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Geladener, nicht-anonymer kooperativer einstufiger Generalplanerwettbewerb | 07/2022

Neubau KEBA Technologiepark in Linz (AT)

1. Preis

Franz&Sue

Architektur

Erläuterungstext

Kommunikation ist alles

Das international tätige Unternehmen KEBA hat für seinen geplanten Technologiepark in Pasching und Leonding bei Linz einen Architekturwettbewerb ausgelobt – hier neben der Bundesstraße sollen Büro- und Produktionsflächen mit Strahlkraft entstehen, die die Unternehmenskultur nach außen tragen. Flexibilität und Nachhaltigkeit sind wesentliche Faktoren. Ein Wettbewerb ganz nach unseren Vorstellungen. Unser Siegerentwurf vernetzt nun die Arbeitswelten zwischen Office und Produktion, bezieht den Außenraum mit ein und setzt auf ressourcenschonende Kreislaufwirtschaft.

1968 in Linz gegründet, zählt KEBA heute 2.000 Mitarbeitende in 16 Ländern. Das Unternehmen hat sich auf Automationslösungen spezialisiert, entwickelt etwa Steuerungslösungen aus Hard- und Software für Roboter und Maschinen, Paketabholstationen, E-Ladestationen und Antriebslösungen für Windräder. Der neue Technologiepark nahe der PlusCity Linz soll den steigenden Bedarf an Produktionsflächen und Büroarbeitsplätzen decken und einen Campus schaffen, der die Unternehmenswerte nach außen sichtbar macht.

Mit Team mitwachsen

Voraussetzung bei diesem Wettbewerb war, dass die Hallen und Büroräume in mehreren Bauphasen entstehen – je nach Bedarf des Unternehmens. Um diese Flexibilität zu gewährleisten, begannen wir beim Entwurf mit den Produktionshallen, die wir ins Grundstück reinschieben und mit einem zentralen Logistikhof im Süden konzipieren. So ist eine Erweiterung der Hallen an den Außenseiten problemlos möglich. An der Nordseite der Hallen können nun die erweiterbaren Bürotrakte andocken. Diese strecken ihre Finger zur Produktion und sorgen so für schnellen Austausch und direkte Kommunikation fürs gemeinsame Entwickeln der Hightech-Geräte – es entsteht ein vernetztes Gebäudeensemble, das nach außen hin wachsen kann. Die Produktionshallen per se sind ebenso flexibel gestaltet: Tragwerksstruktur, Brandschutz und Versorgungstechnik sind so aufeinander abgestimmt, dass sie sich auf das zukünftige Logistikkonzept anpassen – je nachdem, wie viel Raum für Produktion, Labor, Lager und Instandhaltung benötigt wird. Atrien lockern die riesigen Flächen auf, sorgen für Tageslicht und schaffen einen Bezug zum Außenraum.

Offen und hierarchiearm

Eine selbstverständliche Architektur ist bei diesem Projekt besonders wichtig, denn die MitarbeiterInnen teilen sich die Arbeitsplätze, es gibt keine fixe Sitzplatzordnung. Vielmehr sind Bereiche für unterschiedliche Arbeitsroutinen geplant: solche mit Stehtischen, für konzentriertes Arbeiten und für Besprechungen. All diese Funktionen haben wir im äußeren Band in einer Kammstruktur angesiedelt, die sich zur Natur orientiert. Von hier haben die MitarbeiterInnen den Weitblick nach Pasching, bodentiefe Fenster versorgen den ganzen Raum mit Licht, die vorgelagerte Balkonzone sorgt für genügend Pausenflächen im Freien. Eine Magistrale verzahnt das äußere Band mit den Produktionshallen, sie ist die kommunikative Achse und schafft Blickbeziehungen zwischen Büros und Fertigung.

Herzstück Cafeteria

Unter den Büroflächen liegt im Erdgeschoß die öffentliche Zone: Beim Eingang befindet sich ein Flagshipstore, spazieren die BesucherInnen und MitarbeiterInnen die Magistrale entlang, gelangen sie zu Konferenz- und Schulungsräumen sowie zur Cafeteria. Diese ist übrigens so angeordnet, dass sie den Mittelpunkt markiert und alle Mitarbeitenden den gleich langen Weg zum Mittagssnack zurücklegen.

Ruhe und Rhythmus

Um den Vorbeifahrenden nicht nur wuchtige Produktionshallen zu zeigen, sondern ein architektonisches Markenzeichen zu setzen, planen wir eine multifunktionale und filigrane Metallkonstruktion an der Südfassade. Sie bricht die Wuchtigkeit auf. An ihr befestigt sind sensorgesteuerte Photovoltaikelemente, die dem Sonnenverlauf folgen. Zusätzlich wird die Konstruktion begrünt und stellt eine Pufferzone zur viel befahrenen Bundesstraße dar. Generell setzen wir auf CO2-neutrale Materialien und auf rezyklierbare und schadstofffreie Baustoffe. Die Produktionshallen benötigen zwar aufgrund der hohen Lasten Stahlbeton, Obergeschoß und Dach der Hallen konstruieren wir jedoch in Holzbauweise. Das Dach des Bürogebäudes wird intensiv begrünt, der Heiz- und Kühlbedarf kann durch erneuerbare Energiequellen gedeckt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Erschließung
Das Erschließungskonzept überzeugt durch klare, effiziente Wegeführung und frühzeitige Entflechtung der Verkehrsströme. Der weit im Osten positionierte Haupteingang bietet für Besucher:innen eine klar definierte Ankommenssituation auf kürzestem Weg .Die Bündelung aller Ladetätigkeiten um einen zentralen Logistikhof im Süden ist flächeneffizient, erlaubt die Erweiterung der Hallen an den Außenseiten und spielt die repräsentative Südfassade gestalterisch frei. Das schnelle Abtauchen der PKW in die Tiefgaragen unter die Hallen minimiert Straßenlängen. Eine natürliche Belichtung und Belüftung der Tiefgarage über abgesenkte, grüne Höfe oder Böschungen wird angeregt und könnte die Qualität der Tiefgarage noch wesentlich erhöhen.

