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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2022

Erweiterung Congresshalle in Saarbrücken

Perspektive

Perspektive

1. Preis

kadawittfeldarchitektur

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

GREENBOX Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Ingenieurbüro Hausladen GmbH

TGA-Fachplanung

hhpberlin - Ingenieure für Brandschutz GmbH

Brandschutzplanung

Bollinger+Grohmann

Tragwerksplanung

Erläuterungstext

Die Erweiterung der denkmalgeschützten Congress Halle in Saarbrücken an der Hafenstraße durch einen modernen, multifunktionalen Neubau (MKK) für Kongresse, Messen, Ausstellungen, Konzerte und Seminare mit etwa 10.000 m² Nutzfläche bedeutet nicht nur eine große Chance für den
Messebetrieb: Zwar entsteht ein zeichenhaftes Veranstaltungsensemble, das einen zeitgemäßen Ablauf unterschiedlichster Formate gewährleistet, gleichzeitig muss zusätzlich die stadträumliche Beziehung zwischen dem Bürgerpark, dem Saar- Ufer und dem der Stadt zugewandten Johannes-Hoffmann-Platz an der Hafenstraße durch eine neue, ungehindert durchquerbare und begrünte Verbindung einen Mehrwert für alle Bürger der Stadt schaffen.

Die grüne Verbindung von Saar, Bürgerpark und Stadt verwandelt den Ort/ das Wettbewerbsgebiet in eine Landschaft hoher Aufenthaltsqualität und in einen Treffpunkt für die Saarbrückener Öffentlichkeit.

1. Städtebauliche Einbettung und Erschließung:
Dynamischer, polygonaler Solitär
Der Neubau weist eine Maximalhöhe von etwa 15m auf (von Niveau Josef- Hoffmann-Platz). Die Grundrisskontur des neuen Gebäudes ist keineswegs rechteckig, sondern polygonal fünfeckig, um eine Hinwendung des Neubaus zum alten Haus zu erzielen. Von Osten aus betrachtet, erscheint das neue
Volumen mit einer fünften Ecke in der Fassade am Josef-Hoffmann-Platz zudem kleiner als es ist. Gleichzeitig weist die Delta- förmige Öffnung zwischen Bestandsgebäude und neuer Congress- Halle in Richtung Bürgerpark und Saar- Ufer im Südwesten. Das neue Haus wirkt wie ein freundlicher Solitär und
steht im Kontrast zum Bestandsgebäude- seine Dachkontur folgt außen den Funktionen und nötigen Höhenprofilen im Inneren, was das Objekt elegant und dynamisch wirken lässt. Zum Bestandsgebäude hin ist der Neubau möglichst flach- dort wo stadträumlich möglich, erreicht das Haus an einer Stelle (an
der Hafenstraße) seine Maximalhöhe.

Ebenerdige Verbindung zwischen Alt und Neu bei Erhalt des Zuganges Hoffmann-Platz zum Bürgerpark
Wesentlich am Entwurf ist die Lösung, den Neubau mit dem Altbau auf Stadtniveau ebenerdig zu verbinden, ohne die Zuwegung vom Hoffmann- Platz zum Bürgerpark zu schließen. So wird die alte Treppenanlage zwischen den Parkhäusern entlang des Bürgerparks und der bestehenden Kongresshalle durch eine neue, begrünte Rampe ersetzt, die etwas weiter im Osten und näher an den beiden Eingängen beider Hallen auf Stadtniveau liegt. Von dort gelangen Messbesucher, Bürger und Passanten ungehindert unter einer neuen Verbindungsbrücke, die das EG der alten mit dem EG der neuen Halle witterungsgeschützt verbindet, hindurch zum Saar- Ufer und zum Bürgerpark. Die Landschaftsarchitektur umfasst auch die Verkleidung des östlichsten Bestands- Parkdecks mithilfe einer Grün-Fassade und der Verwandlung des Wasserbeckens in eine Dachterrasse für das Foyer des Neubaus. Die neuen Grünanlagen mit barrierefreien Rampen und Treppen nehmen das Motiv von Höhen- Schichtlinien auf, die sich auch über die Fassaden des Neubau- Körpers ziehen.

Die Anlieferung der neuen Congress- Halle erfolgt ebenerdig über die Hafenstraße im Nordwesten- dort können LKWs und Sprinter am Rücken der beiden Säle im Gebäude entladen. Besucher, die ihr Auto in der Garage parken, können über einen neuen Zugang (Verbindung über Treppe und Aufzug) weiterhin
problemlos direkt in den Neubau oder in das Bestandsgebäude gelangen.

