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Wettbewerblicher Dialog | 06/2022

Lindlarer Freiräume - Zirkuläres Bauen und Klimawandelanpassung im öffentlichen Raum

Perspektivische Skizzen

Perspektivische Skizzen

Gewinner / Zuschlag

B.A.S. Kopperschmidt + Moczala GmbH

Stadtplanung / Städtebau, Landschaftsarchitektur

WGF Nürnberg

Landschaftsarchitektur

GEO-NET Umweltconsulting GmbH

Landschafts- / Umweltplanung

pbo Ingenieurgesellschaft mbH

Bauingenieurwesen

Erläuterungstext

Die Gemeinde Lindlar liegt eingebettet in die Kulturlandschaft des Bergischen Landes. Die natürlichen Ressourcen des Landschaftsraums – Wasser, Wald, Grauwacke-Vorkommen – bilden die Basis für eine klimagerechte Stadtentwicklung. Hinzu kommt der Forschungs- und Entwicklungsstandort :metabolon, der für ressourcenschonendes, zirkuläres Bauen die notwendigen Impulse und Infrastrukturen liefert. Der Entwurf setzt sich zum Ziel, diese guten Voraussetzungen zusammenzuführen, und ein stimmiges städtebauliches Gesamtkonzept für den Ort zu entwickeln. Innovative Planung muss sich nicht zwangsläufig in spektakulären Inszenierungen ausdrücken. Ziel sollten vielmehr eine intelligente Umsetzung und das Schaffen von attraktiven Stadt- und Landschaftsräumen mit einer hohen Aufenthaltsqualität in einem klaren städtebaulichen Gesamtkonzept sein.

Klimaökologie
Ein nachhaltiger Stadtumbau muss der in Zukunft zunehmenden Häufigkeit von Starkregenereignissen und gleichzeitig dem Abpuffern von Temperaturspitzen im Stadtklima Rechnung tragen. Die ‚Schwammstadt‘ kann kurzfristig große Wassermengen aufnehmen, diese an definierten Orten rückhalten und kontrolliert ableiten bzw. versickern. Insbesondere die Bereiche der Kernstadt, die eine Aufenthaltsfunktion aufweisen (Einkaufen, Freisitze, Außengastronomie), sollten eine Hitzeentlastung erfahren. Neben einer Reduzierung der Versiegelung, sind hier vorrangig Verschattungsmaßnahmen, wie großkronige Bäume, sinnvoll umzusetzen.

Urban Mining und Ressourcenschutz
Bevor das Recycling als Prozess überhaupt angewendet wird und bevor der Einbau von möglichst ökologischen und Recyclingfähigen Produkten geplant wird, ist unsere Maxime die Entstehung von Abfall und den Bedarf neuer Ressourcen von vornherein auf ein Minimum zu reduzieren. Die leider recht unscheinbare und passiv wirkende Maßnahme der Abfallvermeidung ist auf der anderen Seite die effektivste in Bezug auf das Ziel der Ressourcenschonung. Von daher sind wir in das Konzept gestartet mit der Prämisse, alles was erhaltenswert ist, zu erhalten und Eingriffe minimal invasiv zu gestalten.

Beurteilung durch das Preisgericht

a) Qualität der Leitidee und des Gestaltungskonzepts
Erfüllungsgrad der Anforderungen 100 % - 20 Punkte
Das übergeordnete Konzept der Arbeit ist robust und tragfähig. Die Stärkung der Durchgrünung im Talbereich wird den einzelnen Eingriffsbereichen angemessen und für das Klima wirkungsvoll umgesetzt. Auch die Maßnahmen für den Ortskern können Identität stiftend überzeugen. Die Übersetzung des Materialthemas der Grauwacke konkretisiert das Konzept nachvollziehbar.Die Leitidee „Ressource und Chance“ ist interdisziplinär konzipiert und bietet perspektivisch Anschlussmöglichkeiten für weitere Entwicklungen. Die Begründungen der Einzelmaßnahmen sollten aber aus der Leitidee und in Verknüpfung mit :metabolon weiter präzisiert werden.

b) Freiraumplanerische Qualität und Aufenthaltsqualität insb. Lupenräume
Erfüllungsgrad der Anforderungen 100 % - 20 Punkte
Die Beschäftigung mit dem Ort durch den Verfasser kann als gelungen bezeichnet werden, das übergeordnete Konzept der Arbeit ist robust und tragfähig. Auch die Übersetzung des Leitthemas der Grauwacke als dreidimensionales Element überzeugt, vor allem am südwestlichen Ortseingang am Freilichtmuseum. Sprache und Angemessenheit zum Ort ist insbesondere am Schulzentrum stimmig.
Die Öffnung des Baches kann in der dargestellten Form zu Aufenthaltsqualität führen, führt aber in der Situation zu Beeinträchtigung anderer Funktion. Im Bereich des Freizeitparks sind positive Anpassungen sichtbar, die die Aufenthaltsqualität und ein verbessertes Erlebnis des Wassers ermöglichen. Der Ortskern wird durch die Verkehrsberuhigung und die Gestaltung in der Aufenthaltsqualität wesentlich verbessert, beispielsweise die begrünte Treppe zur Kirche.

