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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2022

Fassadengestaltung Neubau Psychiatrie am Uniklinikum RWTH Aachen

Anerkennung

Preisgeld: 4.000 EUR

Kim Nalleweg Architekten

Architektur

Drees & Sommer SE

Fassadenplanung

Erläuterungstext

Die psychiatrische Einrichtung als Haus der Genesung und nicht der Krankheit. Heilende Architektur baut auf Erkenntnissen der Umweltpsychologie und der Neurowissenschaften auf. Sie versteht das Gebäude als unterstützenden Faktor im Genesungsprozess. Während das Skelett des Universitätsklinikums
mit technischen Elementen bestückt ist, stellt der Neubau der Psychiatrie die Elemente heilender Architektur zur Schau: Rankpflanzen und die Erker der Patient*innenzimmer. In seiner Bedeutung als Haus der Genesung ist die psychiatrische Einrichtung ein Ort der Lebendigkeit und des Auflebens. In
einer Welt des Wachstums und der andauernden Bewegungen sollten Vielschichtigkeit und Offenheit keine unbekannten Vokabeln sein. Das Aufweichen
von Mauern, das Verwischen von Grenzen und das Beleben des Unbelebten sind zentrale Entwurfsanliegen. 

Dies sind Ideen, die zur Grundlage des Konzeptes der heilenden Architektur werden. Ein Konzept, das auf die Erkenntnisse der Umweltpsychologie und der Neurowissenschaften aufbaut. Es versteht das Gebäude als unterstützenden Faktor im Genesungsprozess und erweitert es vom bloßen funktionalen Körper zum lebendigen Ort.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Fassadenentwurf der Arbeit 1004 sticht durch zwei architektonisch prägende Interventionen hervor: das raumbildende Erkerfenster und ein umlaufend grünes Fassadenkleid, das den Abschluss einer in Schichten konzipierten Fassade bildet. Das Erkerfenster überzeugt in seiner Raumdisposition als faktische Erweiterung des Patientenzimmers in den Außenraum. Das Angebot, sich in das raumbildende Fenster hineinbegeben zu können, stellt einen Mehrwert an Aufenthaltsqualität dar und lädt ein, diese Idee auch innenarchitektonisch sowie im Hinblick auf die Möblierung der Patientenzimmer weiterzudenken. Die gute Proportion und formale Eleganz verhilft der Süd-, Ost- und Westfassade zu einer gestalterischen Schärfung.

Ein filigranes Rankgerüst umfasst in einfacher Selbstverständlichkeit den gesamten Baukörper. Die Auseinandersetzung mit der potenziellen Bepflanzung, Belichtung, Belüftung, Bewässerung in ausformulierten Ansätzen für ein Pflanzkonzept erfährt ausdrücklich Anerkennung.

Nichtsdestoweniger verläuft die Diskussion des Preisgerichts kontrovers.

Die Fassadenbegrünung bezieht sich zu wenig auf die Eigenart und städtebauliche Setzung des Gebäudes. Auch kann die Wahrnehmung des Rankgerüstes als vergessenes Baugerüst nicht vollständig ausgeräumt werden. Fragestellungen der Suizidprävention (hier: Schutz vor Überklettern) sind zwar grundsätzlich beantwortet, können aber nicht für die praktische Anwendung überzeugen. Auch die Einhausung der Technikgeschoße, respektive des Dachgartens bedürften einer Überarbeitung. Sie verlieren sich durch expressive Gestenarchitektur (rundes Emblem) ins Oberflächliche und werden insbesondere auch denkmalfachlich hinterfragt. Mit Blick auf die nachvollziehbar hohe Investition für Bau und später laufenden Unterhalt der Fassadenbegrünung wiegen diese Kritikpunkte besonders schwer.

So stark das Motiv des Erkerfensters ist, so wenig gelingt es den Verfasser;innen, ihr Gestaltungskonzept auf die Lochfensterfassade etwa in der Nordansicht zu übertragen. Das Erkerfenster darf darüber hinaus keinesfalls als Schaufenster missverstanden werden. Diesem Eindruck wäre in der weiteren Entwurfsausarbeitung entgegenzuwirken.

Die Materialisierung der Fassade in keramischen Fliesen, Holz und Holz-Aluminium-Fenster ist denkbar, scheint aber nicht zwingend.

In der Zusammenschau liefert die Arbeit 1004 einen wichtigen und leistungsfähigen Beitrag. Dem Fassadenentwurf gelingt es auf bemerkenswerte Weise, die bestehenden Fenstergliederung des Rohbaus zu akzeptieren und zugleich enorme gestalterische Potentiale zu heben.