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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2022

Entwicklung Gesundheitscampus Marbach

Lageplan

Lageplan

2. Preis

Preisgeld: 17.000 EUR

citiplan

Stadtplanung / Städtebau

Freiraumplanung Sigmund Landschaftsarchitekten GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitidee
Behutsam Bestand erweitern – den Freiraum und den historischen Bestand – zeichnet die Leitidee dieses städtebaulichen Entwurfs aus. Das Herzstück des Gesundheitscampus bildet der zentrale Campusplatz, der das sanierte und umgenutzte Krankenhaus von 1908 neu inszeniert und ihm einen gebührenden Auftakt verleiht. An den identitätsstiftenden Landschaftsraum bindet der Gehölz- und Baumbestand im Gesundheitscampus an. Kompakte Campusgebäude betten sich in das Grün ein, sodass nur minimal in den Gehölzbestand eingeschnitten wird.

Städtebauliche und naturräumliche Einbindung
Durch die steile Topografie wird das Nutzungsprogramm auf verschiedenen Höhenebenen eingebunden. Im Süden wird das ortsprägende und geschichtsträchtige Krankenhausgebäude zum Patientenhotel, mit Aussichtsbalkon auf Höhe des historischen Einganges, umfunktioniert. Sondernutzungen für Bildung und Gesundheitsangebote ergänzen die umgebende Silhouette behutsam von Osten nach Westen mit Gebäudehöhen unterhalb der historischen Krankenhausfirsthöhe. Obwohl die Südbebauung funktional und als Lärmschutz eher als geschlossene Bebauung ausgebildet ist, sorgen Durchblicke dank des Baumbestands und Fassaden mit Naturmaterialien dafür, dass sich die Campusbebauung stimmig in die landschaftsgeprägte Hangansicht einfügt.

Die bestehende Panoramastraße erhält einen neuen Charakter als breite, multifunktionale Shared Street, der einen intensiv genutzten öffentlichen Raumzwischen aktiven Erdgeschosszonen bildet. Er verbindet die stark besucherfrequentierten südlicheren Gebäude mit der Wohnbebauung (Wohnheim, betreutes Wohnen, Personalwohnen), die sich in den nördlicheren Landschaftsraum bettet. Außerhalb der aktiven Panoramastraße bietet der Gesundheitscampus zum Rande hin Entschleunigung in der Natur. Die malerischen Ausblicke ins Neckartal und auf die Altstadt Marbachs werden durch akzentuierte Aussichtsterrassen erlebbar gemacht. Der ergänzte Balkon am historischen Krankenhaus ist durch eine Gastronomienutzung im Erdgeschoss nicht nur für das Patientenhotel, sondern auch für die Allgemeinheit nutzbar.

Freiraumkonzept
Vorhandene ortsprägende Freiraumpotenziale wie Weinberge, Gehölzbestand und Streuobstwiesen sind herausgearbeitet und ergänzt worden. Dadurch werden ökologische Funktionen wie Vogel- und Fledermausnistgebiete unterstützt. Ergänzende Wildblumenwiesen und offene Retentionsflächen erhöhen zudem die Biodiversität und Nachhaltigkeit des Gesundheitscampus. Die angrenzenden Weinberge werden durch einen sich den Hang hochschlängelnden Erholungspfad erlebbar gemacht. Durch Spielplätze für Jung und Alt und Picknickbereiche wird die bestehende Streuobstwiese aufgewertet. Im südlichen Wettbewerbsgebiet werden bestehende Obstbäume zu einer Streuobstwiese ergänzt. Diese Freiraumabschnitte werden auch durch Einblicke von höher gelegen Freiräumen, Balkonen und Terrassen genossen. Die niedrigeren Wuchshöhen der Obstbäume erlauben zukünftig Ausblicke von und zum historischen Krankenhaus.

