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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2022

Neugestaltung Marktplatz in Sindelfingen

Blick zum Marktplatz

Blick zum Marktplatz

2. Preis

Preisgeld: 24.000 EUR

GREENBOX Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

NEUES LEBEN FÜR DAS HERZ DER STADT
Im gegenwĂ€rtigen Zustand zeigt sich die Gestaltung des Marktplatzes Sindelfingen in einem in die Jahre gekommenen Gewand. Der GroßzĂŒgigkeit dieses Platzes und den daraus resultierende Blickachsen, etwa auf das GaleriegebĂ€ude, stehen MĂ€ngel wie undefinierte PlatzrĂ€nder, eine stellenweise wilde Mischung verschiedener BodenbelĂ€ge sowie das oftmalige Fehlen an AufenthaltsqualitĂ€t gegenĂŒber. Zahlreiche und regelmĂ€ĂŸig stattfinden temporĂ€re Veranstaltungen, insbesondere der MĂ€rkte, bespielen diesen zentral gelegenen Platzraum, der ansonsten ĂŒberwiegend als Transitraum fungiert. Dieser Situation vorausgesetzt gilt es den Marktplatz Sindelfingen und die angrenzenden TeilrĂ€ume neu zu qualifizieren und erlebbar zu machen.
Der Entwurf gliedert den zuvor undefinierten Platzraum bewusst in drei unterschiedliche Teilbereiche, um diese auch abseits der Markttage stĂ€rker zu beleben und als hochwertige StadtrĂ€ume zu qualifizieren. So ergeben sich drei wesentliche Bereiche mit unterschiedlichen QualitĂ€ten und AnsprĂŒchen: der baumreiche Planieplatz, der als Knotenpunkt wichtige Bereiche der Sindelfingener Innenstadt miteinander verbindet; der großzĂŒgige Marktplatz, der durch die neue Platzintarsie samt Einfassung eine markante und klar ablesbare Form erhĂ€lt; der im Osten anschließende Vorplatz der Galerie, der dem wichtigen GebĂ€ude einen angemessenen Freiraum vorsetzt. Mit Hilfe des einheitlichen Möblierungskonzepts, der Wahl eines einheitlichen Materialkanons und durch neue sowie bestehende Baumsetzungen, GrĂŒnflĂ€chen und Sitzgelegenheiten werden die Platzsituationen sinnvoll gegliedert und als klar ablesbares Gesamtensemble im Zentrum Sindelfingens ausgebildet.
Der Eindruck eines zusammenhĂ€ngenden Stadtzentrums soll auch im Ideenteil fortgesetzt werden. Bereits ab dem Hauptbahnhof Sindelfingen werden Besucher zukĂŒnftig von einem einheitlichen Möblierungskonzept abgeholt und in Richtung des Marktplatzes gelenkt. Hochbeete mit Staudenpflanzungen sowie neue Baumpflanzungen werten die verschiedenen StraßenrĂ€ume auf und schaffen eine deutlich grĂŒnere Verbindung ins Zentrum der Stadt. Abgehend vom Planieplatz als Knotenpunkt werden durch die neue Gestaltung außerdem wichtige fußlĂ€ufige Verbindungen, etwa zum Alten Friedhof, zum Klosterseepark oder in die Altstadt erschlossen und betont. ZusĂ€tzlich wird die Planiestraße in gesamter LĂ€nge durch neue GrĂŒnflĂ€chen und Sitzgelegenheiten aufgewertet und die Parkplatzdichte zugunsten von spezifisch an bestimmte Gruppen (z.B. Menschen mit Behinderung, Eltern-Kind) angepasste StellplĂ€tze reduziert. So soll der Verkehrsfluss reduziert werden, da der Großteil der Besucher direkt ins Parkhaus fahren und nicht lĂ€nger auf einen freien Parkplatz in der Planiestraße hoffen soll. Die Straße kann so die Funktion eines verknĂŒpfenden Boulevards ĂŒbernehmen.

