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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2022

Entwicklung „Campus Dachgrub“ in Gaggenau

ein 1. Preis / Zuschlag / nach Überarbeitung

Preisgeld: 20.000

K9 ARCHITEKTEN Borgards.Lösch.Pichl.Piribauer

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

faktorgruen

Landschaftsarchitektur

LINK3D

Visualisierung

Erläuterungstext

Leit- und Entwurfsidee
Der bestehende Campus mit drei Schulgebäuden, Kindergarten, Sporthalle, Gebetshaus und Festhalle wird durch die neuen Bausteine gestärkt und ergänzt. Anbau der Mensa an die Realschule mit Ergänzung des Fachklassentraktes. Ergänzung und Neuorganisation der Sporthalle. Integration eines künftigen Kindergartens. Durch die neuen Bausteine wird der Schulcampus gestärkt und klar definiert, die Orientierung und Zugänglichkeit verbessert. Es entstehen gemeinsame und individuelle Freibereiche im übergeordneten Rahmen des neuen Campus. Die Neubauten zeichnen sich durch eine ruhige Architektursprache aus und treten in einen räumlichen Dialog mit den vorhandenen Schulhäusern.
Realschule Gaggenau
Im ersten Bauabschnitt werden die Klassenräume und Fachklassen überwiegend im bestehenden Gebäude neu organisiert und die vorhandenen Raumstrukturen optimiert und ergänzt. Der innen liegende Mittelbereich des ersten und zweiten OG erhält einen terrassierten Einschnitt und kann nun natürlich belichtet und belüftet werden. In diesem Bereich kann somit eine Fachklasse und die Schülerbibliothek ihren Platz finden und erhalten ihren eigenen Außenbereich/Lesebereich. Der eingeschossige Fachklassentrakt im Nordwesten wird um den Fachbereich Werken und Technik ergänzt. Mit dem zweiten Bauabschnitt werden die zusätzlichen Klassenräume und die Mensa realisiert. Die Vorbereitungsklasse aus dem Fachklassentrakt zieht in den Neubau um. Der Neubau ergänzt das Hauptgebäude in allen drei Geschossen und bildet strukturell eine Einheit. Im Erdgeschoss befindet niveaugleich in direkter Verbindung zur bestehenden Aula die neue Mensa. Für Schulveranstaltungen ergibt sich somit eine funktionale Einheit. An der Schnittstelle zum Altbau ist eine Bewegungsfuge ausgebildet welche im Erdgeschoss an den Fachklassentrakt anschließt. Es entsteht ein Ringschluss im Gebäude, ein attraktiver Übergang in den Schulgarten und ein gut proportionierter Werkhof. Die Vorbereitungsklasse aus dem bestehenden Fachklassentrakt zieht in den Neubau um. Im Altbau entsteht an dieser Stelle ein Aufenthaltsbereich am Schulgarten. In den zwei Obergeschossen des Neubaus sind jeweils vier Klassenräume und zwei Individualisierungsräume mit vorgelagerten Loggien vorgesehen. Die neuen Klassenzimmer fügen sich ganz selbstverständlich an die bestehende Raumstruktur. Die neue Organisation unterstützt das schulische Profil der Naturparkschule. Die Neubauten orientieren und öffnen sich zum Naturraum.
Erweiterung der Sporthalle mit Ergänzung von Vereinsräumlichkeiten, Neubau Kindergarten
Die bestehende Sporthalle wird mit einem Hallenfeld, den Vereinsräumen und dem Vereinsfoyer in Richtung Nordwesten erweitert. Dadurch bietet sich die Möglichkeit die bestehenden Strukturen zu nutzen. Im Südwesten befinden sich die Eingänge zum neuen Foyer mit Ausschank und Küche. Entlang des Schulcampus entsteht eine überdachte Erschließungsachse für die Sporthalle und den Kindergarten. Zusammen mit dem Kindergarten entsteht ein klares kompaktes Baufeld in Begleitung zur Campusachse. Sporthalle und Kindergarten sind direkt an den Parkplatz angeschlossen. Der Kindergarten ist als zweigeschossiges Gebäude vorgesehen und bildet den Abschluss des Baufeldes im Nordwesten zum Campus. Das Freigelände des Kindergartens ist geschützt innerhalb dieses Baufeldes vorgesehen.
Optionales Parkdeck, Betreutes Wohnen, Heizzentrale
Die Heizzentrale und die überdachten fahrradstellplätze bilden einen gemeinsamen Baustein und baulichen Abschluss zum Parkplatz mit Hol- und Bring-Bereich. Die Lage lässt eine einfache Anlieferung zur Heizzentrale zu. An der Straße „Am Gommersbach“ bietet sich als Abschluss ein Baustein mit dem betreuten Wohnen an. Die Situation wird dadurch städtebaulich abgerundet und der große Parkplatz in den Städtebau integriert. Auch ein Parkdeck wäre an dieser Stelle optional denkbar.
Materialität, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit
