modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Nichtoffener Wettbewerb | 08/2022

Siedlungsentwicklung Schönefeld-Nord

Der Rathausplatz als Entrée in den neuen Stadtteil knüpft an den grünen Landschaftstrichter an.

Der Rathausplatz als Entrée in den neuen Stadtteil knüpft an den grünen Landschaftstrichter an.

2. Preis

Preisgeld: 35.000 EUR

Studio Wessendorf

Stadtplanung / Städtebau

GRIEGER HARZER DVORAK

Landschaftsarchitektur

Plan und Recht GmbH

sonstige Fachplanung

team red Deutschland GmbH

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

LEITBILD
Die große Chance des Ortes ist die hohe Lagegunst des BER, seine sehr gute Anbindung durch den ÖPNV und die starken landschaftlichen Qualitäten in Einklang zu bringen. Die neuen Quartiere legen sich mit prägnanten grünen Ausbuchtungen an die bestehende Siedlungsstruktur. Dadurch wird die Oberfläche am Park ähnlich einer bewegten Küstenlinie vergrößert und viele Wohnlagen an einer räumlich diversifizierten grünen Landschaft geschaffen.
Auf Höhe des neuen, urbanen Stadtteilzentrums wird das Grün wie durch einen großen Landschaftstrichter bis in die letzte Pore aufgesogen. So wird das neue Zentrum mit der landschaftlichen Weite in direkte Beziehung gesetzt und zur Drehscheibe zwischen Flughafen, Schönefeld Nord und der Landschaft. Dabei verwebt sich der verästelnde Grünraum fjordartig mit Seitenarmen, die Querbezüge der bestehenden Siedlung aufgreifen. So wird der bereits bestehende Stadtteil Schönefeld Nord weitergebaut, indem das Grundgerüst des öffentlichen Raumes aufgegriffen, dabei jedoch räumlich, funktional und qualitativ diversifiziert wird.
Bei maximaler Vernetzung von Stadt und Landschaft wird Urbanität in Zeiten der mobilen Wende neu gedacht. Ein durchgrünter und durchmischter Stadtteil der Zukunft soll hier entstehen. Das großzügig dimensionierte Gerüst der vor der mobilen Wende gebauten und geplanten Strukturen wie die Hans-Grade-Allee und der Planstraßen werden zeitgemäß interpretiert und multicodiert in die Quartiersstruktur integriert. Die Erschließungsboulevards und der Parkway erhalten prägnante Grünelemente wie Alleen und Retentionsräume und fügen sich zu einem inneren grünen Loop, der die verschiedenen Nachbarschaften miteinander verbindet. Das feinmaschige Netz aus Fuß- und Radwegen verschiedener „Geschwindigkeiten“ schafft zusammen mit Bus, U- und S-Bahn ein optimales und attraktives Angebot alternativer Verkehrsformen und ist eine ideale Voraussetzung für ein autoarmes Modellquartier in Brandenburg.

FREIRAUMKONZEPT
Die offene Landschaft des Mauerstreifens und der angrenzenden extensiven Parks wird in ihrer Qualität für den neuen Stadtteil Schönefeld Nord erkannt und großzügig fließend in das neue Zentrum hinein gezogen. Von Nord nach Süd erhält die Landschaft einen Verlauf von extensiv zu intensiv, der sich auch in den schmalen Grünkeilen zeigt. In diesem Saum sowie an den Schnittstellen zwischen Landschaft und urbanem Quartier werden Gemeinschaftsgärten, Spiel- und Sportflächen und Baumgruppen oder Waldsplitter angeordnet. Möglichst jeder dort wohnende Bürger soll Zugang und / oder Blick auf Grün erfahren dürfen. Skaten, Klettern, Gärtner, Fußball- oder Volleyballspielen, Urban Fitness oder Treffen und Ausruhen auf großen Liegewiesen bieten ein Angebot für alle Generationen im Freiraum.
Dichte Bereiche wechseln mit offenen, weiten, wilderen Partien und schaffen ein vielfältiges Landschaftserleben. Auch die Bestands-Biotope werden in den Kanon an Freiraum-Kategorien integriert. Wege mit unterschiedlichen Hierarchien leiten die Bürger durch den Park und bieten Erholung sowie direkte kurze Erschließung. Die Entscheidung zur angemessen dichteren Bebauung schafft ausreichend Platz für Grün.
Als nachbarschaftliches Zentrum jedes Quartiers wird ein urbaner Platz verortet, der als Treffpunkt und Aufenthaltsort sowie für kleine Veranstaltungen der Anwohner dienen kann. Entsprechend der anliegenden besonderen Gebäude wird der Charakter der Plätze individuell gestaltet. Der zentrale Rathausplatz an S- und U-Bahn ist der Auftakt und das Entree für den gesamten Stadtteil und somit Dreh- und Angelpunkt.

