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Einladungswettbewerb | 07/2022

Nestbau⁴ – Wohnen und Gewerbe im Güterbahnhof Freiburg

Visualisierung

Visualisierung

3. Preis

kister scheithauer gross architekten und stadtplaner GmbH

Architektur

OSD GmbH

Tragwerksplanung

Görtzen Stolbrink & Partner mbB, Beratende Ingenieure für Brandschutz

Brandschutzplanung

faktorgruen

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Der Entwurf gliedert das Baufeld in 4 Quadranten (3 Gebäudeteile + öffentlicher Freiraum)

1. Nordwesten: Turm als städtebaulicher Akzent, Ecke Freiladestraße/Eugen-Martin-Straße
  • gestalterisch in horizontale Schichten gegliedert, auf verbindendes Sockelgeschoss aufgelagert
  • Vertikalerschließung zur Ostseite gewährleistet auch in unteren Geschossen größtmögliche Tageslichtversorgung: alle Nutzräume an Fassade angeschlossen
  • variable Bürogeschosse: eine Großeinheit oder 2-3 Kleineinheiten möglich

2. Nordosten: 6-geschossiger Gebäuderiegel - Wohneinheiten in klar geordnetem System
  • Grundrissorganisation: Schaltung der Wohnungen zu flexiblen Wohnungsgrößen; geforderter Wohnungsschlüssel von 2 bis 5-Zimmer-Wohnungen wird bedient und lässt zukünftig Anpassungen zu; Nebenräume in Mittelzone des Gebäuderiegels
  • Tragwerkstruktur generiert repetitive, nutzungsneutrale Wohnräume
  • südliche Loggiastruktur schafft attraktiven privaten Außenraum + gleichzeitig konstruktiven Sonnenschutz; vorgesetzte Drahtstruktur dient als Absturzsicherung und Rankhilfe für Pflanzen: zusätzliches, natürliches Verschattungselement

3. Südosten: 3-geschossiger Gebäudeteil mit Tinyapartments: Angebot für studentisches Wohnen/Kurzzeitwohnen
  • - Ausrichtung der Tinyapartments nach Westen unterstützen Aktivierung des öffentlichen Platzes; Erdgeschosszone beinhaltet Gemeinschaftsräume + Fahrradwerkstatt

4. Südwesten: großzügiger öffentlicher Freiraum

  • durch Höhenstaffelung der Baukörper von Nordwesten (Hochpunkt) nach Südosten: städtebaulich eingefasster, zentraler Nachbarschaftshof mit "grünem Rahmen"
  • Quartiersdurchgrünung durch offengehaltene städtebauliche Grundstruktur nach Süden und Westen zur Freiladestraße
  • großzügige mittige Grünfläche als grüne Intarsie mit Spielplatznutzung: Treffpunkt der Generationen mit Aufenthaltsqualität; Einfassung aus Beton mit hölzernen Sitzkanten
  • Gehwege aus Betonpflaster durch befestigte Flächen aus wassergebundenen Decken begrenzt: nutzbar als Zufahrt und Aufstellfläche für Feuerwehrfahrzeuge
  • reduzierte Ausdehnung der Tiefgarage: größere Bäume pflanzbar: Mehrwert für städtisches Klima und Wohnqualität; Apuswahl neugeflanzter Bäume, Sträucher + Stauden mit Blick auf ökologische Vielfalt + Stadtklimaresilienz
  • Sockelzone: Biomarkt und Gemeinschaftsflächen
  • Westen: Erschließung Biomarkt: Ladenfläche entlang Eugen-Martin-Straße; Anlieferung sowie Tiefgarageneinfahrt im Nordosten
  • Süden: Cafébereich in Biomarkt integriert: Aktivierung der südlichen Platzfläche durch Außengastronomie; Ort für Kommunikation und Begegnung
  • Osten (angrenzend an Café): weitere Gemeinschaftsflächen + Eingänge der Wohneinheiten zum Platz orientiert

