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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2022

Neubau Gesamtschule Nord+ in Kassel

3. Preis / Realisierungsteil

Preisgeld: 29.336 EUR

gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner

Architektur

MERA GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitidee und städtebauliche Einbindung 
 Die Schulen machen sich im Ahnetal an der östlichen Hangkante fest. Der begrünte Sockel der Schulen versteht sich konzeptionell als Fortführung des Nordstadtparks. Dieses landschaftliche Element funktioniert dabei als vielfältiges und sich auf zwei Ebenen entwickelnder Pausenraum. Die versetzt darauf liegenden Jahrgangscluster sind so angeordnet, dass die Hauptzugänge klar zu erkennen sind. Der Sockel ist streifenartig organisiert, so dass von Innen in jedem Bereich die Orientierung leichtfällt. Die Fugen zwischen den aufgehenden Gebäudeteilen werden als Bewegungs-, Kommunikations- und Treffpunkte verstanden. Die östlich gelegene Hang- und Waldkante kann als integraler Bestandteil der Schulhofflächen weitergedacht werden. Das Grün der Umgebung fließt an das Gebäude heran und lässt spannende Räume entstehen. In die Hangkante können Sitz- uns Aufenthaltsangebote wie Bänke und Stühle integriert werden. Eine Streuobstwiese am Fuße des Hangs vermittelt zwischen begehbaren Flächen und der Topografie. 
 Innere und äußerer Erschließung, räumliche Organisation 
 In den horizontal streifenartig gegliederten Sockel sind die Hauptzugänge integriert: im Norden die Grundschule von Süden die Sekundarstufe. Die Jahrgangscluster sind ausnahmslos in Volumen der Obergeschosse untergebracht. Der Hauptzugang der Sekundarstufe ist vom Nordstadtpark schon gut erkennbar. Vom Eingang wird direkt das große Forum erreicht. Schon hier sind über eingeschnittene Höfe die auf zwei Ebenen gestaltete Pausenhöfe über breite Treppen angebunden und erlebbar. Der freiraumplanerische Entwurf sieht eine selbstverständliche Integration der Freiflächen der Gesamtschule Nord im städtischen und landschaftlichen Kontext vor. Die Schulhofflächen der Grundstufe und der Sekundarstufen werden behutsam in die Struktur des neuen Schulcampus integriert und in die angrenzende Landschaft hin fortgeführt. Alle nutzbaren Freiflächen orientieren sich zur lebendigen Quartiersmitte hin. Das landschaftsarchitektonische Konzept sieht eine multifunktionale und altersgerechte Bespielung der nutzbaren Flächen vor. Mit der verbindenden Dachebene des EG wird ein vielfältiger Spiel-, Lern-, und Bewegungsraum auf mehreren Ebenen für die SchülerInnen erlebbar. Auf der Dachebene befinden sich grüne Inseln als Rückzugs- und Spielräume sowie Sportangebote. Angebote für die Umweltbildung wie Hochbeete, Insektenhotels und ggf. Imkerei sind ebenfalls auf der Dachfläche verortet. Einzelne baumbestandene grüne Inseln und Gräser- und Staudenpflanzungen strukturieren die Flächen und tragen zu einem verbesserten Mikroklima bei. Eine Regenwassernutzung auf der Dachfläche ist angestrebt. Rechts vom Eingang ist das Sekretariat mit der Verwaltung, links vom Eingang der Lehrertreffpunkt angeordnet. Die Cluster NaWi, Kunst + Technik und Musik sind direkt vom Forum aus erreichbar und zeichnen sich durch eine starke Vernetzung mit dem Außenraum aus. Die umbauten Hofflächen werden als grüne Klassenzimmer verstanden. Sitzangebote und schattenspendende Bäume ermöglichen ein Lernen und einen ausgleichenden Aufenthalt im Freien. Die Bühne öffnet