Freiraumqualität
Das Freiraumkonzept sieht im Norden des Bürogebäudes, als sanfter Übergang zum Landschaftsraum, einen verkehrsfreien, lärmgeschützten und naturnah gestalteten Park mit hohem Arbeits- und Freizeitwert für alle Mitarbeiter:innen vor. Die kammartige Bebauungsstruktur des Bürotraktes verzahnt sich mit diesem über windgeschützte kleinteilige Höfe. Terrassen und Balkone ermöglichen eine direkte Freiraunutzung aus allen Bürogeschoßen. Um den zentralen südlichen Ladeplatz sind gebäudebegleitende Grünbereiche angedeutet, die hinsichtlich ihrer Aufenthaltspotentiale noch erweitert und entwickelt werden sollten.

Innere Wegführung
Die innere Erschließung erfolgt über eine zentrale Magistrale mit natürlicher Belichtung und Freiraumbezug auf beide Seiten. Das sorgt für hohe Aufenthaltsqualität, einfache Orientierung und unterstützt die gewünschte enge Verzahnung von Campus und Produktionsbüros auf allen Ebenen. Die hohe Anzahl der Stiegenhäuser ist zu hinterfragen und ggf. zu optimieren. Die Lage der Küche ermöglicht derzeit keine direkte Anlieferung dieser. Zudem ist die Umlegung des Flagshipstores in die Produktionshalle in Bezug auf Sicherheit und Raumgewinn im Eingangsbereich zu prüfen.

Arbeitsplatzqualität(en)
Die dreigeschoßige Kammstruktur bietet gleichwertige Arbeitsbedingungen mit optimaler Belichtung und maximalem Außenraumbezug für alle Bürobereiche. Das Konzept schafft eine gute Balance zwischen Begegnungs- und Rückzugsmöglichkeiten und bietet Potential für eine flexible Bespielung und qualitative Vernetzung der Bereiche und Ebenen. Die Produktionsbüros docken direkt an Halle und Magistrale an und sind damit integraler Bestandteil der Bürolandschaft, was die KEBA Unternehmenskultur der flachen Hierarchien und Gleichwertigkeit maximal unterstützt. Die weitgehend freigestellten Produktionshallen sind über Fassaden, Sheddach und ein begrüntes Atrium optimal mit Tageslicht versorgt und über mehrere Zugänge gut und direkt an Büros und Freiräume angeschlossen. Die Proportion der Produktionshalle ist noch mit der Produktionslogistik abzustimmen.

Gestaltungsqualität
Der Entwurf überzeugt durch eine klare Setzung der Baukörper mit gleichzeitig hoher Stringenz und Gelassenheit. Es gelingt die komplexen Anforderungen in wohltuende Einfachheit zu übersetzen. Das Projekt reagiert dabei auf die heterogenen Randbedingungen in idealer Weise. In Richtung Straße und Gewerbegebiet im Süden erzeugt die klare Struktur und Setzung der Hallen Ruhe und Rhythmus. Im Norden bildet der dreigeschoßige gegliederte Bürotrakt ein verbindendes Rückgrat zwischen Produktion und Naturraum im menschlichen Maßstab. Das südseitige Fassadenkonzept der Hallen, mit integrierten Fluchtwegen, Begrünung und PV Paneelen, vereint funktionale und ökologische Qualitäten mit identitätsstiftender Gestaltqualität. Noch weiterzuentwickeln sind aus Sicht der Jury die Qualitäten der Südfassade des Bürotraktes. Räumliche Erweiterungen an der Magistrale könnten hier sowohl funktional als auch gestalterisch einen Mehrwert erzeugen. Auf eine hochwertige und ansprechende Ausgestaltung der den Logistikhof begrenzenden Fassaden ist besonderes Augenmerk zu legen.

Ökonomie & Ökologie
Das Projekt verspricht hohe Wirtschaftlichkeit in Konstruktion, Herstellung und Betrieb. Es werden sowohl technische Konzepte der Vorfertigung, Rückbaubarkeit und Recyclierbarkeit als auch klassische ökologische Kriterien wie geringe Flächenversiegelung oder Biodiversität angesprochen. Der Einsatz einer Wärmepumpe mit Geothermie und Grundwassernutzung, Photovoltaik sowie die Nutzung von Brunnen- und Regenwasser tragen zu einem nachhaltigen Kreislauf bei. Auch die Umsetzung energiesparender Maßnahmen mittels hocheffizienter Wärmerückgewinnung und einem Free-Cooling System sind angedacht.

Insgesamt erfüllt das Projekt die komplexe Aufgabenstellung auf allen Ebenen in überzeugender Weise.
Lageplan

Lageplan

Grundriss EG Ausschnitt

Grundriss EG Ausschnitt

Grundriss RG Ausschnitt

Grundriss RG Ausschnitt

Grundriss Regelgeschoß

Grundriss Regelgeschoß

Schnitt

Schnitt