2. Architektur und Nutzung- „Entwurfsgedanke“:
Über den Johannes-Hoffmann-Platz gelangen Besucher zukünftig ebenerdig auf Stadtniveau in das neue Gebäude. Vom Foyer, dessen Fassade sich dem Altbau und dem Eingang in das bestehende Congress Centrum hinwendet, gelangt man über die multifunktionale Ausstellungsfläche in den großen und den kleinen Saal. Beide Säle sind zur Hafenstraße orthogonal ausgerichtet. In ihrem Rücken sitzen die Anlieferung, die Verwaltung und dienende Räume in einem „Riegel“ mit zwei Etagen. Auf diesem Riegel liegt eine Technikfläche die eingehaust und von außen nicht zu sehen ist. Während diese funktionale
Spange mit den beiden Sälen einen geradlinigen Rücken an der Hafenstraße bildet, lösen sich alle Foyer Flächen und eine Galerieebene aus der Orthogonalität und bieten dem Besucher räumlich spektakuläre Perspektiven, die die Orientierung nach oben und unten erleichtern. Das allgemeine Foyer erweitert sich über die neue Dachterrasse (ehemaliges Wasserbecken auf Parkhaus) in den Außenraum und lädt Besucher ein, über den Bürgerpark zur Saar zu blicken. An der Südspitze des Neubaus erreicht man nun auch über eine gedeckte Brücke- ebenen gleich- das bestehende Foyer und den alten Saal. An dieser Brücke im neuen Haus gelangen Gäste barrierefrei auf eine Empore (erstes Obergeschoss Neubau), wo sämtliche Seminarräume liegen. Überhaupt ergänzt die neue, großzügig und multifunktional bespielbare Fläche des Foyers -direkt an beiden Sälen gelegen- das Veranstaltungsprogramm. Werden die beiden Säle geöffnet, steht ein zusammenhängender Veranstaltungsort zur Verfügung. Die Säle können auch getrennt voneinander- wie gewünscht, geteilt- bespielt werden.

Garderoben und Toiletten für Besucher befinden sich im Untergeschoß direkt an den Parkhäusern auf Bürgerpark- Niveau. Besucher, die ihr Auto in der Garage parken, können über einen neuen Zugang weiterhin problemlos direkt in den Neubau gelangen.

3. Materialien, Konstruktion und Fassade:
Die Fassade des neuen MKK ist geprägt von einer horizontal gegliederten „Haut“, die sich über den gesamten Neubau zieht. Die Gestaltung nimmt nicht nur die Horizontalität des Altbaus auf, sondern interpretiert das Motiv von landschaftlich geprägten Höhenschichtlinien. Rampen, Treppen, Sitzstufen
und Pflanzbeete im Außenbereich laufen im übertragenen Sinne mithilfe horizontaler Keramiklamellen an der Fassade des Neubaus weiter: Die Verschmelzung von Landschaft und Neubau- Architektur verleiht dem Haus sein unverwechselbares Äußeres. Etwa 60cm tiefe Keramiklamellen, die im Abstand von mindestens ca. 50cm zueinander montiert sind, laufen um das Gebäude und das konturierte Dach. Am Foyer befindet sich hinter den Lamellen eine Stahl-Pfosten- Riegel- Glaskonstruktion mit stehenden Formaten (zB.: Raico Therm), sonst kommt je nach dahinterliegender Nutzung eine
Lochfensterkonstruktion (Büros) inklusive Unterkonstruktion und Wetterhaut mit Sichtanforderung sowie außenliegendem Sonnenschutz zum Einsatz. Am Dach oder an Fassaden ohne Fenster befindet sich eine orthogonal montierte, hinterlüftete Fassade zB.: aus Trapezblech.

In die Keramik- Lamellen können Pflanzbeete für Rank Pflanzen integriert werden. Die Entwässerung erfolgt fassadenseitig. Die gebrannte, naturbelassene Keramik ist ein nachhaltiges, natürliches und robustes Material, das wiederverwendet werden kann. Bis zu 1,30m lang, werden die Keramikprofile (aus
einem Stück gegossen) aneinandergehangen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die anspruchsvolle Aufgabenstellung des Wettbewerbs sucht eine Lösung für die Kombination eines reibungslosen Messe- und Kongressablaufs mit einer bestmöglichen Zugänglichkeit des Hafeninselparks. Die Verfasser*innen formulieren drei zentrale Prinzipien, die sich mit dieser Problemstellung auseinandersetzen und den „gordische Knoten“ entwirren:

1. Die ebenerdige Verbindung zwischen Neu und Alt bei Erhalt des Zugangs zum Bürgerpark,
2. ein dynamischer polygonaler Solitär
3. die vermittelnde Dachkontur des Neubaus.“

Die für den Messebetrieb relevanten Funktionen großer und kleiner Saal und Log Point sind auf einer Ebene im Erdgeschoss angeordnet und funktional sehr gut verknüpft. Der Haupteingang und das Foyer sind großzügig dimensioniert und bieten vielfältige Möglichkeiten für Ausstellungen und Events. Die Seminarräume liegen im 1.OG und sind direkt über das Foyer zu erreichen. Der Besucher kann sich gut orientieren und alle Flächen sind variabel kombinierbar. In die bestehende Halle gelangt man über eine verglaste Brücke, die auch eine direkte ebenerdige Verknüpfung aller bestehenden und neuen Flächen und Säle ermöglicht. Die funktionalen Anforderungen des Messeund Kongressbetriebs sind gut durchdacht und lassen auch einen wirtschaftlichen Betrieb und eine gute Vermarktung erwarten.