sich direkt zum Forum, das sich so als zentraler und flexibel nutzbarer Raum mit Außenbezügen zeigt. Auch sind die Mensa und die drei Erschließungskerne von dort intuitiv erreichbar. Von den Kernen geht es in die Jahrgangscluster im Obergeschoss. Diese sind brandschutztechnisch in zwei Nutzungseinheiten, die sich um einen Lichthof organisieren, geteilt. Die Organisation der Jahrgangscluster erlaubt in den offenen Lernbereichen bei hoher Transparenz größtmögliche Differenzierungen zur Umsetzung zeitgemäßer pädagogischer Konzepte. Die Grundschule wird über das kleinere nördliche Forum erschlossen, welches seitlich der Mensa auch mit der Sekundarstufe verbunden ist. Der Mensaraum und auch der Bewegungsraum können für Veranstaltungen dem Forum zugeschlagen werden. Fachräume und der Zugang in die Klassenraumcluster im Obergeschoss sind nördlich des Forums angelegt. Auch die interne Anbindung der Stadtteilbibliothek mit dem Zentrum Sprachbildung ist von dort direkt erreichbar. Die ebenerdigen Schulhofflächen der Grundstufe werden als selbständige Form am neuen Bildungscampus entwickelt, um eine Erkennbarkeit des Schulhofes innerhalb des Campus zu ermöglichen. Die Freiflächen der Grundstufe halten altersgerechte Spiel- und Bewegungsangebote wie Schaukel, Kletterkombination und eine Sandspielfläche bereit. Die Stadtteilbibliothek wird von Norden erschlossen und erlaubt in Ihrer inneren Organisation größtmögliche Flexibilität. Die Mensaküche wird von Osten über den Quartiersplatz angeliefert. Sämtliche Schulhofflächen sind barrierefrei erreichbar. Die Dachflächen werden über die Erschließungskerne mit Aufzügen erschlossen. Die Gebäudezugänge sind zur Fiedlerstraße und in die Quartiersmitte orientiert. In unmittelbarer Nähe zu den Gebäudezugängen sind die nachzuweisenden Fahrradstellplätze verortet. Im Bereich des Haupteingangs zur SEK II sind an der Fiedlerstraße sechs barrierefreie Stellplätze geplant. Die Eingangsbereiche und Schulhofflächen werden mit Mastleuchten beleuchtet.    
Architektursprache, Fassadengestaltung, Konstruktion 
Der sich aus dem Hang heraus entwickelte Sockel hebt sich in seiner Materialität von den darauf sitzenden Volumen ab. Die durch StB-Fertigteile rhythmisierte Fassade gliedert entsprechend ihrer Nutzung das EG. Die Fugen des streifenartig organisierten Sockels bilden als gläserne PR-Fassade die Haupteingänge und Zugänge in die Pausenhöfe ab. Die vier Volumen scheinen frei im begrünten Tal zu schwimmen. Die Fassaden sind in modularer Holzrahmenständerbauweise geplant. Öffnungsflügel garantieren, wie auch im EG, die notwendigen Querschnitte für eine natürliche Lüftung. Die tektonisch und materialgerecht in drei Ebenen gegliederte Fassade entwickelt das Motiv des Sockels in Holzbauweise mit vertikalen und horizontalen Holzschalungen weiter. Der außenliegende Sonnenschutz ist dabei hinter den Blenden integriert. Das Tragwerk ist eine Stahlbetonskelettkonstruktion. Die Fassade des in die Gebäudeklasse 3 eingestuften Neubaus ist als nichtragende demontierbare Holzfassade geplant. Die Geschossdecken werden als Flachdecken mit einer Stärke von ca. 28cm vorgesehen. Diese Konstruktion ermöglich eine maximale Installationsfreiheit unterhalb der Decken sowie eine flexible Raumaufteilung. Das Stützenrasten mit Spannweiten von ca. 8,40m wird über alle Geschosse beibehalten, auf kostenintensive Abfangkonstruktion wird verzichtet. Die begrünten Decken über dem Erdgeschoss werden im Außenraum ebenfalls als Flachdecken einer Spannweite von 10m bis 13m und mit einer Stärke von ca. 40cm ausgeführt. Zur Reduzierung des Eigengewichts sowie der grauen Energie werden Sie als Hohlkörperdecken (z.B. System Cobiax) ausgeführt. 