Marktplatz: Das Herz der Innenstadt
In seiner AusprĂ€gung bleibt der Marktplatz weiterhin ein Ort der Offenheit und Nutzungsvielfalt. Die ruhige und zurĂŒckgenommene Gestaltung inszeniert die neugeschaffene Platzintarsie, das GaleriegebĂ€ude sowie die begrĂŒnten und belebten Platzkanten. Jeweils zwei Trittstufen signalisieren dem Besucher das Betreten des Marktplatzes. Durch die neuen, den Raum zu beiden RĂ€ndern aufwertenden GrĂŒnflĂ€chen, Sitzgelegenheiten und Baumpflanzungen entstehen einheitliche Platzkanten, die Aufenthaltsmöglichkeiten generieren. Die belebten Platzkanten lassen sich auch von der angrenzenden Gastronomie bespielen. Die PlatzflĂ€che hebt sich als hochwertige Marktplatz-Intarsiere von der Umgebung ab. Das großzĂŒgige Wasserspiel mit bodennahen FontĂ€nen-Feld auf der Marktplatz-Intarsiere ist ein Highlight und soll besonders an heißen Tagen BesucherInnen dazu einladen, sich auf dem Platz aufzuhalten und die KĂŒhle des Wassernebels zu genießen. Die neuen Sitzsteine unmittelbar in WassernĂ€he sowie die Sitzelemente angeschlossen an die Staudenbeete in der NĂ€he bieten die Möglichkeit fĂŒr kurzes Sitzen oder lĂ€ngere Aufenthalte. So entsteht so ein neuer Lieblingsort im Herzen Sindelfingens mit unterschiedlichen rĂ€umlichen QualitĂ€ten, welche sowohl im Alltag auch an Markttagen zum Verweilen einladen.
An Markttagen kann das Wasserspiel innerhalb weniger Minuten entleert werden und so zusĂ€tzlichen Platz fĂŒr Marktwagen generieren. Der Marktplatz wird bewusst offengehalten, um auch in Zukunft die verschiedene MĂ€rke durchfĂŒhrbar zu machen und flexibel auf sonstige Veranstaltungen reagieren zu können. Die Zu- und Abfahrt fĂŒr anliefernde Fahrzeuge erfolgt ĂŒber die beiden Platzseiten im Osten und Westen.

Planieplatz: Ein „grĂŒnes Wegekreuz“ unter BĂ€umen
Am sĂŒdlichen Ende der Planiestraße entsteht eine PlatzflĂ€che, die durch die hochstĂ€mmigen BĂ€ume des Bestands sowie zusĂ€tzlichen Neupflanzungen ĂŒber ein BlĂ€tterdach mit angenehmem Schattenwurf verfĂŒgt. Mit Hilfe von zusĂ€tzlichen Staudenbeete grenzt sich das Zentrum dieses Platzes von seinen RĂ€ndern ab, öffnet sich aber in Richtung des Marktplatzes. AufenthaltsqualitĂ€t wird durch mehrere Sitzgelegenheiten sowie durch ein Kinderspielbereich generiert. Der offene Marktplatz bekommt mit dem Planieplatz ein grĂŒnes Eingangsportal, das sich bewusst von der Offenheit und GroßzĂŒgigkeit des Marktplatzes abgrenzt. Die GrĂŒnflĂ€chen und BĂ€ume leisten einen positiven Beitrag fĂŒr das Mikroklima, gleichzeitig hĂŒllen sie die Zufahrt zur Tiefgarage in ein „grĂŒnes Gewand“ und ordnen den Raum durch ihre Platzierung geschickt in Randbereiche, Zentrum und Passage zwischen Marktplatz und Altstadt/Mercedesstraße.

