauliche Trennung der Hauptnutzungen Wohnen und Gewerbe, wodurch zwei Viertel mit zentralem Grünraum und der erhaltenen Gaskugel als Identitätsstifter entstehen. Der Stadtraum wird klar gegliedert in private Wohnhöfe und öffentliche Straßenräume. Die Dachlandschaft mit überwiegend gleichen Dachabschlüssen und vereinzelten Hochpunkten wirkt ruhig, ist aber wenig abwechslungsreich.

Die großzügigen und leicht geöffneten Blöcke des Wohnquartiers ermöglichen zusätzliche Blickbeziehungen in das Quartier. Die Großzügigkeit in den Blöcken führt jedoch zu einem verhältnismäßig kleinen, stark mit Nutzungen belegten Parkraum im Planungsperimeter, welcher mit großer Geste im Ideenteil entlang der Bahngleise fortgeführt, jedoch funktional durch den langgezogenen Baukörper des Umspannwerks und die dahinterliegende Unterführung am Maarweg abgehängt wird.

Die abwechslungsreiche Stadtsilhouette zur Bahn, ebenso die als Auftakt zum Quartier platzierte Schule an der Widdersdorfer Straße werden sehr positiv gewürdigt. Ebenso wirkt der Kulturplatz im Norden gut proportioniert und verspricht ein funktionierender städtischer Begegnungsort zu werden. Das hier vorgesehene Brückenbauwerk wird als Überschlag und verbindendes Element Richtung Norden wertgeschätzt, jedoch wird die Verbindungsqualität, Funktionsfähigkeit und Frequentierung aufgrund der zu überbrückenden Höhen hinterfragt.

Die nördliche, geknickte Straße am Kulturplatz leitet den Blick geschickt zum Gaskugelbehälter und verknüpft die grüne Mitte des Quartiers gut mit dem Kulturplatz und den, im Ideenteil vorgesehenen weiteren Stadtquartieren.

Die Aneinanderreihung kleinerer Stadtplätze vom Kulturplatz im Norden als Überschlag zur Nachbarbebauung über den Marktplatz, hin zum Quartierstreff am Uhrenhaus erscheint abwechslungsreich und spannungsvoll. Durch die Anordnung der Zufahrtsrampe
zur Tiefgarage auf dem Marktplatz wird dessen Qualität jedoch stark beeinträchtigt.

Die Tiefgarage wird vornehmlich unterhalb der Strassenebene vorgesehen, um die Hofinnenbereiche von Untergeschossen frei zu halten. Das Konzept erscheint durchdacht, dennoch werden infrastrukturelle Zwänge für die weitere Quartiersplanung kontrovers diskutiert, so dass es in Gänze nicht überzeugen kann.

In diesem Entwurf sind sehr viele Dinge richtig gemacht, dennoch spiegelt sich eine eher klassische städtebauliche Handschrift wider, die als Konzept für ein bunt durchmischtes, lebendiges und urbanes Zukunftsquartier nicht komplett überzeugt.
Isometrie

Isometrie

Skizze - öffentlicher Raum

Skizze - öffentlicher Raum

Skizze - Künstlerviertel

Skizze - Künstlerviertel

Skizze - Biergarten

Skizze - Biergarten