Nichtoffener Wettbewerb | 07/2022
Neubau des Bauhofs in WeiĂenburg in Bayern
©GHBA
Modellfoto Bauhof WeiĂenburg
Anerkennung
Preisgeld: 5.000 EUR
Landschaftsarchitektur
ErlÀuterungstext
Was ist los auf dem Dach?
Mit dem Neubau des Bauhofs der Stadt mehr als 6.000 mÂČ GrĂŒnflĂ€che zurĂŒckgeben und gleichzeitig mehr NutzflĂ€che zur VerfĂŒgung stellen.
Das Mikroklima verbessern. Mehr Energie produzieren als verbrauchen. Hohe FlexibilitĂ€t fĂŒr Planung, Nutzung und Erweiterbarkeit schaffen.
StĂ€dtebauliche EinfĂŒgung und Freiraum
Auch wenn es erst einmal befremdlich klingen mag: mit dem Neubau von Bauhof und GĂ€rtnerei wird erst neuer Freiraum geschaffen - auf dem Schutzdach. Das heterogene gewerbebauliche Umfeld formuliert keine besonderen Anforderungen an die EinfĂŒgung. Die eigenstĂ€ndige Ausbildung eines neuen Typus Bauhof bringt (augenzwinkernd) stĂ€dtebauliche Verbesserung ins Gebiet und ist damit auch auf eine sozio-kulturelle Art nachhaltig.
FunktionserfĂŒllung und Nutzbarkeit
Die einzelnen Funktionen ordnen sich unter - aber auch auf der DachflĂ€che. Die GĂ€rtnerei befindet sich in der Nordostecke, nahe bei der GrundstĂŒckszufahrt. Die Nordfassade wird geprĂ€gt durch die regelmĂ€Ăige Anordnung der SchĂŒttgutboxen. Die dahinter befindlichen Kalthallen 1. Und 2. BA bilden das Auflager fĂŒr die möglichen Zwischenebenen eines 3. BA. Die Salzsilos sind in der SĂŒdwestecke nahe der Bahnlinie angeordnet. Hier â hinter dem GebĂ€ude - Die Fahrzeughalle ist mit den umfahrbaren StellplĂ€tzen und den seitlich platzierten Auf- und AbladeflĂ€chen gut organisiert. Sie ist um ca. 300 mÂČ erweiterbar.
Konstruktion und Nachhaltigkeit
Der Begriff âNachhaltigkeitâ kommt aus der Forstwirtschaft - fĂŒr den sechstgröĂten kommunalen Waldbesitzer Bayerns also eine SelbstverstĂ€ndlichkeit, mit Holz zu bauen. GebĂ€udehĂŒlle und Dachkonstruktion werden deshalb aus dem nachhaltigen Werkstoff Holz angefertigt. Im Holz wird klimawirksam COÂČ gespeichert und auf lange Zeit gebunden. Die Holzbauweise benötigt auch weniger fossile Energie fĂŒr seine Herstellung als andere, konventionelle Baumaterialien. Das auskragende Dach schĂŒtzt zusĂ€tzliche FlĂ€chen, die Ein- und Ausfahrten und entlastet die statische Konstruktion des Raumfachwerks. Die StĂŒtzen des Dachs werden ebenfalls rĂ€umlich aufgefasst. Dort lassen sich TreppenhĂ€user, ein Lastenaufzug, der Wassertank, das Hackschnitzelsilo, ein GrĂŒnschnittstĂŒtzpunkt u.v.m. unterbringen. Sie dienen als eingespannte StahlbetonstĂŒtzen auch der Aussteifung des Bauwerks.
Gestaltung und MaterialitÀt
Unter der ruhigen und kraftvollen Ausbildung des Schutzdaches finden die unterschiedlichsten Nutzungen und diversen Lagermaterialien âihrenâ Platz. Das Dach ist neben seiner Schutzfunktion die formale Klammer, die alles zusammenhĂ€lt. Dadurch wird auch der Einsatz von sogenannten âCradle-to-Cradle-Materialien (âurban miningâ) gut möglich.
Wirtschaftlichkeit und Realisierbarkeit
Die ModularitÀt der Bauweise mit ihren entstehenden Kleinserien ist wirtschaftlich. Die hohe Vorfertigung sichert eine kurze Bauzeit bei guter QualitÀt.
Energetisches Konzept
Ziel unseres energetischen Konzeptes ist eine Anlage mit einer positiven Betriebsbilanz, welches sich den klimatisch geĂ€nderten Anforderungen im Innen- und AuĂenraumklima stellt. Das Dach von Bauhof und GĂ€rtnerei bietet dafĂŒr groĂes Potential. Es ist gleichzeitig EnergieerzeugungsflĂ€che, Energiespeicher und RetentionsflĂ€che mit BiodiversitĂ€tsqualitĂ€t. Die Bauteile dafĂŒr sind extensive DachbegrĂŒnung mit Regenwasserspeicher, eine aufgestĂ€nderte Photovoltaik-Solaranlage als Hybridsystem in Kombination mit IndustriefuĂbodenbeizungen in den temperierten Hallen und dem Wassertank als Energiespeicher. Das Dach als permanenter Wasserspeicher in Kombination extensiver DachbegrĂŒnung trĂ€gt zur Artenvielfalt und BiodiversitĂ€t in der Stadt bei. ZusĂ€tzlich kann durch Verdunstung das Klima im und um das GebĂ€ude verbessert werden. Die aufgestĂ€nderte PV-Hybridanlage Anlage ist gleichzeitig Stromproduzent und mit dem Solarthermie-FlĂ€chenkollektor Energieproduzent fĂŒr die WĂ€rmepumpe zum Heizen und KĂŒhlen. StromĂŒberschĂŒsse werden als Ladestrom fĂŒr die E-MobilitĂ€t genutzt oder ins öffentliche Netz zurĂŒckgespeist. Das energetische Konzept ermöglicht es, dass das GebĂ€ude mehr Energie produziert als es verbraucht.