Vorplatz der Galerie: Die Galerie in Szene gesetzt
Der Bereich vor der Galerie bleibt wie auch im Bestand weitestgehend frei von Baumsetzungen oder GrĂŒnflĂ€chen, um die Blickbeziehung von Westen zum GebĂ€ude nicht zu verstellen. Um dem GebĂ€ude einen angemessenen Vorplatz zu schenken, wird von der GebĂ€udekante bis zur Marktintarsie ein einheitliches Pflaster vorgeschlagen. Im Bereich der Fahrbahn hebt sich dieser Belag durch sein Format, die Ausrichtung und ein flaches Bord ab, sodass die Straße weiterhin als solche erkenntlich ist, aber eine weniger starke Zensur darstellt. Nördlich und sĂŒdlich wird der Vorplatz durch die Baumsetzungen der GrĂŒnen Eingangs-Portale begrenzt. GegenĂŒber der Marktplatzintarsie grenzt sich der Vorplatz durch die Treppenstufen sowie die breite Einfassung der Marktintarsie ab. Als wesentliches Element bespielt der identitĂ€tsstiftende Freundschaftsbrunnen den ansonsten bewusst offen gehaltenen Vorplatz der Galerie.

Material, Regenwasserbewirtschaftung und Stadtklima
FĂŒr den Entwurf wurden im Wesentlichen zwei BelĂ€ge gewĂ€hlt. Die Platzintarsie besteht aus kleinformatigem Naturstein (15 x 15 cm) in Reihenverband. Der Planieplatz, der Vorplatz der Galerie sowie die Bewegungsbereiche des Ideenteils bestehen aus einem Betonstein mit Natursteinvorsatz in unterschiedlichen Farbnuancen in wildem Verband. Die Fahrspur vor der Galerie sowie dem sĂŒdlichen Abschnitt der Planiestraße soll zugunsten der Belastbarkeit aus gleichfarbigem Betonstein bestehen. Fahrspuren, Platzintarsie sowie Staudenbeete werden mit einem hellen Betonstein eingefasst. In gleicher MaterialitĂ€t sollen auch die Stufen zum Marktplatz und dessen Einfassung gefertigt werden.

Anfallendes Regenwasser wird oberflĂ€chlich der Platztopografie folgend ĂŒber Sammelleitungen in spezielle Speicherschichten eingeleitet, welche unmittelbar unter den Hochbeeten platziert wurden. Diese Speicherschicht ist Teil der WurzelrĂ€ume der BĂ€ume, sodass hier gespeichertes Regenwasser langsam verdunstet werden kann. So entstehen mit Hilfe von VerdunstungskĂŒhlung positive Effekte auf das Microklima des Marktplatzes und der umliegenden Bereiche. Alle Speicherschichten stehen durch NotĂŒberlĂ€ufe in Kontakt, sodass ĂŒbermĂ€ĂŸiges Regenwasser weiterhin effektiv abgeleitet werden kann. Das neue Wasserspiel kann ebenfalls mit Regenwasser betrieben werden. Eine Filteranlage sowie eine Vorfiltration ĂŒber die Speicherschicht bzw. belebte Bodenschicht der Hochbeete sorgt fĂŒr eine entsprechende WasserqualitĂ€t.
Den 15 im Zuge der Tiefgaragensanierung gefĂ€llten BĂ€ume im Realisierungs- und Ideenteil steht die Neupflanzung von 22 BĂ€umen im Realisierungsteil (+37 Neupflanzungen im Ideenteil) gegenĂŒber, was wiederrum fĂŒr positive microklimatische Effekte sorgt, da eine erhöhte Anzahl an BĂ€umen fĂŒr insgesamt mehr beschattete FlĂ€che sorgt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Entwurfs Verfasserinnen gliedern den Marktplatz in drei Teilbereiche: Einen grĂŒnen Planie-Platz, eine so genannte Intarsie im Kernbereich des Marktplatzes und einen der Galerie vorgelagerten Vorplatz.

Die gewĂ€hlte Gliederung bildet die heutigen Funktionsbereiche ab und setzt die bestehenden Anforderungen gestalterisch um: Die in den durchgehenden ruhigen Platzbelag aus Betonstein mit Natursteinvorsatz eingelassene IntarsienflĂ€che aus kleinformatigem Natursteinpflaster ist im Nordosten um zwei Stufen eingesenkt, im SĂŒdosten hebt sie sich mit abgerundeter Eckausbildung aus dem GelĂ€nde hervor. Dieser Eingriff macht die Intarsie nicht nur zweidimensional, sondern auch rĂ€umlich in einer Form erlebbar, die die Nutzung als Wochenmarkt nicht beeintrĂ€chtigt. Zugleich lĂ€dt insbesondere der Topografiesprung im Nordosten zum Sitzen ein und ermöglicht eine andere Perspektive auf das Platzgeschehen.

