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Einladungswettbewerb | 07/2022

Künstlerische Gestaltung Interkultureller Gedenkort auf dem Südfriedhof Leipzig

Garten der erinnerten Landschaften

1. Preis

Preisgeld: 400 EUR

Observatorium

Kunst

RABE LANDSCHAFTEN | ARGE STUDIO URBANE LANDSCHAFTEN

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Ein künstlerisch-landschaftlich inszenierter interkultureller, vielfältig nutzbarer Ort der Ruhe, des Erinnerns, Gedenkens, Trauerns - für die neuzugezogenen Leipziger*innen aller Kulturen, Religionen und Herkunftsländer. Ein Ort, der die Diversität der Stadt widerspiegelt und zur gedanklichen Beteiligung einlädt. Diejenigen, die aus aller Welt nach Leipzig gekommen sind, leben räumlich, nicht aber gedanklich von Heimat und Familie getrennt. Wenn sie Nahestehende oder Zurückgebliebene verlieren, dann verursacht die Distanz noch mehr Schmerz. Wohin mit diesem Schmerz oder den Gedanken, wenn das Stück Erde oder der Ort, die Landschaft, die die Getrennten teilten, fehlt? Diese Frage brachte uns auf die Idee, einen Garten der Heimattopographien zu entwerfen: eine Landschaft der fehlenden Landschaften. 
Diese künstlerisch-landschaftliche Inszenierung verleiht dem Paradoxon von Distanz und Nähe Gestalt, indem sie die Heimat als Landschaft und Vorstellung illustriert. Um diese Idee einer Wiese emblematischer Landschaften umzusetzen, ist es angebracht, die Neuzugezogenen zu fragen, welches Stück Landschaft ihnen lieb ist oder fehlt und wie dieses zu beschreiben wäre. Anhand dieses Gesprächs kreieren wir ein topographisches Tonmodell dieses Ortes der Verbundenheit. Es visualisiert sowohl ein reales Stück Erde als auch den Charakter des Erzählers: Es ist eine persönliche Topographie, oder anders gesagt, eine Topographie des Gefühls und der Erinnerung. Im Anschluss werden die unterschiedlichen Modelle in Recyclingbeton ausgeführt. Es ist noch zu entscheiden, in welchen Farben und Texturen sie gestaltet werden. Sie können begehbar oder benutzbar sein und Platz für Biotope bieten. Jede Topographie wird mit Pflanzen kombiniert, die den Charakter der erinnerten Landschaft unterstützen oder der Gartenkultur des fehlenden Ortes entsprechen. Mit dem Grundgedanken, Heimattopographien nach Leipzig zu bringen, gehen unterschiedlichen Bedeutungsebenen einher. Einerseits wird ein Stück Herkunftsland auf dem Friedhof gestaltet. 
Das kann bedeuten, dass man hier gedanklich zuhause ist. Andererseits kann es aber auch bedeuten, dass das Stück Erde einen Raum, einen Ort repräsentiert, in dem die Geliebten zurückgeblieben sind. Die Miniaturlandschaften sind damit sowohl in Leipzig als auch in den Herkunftsländern von Bedeutung. In der Summe ergeben die Erinnerungslandschaften einen fantastischen Garten, der den Südfriedhof mit seinen Garten-Erinnerungskulturen der jeweiligen Epochen um einen weiteren Kulturort bereichert. Die circa 12 präzise verteilten Heimatskulpturen bilden zusammen ein großes begehbares Gartenkunstwerk. Es lädt die Besucher ein, einen Querschnitt von persönlichen Metaphern für Heimat, Verlust und Besinnlichkeit zu besuchen, die die Lebensfragen in unserer Welt der Migration darstellen. Die Skulpturen sind Miniaturorte zum Sitzen und Gedenken, zum Niederlegen von Blumen, Briefen, Steinen und Obst oder auch zum Feiern und um Rituale abzuhalten. Buchstäblich und metaphorisch wird gärtnerisch, künstlerisch und botanisch eine Topographie des interkulturellen Gedenkens angelegt, die auch durch Schönheit und Vielfältigkeit überrascht, wie es auf einem Friedhof oft der Fall ist. Hier geschieht dies aber nicht durch Gedenkstätten in der Landschaft, sondern durch die Landschaft als Gedenkstätte. 
Vorgehensweise 
Die Art des Gesprächs mit den Neuzugezogenen und ihre Beschreibungen der erinnerten Landschaften bestimmen die Art und Beschaffenheit der Topographiemodelle, in denen Orte, Erinnerungen und Gefühle in die Dimensionen, Farben, Oberflächen und Botanik übersetzt werden. 
Pflege 
Es wird ein bescheidenes Pflegehandbuch aufgestellt, das vor allen Dingen die Pflege der Vegetation vorschreibt. Es wäre zu begrüßen, wenn die Pflege privat-öffentlich stattfindet. Ratschläge des Migrantenbeirates, des Kulturamtes und des Amtes für Stadtgrün könnten dabei behilflich sein.  

Beurteilung durch das Preisgericht

Der vorgeschlagene Beteiligungsprozess und die damit verbundene Identifikation der Neuzugezogenen Mitbürger*innen wird als besonders positiv hervorgehoben. Der Entwurf wird damit der Interkulturalität gerecht. Die Idee des fantastischen Gartens fand besonderen Anklang. Mit den einzelnen Topografien als Betonmonumente erinnert die Arbeit an historische, große Grabstätten und passt sich im Kontext des Südfriedhofs ein. Des weiteren wurde die Arbeit sehr kontrovers diskutiert. Auch im Bezug auf den offenen Ausgang des Prozesses. Für die weitere Bearbeitung sollte der Ansatz und die Begründung der Anzahl von 12 topografischen Skulpturen geschärft werden und im Hinblick auf die verfügbaren Kosten geprüft werden. Der partizipative Prozess sollte umfassend von den Verfasser*innen angeleitet werden. Auch der Migrantenbeirat sollte zwingend an diesem Prozess beteiligt werden. Es wird weiterhin empfohlen die Strauchschicht mit zu bedenken um neutralisierende Übergänge zwischen den Orten zu schaffen.