Dachgarten auf Wohnriegel: weitere für die Gemeinschaft verfügbare Freiflächen als Terrasse, Lounge + gemeinschaftlich genutzte Gärten mit Gemüse- und Kräuterhochbeeten: halböffentlicher sozialer Quartierstreffpunkt für Bewohnende
  • intensive Begrünung ermöglicht Zurückhaltung anfallenden Regenwassers: Regenfallrohre leiten Wasser zur Grundstücksmitte, dort Versickerung

Aktivierung der Platzfläche + Orientierung der Wohneinheiten zum Platz hin unterstreicht gemeinschaftlichen Charakter des Bauvorhabens + schafft Interaktion zwischen Innen- und Außenräumen

Brandschutz
Turm: über massiven Treppenkern mit Feuerwehraufzug und Sicherheitstreppenraum (1.+2. RW) wirtschaftlich erschlossen; Geschossdecken als Brettschichtholzdecken, alternativ Ausführung in Stahlbeton denkbar
Wohnriegel: Treppenräume (1. RW) als Holzkonstruktion, 2. RW über Anleitern von Süden
Tinyapartments: Holzkonstruktion mit Laubengangerschließung (1. RW), 2. RW über Anleitern von Westen

Konstruktion
  • Tiefgarage und EG in Recycling-Beton-Bauweise; Geschosse in Holz-Hybrid-Bauweise
  • Mengenreduzierung des RC-Betons: optimierung der Bauteilabmessungen: Beispiel Geschossdecken: Verdrängungskörper bzw. Rippendecken
  • Tragstruktur Turm und Wohnriegel: Skelett- bzw. Schottenkonstruktion
  • vorgefertigte Wandelemente in Holzmassiv- oder Holztafelbauweise (nach Marktlage), Deckenelemente als Brettsperrholz-RC-Beton-Verbunddecke
  • Verbunddecken spannen über vier Felder (von Fassade-Kernwandachse-Kernwandachse-Fassade): flexible Geschossgrundrisse
  • Aussteifung und Erdbebensicherung über Kern aus RC-Beton-Fertigteilelementen (Turm) bzw. über zwei Kerne aus Holzwandelementen mit Brandschutzbeplankung + Deckenscheiben (Wohnriegel)
  • Tragstruktur südlicher Baukörper (Tinyapartments): Schottenstruktur aus Raummodulen, Aussteifung über Wand- und Deckenscheiben
  • Tragstruktur und Bauweise für vorliegende Holz-Hybrid-Konstruktion so abgestimmt, dass je nach Marktlage direkte Realisierung als Massivbau-/ Stahlbetonskelettkonstruktion vollumfänglich möglich ist

Technik und Nachhaltigkeit
Formulierung zum ökonomischen Umgang mit Energie seitens des Auslobers: klares Ziel hinsichtlich Anforderungen an Nachhaltigkeit + Ökologie des neuen Objektes
  • Vorschlag für energiesparenden Betrieb lüftungstechnischer Anlagen + zur
  • Reduzierung vorzuhaltender Heiz- und Kühlleistung: Wärmerückgewinnungssystem (Gegen-Strom-Schicht-Wärme-Tauscher-Prinzip); Wirkungsgrad Wärmetauscher > 90%
  • adiabate Fortluftkühlung als Naturkühlung realisierbar: äußerst geringer Energieaufwand
  • Grundkühlung ohne herkömmliche elektrisch betriebene Kälteaggregate
  • Einbringung der Wärmeenergie: Flächenheizkörper oder ggf. Bauteilaktivierung der Geschossdecken für statische Grundlast bzw. zuvor beschriebenes Lüftungssystem für dynamische Last geeignet; für eigentliche Wärmebereitstellung: vorhandene Fernwärmeversorgung mit Primärenergiefaktor 0,40 geeignet
  • dachständige PV-Anlagen auf Turm und Tinyapartments + fassadenintegrierte PV-Paneele auf Südseite Turm: in Kombination mit Anlagenkonzeption sind Anforderungen an nachhaltige Bauweise als KfW-Effizienzhaus 40 plus erreicht
  • Optimierung des sommerlichen Wärmeschutzes durch Loggien bzw. Deckenauskragungen auf Fassadensüdseite in Kombination mit außenliegenden Raffstoren

Material
Das Ensemble formt drei unterschiedliche Baukörper, die durch ihre Fassadengestaltung als jeweils eigenständige Architekturen erscheinen. Gemein ist allen die Verwendung von Holz als sichtbares Material in großen Teilen der äußeren Hülle.


