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Offener Wettbewerb | 07/2022

Freiraumplanung Stadtzentrum Oberwart (AT)

Grundriss

Grundriss

Anerkennung

Preisgeld: 3.000 EUR

YEWO LANDSCAPES

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

MEHR RAUM FÜR ALLE!
RAUM FÜR IDENTITÄT
Die Geschichte der Stadt Oberwart ist geprägt von einer multiethnischer Bevölkerungsentwicklung, die vier Sprachgruppen deutsch, ungarisch, kroatisch und romanisch zeugen von kultureller Zentralität und prägen das soziale Zusammenleben. Dieses besondere Merkmal wird Teil des Gestaltungskonzeptes.   
Die drei Freiräume Rathausplatz, Stadtgarten und Südtiroler Park erhalten als Signatur Pergolen, die mit der Sprachvielfalt spielen. Sie werden mit kulturell relevanten Texten versehen, die als Schattenwurf auf der Fläche den Freiraum bespielen. Das Sichtbarmachen der lokalen Identität erhöht das Aneignungspotential und gibt der Innenstadt einen Mehrwert für die Bewohner:innen und Besucher:innen.
RAUM FÜR MENSCHEN
Durch das neue Verkehrskonzept kann die Innenstadt wieder als soziales, kulturelles und ökonomisches Zentrum an Bedeutung gewinnen. Der Suburbanisierung - die durch Einkaufszentren am Stadtrand und Vereinnahmung des öffentlichen Raums durch motorisierten Verkehr gekennzeichnet ist, wird mit einer zukunftstauglichen Verkehrsplanung entgegengewirkt. 
Durch die Verkehrsberuhigung und die Begegnungszone kann der Straßenquerschnitt an eine nachhaltige Mobilität angepasst werden, Fußgänger und Radfahrer erhalten mehr Raum. Die starke Reduktion von Parkplätzen schafft Raum für ein Funktionsband das mehr Grün, mehr Aufenthalt und eine übersichtliche Zonierung der Funktionen ermöglicht.
MEHR RAUM FÜR KONVERSATION
Die Besonderheit Oberwarts als Schmelztiegel der Kulturen und Sprachen wird in der Freiraumgestaltung sichtbar, Pergolen mit Texten in unterschiedlichen Sprachen schaffen Identifikationspunkte an den öffentlichen Plätzen entlang der Wienerstraße. Um die Aneignung des Freiraums zu stärken, wird ein Ideenwettbewerb für Bewohner:innen veranstaltet, um Texte für die Pergolen zu finden. Ideen zu Liedern, Gedichten oder Redewendungen, die die kulturelle Vielfalt Oberwarts zum Ausdruck bringen können vorgeschlagen werden! 
SÜDTIROLER PARK
Die Freifläche an der Südtiroler Siedlung hat das Potential eine weitere Grünoase an der Wienerstraße zu sein. Sie wird parkartig ausgestaltet und mit einem Spielplatz versehen. Eine weiche Formensprache und zahlreiche Bäume sorgen für einen natürlichen Eindruck. In der Mitte des Parks erfrischt ein Wasserspiel die Nutzer:innen, lange Sitzbänke laden zum Verweilen ein. Hier wird ein Ort geschaffen, an dem Familien mit Kindern und ältere Menschen eine grüne Ruheoase zum Wohlfühlen vorfinden. Die Bepflanzung setzt sich aus bunten Staudenbeeten und verschiedenen Baumarten wie zum Beispiel Gleditsien, Ginkgos und Linden zusammen, die durch die Jahreszeiten hindurch unterschiedliche Zieraspekte zeigen. 
MARKTPLATZ AM STADTGARTEN
Das Marktdreieck am Stadtgarten wird als freier Platz gestaltet, der ausreichen Fläche für den Markt vorsieht, so dass der Markt als zusammenhängendes Event wahrgenommen werden kann.  
Durch den Stadtgarten und das grüne Funktionsband erhält der Platz einen grünen Rahmen. An Tagen, an denen kein Markt stattfindet, stehen die Pergolen als identitätsstiftendes Element im Zentrum des Platzes.
RATHAUSPLATZ