GEMISCHTES QUARTIER
Der neue Stadtteil wird keine Schlafstadt, sondern ein lebendiges, durchmischtes Stadtquartier sein. Dabei nimmt der Anteil gewerblicher Nutzung und die Dichte graduell von Süden nach Norden ab. Insgesamt werden gut 5.300 Wohneinheiten für 10.600 neue Bewohner, ca. 360.000 qm Fläche für Büro, Dienstleistung und Gewerbe sowie einem vielfältigen Angebot an Nutzungen des Gemeinbedarfs in attraktiven Lagen geschaffen. Der Anteil der Wohnnutzung in den Mischgebieten an der Hans-Grade-Allee beträgt 50 %, um auch hier ein dauerhaft lebendiges Quartiersleben zu fördern.
Das grüne Rückgrat des zentralen Stadtparks untergliedert den Stadtteil in Nachbarschaften verschiedener Charaktere und bindet sie gleichzeitig zusammen. Die öffentlichen Gebäude besetzen exponierte Lagen an den Raumkanten des Grünraums und bilden ein in das Parkwegenetz zentrales vielfältiges öffentliches Angebot. Um die beiden U-Bahnstationen konzentrieren und intensivieren sich öffentliche Freiraum- und Gebäudenutzungen und schaffen zwei unterschiedliche Pole, die in einem kraftvollen Dialog stehen.

RATHAUSPLATZ
Der zentrale Platz im Scheitelpunkt des Stadtparks bildet die neue Ortsmitte, die Drehscheibe zwischen Flughafen, Schönefeld Nord und der Landschaft. Das verschränkte Raumgefüge wird vom Rathaus, der Mehrzweckhalle, einer neuen Bibliothek und weiteren öffentlichen Nutzungen flankiert und verbindet verschiedene Funktionen des Ankommens und Verweilens miteinander. Das Rathaus dreht sich als solitäres Pioniergebäude mit Strahlkraft in den Raum, inszeniert damit eine Torsituation zum anschließenden Raumgefüge des Parks und leitet in das westliche Zentrum. Grüne, intensiv bepflanzte Inseln lockern den Rathausplatz auf und bieten mit einer großen Anzahl an Bäumen beschattete Aufenthaltsmöglichkeiten. Die zentrale, flache Wasserscheibe mit Fontänen markiert den urbanen Platz und schafft eine angenehme Kühle in den Sommermonaten.
Das neue Zentrum spannt sich zwischen Stadtplatz und den bestehenden Ortsteil. Dabei steht es in Synergie mit der weiter im Osten anschließenden produktiven Stadt. Die Pestalozzi-Straße wird in die neue Gestaltung integriert.

SOZIOKULTURELLES SPORTZENTRUM
An der zweiten nördlichen U-Bahnstation entsteht das soziokulturelle Sportzentrum mit einem ganz anderen, landschaftlichen und dennoch nutzungsintensiven Charakter. Hier geht das große Gymnasium mit den schulischen und öffentlichen Sportflächen, dem neuen Mehrzweckbad und dem zentralen Sportzentrum einen räumlichen und funktionalen Verbund ein.
Die U-Bahn-Station fungiert als markante Landmarke im Park, sodass sie aus allen Himmelsrichtungen und aus allen neuen Quartieren gut sichtbar ist und als Orientierungspunkt dient. Der Aussichtsturm kann begangen werden und nimmt in seinem EG-Ring öffentliche Nutzungen wie Radstation, Kiosk und U-Bahn-Zugänge auf. Der Turm wird mit seinem Volumen als Wasserspeicher eingesetzt, welches durch PV-Fassaden erwärmt wird und wird somit zentraler Bestandteil des Energiekonzepts.