Beurteilung durch das Preisgericht
Ein groĂes, quadratisches Dach als begrĂŒnte FlĂ€che bestimmt den ökologischen FuĂabdruck des GebĂ€udes und definiert die stĂ€dtebauliche Setzung auf dem GrundstĂŒck.
Unter diesem Dach sind alle raumbildenden Nutzungen des Bauhofs untergebracht. In den verbleibenden RestflĂ€chen sind folgerichtig die notwendigen LagerflĂ€chen angeordnet. Das groĂe Dach in Verbindung mit dem durch die Konstruktion entstehenden Bauvolumen dominiert die angrenzende Bebauung.
Die Anordnung der StellplĂ€tze in der Fahrzeughalle ist schlĂŒssig und folgt den funktionalen Anforderungen. Das groĂe Dach bedingt, dass der zweite Bauabschnitt quasi gleich mitgebaut wird. Eine Bauabschnittsbildung erscheint dadurch schwierig.
Die gewĂ€hlte Dachform setzt Schwerpunkte. Sie gibt Eckpunkte vor, denen sich die funktionalen Anforderungen des Bauhofs offensichtlich unterordnen mĂŒssen. Dies gelingt in weiten Teilen, fĂŒhrt aber zu einer deutlichen Erhöhung des zu bauenden Volumens.
Das aus der im Entwurf dargestellten Dachkonstruktion resultierende groĂe Raumvolumen konterkariert jedoch den ökologischen und ökonomischen Anspruch der Leitidee. Diese Leitidee wird grundsĂ€tzlich positiv bewertet, die Gedanken zum GebĂ€ude und zum Stadtklima sind nachvollziehbar und werden anerkannt. Jedoch wird die Umsetzung dieser Idee durch ein ĂŒberdimensioniertes Tragwerk und eine entsprechende VergröĂerung des zu beheizenden Volumens in weiten Teilen erkauft. Dieses Tragwerk fĂŒhrt zudem zu einer Erhöhung der Gesamthöhe des GebĂ€udes mit einer daraus resultierenden aufwĂ€ndigen ErschlieĂung der Verwaltungs- und PersonalrĂ€umlichkeiten auf dem Dach. Dies haben die Verfasser anscheinend schon selbst bemerkt, da sie eine alternative Anordnung dieser RĂ€ume in der Ebene +1 vorschlagen. Die auf dem Dach vorgesehenen FlĂ€chen fĂŒr FolienhĂ€user der GĂ€rtnerei erfordern im Betrieb einen hohen Aufwand bei der Verund Entsorgung.
GrundsĂ€tzlich bietet der Entwurf einen sehr interessanten und bedenkenswerten Ansatz im Umgang mit den ökologischen Notwendigkeiten unserer Zeit. Dies wird ausdrĂŒcklich begrĂŒĂt. Zweifel entstehen jedoch bei der Umsetzung dieser vorgeschlagenen Idee im Rahmen der ökonomischen Möglichkeiten. Der Bruttorauminhalt des GebĂ€udes ist im Vergleich zu hoch, was sicher in der Herstellung und im Unterhalt zu erheblichen Aufwendungen fĂŒhren wird.
Freiraum:
Nahezu alle Nutzungen des Bauhofs werden unter einem begrĂŒnten Dach untergebracht. Somit wird die Versiegelung, die das Bauvorhaben verursacht, nahezu komplett ausgeglichen: RegenwasserrĂŒckhaltung/- bewirtschaftung, Reduzierung der Aufheizung und damit Verbesserung des Kleinklimas, Artenschutz und Energiegewinnung wird dadurch ermöglicht.
Die AufenthaltsrĂ€ume auf dem Dach fĂŒr die BauhofmitarbeiterInnen gewinnen hiermit an QualitĂ€t, gleichzeitig ist jedoch die Erreichbarkeit erschwert.
Zur StraĂe hin wird der Baumbestand vollstĂ€ndig erhalten. Die Integration von LĂ€ngsparkern erscheint fraglich, da der Raum sehr beengt ist und die StellplĂ€tze im Kronentraufbereich gebaut werden.
Die Halle ist komplett umfahrbar, jedoch sind die zu befahrenden RĂ€ume dabei sehr knapp bemessen. Die offenen LagerflĂ€chen orientieren sich dabei schlĂŒssig zur Bahn.
©GHBA
Modellfoto Bauhof WeiĂenburg
©GHBA
PrÀsentationsplan 01
©GHBA
PrÀsentationsplan 02
©GHBA
PrÀsentationsplan 03