modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren

Award / Auszeichnung | 09/2022

Bayerischer Denkmalpflegepreis 2022

Wohnstallhaus nach der Sanierung - Ansicht von Osten

Wohnstallhaus nach der Sanierung - Ansicht von Osten

Wohnstallhaus Nesselwang

DE-87484 Nesselwang

Private Bauwerke | GOLD

Hofmann und Dietz

Architektur

MITTNACHT BERATENDE INGENIEURE

Tragwerksplanung

Nicolas Felder Fotografie

Fotografie

Projektdaten

  • Gebäudetyp:

    Wohnungsbau

  • Projektgröße:

    keine Angabe

  • Status:

    Realisiert

  • Termine:

    Fertigstellung: 01/2020

Projektbeschreibung

Das Gebäude »Voglen 2« ist ein zweigeschossiges, traufständiges Wohnstallhaus von 1692. Es wurde vom IB Mittnacht im Jahr 2012 statisch voruntersucht, eine Schadenskartierung durchgeführt und ein Tragwerksgutachten erstellt. Das Haus sollte saniert und zu einer Ferienwohnung umgebaut werden.

Das Bauwerk und die baulichen Maßnahmen
Das ca. 20 x 9,6 m große Gebäude mit flach geneigtem Satteldach ist in Längsrichtung in drei Nutzungen unterteilt: Wohnteil, Stall und Tenne. Das Tragsystem ist analog einem spätgotischen Ständerbau mit Bohlenausfachung aufgebaut. Die Dachkonstruktion ist ein Pfettendach mit sehr großen Sparrenabständen.

Weil das Haus unmittelbar an der Dorfstraße stand, wurde bei der Verlegung der Straße vor einigen Jahren die Nordwestecke des Gebäudes gekappt. Durch gleichzeitiges Anheben der Straße ist die Nordostecke um etwa einen Meter unter Gelände »versunken«. Dies führte zusammen mit der auf das Gebäude gerichteten Straßenentwässerung, Schneeanhäufungen und Hangwasser dazu, dass ständig Feuchtigkeit in die Konstruktion eindrang und die Nordwand stark geschädigt hat. Durch den von Norden nach Süden abfallenden tragfähigen Baugrund kam es auf der Südseite zu starken Setzungen von bis zu 7 cm.
Im Laufe der Jahre wurden immer wieder tragende und aussteifende Bauteile wie Bundstützen, Kopfbänder, Unterzüge herausgeschnitten. Die Gesamtaussteifung des Gebäudes war deshalb nicht mehr gewährleistet.
Die erheblichen Mängel der Gründung und der Holzkonstruktion sowie zahlreiche Schäden an der erhaltenen Substanz, machten einen unkonventionellen Lösungsansatz notwendig: das horizontale Verschieben des gesamten Gebäudes um ca. vier Meter, sodass die Nordwand auf der nördlichen bestehenden Kellerwand zu stehen kam. Südlich davon, unterhalb des Stalls und der Tenne wurde im Vorfeld der neue Keller auf einer tragenden Fundamentplatte betoniert.
Für die Verschiebung des Hauses wurde das gesamte Gebäude mit einer Holzkonstruktion abgestützt und Schienen eingezogen, die sich über eine Gleitschicht aufeinander bewegen konnten. Mittels hydraulischer Pressen und Equipment aus dem Brückenbau wurde das Haus horizontal verschoben. Die Schäden an der Holzkonstruktion wurden handwerklich saniert und fehlende Bauteile wieder ergänzt, wie auch die „abgeschnittene“ Ecke. In der Tenne wurde ein nachträglicher, baufälliger Anbau durch einen neuen, modernen Baukörper ersetzt

Denkmalpflegerisches Konzept

Die historische Holzkonstruktion wurde gemäß dem Original wieder ergänzt und saniert. Es wurden nachträgliche Veränderungen, die zu Schäden am Bauwerk geführt haben (Ausmauerungen, Güllegrube) wieder rückgebaut. Die Nutzungen blieben in den drei Zonen weitestgehend erhalten (Wohnen/Technik). Die Kassettendecken und Vertäfelungen wurden belassen und aufgearbeitet.

Um die Gründungssituation und den ständigen Feuchteeintrag auf der Straßenseite dauerhaft in den Griff zu bekommen und die verbliebene Substanz nachhaltig zu schützen, wurden drei Optionen durchgespielt:
Optionen 1 und 2 - das Anheben des gesamten Hauses und Erhöhen des Sockelmauerwerks oder das Sichern der Nordwand mit einer vorgesetzten Betonwand - wurden verworfen, da die Gründung auf der Südseite durch Nachgründung mit Pfählen hätte verbessert werden müssen bzw. das Erdgeschoss hinter einer Betonwand verschwunden wäre.
Durch die Verschiebung des Gebäudes konnte das Gebäude dauerhaft gesichert und in seine ursprüngliche Form zurückgeführt werden. Die maroden Kellerwände wurden durch Stahlbeton ersetzt und das Gründungsproblem konnte mit einer konventionellen Bauweise gelöst werden.
Die Sanierung erfolgte in enger Abstimmung mit dem Architekturbüro Hofmann und Dietz aus Irsee.

Beurteilung durch das Preisgericht

Dieses Gebäude wurde über viele Jahrzehnte durch Feuchtigkeit stark beschädigt. Die Ursache dafür liegt in seiner Hanglage. Die Kernaufgabe der Projektbeteiligten war es daher, die bestehenden Schäden und gleichzeitig ihre Ursache zu beheben.
Erreicht wurde dies durch das Versetzen des Hauses. Diese aufwändige Translozierung war die denkmalverträglichste und nachhaltigste Lösung.
Die Entwicklung, Ausarbeitung und Abwägung der möglichen Optionen für die Instandsetzung, die Konzeption der für das Verschieben nötigen baulichen Maßnahmen sowie deren Umsetzung stellen eine außergewöhnliche Ingenieurleistung dar.
Wohnstallhaus nach der Sanierung - Ansicht von Norden

Wohnstallhaus nach der Sanierung - Ansicht von Norden

Ansicht von Süden

Ansicht von Süden

Zustand vor der Sanierung

Zustand vor der Sanierung

Zustand vor der Sanierung mit abgetrennter Gebäudeecke wegen Straßenführung

Zustand vor der Sanierung mit abgetrennter Gebäudeecke wegen Straßenführung

Verschiebevorgang - Gebäude wird richtung Süden auf neuen Keller geschoben.

Verschiebevorgang - Gebäude wird richtung Süden auf neuen Keller geschoben.

Verschiebevorgang

Verschiebevorgang

Innenansicht ehemalge Tenne

Innenansicht ehemalge Tenne

Sanierungsdetail

Sanierungsdetail

Innenansicht ehemalige Tenne

Innenansicht ehemalige Tenne

Bestandsaufnahme

Bestandsaufnahme

Bestandsaufnahme

Bestandsaufnahme

Verschiebevorgang

Verschiebevorgang

Sicherungskonstruktion für Verschiebung

Sicherungskonstruktion für Verschiebung

Sicherungskonstruktion für Verschiebung

Sicherungskonstruktion für Verschiebung