STADTENTREE
Die neue Stadt springt über die Waltersdorfer Chaussee bis in das Dreieck an der Autobahn und konturiert die Chaussee in diesem Abschnitt mit städtischer Ausprägung. Höhenakzente markieren sowohl am südlichen Entree an der Hans-Grade-Allee als auch nahe der Thiekesiedlung im Norden Torsituationen, die auch von der Autobahn aus wahrgenommen werden. Am nördlichen Kreuzungspunkt leitet ein kleiner öffentlicher Entréeplatz in das neue Quartier.
Die Kitas sind den verschiedenen Nachbarschaften zugeordnet und sollen an den Quartiersplätzen gelegen diese zusammen mit anderen ergänzenden gewerblichen und gemeinschaftlichen Nutzungen beleben. Aktive Erdgeschosse sind innerhalb der Quartiere an den Raumkanten der Plätze vorgesehen und ein entscheidender Akzent zur Belebung.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Leitidee, einen Landschaftszug vom Mauerpark in den Süden bis zur Hans-Grade-Allee zu ziehen und so eine grüne Mitte auszubilden, überzeugt. Gleichzeitig vernetzen zwei zueinander versetzte Grünräume die angrenzenden Quartiere mit dem neuen Zentrum. Freiraum als zentrales Thema des Entwurfs kann auch als klares Statement in Zeiten des Klimawandels gewertet werden. Die Verankerung der öffentlichen Gebäude wie Schulen, Schwimmbad, Sportzentrum entlang des Grünzugs bereichert diesen Raum zusätzlich. Allerdings wird die einseitige Ausrichtung der dem Grünzug angelagerten Nutzungen auf öffentliche bzw. kommunale Einrichtungen auch kritisch gesehen – vor allem, wenn diese Nutzungen nicht gesichert werden können.

Der Bahnhofsplatz ist gut dimensioniert und verspricht mit den Nutzungen Rathaus, Bibliothek und Mehrzweckhalle ein attraktiver Ort zu werden. Räumlich entsteht über das Eindrehen des Rathauses ein spannungsvoller Übergang nach Norden. Nicht überzeugen kann dagegen die „Spirale“ am Brückenkopf der Gleisüberquerung. An dieser Stelle wird die Wirkung des Bahnhofes empfindlich gestört.
Die Anknüpfung an die bestehende Bebauung im Westen gelingt ebenso selbstverständlich wie die Ausformulierung einer Adresse an der Waltersdorfer Chaussee im Osten. Allerdings wird der gewerbliche Schwerpunkt schon wegen der verkehrlichen Anbindung in dieser Dichte nicht zu realisieren sein.

Die Plätze in den einzelnen Quartieren schaffen sehr gut dimensionierte Räume der Begegnung.

Der Vorschlag, die Planstraße E und die Hans-Grade-Allee im Bereich des Grünzuges für den MIV zu unterbrechen, ist vor dem Hintergrund heutiger und prognostizierter Auslastung unrealistisch und kann allenfalls als Entwicklungsperspektive gedeutet werden.
Die aus der hohen BGF resultierende perspektivische Einwohnerzahl von ca. 13.000 erscheint zu hoch und würde es erlauben, teilweise die Gebäudehöhe zu reduzieren.

Insgesamt handelt es sich um eine Arbeit, die ein schönes Leitmotiv - „Grüne Mitte“ - für den neuen Stadtteil bietet und sowohl sehr qualitätsvolle Freiräume als auch überzeugende stadträumliche Situationen entwirft.
Lageplan Gesamtgebiet Schönefeld Nord

Lageplan Gesamtgebiet Schönefeld Nord

Leitbild

Leitbild

Lageplan Grüne Mitte

Lageplan Grüne Mitte

Detailplan Bahnhofsplatz

Detailplan Bahnhofsplatz

Detailplan Quartier Nord

Detailplan Quartier Nord

Schnittansicht Bahnhofsplatz und zentraler Park

Schnittansicht Bahnhofsplatz und zentraler Park

Schnittansicht Quartier Nord

Schnittansicht Quartier Nord