 Ökologisch-energetisches Konzept 
 Das Raumklima- und Energiekonzept bildet die Basis für die Nachhaltigkeit des Gebäudes. Die Anforderungen an Tageslicht und thermischen und akustischem Komfort bilden die Basis für das Konzept: Als primärer Wärmeerzeuger wird die Fernwärme herangezogen. Der gewählte Energiestandard sorgt für eine geringe Heizlast, wodurch die Anlagentechnik mit niedrigem Temperaturniveau betrieben werden kann. Die Einbringung der Wärme erfolgt über flache und einfach regulierbare Wandheizkörper. Zur Energieeinsparung wird LED-Lichttechnik verwendet. Eine PV-Anlage auf dem Dach produziert einen Teil der benötigten elektrischen Energie. Die Belüftung der Räume erfolgt im Sinne einer Low-tech-Lösung über eine Fensterlüftung. In den tieferen Clustermitten, aber auch in Versammlungsbereichen wird mit Abluftventilatoren eine Querlüftung ermöglicht. Für die Mensaküche wird eine separate RLT-Anlage benötigt, die von außen nicht sichtbar auf dem Dach untergebracht wird. 
 Resilienz und Nachhaltigkeit 
 Das Gebäude verfolgt einen ganzheitlichen Nachhaltigkeitsansatz für ein zukunftsfähiges Gebäude, bei dem die Themen Materialwahl und Kreislauffähigkeit einen besonderen Schwerpunkt bilden. Unser Entwurf zeigt, wie man in Zukunft mit den Anforderungen an die Nachhaltigkeit umgehen kann und macht dieses Thema, am gebauten Beispiel, für die Schülerinnen und Schüler direkt erlebbar. Der Auswahl der Baustoffe kommt, neben dem minimierten Einsatz von Gebäudetechnik, eine besondere Bedeutung zu. Im Entwurf kommen schwerpunktmäßig Materialien zum Einsatz, die die Anforderungen an Schadstofffreiheit und Kreislauffähigkeit erfüllen und einen geringen Anteil an grauer Energie aufweisen. So wurde z.B. die vorgeschlagene Holzfassade in Form eines modularen Holzrahmenbaus, mit leicht austauschbaren Elementen, gegenüber einer herkömmlichen Stahlbetonkonstruktion bevorzugt. Die Verwendung von nachwachsenden Rohstoffen wie Holz und biobasierten Dämmungen, wie z.B. aus Hanffasermatten in der Fassade, schonen die Ressourcen und lassen das Gebäude zu einem CO2 Speicher werden. Außerdem können die, durch die Herstellung des Gebäudes erzeugten Emissionen, deutlich reduziert werden. Im Innenausbau sorgen Lehmbauplatten, als Alternative zu herkömmlichen Gipskartonplatten, durch ihre feuchtigkeitsregulierenden und sowohl Schadstoffe als auch Gerüche bindenden Eigenschaften für ein angenehmes und gesundes Raumklima. Durch die Ausbildung der Konstruktion, mit der Vermeidung von geklebten Verbindungen, sind die einzelnen Bauteile sortenrein trennbar und damit auch recycelbar. So lassen sich bei Bedarf die einzelnen Elemente einfach austauschen, was die flexible Anpassungsfähigkeit des Gebäudes unterstützt und es so langlebiger werden lässt. Das Kreislauffähige Potenzial der ausgewählten Materialien wird in den zugehörigen Zeichnungen (Fassadenschnitt, Nachhaltigkeitskonzept) ersichtlich. Die Dachflächenbegrünung unterstützt die Leistung der PV-Elemente und sorgt gleichzeitig für einen Rückhalt des Regenwassers. Die durch das Grün entstehende Verdunstungskühle hat dabei einen positiven Effekt auf das Mikroklima (Staubbindung, Senkung der Umgebungstemperatur) und gleichzeitig fördert die Begrünung die Biodiversität im Quartier. 

