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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2022

Gestaltung Kerngebiet TOR WEST in Ibbenbüren

Blick auf Mensa und Stadtforum

Blick auf Mensa und Stadtforum

3. Preis

Preisgeld: 38.800 EUR

bjp | bläser jansen partner GbR

Stadtplanung / Städtebau

TREIBHAUS Landschaftsarchitektur Berlin/Hamburg

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Innovationscluster Tor West - Ibbenbüren

Historie und Keimzelle – Die ehemalige Zeche
Das Gelände der ehemaligen Zeche Oeynhausen stellt bisher einen dominanten Fremdkörper sowie eine unzugängliche und undurchlässige Barriere in die umgebenden Freiräume von Ibbenbüren dar. Allerdings liegen in den denkmalgeschützten Substanzen der historischen Bestandsgebäude und der Strahlkraft des Schachts 1 erhebliche Potenziale, die Impulse für eine zukunftsfähige und identitätsstiftende Entwicklung initiieren. Das zukünftige Areal Tor West soll nicht nur ein neuer Innovationsstandort und Eingangsbereich für Ibbenbüren werden, sondern auch die weitere Entwicklung des I-Nova-Parks beschleunigen.

Neues Quartier voller Energie und Leben
Durch die Ansiedlung von Start-Ups und zukunftsträchtigen Branchen gelingt die Transformation der ehemaligen Zeche zu einem Innovationsstandort. Eine Technologieschmiede für erneuerbare Energien, von der Forschung und Entwicklung über die Produktion bis zur Vor-Ort-Anwendung am Objekt, stellt eine starke Weiterentwicklung vom einstigen Energieträger Kohle zur Solarkraft dar. Zur Entwicklung eines lebenswerten Stadtquartiers braucht es aber ebenso eine menschliche Komponente. Im Kernbereich des neuen Tor West ist Raum für eine Entwicklung, die auf die Bedürfnisse der Menschen der Umgebung ausgerichtet ist und diese mit dem übergeordneten Energiethema sowie der Geschichte des Standorts verknüpft.

Zechen- und Gewerbelogik
Für die Entwicklung einer räumlichen Idee zur Umsetzung des programmatischen Ansatzes lohnt ein Blick auf die Abläufe über und unter Tage, die den Alltag auf der nun zu entwickelnden Fläche jahrzehntelang geprägt haben. Diese Abläufe folgen einem prägnanten, fast maschinellen Muster, das sich an der Oberfläche in den neugeschaffenen Clustern widerspiegelt. Das Kulturcluster wird durch den Wasserspeicher und der angrenzenden Halle dominiert, in dem das Bergbaumuseum einziehen soll und somit die Geschichte des Standortes für die Zukunft erhalten wird. Die einstigen Förderanlagen um den Quartiersplatz stehen heute symbolisch für die Förderung neuer Innovationen dar. Im Osten des Areals entstehen Produktionsgebäude, die durch ihre Dynamik vergangenen Industrieanlagen der Zeche Oeynhausen erinnern.

Ertragreiche Keimzellen
Tor West gliedert sich in drei aufeinanderfolgende Cluster. Im Westen entsteht mit der Neuansiedlung des Bergbaumuseums eine Keimzelle der Kultur, die an die Geschichte und die Transformation des Standorts erinnert. Daraufhin folgt der Quartiersplatz als Keimzelle von Innovationen, die in den angrenzenden Einrichtungen entwickelt werden. Aber auch weitere Nutzungen, die den Platz beleben, finden sich in den Erdgeschosszonen. Im Osten entsteht ein Produktionscluster mit Werkstätten, in denen die zuvor entwickelten Innovationen produziert werden.

Prägnante Raumprinzipien
Jedes Cluster wird mit einem prägnanten räumlichen Prinzip entwickelt, das eine unverwechselbare Identität und Adressbildung erzeugt. Das Kulturcluster definiert sich durch die historischen Gebäude, die an die Geschichte des Standortes erinnern. Das Innovationscluster bildet einen urbanen Übergang von Bestand zu Neubau. Das Produktionscluster wiederum besteht vorwiegend aus Neubauten. Jedes dieser Cluster hat einen Individuellen Platz, um den sich die Gebäude gruppieren. Die Plätze sind untereinander verknüpft und bilden ein fußläufig durchschreitbares Band. Der Wasserspeicher und der Förderturm 1 prägen als Hochpunkte und Landmarken das Gebiet und werden durch Sichtachsen überall auf dem Gelände sichtbar sein.

Produktive Freiräume
Das gesamte Areal wird von Freiräumen zusammengehalten und von Grünzügen gegeliedert. Im Mittelpunkt des Freiraumkonzepts stehen die drei Plätze als Keimzellen. Ihnen gemein ist eine hohe Aufenthaltsqualität und Begrünung. Der Platz, um den sich das Produktionscluster bildet, ist geprägt durch eine Grünanlage mit positiver Auswirkung auf das Mikroklima. Der Quartierplatz wiederum greift die historischen Bodenbeläge des Zechengeländes auf und dient als Multifunktionsplatz für Feste und Märkte. Der Museumsplatz ist der kleinste der drei Plätze und wird durch die bestehenden historischen Strukturen gefasst. Markant für das neue Areal Tor West sind die Grünelemente der Freiräume, die multicodiert angelegt sind und somit ökologische, produktive und mikroklimatische Funktionen erfüllen können.