Die Verlegung des Busbahnhofs ermöglicht die Neugestaltung des Rathausplatzes als repräsentativen Ort, der ihm zwischen Rathaus und Bezirksgericht zu steht. Ein einheitlicher Pflasterbelag zieht sich von Fassade zu Fassade, so dass er mit seinem Platzcharakter als Ganzes wahrnehmbar ist. Die Fläche zwischen den Eingängen der öffentlichen Gebäude wird offen gehalten und von einem Fontänenfeld bespielt, hier können Veranstaltungen wie Weihnachtsmarkt und Konzerte stattfinden.  
Umrahmt wird der Platz von grünen Inseln mit Staudenbeeten und Sitzbänken, die Aufenthaltsqualität schaffen, die Gastronomie trägt zur Belebung des Platzes bei.
MEHR RAUM FÜR NACHHALTIGE MOBILITÄT
Der Straßenquerschnitt der Wienerstraße wird an das neue Verkehrskonzept angepasst. Im nördlichen Teil werden die Fahrbahnen von ursprünglich bis zu neun Meter auf sieben Meter inklusive einer je 0,5 m breiten Rinnenmulde reduziert. Die einheitliche Breite ermöglicht mehr Raum für Gehsteige und das grüne Funktionsband. In der Begegnungszone ist die Fahrbahn ebenso insgesamt sieben Meter breit und auf dem selben Niveau wie der umliegende Freiraum, was den Fußgängern die Querung erleichtert. Der Pflasterbelag trägt zusätzlich zur Verlangsamung des motorisierten Verkehrs bei. Radfahrer können aufgrund der Geschwindigkeitsreduktion und der Begegnungszone sicher auf der Fahrbahn fahren.  
Entlang der Straße gibt es zahlreiche Radstellplätze und Reparaturstationen, die die Attraktivität des Radfahrens erhöhen. Zwei Stellplätze für Kurzparker sind an den Bankfilialen geplant, weitere Stellplätze sind in größeren Parkplätzen in der Umgebung untergebracht.
MEHR RAUM FÜR NUTZUNG
Zur Aufwertung der Freiraumqualität ist ein durchgängiges, zwei Meter breites Funktionsband an der Wienerstraße vorgesehen, das die Fahrbahn vom Gehsteig trennt. Es schafft einen hohen Grünanteil durch Stauden- und Retentionsflächen, zahlreiche Bäume erzeugen Schatten und tragen zu einer Verbesserung des Mikroklimas bei. Verschiedene Sitzmöglichkeiten wie Holzdecks und Holzbänke laden zum konsumfreien Aufenthalt ein, dazwischen beleben Schanigärten den öffentlichen Raum. Trinkbrunnen und Wassernebel sorgen für Erfrischung. Durch die Unterbringung der Ausstattungselemente im Funktionsband ist der Gehweg von Ausstattungselementen wie Beleuchtung und Abfalleimer freigespielt und kann in seiner ganzen Breite als Flaniermeile genutzt werden. 
MEHR RAUM FÜR WASSER
Die Versiegelung des Straßenraums trägt zur sommerlichen Überhitzung der Städte bei, da die Wärme in den harten Materialien gespeichert wird. Vegetationsflächen heizen sich weniger auf und durch die Verdunstung der Vegetation wird Wärmeenergie aus der Luft abtransportiert.  
Das Funktionsband beinhaltet ein System für Regenwassermanagement. Dachwasser und das Oberflächenwasser des Gehsteigs wird in die bepflanzten Retentionsmulden geleitet, wo es im Wurzelraum der Pflanzen genutzt und gefiltert wird. Durch die Verdunstung trägt es zu einem angenehmen Mikroklima bei. Überschüssiges Wasser wird in den Kanal geleitet. Das Oberflächenwasser der Straße wird in eine Rinnenmulde geleitet und weiter in den Kanal. Durch den Wasserrückhalt in der Vegetation kann bei starken Regenereignissen der Abfluss verzögert werden und das Kanalsystem wird entlastet.
MEHR RAUM FÜR BÄUME
