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Generalplaner-Wettbewerb | 07/2022

Neubau Leitspital Liezen (AT)

1. Preis

Franz&Sue

Architektur

Architekten Maurer & Partner ZT GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Mit der Natur heilen

Die Steiermark hat einen Plan. Um der Bevölkerung auch in Zeiten von zunehmender Lebenserwartung und fortschreitender Digitalisierung moderne und sichere Gesundheitsversorgung gewährleisten zu können, sollen in den kommenden Jahren Gesundheits- und Facharztzentren im Bezirk Liezen entstehen – und ein Leitspital, das noch mehr Fachkompetenz bündelt. Und zwar auf der grünen Wiese in Stainach-Pürgg, einer 3.000-Einwohner-Gemeinde, zentral im Bezirk gelegen.

Noch wächst auf dem Grundstück, wo in ein paar Jahren das neue Leitspital in Betrieb gehen soll, Klee. Im Hintergrund zeichnen sich die sanften Berggipfel ab, es herrscht dörfliche Idylle. Das soll so bleiben, auch wenn hier in ein paar Jahren das neue Leitspital mehr medizinisches Angebot zusichern wird als die bisherigen Spitäler in Bad Aussee, Rottenmann und Schladming zusammen. Und hier ist auch schon eine der größten Herausforderungen im Wettbewerb auszumachen: Ein 230-Betten-Spital in Hanglage zu planen, mit kurzen Wegen, einfacher Orientierung, ohne dabei drei Geschoße zu überschreiten.

Ein Krankehaus, drei Häuser
Um den dörflichen Charakter zu bewahren, setzen wir drei unterschiedlich große Baukörper versetzt in die sanft ansteigende Landschaft. Mit dieser möglichst kleinteiligen Struktur und das Zunutzemachen der Topografie schaffen wir es, alle funktionalen Anforderungen des Krankenhauses in nur drei wahrnehmbaren Geschoßen unterzubringen und gleichzeitig für maximale Belichtung zu sorgen. Gemeinsam bilden die drei Gebäude auch den Vorplatz – das vorgezogene, begrünte Dach der Sockelzone sorgt für einen witterungsgeschützten Haupteingang. Das Besondere: Durch getrennte und jeweils eigene Zufahrten für Rettungswägen, Besucher-PKWs und Anlieferungen bleibt der Vorplatz autofrei.

Orientierung in allen Lebenslagen
Durch den Haupteingang gelangen PatientInnen und BesucherInnen in das zweigeschoßige Foyer. Hier kommen Menschen an, die sich krank fühlen, verletzt oder auch in Sorge um Angehörige sind. Sie befinden sich in physischen und psychischen Ausnahmesituationen. Umso wichtiger ist es, dass sie sich einfach zurechtfinden, denn Orientierung gibt auch Sicherheit. Hier helfen die Rezeption als zentrale Anlaufstelle, der hohe Luftraum sowie die offenen Treppen und die Liftgruppe, die sämtliche Pflegestationen miteinander verbindet. Direkt im Erdgeschoß befinden sich auch hoch frequentierte Bereiche wie die ambulante, tagesklinische und akutstationäre Einheit (AMTASE), die Radiologie, unterstützende Behandlungen wie Physio- und Ergotherapie sowie die Dialyse. Hier in diesem offenen Bereich herrscht reges Treiben und es gibt ein Kommen und Gehen.

Zur Ruhe kommen
Weniger stark von TagespatientInnen frequentiert sind die oberen Etagen, wo neben OP-Sälen und Intensivstation die Pflegestationen dominieren. Hier prägen kurze Wege, viel Tageslicht und klare Funktionsabläufe den Arbeitsalltag des Krankenhauspersonals. In den Sozialräumen und Loggien der Pflegestationen können die MitarbeiterInnen dann auch mal kurz zur Ruhe kommen und sich erholen.

Das ist auch unser Anspruch an die Pflegezimmer: In allen haben die PatientInnen Ausblick ins Grüne und somit einen direkten Zugang zum Freiraum, der bei der Heilung unterstützt. Wenn ein neues Spital in so einer Umgebung entsteht, ist es unumgänglich, auch die Lage maximal zu nutzen und die Landschaft bewusst ins Gebäude zu ziehen. Auch der Werkstoff Holz in den PatientInnenzimmern ist ein Bestandteil des Genesungsprozesses, da dieser nachweislich eine beruhigende Wirkung auf das Herz-Kreislauf-System hat.