Die Zugänglichkeit zum Bürgerpark wird erreicht durch den sogenannten „grünen Canyon“. Dazu wird ein kleiner Teil der bestehenden Tiefgarage (ca. 40 Stellplätze) zurückgebaut und so eine direkte Wegeverbindung geschaffen, die unter der neuen Brücke das Niveau des Johannes-Hofmann-Platzes mit dem deutlich tiefer liegenden Bürgerpark verbindet. Dadurch entsteht der Eindruck, dass das Grün wesentlich weiter in den Platz hineingezogen wird und somit ein großzügiges Entree zum Hafeninselpark und dem Flussufer entstehen kann. Dieser Zugang kann, ohne den Messebetrieb zu stören, von der Öffentlichkeit jederzeit benutzt werden. Die dadurch entfallende öffentliche Erschließung der Tiefgarage und die Erschließung und Entfluchtung des Saales West müssen neu konzipiert und nachgewiesen werden.

Das Gebäude versteht sich als selbstbewusster Solitär und übersetzt diese Haltung in eine zunächst sehr abstrakte Architektursprache. Es entsteht ein eindeutiges und spannungsvolles Verhältnis zwischen Neubau und Denkmal. Durch die sehr kompakte Form und insbesondere durch die Staffelung des Daches wird zwischen den Maßstäben der Umgebung und der bestehenden Halle vermittelt, wodurch sich das neue Gebäude sehr gut in den heterogenen Kontext einfügt.

Die horizontalen Schichten ermöglichen ein homogenes Fassadenbild, auch bei sehr unterschiedlichen Nutzungen. Die vorgeschlagene Pfosten- Riegelfassade mit Keramiklamellen ist zwar als Schema dargestellt aber noch nicht für die unterschiedlichen Anforderungen differenziert nachgewiesen. Die dargestellte Holzkonstruktion des Dachtragwerks ist anspruchsvoll und muss insbesondere brandschutztechnisch überprüft werden.

Die Gestaltung der öffentlichen Räume erscheint sehr graphisch und in ihrer Ausgestaltung noch nicht ausgereift. Die Platzgestaltung bietet Raum für „Open air“ Veranstaltungen. Die Gestaltungssprache für den Übergang von der Stadt zum Hafeninselpark ist noch nicht angemessen thematisiert. Insbesondere die Gestaltung des Canyons ist anspruchsvoll. Die angedeuteten Rampen und Querverbindungen sollten in ihren Steigungsverhältnissen überprüft werden. Auch die Trennung zwischen Besucherterrasse und Stadtbalkon erscheint zu kompliziert.

Das Energiekonzept ist insgesamt schlüssig, allerdings ist die Aussage für einen klimapositiven Betrieb nicht nachvollziehbar. Die vorgeschlagenen technischen Lösungen sind denkbar und auch die Begrünungen und die Photovoltaikanlage sind richtig eingesetzt, um eine möglichst günstige Energiebilanz erreichen zu können. Die Verwendung des Grundwassers ist nicht genehmigungsfähig. Baurechtlich erscheint das Projekt in der grundsätzlichen Konzeption realisierbar zu sein. Die südwestliche Treppe unterhalb des großen Saales muss eine baurechtlich notwendige Treppe werden und einen direkten Ausgang ins Freie ermöglichen.

Die Arbeit liegt bei den Kennzahlen im mittleren Bereich und hat das Raumprogramm nachgewiesen. Der Backstagebereich am Log Point liegt noch zu prominent an der Hafenstraße.

Fazit
Der Entwurf besticht an diesem wichtigen Ort in Saarbrücken mit vielen eigenständigen Lösungen und einer selbstbewussten Architektursprache. Das Gebäude tritt in einen facettenreichen Dialog mit der denkmalschützen Kongresshalle und wertet das öffentliche Raumgefüge durch den direkten Zugang zum Bürgerpark sehr wirkungsvoll auf.

Perspektive

Perspektive

Lageplan

Lageplan

Grundriss EG

Grundriss EG

Ansicht Süd-West / Saar-Ufer

Ansicht Süd-West / Saar-Ufer

Ansicht Süd-Ost / Vorplatz

Ansicht Süd-Ost / Vorplatz

Schnitt

Schnitt

Schnitt

Schnitt