Es wird Wert darauf gelegt, ein langlebiges Gebäude zu errichten. Und dies nicht nur in Bezug auf Verschleiß und Abnutzung der eingesetzten Materialien, sondern auch in Hinsicht auf deren gestalterische Aktualität und Qualität. Die Verwendung hochwertiger und natürlicher heimischer Materialen die Naturparkschule selbstverständlich. Die Grundkonstruktion des Neubaus ist als eine Holzkonstruktion vorgesehen. Holzrippendecken aus Bau-Buche erfüllen die Anforderungen aus der Statik, Brandschutz, Behaglichkeit und Nachhaltigkeit in angemessener Form. Die Fassaden sind als Holz/Glas/Aluminium Elemente ausgeführt, dabei sind die schützenden, tischhohen Brüstungen in den Klassenzimmern als wichtiges Gestaltungsmerkmal hervorzuheben. Als schützende „Haut“ ist eine geflammte Douglasien-Fassade vorgesehen. Der Materialkanon wird der Aufgabe gerecht, vermittelt Qualität und nimmt die Nachhaltigkeit als wichtigen Baustein aktuellen Bauens in seine Mitte. Es sollen überwiegend Baumaterial mit kurzen Transportwegen verwendet werden. Die Kompaktheit des Gebäudes ist neben dem Willen ein nachhaltiges Haus zu errichten ein wesentlicher Aspekt der Wirtschaftlichkeit.
Energiekonzept und Brandschutz
Die Neubauten werden in einem hohen Energiestandard erstellt. Durch die kompakte Gebäudeform wird neben den Investitionskosten auch der Energieverbrauch optimiert. Voraussetzung ist eine hoch wärmegedämmte Gebäudehülle. Eine Solarnutzung der Dachfläche ist in das Energiekonzept zu integrieren. Das gesamte Regenwasser der begrünten Dachflächen, Wege- und Hofflächen wird auf dem Grundstück versickert. Ein abschließendes Energiekonzept kann erst in einer späteren Planungsphase unter Berücksichtigung des Bestands und seiner Technik entwickelt werden. Nach neuen Konzepten der Brandschutzrichtlinie Schulbau sind für offen gestaltete Cluster Nutzungseinheiten von bis zu 600 qm zu realisieren. Zwei bauliche Rettungswege und der übersichtliche Grundrisszuschnitt ermöglichen ein einfaches und sicheres Brandschutzkonzept.
Erschließung der Gebäude am Campus
Alle Zugänge der Schulen, Kindergarten Sporthallen befinden sich am gemeinsamen Campus. Ein motorisierter Fahrverkehr ist auf das Minimum zu beschränken. Die neue übersichtliche Gestaltung der Freiflächen lässt die Abholung von Schülern mit Behinderung zu. Die Mensaanlieferung und die Werkmaterialanlieferung der Naturparkschule sollte über den „Hubweg“ erfolgen.
Freiraumkonzept
Die vorhandenen Schulgebäude bilden unter Einbeziehung der Schulerweiterungen, der neuen Sporthalle und dem neuen Kindergarten einen neuen zusammenhängenden Schulcampus. In einem Spiel von befestigten Pausenhofflächen und grünen Spielinseln werden Flächen zum Bewegen, zum Spielen und zum Chillen für alle Altersgruppen angeboten. Eine markante und rein fußläufige Wegeachse bindet den Campus an die Straße Am Gommersbach an. In der Verlängerung wird diese wie selbstverständlich über den Campus geführt, und erlaubt die Erreichbarkeit sämtlicher Einrichtungen für Rettungsfahrzeuge, ohne den Schulbetrieb zu stören. Die Schulsportflächen werden um eine Beachvolleyball-Fläche sowie eine Spiel- und Sportwiese erweitert, in den grünen Inseln finden ein grünes Klassenzimmer, eine Bühne sowie einzelne Lerninseln ihren Platz. Die geplante Erweiterung der Außenfläche für die Eichelbergschule wird wie selbstverständlich in das Konzept der grünen Inseln integriert. Daneben nehmen die grünen Inseln auch Lebensräume für Bienen und Insekten in Form von Bienenhotels, Blühstauden und Bienennährgehölzen, sowie Lesesteinhaufen für Eidechsen auf. Die grünen Inseln werden unter Berücksichtigung des vorhandenen wertvollen Baumbestandes sensibel in den Campus integriert. Der Baumbestand in den grünen Inseln sowie auch im Bereich des neuen Parkplatzes wird durch die Neupflanzung von klimaresilienten Baumarten ergänzt. Die Weideflachen mit dem Standort Ziegen werden unter Berücksichtigung der Biotopflächen wieder mit ca. 10.500 qm im Nordosten verortet. Die Mensa erhält einen eigenen Vorbereich als großzügige Terrasse. Die Nebengebäude für Fahrräder werden teilweise zentral am Eingangsbereich sowie auch dezentral in Zuordnung zu den einzelnen Schulgebäuden angeordnet. Insgesamt werden so ca. 560 Fahrradabstellplätze angeboten.
Verkehr und Parkierung