Im Einklang mit der Natur
Das große Grundstück nutzen wir für einen naturnah angelegten Landschaftspark. Die Grünflächen umspülen regelrecht die Baukörper von allen Seiten und sind bis in die von den Gebäuden umschlossenen Themenhöfe spürbar. Im Eingangsbereich schaffen Sitz- und Verweilbereiche Treffpunkte auch außerhalb des Krankenhauses. An die Pflege-Geriatrie angeschlossen entsteht ein abwechslungsreicher Therapie- und Demenzgarten, der restliche Landschaftspark ist als Erholungs-, Aktiv- und Spielelandschaft für alle Generationen konzipiert. Auf diese Weise entsteht in Liezen ein naturnahes Leitspital, das die lokale Bevölkerung in allen Lebenslagen – von der Entbindungsstation über Kinderambulanz und Intensivmedizin bis zu Spezialmedizin für ältere Menschen– begleiten und unterstützen wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Preisgericht ist beeindruckt von der hochwertigen, schlichten und grafisch trefflichen Ausarbeitungsqualität des nunmehr weiterentwickelten Entwurfes aus der ersten Verfahrensstufe. Die im Landschaftsbild wahrnehmbaren drei Baukörper mit unterschiedlicher Größe, welche sich in natürlicher Art und Weise in die vorhandene Topographie einfügen und auf einer durchgehenden Sockelzone aufgelagert sind, bestechen durch kontextuale Einfachheit und Angemessenheit für den vorhandenen Ort. Eine durchgängige Reaktion auf den sensiblen Landschaftsraum ist allseitig erkennbar und wird vom Preisgericht positiv aufgenommen. Es scheint weder eine Störung noch eine Irritation durch die Situierung dieser doch anspruchsvoll, voluminösen und funktionalen Gebäudestruktur hervorgerufen zu werden.
Das Ankommen im Gebäude auf Ebene der zentralen ambulanten Funktionsstruktur wurde ausnehmend positiv gestaltet durch Situierung einer Vorplatzzone sowie eine übersichtliche Foyerzone, welche eine maßvolle Großzügigkeit im Innenraum erkennen lassen. Haupt- und Nebenmagistralen ermöglichen kreuzungsfreie medizinische Funktionszonen, welche das gewünschte On-Off Stageprinzip für einen guten Spitalsbetrieb ermöglichen. Die Teamzone wurde ebenso gut interpretiert, wie insgesamt alle Funktionsbereiche, einschließlich der stationären Bereiche, welche nahezu ideal im Entwurfsansatz miteinander verknüpft sind. Sämtliche Wegestrukturen für Patienten, Besucher und Personal wurden gut erkennbar mit hoher Orientierbarkeit angelegt und entsprechen einer zukunftsweisenden Spitalsorganisation.
Baukünstlerische Qualitäten sind weiters in der gesamten Fassadengestaltung, Baukörperstaffelung und Verschneidung mit dem Gelände erkennbar. Weiters wurden sämtliche äußeren Erschließungswege hinsichtlich eines kreuzungsfreien Ankommens in ihrer Funktion gut gelöst. Aufgrund der zahlreichen Atrien ist nahezu in allen Funktionsbereichen eine hohe Tageslichtqualität ableitbar. Darüber hinaus ist ein durchgängig gestaltetes Freiraumkonzept inkl. perfekter Anordnung eines Therapiegartens unter Ausnutzung der Geländeverschneidung in den Darstellungen erkennbar. Die mit dem Ort vorhandenen Gegebenheiten, einerseits geprägt durch die westliche kleinteilige Siedlungsstruktur, sowie die angrenzende östliche Dorfkernstruktur, wird durch den Architekturansatz dieses neuen Spitals nicht verschlechtert, sondern ermöglicht ein Potenzial einer angemessenen Weiterentwicklung für diesen Bereich der Marktgemeinde Stainach-Pürgg.
Insgesamt zeigt der gesamte Entwurfsansatz wenig bis keine Schwächen trotz der komplexen Aufgabenstellung. Dahingehend erfolgt ein einstimmiger Beschluss aller Stimmmandatare aus der Architekturjury, dieses Projekt zum Siegerprojekt zu küren. Für das Weiterarbeiten am gegenständlichen Projekt empfiehlt das Preisgericht lediglich die Bettenzimmer sowie den Logistikbereich im Untergeschoss geringfügig anzupassen. Das Preisgericht freut sich über diese ausnehmend positive und maßvolle Lösung der Bauaufgabe an diesem besonderen Ort in der Marktgemeinde Stainach-Pürgg.
Grundriss Erdgeschoß

Grundriss Erdgeschoß

Grundriss Obergeschoß

Grundriss Obergeschoß

Lageplan

Lageplan