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Komplex des Schulbaus ordnet sich stringent entlang der Fiedler Straße als eine Abfolge von orthogonal angeordneten Kuben an, die das Dach einer erdgeschossigen Erschließungshalle durchdringen. Im nördlichen Bereich entsteht ein Stadtplatz als Erschließungsbereich für die Siedlungsentwicklung im Anschluss sowie der öffentlichen Nutzung der Bibliothek. 

Die Haupterschließung der Schule erfolgt zwischen den Kuben über linienförmige Durchdringungen der Erdgeschosszonen. Diese erschließen ebenfalls die hinter der Schule liegenden Freiräume. Ein wesentliches Element des Konzeptes ist die über dem Erdgeschoss liegende Dachfläche, die nicht nur als Erschließungsfläche, sondern auch als Schulhoffläche gedacht ist. Ein größerer Teil dieser Fläche ist mit eingeschnittenem Innenhof zum östlichen gelegenen Wäldchen orientiert. 

Ein Stadtplatz im Norden der Schule bildet den Auftakt einer Erschließung und Durchwegung in Richtung Eisenschmiede. Rechts und links werden zwei differierende Stadtstrukturen vorgeschlagen, ein aufgelöster Block und eine reihenhausähnliche Baustruktur, die ein interessantes und abwechslungs-reiches Siedlungsbild mit Eigenständigkeit abbilden. Der südliche Übergang in das Schulgelände wird als schulisch nutzbarer Grünraum ausgebildet und sorgt für eine gute Definition des Schulgeländes. Das Dach über dem Erdgeschoss kann als schulinterne oder öffentliche Erschließung ausgebildet werden. Der Bereich um die Schule weist aufgrund des gestaffelten Schulbaus unterschiedliche Freiräume auf, die den Schulhof auf dem Dach ergänzen. Hier wären weitere Möglichkeiten für die Verschattung vorzusehen. 

Der Fußabdruck des Gebäudes geht bis an die Grenzen des verfügbaren Grundstücks, so dass das Projekt nur in Kooperation mit der Nachbarschaft umgesetzt werden kann. Dies betrifft die Abstandsflächen genauso wie die Erschließung. Der gegliederte Baukörper ermöglicht, die unterschiedlichen Nutzungseinheiten getrennt zu erschließen. So verfügt die Bibliothek über einen eigenen Eingang im Norden. Die im Obergeschoss liegende Grundschule wird über die nächste Gebäudefuge erschlossen. In den beiden anderen Zwischenbereichen liegt der Zugang zur Sekundarstufe. In der durchgängigen Erdgeschossfläche befinden sich alle gemeinsamen Nutzungen: Mensen, Forum, Fachräume und Verwaltung. 

Die Anordnung ist schlüssig und bietet in den Räumen eine gute Nutzungsqualität. Kritisiert wird jedoch, dass eine gemeinsame Nutzung von Forum und Mensa augenscheinlich nicht möglich ist. In den Obergeschossen befinden sich die Cluster von Grundschule und Sekundarstufe. Diese sind in Kubatur und Flächenanordnung gut angelegt. Über die Innenhöfe ist die natürliche Belichtung und Belüftung aller Flächen möglich. Kritisiert wird hier jedoch, dass der Lichthof zu einer Zweiteilung der zentralen Lernbereich führt, welches aus pädagogischer und schulorganisatorischer Sicht negativ bewertet wird. Die Anordnung der Grund-schule im Norden wird ebenfalls kritisiert, da kein Bezug zur vorhandenen KITA gegeben ist. 

Der Entwurf überzeugt in seiner klaren Struktur und Flexibilität sowie mit möglichen Änderungen in der Grundrissgestaltung. Die Besonderheit des zum Wäldchen orientierten Flachbaus mit Fachräumen und einem mit einer Treppe versehenen Lichthofs wird positiv bewertet. Die Erschießung der Obergeschosse erfolgt neben dem Zugang über das Dach über einzelne Treppenhäuser, die in ihrer räumlichen Wirkung als nicht optimal aber aufgrund der geringen Geschossigkeit als handhabbar bewertet werden. 

Die als Holzhybridbau konzipierte Konstruktion wird als gut umsetzbar bewertet und ist bezüglich des Brandschutzes und der Entfluchtung gut durchgearbeitet. Im Erdgeschoss ist mit notwendigen mechanischen Lüftungsanforderungen zu rechnen. Die Leitungsführung ist aufgrund der großen EG-Grundrissfläche aufwendig. Beim Sonnenschutz wird positiv die Eigenverschattung der Struktur bewertet. Grundsätzlich wird der Entwurf im Sinne der Nachhaltigkeit im oberen Bereich gewertet. 

Die Flächenbilanz zeigt, dass das Raumprogramm wirtschaftlich abgebildet wird. Die große, konzeptrelevante Dachfläche führt allerdings zu einer deutlichen Flächenüberschreitung der BGF (S), die kostenrelevant sein wird. Der Entwurf ist insgesamt von gut durchgearbeiteter Qualität