Der Kern des Gesundheitscampus mit der Panoramastraße als städtebauliches Gelenk ist als größtenteils befestigte Platzfläche mit Sitzstufen, versickerungsfähigen Flächen und Baumneupflanzungen ausgebildet. Der Freiraum im nördlichen Teil orientiert sich stark am derzeitigen Gehölzbestand und bietet Wandelwege durch den schattigen Hain. Die Innenhöfe sind nicht unterbaut und dadurch als Gartenhöfe mit Erdanschluss ausgebildet. Ein Patienten- und Gemeinschaftsgarten ermöglicht das gemeinschaftliche bewirtschaften von Gemüse- und Kräuterflächen. Zur Genesung und Erholung bietet der Gesundheitscampus ruhige Orte als Rückzugsmöglichkeit in der Natur. Vielfältige Bewegungsangebote, altersgerechte Fitnessgeräte und barrierearme Spazierwege fördern die Aktivität auf dem Gesundheitscampus.

Wasserkonzept und Nachhaltigkeit
Anfallendes Oberflächenwasser wird getrennt und über Retentionsflächen oberirdisch dem natürlichen Wasserkreislauf wieder zugeführt. Das starke Gefälle wird genutzt, um Regenwasser als Bächle abzuleiten und biodiversen Retentionsteichen zuzuführen. Entlang der Panoramastraße werden Mikroretentionsbereiche angeboten. Ein weiterer Teil der grün-blauen Infrastruktur sind die extensiven Dachbegrünungen und Begrünung des Energy-Cube, die für Regenwasserrückhaltung und Kühlung durch Verdunstung sorgen. Angesichts der Klimaerwärmung wurde auf einen hohen Baumbestand zur Verschattung der Aufenthalts- und Sitzbereiche sowie große Flächen unbefestigten Bodens geachtet.

Energiekonzept
Die bestehende Energiezentrale mit zwei Blockheizkraftwerken wird erhalten und durch regenerative Energien, wie PVAnlagen, und E-Mobilität Ladestationen ergänzt und eingehaust. Sämtliche Flachdächer werden mit PV-Anlagen in Kombination mit Dachbegrünung ausgestattet, wobei letztere auch für eine effizientere Arbeitstemperatur der Solaranlagen sorgt. Energienutzung im Gesundheitscampus wird nicht nur durch eine Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs gesenkt, sondern auch durch eine kompakte Bauweise. Dank der Hanglage lassen sich mehrere Halbgeschosse stadtgestalterisch angenehm in die Höhen der bestehenden Gebäude und Bäume eingliedern.

Nutzungskonzept
Multifunktionalität und eine Nutzungsdurchmischung wird im Gesundheitscampus großgeschrieben. Als Auftakt in den Gesundheitscampus durch die Anfahrt bei Am alten Markt dient die teil-begrünte Fassade der Pflegeschule mit Multifunktionssaal. Der Saal kann für diverse Nutzungen der Akademie und Veranstaltungen der Kliniken LudwigsburgBietigheim, die weit über den Gesundheitscampus ausstrahlen, genutzt werden. Die Aussichtsterrasse auf der „Quartiersgarage West“ fungiert als flexibler öffentlicher Raum. Die Pflegeschule in Kooperation mit der Akademie hat eine Kantinenterrasse über der „Quartiersgarage Ost“, die über den Multifunktionssaal halb-öffentlich zugänglich ist. Unterschiedliche Gemeinschaftsflächen als auch eine hohe Qualität des barrierearmen öffentlichen Raumes, schaffen inklusive Begegnungsorte. Am barrierefreien Shared Street Panoramastraße aktivieren Erdgeschossnutzungen an den Süd-Ost Ecken der Gebäude den öffentlichen Raum und schaffen eine lebendige Quartiersmitte. Die unterschiedlichen Wohnnutzungen sind im nördlichen Campus angeordnet, mit genügend Abstand zur Bahntrasse und im Rückzugsraum der Landschaft. Der Waldorfkindergarten im Norden liegt direkt am Erlebnisraum Kulturlandschaft und besitzt separate Kurzzeitparkplätze, die nicht mit der fußgängerorientierten Mobilität des Gesundheitscampus konkurrieren.