c) Ökologische Leistungsfähigkeit des Klimawandelkonzepts
Erfüllungsgrad der Anforderungen 80 % - 12 Punkte
Die vorgeschlagenen Maßnahmen (vor allem Baumpflanzungen und Entsiegelungen) sind geeignet, die thermische Behaglichkeit in den Lupenräumen teilweise deutlich zu verbessern. Dazu trägt auch die Offenlegung des Lennefer Bachs in der Ortsmitte bei. Die Verbindung von Lennefer Bach und Teich durch Offenlegung wertet stehendes und fließendes Wasser in ökologischer und klimatischer Hinsicht auf. Die Versickerungsterrassen am Kulturzentrum verbessern die Situation bei Niederschlagswasser und sollen dieses dem Naturkreislauf zuführen. Die Vernetzung der Aspekte Umgang mit Niederschlagswasser und thermische Behaglichkeit gelingt am Schulzentrum gut, beschränkt sich in der Ortsmitte lediglich auf den südlichen Rand.


d) Qualität des Urban-Mining- und Ressourcenschutzkonzeptes für den Freiraum
Erfüllungsgrad der Anforderungen 100 % - 15 Punkte
Für zirkuläres Bauen wurde ein umfassendes Konzept zur Vermeidung von Abfall durch In-Situ-Recycling und ansonsten minimalen Eingriffen präsentiert. Synergien mit :metabolon werden nicht explizit erwähnt, sind aber in Folge der umfangreichen Kreislaufstrategie umfassend vorhanden (Recycling von Straßenbelägen bis zu Remanufacturing von Lampen). Es wird eine gut nachvollziehbare Stoffbilanz vorgelegt. Der überwiegende Anteil eingebauter Materialien ist aus RC-Material, überwiegend aus In-Situ-Recycling. Ansätze für ein Kommunikationskonzept für zirkuläres Bauen sind vorhanden und bereits verortet. Das Anlegen eines Rohstoffkatasters zur Vereinfachung künftiger Rückbau- und Recyclingmaßnahmen wird vorgeschlagen.

e) Wirtschaftlichkeit in Erstellung, Betrieb und Unterhalt
Erfüllungsgrad der Anforderungen 40 % - 4 Punkte
Die wirtschaftlichen Vorgaben der Gemeinde Lindlar zu den Bruttoinvestitionskosten werden nicht eingehalten und liegen 16% über dem Budget. Dies ist vor allem den flächenintensiven Eingriffen im Ortskern, aber auch am Schulzentrum geschuldet. Im Freizeitpark wird dem konzeptionellen Ansatz einer minimalinvasiven Vorgehensweise nicht ausreichend Rechnung getragen. Auch der Vorschlag für den Betrachtungsraum am Marktplatz und für den Busbahnhof ist sehr kostenintensiv (Freilegung Bach etc.). Der fast vollständige Ausbau und Ersatz von Asphaltflächen durch durchlässige Pflasteroberflächen ist pflege- und unterhaltungsintensiv. Dagegen sind die vorgeschlagenen Maßnahmen, auch die neuen Grauwacke-Terrassierungen und -mauern wie gefordert insgesamt langlebig und robust. Die vorgeschlagenen Sonnensegel für die zusätzliche Verschattung sind unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht geeignet.

f) Innovationsleistung und Interdisziplinarität
Erfüllungsgrad der Anforderungen 100 % - 10 Punkte
Alle Aufgabenbereiche wurden sehr eingehend und vertieft betrachtet. Auch weitere Themen wie Mobilität wurden integrativ berücksichtigt. Die Aufgabestellung wurde vollumfassend verstanden und in interdisziplinär beantwortenden Lösungen umgesetzt. Der Planungsansatz erscheint offen für Partizipation, es werden aber keine konkreten Aussagen dazu getroffen. Der Planungsansatz macht sehr konkrete Vorschläge für die räumliche Transformation sowie mutige Vorschläge für die Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen (Marktplatz). Der Beitrag umfasst vielfältige Ansätze für eine klima- und ressourcengerechte Entwicklung. Die gleichgewichtige Betrachtung von Städtebau, Landschaft, Klima und Ressource in dem Entwurf muss zukünftig selbstverständlich sein, das erfüllt der Entwurf und damit sind der Entwurf und die Herangehensweise übertragbar. Der Beitrag erscheint sehr ortsbezogen bzw. maßstäblich für Lindlar, ist handwerklich gut und liefert in den Details gute Ideen. Allerdings ist das Motto „Ressource und Chance“ sehr technisch und hat daher noch nicht das Potenzial, die Menschen in Lindlar und der Region zu begeistern. 
Lageplan

Lageplan

Baustein Ortszentrum

Baustein Ortszentrum

Bausteine Freizeitpark und Schul- und Kulturzentrum

Bausteine Freizeitpark und Schul- und Kulturzentrum