Der der Galerie vorgelagerte Platz ist als eigenstĂ€ndiges Element als solches im Konzept beschrieben, aber im Entwurf in Richtung der StraßenrĂ€ume nicht abgegrenzt. Die dargestellte FortfĂŒhrung des Pflasterbelags in die angrenzenden Straßen- und PlatzrĂ€ume hinein wirkt gleichwohl stimmig und angemessen und ermöglicht verschiedene VerkehrsfĂŒhrungen. Durch geschickte ErgĂ€nzung der BestandsbĂ€ume wird die Galerie aus westlicher Blickrichtung gerahmt. Die in der Vaihinger Straße platzierten Baumtore wirken ebenfalls stimmig.

Der Planieplatz ist wie der Galerievorplatz relativ zurĂŒckhaltend mit zusammenhĂ€ngendem Belag versehen. Die hier vorgeschlagenen großen GrĂŒninseln erzeugen eine baumĂŒberstandene Platzzone, die als „GrĂŒner Filter“, angereichert mit Spiel- und Aufenthaltselementen, zwischen Altstadt und Marktplatz vermittelt. Eine FortfĂŒhrung des GrĂŒnthemas in die Altstadt hinein erscheint denkbar. Auch die Zufahrt zur TG Spindel ist mit BĂ€umen ĂŒberstellt und bietet Aufenthaltsmöglichkeiten unter einem grĂŒnen Dach.

Die am nördlichen und sĂŒdlichen Rand der Intarsie platzierten Pflanzinseln mit BĂ€umen, Stauden und Sitzkanten wirken praktikabel, aber wenig spannungsvoll. Außerdem wird den gesteigerten Anforderungen an Beschattung im nördlichen Intarsienteil nicht ausreichend Rechnung getragen. Der Entwurf ermöglicht auf beiden LĂ€ngsseiten der Intarsie eine gute Bespielbarkeit der EG-Zonen, schafft gute Voraussetzungen fĂŒr Außengastronomie und ermöglicht das leichte Durchqueren und attraktive Blickbeziehungen. Positiv ist insbesondere anzumerken, dass durch die Baumbeete keine „Abriegelung“ zwischen den GebĂ€udevorzonen und der PlatzflĂ€che entsteht.

Der Freundschaftsbrunnen wird an bisheriger Position belassen, durch eine Bauminsel mit Sitzkante ergĂ€nzt und somit sinnvoll durch eine schattige Aufenthaltsmöglichkeit ergĂ€nzt. Die geschickte, außermittige Verortung des neuen FontĂ€nenfeldes im Westen der IntarsienflĂ€che belebt Planie und Marktplatz zugleich und bildet einen attraktiven Anziehungspunkt fĂŒr Jung und Alt in der Sindelfinger Innenstadt. Die vorgeschlagenen Sitz-Steine stören die Nutzung dieses FontĂ€nenfeldes wĂ€hrend des Wochenmarktes und ĂŒberzeugen weder in Lage noch Form. Insgesamt stellt der Entwurf eine schlĂŒssige und zurĂŒckhaltende Arbeit dar, die in ihren GrundzĂŒgen durchaus weiter in die angrenzenden Straßen- und PlatzrĂ€ume hinein ĂŒbertragen werden kann. Die von der Ausloberin gewĂŒnschte Unverwechselbarkeit und Klimaresilienz wird durch die dargestellten Strukturen und Elemente geschaffen. Die vorgeschlagenen Materialien erfĂŒllen aber nicht die geforderten Standards fĂŒr das „Herz der Sindelfinger Innenstadt“, hier wĂ€re eine höherwertige MaterialitĂ€t angemessener. In der Gesamtbetrachtung gelingt es den VerfasserInnen, eine zukunftsweisende Gestaltung fĂŒr den Sindelfinger Marktplatz vorzulegen.
Blick zur Altstadt

Blick zur Altstadt

Lageplan Marktplatz

Lageplan Marktplatz