Stufenweise Umsetzung
Durch die kompakten Campustypologien als Hofstruktur, sind städtebauliche Erweiterungen flexibel umsetzbar. Die bestehenden Personalwohnheime können alternativ erhalten werden und würden sich in den vorgeschlagenen städtebaulichen Entwurf eingliedern. Reserveflächen sind zum westlichen Rand des Gebietes hin orientiert, was zeitliche Flexibilität zur Umsetzung bietet.

Mobilitätskonzept
Die Panoramastraße ist als barrierefreie Shared Street das verbindende Element zwischen dem urbanen und aktiven Südteil und dem erholsameren Nordteil, der von Wohnbebauung geprägt ist. Von der Panoramastraße gibt es barrierefreie Zugänge direkt zu den Quartiersgaragen, als auch zu allen Gebäuden des Campus dank vertikaler öffentlicher Erschließung: Aufzüge, die tagsüber allen und nachts nur für die jeweiligen Personengruppen zugänglich sind. Gewundene Landschaftswege bieten unabhängig davon barrierearme Mobilität. Der zentrale Campusplatz integriert die erforderlichen Rampen für eine barrierefreie Erschließung in eine Stufengestaltung mit Sitzstufen zum Verweilen. Fahrradabstellflächen werden an den jeweiligen Gebäuden zur Panoramastraße hin, als auch zentral am Energy-Cube mit integrierten E-Bike Ladestationen wettergeschützt bereitgestellt. Diese bietet auch eine Fahrrad- und E-Bike Leihstation, um die attraktiven Radwanderwege der Umgebung zu erkunden. Die Hauptzufahrten für den motorisierten Verkehr zu den Quartiersgaragen für den Gesundheitscampus sind im südlichen Teilgebiet von der bestehenden Straße Im Bannmüller. Diese leistet auch weiterhin die Zufahrt zum Wohnhaus Panoramastraße 23. Die Erschließung landwirtschaftlicher Flächen im Nordwesten wird umgeleitet durch eine neu geschaffene Verbindung im Nordosten zur Bestandsstraße Am alten Markt. Dadurch, dass der motorisierte Verkehr gleich am südlichen Quartierseingang abgeleitet wird, ist der Großteil des Gesundheitscampus verkehrsberuhigt und Fußgänger, Rollstuhl - und Radfreundlich gestaltet. Flächen für Anlieferung, Abholung, Müllentsorgung, Kurzzeitparken und Notzufahrten sind durch die Shared Street der Panoramastraße als auch durch die nördliche Erweiterung der Straße Am alten Markt zu allen Gebäuden sichergestellt. Möglichkeiten zur nachhaltigeren Mobilität durch Anbindung an den ÖPNV und die S-Bahn Haltestelle wird durch zwei zentral gelegene Haltestellen für einen Shuttle-Bus und die Vernetzung neuer und vorhandener Wege gegeben. Zwei Quartiersgaragen mit jeweils 150 Stellplätzen sind in der Hangbebauung so integriert, dass eine Zufahrtsebene mit begrünter offener Fassade sichtbar ist, während zwei weitere Ebenen unterirdisch Stellplätze anbieten. Die Quartiersgaragen sind an die öffentlich zugängliche, vertikale Erschließung angebunden, die auch die barrierefreie Erschließung zwischen den verschiedenen Höhenlagen des Campus ermöglicht. E-Auto Ladestationen innerhalb der Quartiersgaragen werden mit PV-Anlagen auf dem Dach der jeweiligen Gebäude versorgt. Die Lage der Rettungswache direkt neben der Quartiersgarage reduziert den Anteil befestigter Zufahrtsflächen