Die Bepflanzung trägt wesentlich zur Aufwertung des öffentlichen Raumes bei und erhöht das Wohlbefinden der Nutzer:innen. Bei der Auswahl der Pflanzen wird auf klimatische, ökologische und gestalterische Aspekte geachtet. Die Spielflächen am Südtiroler Park sind stellenweise als artenreiche Wiesen ausgesäht, die vielen Insekten und in weiterer Folge auch Vögeln Nahrung bieten. Im Funktionsband wechseln sich Staudenbeete und bepflanzte Retentionsmulden ab. Die Pflanzinseln am Rathausplatz werden mit pflegeleichten Stauden, die auch einen ökologischen Wert haben bepflanzt. 
Bei der Auswahl der Bäume wird auf Straßentauglichkeit und Klimaresilienz geachtet. An der Wienerstraße werden aufgrund der engen Verhältnisse Bäume mit schmaler Krone verwendet, auf den Plätzen ist Raum für großkronige Bäume. Empfohlene Arten sind Linden, Ginkgo und Gleditsie, Rotahorn, Blumenesche und Französischer Ahorn.
MEHR RAUM FÜR LICHT
Um auch nachts für ausreichend Sicherheit und eine angenehme Stimmung zu sorgen, werden unterschiedliche Beleuchtungen verwendet. Die Wienerstraße wird durch straßentaugliche Mastleuchten gleichmäßig ausgeleuchtet, am Südtiroler Park sorgen einzelne Mastleuchten für ein sicheres Gefühl. Die Begegnungszone erhält als besonderes Gestaltungselement eine abgehängte Beleuchtung in der Formensprache der Plätze, die den Raum als verkehrsberuhigtem Raum vom restlichen Straßenraum gestalterisch abgrenzt und erkennbar macht. 
MEHR RAUM FÜR STADT
Die Zonierung der Räume mit ihren Funktionen wird an den Bodenbelägen sichtbar. Die Fahrbahn der nördlichen Wienerstraße wird in großformatigen Ortbetonplatten ausgeführt, während in der Begegnungszone der Pflasterbelag über die Fahrbahn gezogen wird. Als Belag wird ein Betonstein mit einer Changierung in Beige und Rottönen geplant, der im Läuferverband verlegt wird. Die Rinnenmulde wird in Kontrast zum hellen Beton der Fahrbahn in einem dunklen Beigeton geplant. Durch die dunkle Rinne ist eine klare Abgrenzung der Funktionsbereiche Straße – Funktionsband – Gehsteig ablesbar. Der einheitliche Pflasterbelag zieht sich, mit Ausnahme der Fahrbahn außerhalb der Begegnungszone, über das gesamte Wettbewerbsgebiet und lässt das Stadtzentrum als einen einheitlichen Raum lesbar werden.  
Bei der Ausstattung wird Wert auf Materialien mit natürlichem Charakter gelegt: Sitzbänke sind aus Holz oder mit Holzauflagen versehen, die Pergolen mit dem eingestanzten Schriftzug sind aus Cortenstahl und harmonieren farblich mit dem Pflasterbelag. Weitere Elemente wie Leuchten, Radständer Abfalleimer werden aus einer dezenten Produktfamilie gewählt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept folgt der stadträumlichen Gliederung, reagiert auch funktional auf den Bestand und stellt mit den Pergolen und den integrierten Texten einen (sprach)historischen Bezug her.
Die Gestaltung des Platzes vor der Südtiroler Siedlung kann allen Bevölkerungsgruppen zur Verfügung stehen und weist eine hohe Freiraum- und Aufenthaltsqualität auf. Auch der anschließende Bereich bis zum Rathausplatz sieht eine durchgängige 2-reihige Bepflanzung und damit eine deutlich stärkere Begrünung als im Bestand vor.
Der Platz vor dem Rathaus wird mit der durchgängigen Oberfläche trotz unterschiedlicher Nutzungen als räumliche Einheit wahrgenommen. Für Veranstaltungen scheint das Konzept aber zu kleinteilig und durch die abgehängten ringförmigen Leuchten in der Flexibilität eingeschränkt.
Die Pergolen, Metallschirme mit integrierten Texten, die die Plätze akzentuieren, werden kontroversiell diskutiert.