Kohle oder Schwammstadt
Die Anpassung der Stadt an den Klimawandel ist elementarer Bestandteil eines zukunftsfähigen Städtebaus. Ein wichtiger Baustein der Klimaanpassung im Städtebau ist die dezentrale Regenwasserbewirtschaftung. Daher wird auf dem gesamten Tor West-Gelände an den unterschiedlichsten Orten Wasser aufgefangen, gespeichert, gefiltert und dem Grundwasser zugeführt. Dazu zählen Dachbegrünungen wie auch sickerfähige Flächen im öffentlichen Raum. Plätze dienen der Rückhaltung von Regenwasser. Wie durch Aktivkohle wird das anfallende Regenwasser behandelt und an die Ränder von Tor West geleitet, um dieses kontrolliert der Natur rückzuführen.

Die Zeche wird lebendig
Mit der sukzessiven Umsetzung des freiräumlichen und städtebaulichen Konzepts wird die ehemalige Zeche bald zu einem Innovationsquartier, das als repräsentatives Eingangstor ein starkes Statement für den Ideenreichtum und die Geschichte Ibbenbürens setzt. Aus der ehemaligen Zeche Oeynhausen wird ein zukunftsfähiger und klimafreundlicher Auftakt für den Gewerbepark I-Nova. Nicht nur Start-Ups werden sich hier ansiedeln, sondern auch Kultureinrichtungen und Treffpunkte für alle Ibbenbürener. In Tor West wird zukünftig geforscht, entwickelt und - im Sinne von neuen Werkswohnungen - auch gewohnt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit zeichnet sich aus durch ein eindeutiges Leitbild und eine klare Gliederung des städtebaulichen Entwurfs in drei Cluster: Kulturcluster, Innovationscluster und Produktionscluster. Die Entwurfsverfasser:innen beschreiben, dass sich die Cluster unterscheiden durch die Bebauung und Nutzung, und zwar durch 1. historische Gebäude, 2. durch den Übergang von Bestand zu Neubauten und 3. durch Neubauten. Tatsächlich aber zeigt sich dieser gute konzeptionelle Grundgedanke nicht mehr im Planentwurf. Auch in der inhaltlichen Nutzung ist dieser Ansatz nicht stringent durchgehalten. So ist im Produktionscluster auch Raum für ein Archiv und Ausstellungen vorgesehen. Insgesamt ist im Nutzungskonzept der kulturellen Nutzung in Relation zu den gewerblichen Nutzungen zu viel Gewichtung gegeben. Das erscheint in der Trägerschaft und Finanzierbarkeit eher unrealistisch.

Die Cluster werden verbunden über eine klare städtebauliche Gliederung und eine teppichartige homogene Freiraumgeste. Durch den „Rücken“ aus Neubauten sind die Bestandsgebäude und Denkmäler auf dem „Teppich“ gut sichtbar freigestellt, werden präsentiert und prägend in der Sichtachse entlang der Osnabrücker Straße inszeniert. Der Wasserspeicher und Fördergerüst Schacht 1 prägen als Hochpunkte und das Areal und sind überall sichtbar. Die Halle 1 definiert eine klare Platzkante und wird so in die erste Reihe gestellt. Die Höhenentwicklung der Neubauten ist gut gewählt, um die Denkmäler hervorzuheben. Das Preisgericht würdigt sehr die Inszenierung der Bestandsgebäude und Denkmäler, um so die Historie des Standortes städtebaulich herauszustellen. Die Gebäude haben eine öffentliche Erdgeschosszone, die durch öffentliche Nutzungen den Platz belebt. Allerdings sind die Baukörper zu geschlossen und in der Gestaltsprache überarbeitungswürdig. Auch der entstehende öffentliche Raum auf dem „Teppich“ wirkt zu groß und es ist fraglich, ob er durch die vorgesehene Nutzung bespielt werden kann.

Der klaren und logischen Strukturierung der Cluster folgend wird jedem Bereich ein Platz zugeordnet. Die Plätze werden über Baumpflanzungen gestaltet. Die Wiederverwendung vorhandener Bodenbeläge schafft den historischen Bezug. Über die Bezeichnungen wie "Steiger Platz" oder "Malocher Oase" werden sympathische Bezüge zur Historie geschaffen. Dies führt zu einer gelungenen Image- und Adressbildung.

Das Erschließungssystem ist klar und eindeutig aufgebaut. Es entkoppelt Fuß und Radverkehr vom motorisierten Verkehr und führt in Zusammenhang mit der Teppichartigen Gliederung zu definierten Vorder- und Rückseiten, öffentlichen und privaten Räumen sowie klaren Eingangssituationen. Die Halle 1 hat weiterhin ihren Eingangsbereich an der Erschließungsstraße zum Gleispark. Es wird so verpasst, einem möglichen Museum ein angemessenes Entrée über den Platz zu geben.

Der ruhende Verkehr wird in großen Quartiersgargen organisiert. Diese sind am östlichen und westlichen Rand angeordnet und bedingen dadurch lange Fahrtwege und insgesamt eine Überdimensionierung in Zusammenhang mit den Parktaschen im Gleispark.
Der Wettbewerbsbeitrag trifft klare Aussagen zur Regenwasserbewirtschaftung sowohl im öffentlichen Raum als auch in den Hochbauten. Allerdings ist es im Entwurf nicht sichtbar.

Dem guten klaren Gesamtkonzept mit der stringenten Gliederung und den gelungenen historischen Bezügen mangelt es insgesamt an der Maßstäblichkeit und an Stringenz in den Details der Umsetzung.
Blick auf den Steiger-Platz

Blick auf den Steiger-Platz

Blick auf den Innovation-Hub

Blick auf den Innovation-Hub

Lageplan

Lageplan

Vogelperspektive

Vogelperspektive

Städtebauliches Konzept

Städtebauliches Konzept

Geländeschnitte

Geländeschnitte

Straßenschnitt

Straßenschnitt

Straßenschnitt

Straßenschnitt