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser geben ihrer Arbeit den Titel „Genesen im Grünen, Geschichte erspüren“. Rückgrat der Arbeit bildet eine zentrale Erschließungsspange in Ost-West-Richtung. Das Gebäude des alten Krankenhauses wird weitgehend erhalten und westlich und östlich kleinteilig ergänzt. Am Krankenhausgebäude weitet sich die Quartiersspange zu einem Platz auf. Nördlich der Quartiersspange werden 5 Baufelder angeordnet. Diese bilden eine klare räumliche Fassung, im Bereich des Platzes erfolgt eine räumliche Aufweitung mit einem Grünraum. Ob die Kanten der einzelnen Baufelder in ihrer Länge gegenüber der südlichen Baustruktur und Maßstäblichkeit noch weiter zu gliedern sind, wird im Preisgericht kontrovers diskutiert. Mit der Ausformung der Blockbebauung mit Innenhöfen geht leider ein Verzicht auf eine zusammenhängende gewachsene Grünstruktur einher. Das Nutzungsangebot im Freiraumkonzept - mit zwar in den Plänen unterschiedlich dargestellten Baumstrukturen – wird zusammen mit den dadurch entstehenden Aussichtsterrassen gutiert, allerdings mit vielen Neupflanzungen anstelle Baumerhalt. 

In den Räumen des ehemaligen Krankenhauses und den westlich und östlich angrenzenden Bauteilen werden die bestehenden medizinischen Angebote inklusive Pflegeschule und Akademie sinnvoll erweitert. Nordwestlich der Quartiersspange befinden sich alle Pflegeangebote sowie das Betreute Wohnen. Wohnheim und Personalwohnen sind im nordöstlichen Quartiersbereich zusammengefasst. Die Reserveflächen befinden sich jeweils an den Quartiersrändern und können somit je nach zukünftigem Bedarf den verschiedenen Nutzungen zugeordnet werden. Mit der jeweiligen Bündelung und flexiblen Erweiterbarkeit der verschiedenen Nutzungseinheiten wird ein stabiles Gerüst für die zukünftige Entwicklung des Areals geschaffen. Zur Stärkung der Idee eines generationenübergreifenden Quartiers wäre die Anordnung der Kita im zentralen Bereich anstatt am Rand erwünscht. Bedarfsabhängig könnte dies auch eine zusätzliche zweite Einrichtung sein. Für die Energiezentrale sollte abgestimmt auf die Bauabschnittsplanung ein neuer, weniger prominent liegender Standort gesucht werden. Die bestehenden Wohnheime am nordöstlichen Quartiersrand werden nicht erhalten. Deren Erhalt sollte jedoch geprüft werden.

Die KFZ-Erschließung von den Rändern und Freihaltung der zentralen Quartiersspange von Parkierungsverkehr wird begrüßt. Im Bereich der Pflegeeinrichtung wird jedoch eine direkt dort angeordnete Parkierung gewünscht. Außerdem wäre zu prüfen, ob die Andienung des Ärztehauses für Hol- und Bringverkehr über die vorgeschlagene Tiefgarage ausreicht oder hier eine zusätzliche oberirdische Andienung erforderlich ist.

Unter Annahme des vorgeschlagenen Erschließungskonzepts bringt die Ausformung der Panoramastraße mit einem Versatz über den zentralen Platz eine spannungsreiche Durchwegung und Andienung der Klinik- und Pflegebereiche in gleichberechtigtem Tempo. Die Verzahnung von Bebauung und Grünstruktur gelingt gut mit dem nördlichen Park. Im Süden wirken die terrassenförmigen Aufweitungen visuell gut zur Verzahnung des Landschaftsraumes mit der Altstadt. 

Mit den vorgeschlagenen Baufeldern, der zentralen autofreien Erschließungsspange sowie dem Erhalt des alten Krankenhauses wird ein robustes Konzept vorgeschlagen, das auch bei sich ändernden Anforderungen seine Qualitäten bewahren kann.
Perspektive

Perspektive

Freiraumkonzept

Freiraumkonzept