Beurteilung durch das Preisgericht

Eine ungewöhnliche wie tragfähige städtebauliche Lösung prägt diesen Entwurf: die Freiladestraße im Westen wird nicht baulich gefasst – stattdessen wird zur Straße hin und damit nach ein großer Freiraum vorgeschlagen, der von einer L-förmigen von Bebauung umschlossen wird. Der Freiraum bietet den Bewohnenden sowie der im Süden angrenzenden Nachbarschaft einen gut besonnten Begegnungsort mit der hervorgehobenen Qualität eines Quartierstreffpunktes. Die vorgesehene Ausdehnung der Tiefgarage erlaubt eine Bepflanzung des Hofes mit Bäumen: Die angrenzenden Nutzungen, wie der Biomarkt mit vorgelagertem Cafe, ein Fahrradladen und jeweils zu den Gebäuden zugeordnete Gemeinschaftsräume, unterstützen das Hofkonzept in sinnvoller Weise und stärken die Erkennbarkeit der Zugänge zu den Wohnungen. Die Bebauung ist aus drei Baukörpern zusammengesetzt, die über einem gestalterisch verbindenen Sockel errichtet sind: Der Turm an der Nordwestecke wird straßenbegleitend fortgeführt von einer sechsgeschossigen Zeile, der Hof erhält im Osten seinen Abschluss durch eine niedrigere Punktbebauung.

Der Turm ist allerdings entgegen den Vorgaben des Bebauungsplans um zwei Meter von der Baulinie zur Freiladestraße zurückgesetzt. Die Gestaltung des Turms ist architektonisch sehr gelungen, auch die intelligente Kombination von PV-Modulen und Sonnenschutz nach Süden verleiht dem Gebäude Plastizität. Allerdings ist die Reaktion des Projektes auf die Wahrnehmung aus dem städtischen Raum der Eugen-Martin-Straße wenig freundlich: die nach Osten zeigende sechsgeschossige Turmfassade bleibt ohne Öffnungen, auch im Erdgeschoss ist durch die Aufreihung von geschlossenen Regalwänden des Biomarktes, Anlieferung und Tiefgaragenabfahrt wenig Belebung zu erwarten. Die Grundrissorganisation des Biomarktes wird darüber hinaus als wenig funktionsgerecht kritisiert. Die drei Baukörper stellen sich als Addition von Zeilen dar, die zueinander und zu den Nachbarn geschlossene Scheiben ausbilden. In diesen Bereichen ist auch das Modell – in Kontrast zu anderen Fassadendarstellungen – wenig aussagekräftig.

Grundsätzlich zeigt der Entwurf eine gut durchdachte Grundstruktur, das klare Plädoyer für den Baustoff Holz ist ablesbar. Ein Dachgarten, der für alle Bewohner von Turm und Straßenbebauung erreichbar ist, bietet zusätzliche Qualität. Die wesentlichen Wohnungsbau-Kubaturen in der sechsgeschossigen Zeile sind allerdings nord-südorientiert, die Balkonzuordnung von Vier- und Zwei-Zimmerwohnungen im Riegel sind nicht sinnfällig gelöst. Vor allem die städtebauliche und damit freiräumliche Grunddisposition schafft beeindruckend komplementäre Orte für nachbarschaftliche Begegnung und städtisches Leben. Allerdings weist der Entwurf neben den benannten Kritikpunkten auch eine geringe Wohnfläche auf und ist damit in Bezug auf Anforderungen an die Dichte und Wirtschaftlichkeit weniger positiv zu bewerten.
Lageplan

Lageplan

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Regelgeschoss

Grundriss Regelgeschoss

Ansicht Nord

Ansicht Nord

Ansicht West

Ansicht West

Ansicht Süd mit Schnitt C-C

Ansicht Süd mit Schnitt C-C

Schnitt A-A

Schnitt A-A

Modellfoto

Modellfoto