Die Haltestellen für die Schulbusse werden an die Straße Am Gommersbach verlegt, in Verbindung mit einer Querungssituation entsteht ein kreuzungsfreier fußläufiger Zugang zum Campus. Die erforderlichen 155 PKW-Stellplätze werden unmittelbar südlich im Anschluss an der bestehenden Sporthalle angelegt, die Erschließung kann vom Hubweg aus erfolgen. Im unmittelbaren Übergang zum Campus wird eine Vorfahrt mit Kurzzeitstellplätzen als Hol- und Bringsituation vorgesehen werden. Dadurch kann der gesamte Campus frei von Verkehr gehalten werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Den Verfasser-Innen der Arbeit 1001 gelingt aus den solitärhaften Bestandsbauten der 60er und 70er Jahre durch eine sensible Platzierung von Ergänzungsbauten und Neubauten die Setzung einer stabilen städtebaulichen Neuausrichtung, die sehr robust ist und die Belange der nächsten Jahrzehnte aus Sicht der Jury sehr gut bedienen kann. 
Die Erweiterung der Realschule nach Nord-Osten, die Fortführung der Sporthalle durch zwei weitere Neubauten an einem Rückgrat schaffen eine Raumkante zum Landschaftsraum und fassen den neuen domestizierten Freiraum der Campusmitte. Klug wird ein Baukörper für eine gemeinsame Energiezentrale als Fassung im Südwesten ergänzt. Zusammen mit dem Gebetshaus wird die neue Campusmitte über die Diagonale mit dem begrünten Parkplatz vor der Festhalle verbunden. Dieser erhält ebenfalls durch einen variablen genutzten Neubau eine kräftigere Fassung mit dem Vorschlag hier ein Seniorenstift erbauen. Kritisch wird diskutiert, ob die Parkplatznutzung unmittelbar vor der Festhalle einen angemessenen Vorbereich erzeugt. Diese beiden großen Außenräume bilden den Kern des Campus an dem sich dann die unterschiedlichen Vorzonen der einzelnen Anrainer geschickt andocken und die Adressbildung der Gebäude unterstützen. Die Diagonalen Wege als legitimierte Trampelpfade verbinden die Anrainer im Süden mit der neuen Entwicklungsachse im Norden, die insbesondere auch Belange der taktilen Führung als Wegeachse durch den Campus leisten kann. Die genaue Verkehrsführung bedarf noch einer kritischen Überprüfung. 
Die Gestaltung der Außenräume bedarf insgesamt noch einer weiteren Detailierung. Diese städtebauliche Grundkonstellation wird als Basis für die kommenden Jahrzehnte von der Jury positiv gewertet, ungeachtet der im Beitrag genannten Kannutzungen. Der Vorschlag für die Anordnung des Kindergartens wird kontrovers diskutiert. 
Die Stellung der Baukörper hingegen wird als städtebauliche Platzhalter begrüßt. Ebenfalls gelingt es im Realisierungsteil der Arbeit die DNA der Realschule aus den 70er Jahren zu entschlüsseln. Die Struktur des Gebäudes wird spielerisch neuinterpretiert. 
Es gelingt eine sehr gute Arrondierung im Nord-Osten, neue bauliche Aspekte, die der Pädagogik wertvolle Dienste erweisen können, werden integriert. Die Flure des Bestandes werden weitergeführt und bieten zukünftig einen Blick in die Landschaft. Loggien an dieser Stelle bereichern mit einem Freiraum auf den oberen Geschossebenen. Ebenfalls ist die Position der Mensa an der Nahtstelle zwischen der grünen Campusmitte zur freien Landschaft richtig gesetzt. Sie liegt gut wahrnehmbar am Ende des neuen Entwicklungsbandes und partizipiert an dem Blick in die freie Landschaft. Eine Auskragung der Obergeschosse bietet im Sommer einen schattige Vorzone und bei Regen einen nutzbaren direkt angegliedert Der gewählte erste Bauabschnitt weißt die notwendigen Räume primär im Bestand nach, der mit einem neuen abgetreppten Innenhof Licht in bisherige Dunkelzonen bringt. Lediglich der eingeschossige Gebäudeabschluss wird um eine Achse erweitert. Im zweiten Bauabschnitt erfolgt die beschriebene Weiterführung des dreigeschossigen Hauptbaukörpers. 
Die Verbreiterung des Hofs zwischen den beiden Bauabschnitten ist eines der sensiblen Beispiele des gezeigten „Weiterbauens“. Der lange Grünraum erhält seine Aufweitung im Übergang zur Landschaft. Ebenfalls würdigt die Jury, dass die Erweiterung trotz gleicher Typologie als ein Holzbau unmissverständlich die Haltung unsere Zeit verkörpert. Der direkte Umgang und die ermittelten Kennwerte versprechen eine ökonomische Umsetzung. Die Arbeit ist ein im gleichen Moment eine robuste und sensible Lösung für die gestellte Aufgabe und überzeugt im großen wie im kleinen Maßstab.